Rechtsanwalt gegen Rolf
Schälike (II)
Berufungsverfahren HansOLG
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT
Beschluss
Geschäftszeichen
7 U 85/04
324 O 225/04
ln dem
Rechtsstreit
Rechtsanwalt
- Kläger und
Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
1. Rolf
Schälike
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg
2. WordLex
GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer Rolf Schälike und Ulrich Rothe
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg
- Beklagte und
Berufungskläger -
Prozesstaevollmachtigte:
zu 1+2). Rechtsanwälte Etzel & Burmester,
Van-der-Smissen-Straße 3, 22767 Hamburg
GK 490
(160257SS01 /b)
hat das
Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat, durch die Richter
Dr. Raben,
Lemcke, Meyer
am 4 Januar
2005 beschlossen
Der Streitwert
des Berufungsverfahrens wird auf EUR 15.000,-. festgesetzt.
Dr. Raben
Lemcke
Meyer
__________________________________________
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
Geschäftszeichen:
7 U 85/04
324 0 225/04
Verkünde! am:
21 Dezember 2004
xxxx,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin/ter der
Geschäftsstelle
In dem
Rechtsstreit
Rechtsanwalt
- Kläger und
Berufungsbeklagter -
Prozessbevollrnächtigte/r: Rechtsanwälte
g e g e n
1. Rolf
Schälike
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg
2. WordLex
GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer Rolf Schälike und Ulrich Rothe
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg
Prozessbevollmächtigte:
- Beklagte und Berufungsklager -
zu 1 +2). Rechtsanwälte Etzel & Burmester
Van-der-Smissen-Straße 3, 22767 Hamburg
hat das
Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat, durch die Richter
Dr. Raben,
Lemcke, Meyer
nach
der am 21 Dezember 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht
erkannt:
Die Berufung
der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24,
vom 27. August 2004 Geschäftsnummer 324 O 225/04 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagten
haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist
hinsichtlich des Verbotsausspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
15.000,-- € und hinsichtlich der Kostenentscheidung in Höhe von 110% des
jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision
wird nicht zugelassen.
Gründe:
1. Mit dem
angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung
ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagten
verurteilt, es zu unterlassen, über den Kläger zu äußern,
a) er verdrehe
die Wahrheit juristisch und unterdrücke sie,
b) er verdrehe
die Wahrheit mit gleichen Mitteln wie beim unrechtmäßigen Handeln
staatlicher Organe der ehemaligen DDR.
Der Kläger ist
Rechtsanwalt. Als solcher vertritt bzw. vertrat er Personen, die sich mit
der Beklagten zu 2. und deren Geschäftsführer, dem Beklagten zu 1, im
Rechtsstreit befinden bzw. befanden. Auf der Internetseite www.eurodiva.de,
deren Verfasser der Beklagte zu 1. ist (vgl. Anl. B 5), wurde über den
Kläger berichtet. Hinsichtlich Einzelheiten wird auf den als Anlage K 3
überreichten Ausdruck der Internetseite verwiesen.
Die Beklagten
bekämpfen die Verurteilung mit der form- und fristgemäß eingereichten
Berufung und machen dabei gellend, dass auf der Internetseite nicht
geäußert worden sei, dass der Kläger die Wahrheit juristisch verdrehe und
sie unterdrücke. Der dortige Satz „Auch ein Rechtsanwalt XXL wird es
nicht schaffen, die Wahrheit juristisch zu verdrehen und zu unterdrücken"
sei entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht in diesem Sinne zu
verstehen. Der Satz stelle keine Aussage im Präsens dar, sondern
beschreibe ein mögliches zukünftiges Verhalten des Klägers. Deshalb
handele es sich bei der Aussage um eine reine Spekulation, die im Rahmen
der Meinungsfreiheit zulässig sei. Insbesondere impliziere die Äußerung
nicht, dass der Kläger tatsächlich die Wahrheit juristisch verdrehe und
unterdrücke. Auch die Wahl des Wortes „juristisch" mache deutlich, dass
nur eine rechtliche Handhabung des Klägers beschrieben werde, die sich
immer noch im Rahmen rechtsstaatlicher Möglichkeiten bewege. Diese
Meinungsäußerung sei angesichts dessen, dass der Kläger Anlass gegeben
habe, sich über sein juristisches Vorgehen Gedanken zu machen, zulässig.
Zum einen habe der Kläger, als ihm am 30. September 2003 in einem
Kündigungsschutzprozess ein Vertragsentwurf vorgelegt worden sei,
geäußert, dass er den Vertrag nicht kenne und zum ersten Mal sehe, obwohl
ihm dieses Dokument bereits am 19. September 2003 per Telefax übermittelt
worden sei. Zum anderen habe der Kläger in einer Klage vom 14. Juli 2003
vorgetragen, dass der Verbleib eines Betrages von EUR 28.000,- bis heute
ungeklärt sei, obwohl ihm bereits am 19. Mai 2003 mitgeteilt worden sei,
dass das Geld nur sicherheitshalber zunächst auf ein anderes Konto
überwiesen worden sei und, nachdem dem ehemaligen Mitgeschäftsführer die
Kontovollmacht entzogen worden sei, der Gesellschaft wieder zugeführt
worden sei.
Auch
hinsichtlich der weiteren Äußerung sei das Verbot zu Unrecht ergangen.
Zwar sei auf der Internetseite von dem „unrechtmäßigen Handeln staatlicher
Organe" der DDR die Rede. Der Leser der Internetseite ordne diese Äußerung
indes nicht dem Kläger zu. Vielmehr sei die auf der über 20 Seiten
vorgenommene Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen für den Leser so
verwirrend, dass der Leser die Äußerung nicht zwingend auf den Kläger
beziehe. Der Umstand, dass auf der Internetseite gelegentlich Hinweise auf
den Kläger enthalten seien, könne nicht dazu führen, dass die gesamten
Äußerungen „im Zweifel" auf den Kläger zu beziehen seien. Auch sei mit
keinem Wort davon die Rede, dass der Kläger die gleichen Methoden wie die
„staatlichen Organe" der DDR verwende. Das Landgericht habe den
Internetauftritt des Beklagten zu 1. falsch interpretiert. Eine Person, in
diesem Falle der Kläger, könne nicht mit einem System gleichgestellt
werden. Das Handeln des Klägers werde vielmehr zu den anderweitigen
Unrechtserfahrungen des Beklagten zu 1. in der DDR in Bezug gesetzt.
Erstmals im
Berufungsverfahren hat die Beklagte zu 2. geltend gemacht, dass sie nicht
passiv legitimiert sei. Domaininhaber für www.eurodiva.de sei nicht sie,
sondern der Beklagte zu 1. Ferner haben die Beklagten vorgetragen, dass es
weitere tatsächliche Anknüpfungspunkte für die streitgegenständlichen
Äußerungen gebe (vgl. Beispiele Nr. 3 bis 6 im Schriftsatz der Beklagten
vom 20. Dezember 2004).
Die Beklagten
beantragen,
unter Aufhebung
des Urteils des Landgerichts Harnburg vom 27. August 2004 die Klage
abzuweisen.
Der Kläger
beantragt,
die Berufung
zurückzuweisen.
Wegen des
weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
2. Die
zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das
Landgericht hat dem Kläger zu Recht und mit zutreffender Begründung, der
der Senat folgt und auf die inhaltlich verwiesen wird, einen
Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs 1 BGB, 1004 BGB gegen die Beklagten
hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen zuerkannt.
Dem Landgericht
ist darin zu folgen, dass die verbotenen Äußerungen auf der Internetseite
(Anl. K 3) enthalten sind. Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts,
dass der Satz „Auch ein Rechtsanwalt XXL wird es nicht schaffen, die
Wahrheit juristisch zu verdrehen und zu unterdrücken" vom Leser
dahingehend zu verstehen ist, dass Rechtsanwalt xxxx die Wahrheit
juristisch verdrehe und unterdrücke, damit aber nicht durchkommen werde.
Zudem wird der Leser in diesem Verständnis, wie bereits im angefochtenen
Urteil ausgeführt worden ist, an verschiedenen Stellen der
Internetveröffentlichung bestätigt, so dass etwaige Zweifel ausgeschlossen
sind, So ist beispielsweise auf den Seiten 20 und 21 der Veröffentlichung
(Anl. K 3) unter der Überschrift "Wahrheitsverdrehungen oder
-Verzerrungen" von „Rechtsanwalt x." die Rede; dort heißt es in einem
Kommentar „Für uns sind das offensichtliche Wahrheitsverdrehungen durch
einen Rechtsanwalt". Auf Seite 24 heißt es sodann: "Das altes weiß auch
Rechtsanwalt xxxx, den wir als Wahrheitsverdreher und -verzerrer sehen."
Der Verbotstenor zu Ziffer 1 des angefochtenen Urteils ist damit nicht zu
beanstanden.
Auch der
Verbotstenor zu Ziffer 2. gibt eine Äußerung auf der Internetseite in
zutreffender Zusammenfassung wieder. Insoweit kann zwecks Vermeidung
unnötiger Wiederholungen auf die Ausführungen im dritten Absatz der Seite
7 des angefochtenen Urteils verwiesen werden.
Entgegen der
Auffassung der Beklagten sind die streitgegenständlichen Äußerungen nicht
vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, sondern als unzulässige
Schmähkritik zu untersagen. Die Meinungsfreiheit muss nämlich, wie bereits
das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, hinter dem Schütze der
Persönlichkeit des Betroffenen zurücktreten, wenn sich eine Aussage als
substanzlose Schmähung erweist oder - weil jeder tatsächlichen Grundlage
entbehrend - nur der Kränkung und Demütigung des Betroffenen zu dienen
bestimmt ist (vgl. BVerfG, NJW 1991, 1475; 1477). Hiervon ist vorliegend
auszugehen; die Beklagten haben keinen Sachverhalt vorgetragen, der es
rechtfertigen würde, den Kläger öffentlich auf einer Internetseite zu
bezichtigen, die Wahrheit zu verdrehen und zu unterdrücken. Unter welchen
Voraussetzungen überhaupt ein Vorgang, der sich vor einem eingeschränkten
Publikum abgespielt hat, etwa eine Äußerung im Gerichtssaal oder im
Schriftsatz eines Prozesses, es zu rechtfertigen vermag, den Betroffenen
in derartig massiver Weise in einem Massenmedium wie dem Internet
anzuklagen, kann hier dahinstehen. Die von den
Beklagten vorgetragenen Geschehnisse, die hier berücksichtigt werden
können, sind jedenfalls bei weitem nicht von einem derartigen Gewicht,
dass sie als Grundlage für die streitgegenständlichen Äußerungen dienen
könnten. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat,
besagt der von den Beklagten vorgetragene Vorfall im
Kündigungsschutzprozess nicht einmal, dass die Äußerung des Klägers im
Termin vom 30. September 2003 unwahr war. Ähnliches gilt für den Vortrag
des Klägers in der Klage vorn 14 Juli 2003; auch hier hat bereits das
Landgericht im Einzelnen dargetan, dass die Schilderung der Beklagten
nicht den Vorwurf rechtfertigt, dass der Kläger in seinem Schriftsatz
bewusst wahrheitswidrig vorgetragen habe.
Soweit im
Berufungsverfahren erstmals behauptet worden ist, dass die Beklagte zu 2.
nicht Domaininhaberin sei, kann dieses Vorbringen, worauf in der
mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO
nicht berücksichtigt werden. Gleiches gilt für die
in zweiter Instanz erstmalig von den Beklagten behaupteten weiteren
Beispielsfälle angeblicher Verfehlungen des Klägers, die im Übrigen
ohnehin nicht das beanstandete Verhalten der Beklagten rechtfertigen
dürften.
Das übrige
Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.
Die
Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Die Voraussetzungen für die
Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Dr. Raben
Lemcke
Meyer
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Rolf Schälike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 22.07.05
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