Aus dem Gerichtssaal zu Äußerungs- und Bildnisverfahren
Autor: Rolf Schälike
Pressekammer LG HH - Änderung / Veröffentlichung verboten
Harald Schmidt Satirische Fernsehshow
LG HH
Az. 324 O 106/99
13.08.1999
Persönlichkeitsverletzung durch satirische Fernsehshow: Beitrag in der Harald-Schmidt-Show über ehemalige Tagesschausprecherin Susan Stahnke verletzt Menschenwürde und begründet Unterlassungsanspruch, aber keine Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld.
In der Harald-Schmidt-Show wurde die ehemalige Tagesschausprecherin Stahnke schwer durch den Kakao gezogen. Anlass: Die Sprecherin und Moderatorin hatte Anfang 1999 ihren Vertrag als Nachrichtensprecherin gekündigt und ein wenig großspurig angekündigt, nun eine "internationale Karriere als Filmschauspielerin" anzustreben, was seinerzeit in der Presse sehr viel Beachtung fand. Die Zeitschrift "Gala" veröffentlichte Fotos von ihr in schwarzen Strapsen in der Pose des "Blauen Engels" und verglich sie mit Hollywood-Darstellerin Sharon Stone.
Das wurde von der Satiresendung in einem Pseudobericht über angeblich bereits laufende Dreharbeiten ("der zweite Teil eines Welterfolgs: Basic Instinct II ...") mit Frau Stahnke in Hollywood aufgegriffen: Eine pornographische Szene aus diesem Film wurde mit neuer Tonspur unterlegt. Die fiktiven Dreharbeiten wurden durch die "naiv und gänzlich unausgebildet klingende Stimme der Schauspielerin", sonderbare Dialoge und eingeblendete Filmklappen ("Fick-Szene, die 25.") ins Absurde übertrieben und durch eine Mordszene am Ende ins Irreale verzerrt. Frau Stahnke verklagte Harald Schmidt und den Sender auf Unterlassung und Entschädigung für die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.
Das Landgericht Hamburg verurteilte Moderator und Sender zu Unterlassung (324 O 106/99). Einige Vorwürfe der Ex-Tagesschausprecherin seien zwar aus der Luft gegriffen: Es sei nicht behauptet worden, sie spiele in derben Sexfilmen mit. Jeder Zuschauer sei in der Lage, Stahnke von der Schauspielerin Sharon Stone zu unterscheiden. Es sei offenkundig, dass die Szene nicht wirklich sie zeige, sondern dass die Montage in satirischer Zuspitzung die Botschaft vermitteln sollte, sie sei eine unbegabte Schauspielerin und ihre Hollywood-Pläne seien angesichts ihrer mangelnden Qualifikation und Erfahrung als Schauspielerin sehr naiv. Dennoch verletze die gehässig vulgäre Darstellung - obwohl der Zuschauer wisse, dass Moderatorin Stahnke nicht selbst spiele - beim Geschlechtsverkehr und als mordende Person ihr Persönlichkeitsrecht. Der Filmbeitrag dürfe deshalb nicht noch einmal gesendet werden.
Einen Anspruch auf Entschädigung in Geld lehnte das Gericht jedoch ab: Immaterieller Schaden sei Frau Stahnke durch den Fernsehbeitrag nicht entstanden. Die Grenzziehung zwischen künstlerischer Freiheit einerseits und der Verletzung des Persönlichkeitsrechts andererseits sei schwierig. Dass die Montage in diesem Fall die Grenze der zulässigen Satire überschreite, sei jedenfalls nicht so offenkundig und die Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht so gravierend, dass ein Ausgleich in Geld für die Rufschädigung angebracht wäre.