Rechtsanwalt gegen Rolf
Schälike (II)
Hauptverfahren
Landgericht Hamburg
URTEIL (als
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Im Namen des Volkes
Geschäfts-Nr.: 324 O 225/04
Verkündet am:
27.8.2004
xxxx, JAe
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In der Sache
Rechtsanwalt,
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte
Rechtsanwälte
gegen
1) Rolf Schälike,
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg
2) WordLex GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer
Rolf Schälike und Ulrich Rothe,
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg
- Beklagte -
/ Prozessbevollmchtigte zu 1+2:
Rechtsanwalt Helmuth Jipp,
Köppenstraße 9,
22453 Hamburg,
erkennt das Landgericht Hamburg,
Zivilkammer 24
auf die mündliche Verhandlung vom
23.7.2004 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske den Richter am
Landgericht Dr. Weyhe den Richter Dr. Korte
für Recht:
- 2 -
I. Die Beklagten werden verurteilt, es
bei Vermeidung eines vom Gericht fr jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht
beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis
zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00,
Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,
über den Kläger zu äußern:
1. Er verdrehe die Wahrheit juristisch
und unterdrücke sie;
2. er verdrehe die Wahrheit mit gleichen
Methoden wie beim unrechtmächtigen Handeln staatlicher Organe der
ehemaligen DDR.
II. Die Kosten des Rechtsstreits haben
die Beklagten zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich des
Ausspruchs unter Ziff. l des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Hhe
von € 15.000,00, hinsichtlich des Ausspruchs unter Ziff. II des Tenors
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss: Der Streitwert wird auf
15.000,00 € festgesetzt.
- 3 -
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten die
Unterlassung von über das Internet verbreiteten Äußerungen.
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Als solcher vertritt er Personen, die sich
mit den Beklagten im Rechtsstreit befinden bzw. befanden. Die Beklagte
zu 2) ist Domaininhaberin der Internetseite www.eurodiva.de, der
Beklagte zu 1) ist einer der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) und
administrativer Ansprechpartner der genannten Internetseite. Auf dieser
Seite haben die Beklagten jedenfalls am 08.10.2003 über ihre
Rechtsstreitigkeiten mit dem Kläger berichtet. In diesem Zusammenhang
fand sich dort die Aussage:
„Auch ein
Rechtsanwalt xxxx wird es nicht schaffen, die Wahrheit juristisch zu
verdrehen und zu unterdrücken.“
An anderer Stelle wird ein .Antrag des RA
[xxxx] in eigener Sache auf Erlass einer einstweiligen Verfügung v.
01.10.2003" wie folgt wiedergegeben:
„1. es ab
sofort zu unterlassen, (...) d. durch Äußerungen gegenüber Dritten -
insbesondere durch das Einstellen von Äußerungen in das Internet - den
Eindruck zu erwecken, das Handeln von Rechtsanwalt xxxx oder von
Mitarbeitern seiner Kanzlei verdrehe oder unterdrücke die Wahrheit in
einer Weise, die mit dem unrechtsmäßigen Handeln staatlicher Organe der
ehemaligen DDR vergleichbar seien.
Darauf findet sich im Anschluss der
„Kommentar":
(...) zu d:
Es stimmt allerdings, dass die Verdrehung der Wahrheit mit gleichen
Methoden erfolgt, allerdings unter verschiedenen äußeren Bedingungen.
Auch das unrechtmäßige Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR
erfolgte durch konkrete Menschen, u.a. auch Rechtsanwälte. Möchte Herr
xxxx diese meine Erkenntnisse und darauf aufbauende Untersuchungen
verbieten? Es gibt dazu Veröffentlichungen!"
Wegen der weiteren Einzelheiten der
Veröffentlichung wird auf den als Anlage K 3 eingereichten Ausdruck der
Internetseite der Beklagten vom 08.10.2003 Bezug genommen.
- 4 -
Nach erfolgloser Abmahnung hat der Kläger
am 13.10.2003 eine einstweilige Verfügung der Kammer erwirkt, mit der
den Beklagten unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen
Ordnungsmittel verboten worden ist, über den Kläger zu äußern,
1. er verdrehe
die Wahrheit juristisch und unterdrücke sie;
2. er verdrehe
die Wahrheit mit gleichen Methoden wie beim unrechtmäßigen Handeln
staatlicher Organe der ehemaligen DDR.
Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch
der Beklagten hat die Kammer die einstweilige Verfügung mit Urteil vom
16.12.2003 bestätigt. Die Beklagten haben dem Kläger eine Frist zur
Erhebung der Hauptsacheklage setzen lassen.
Der Kläger vertritt die Ansicht, die
Beklagten seien aus den im Urteil vom 16.12.2003 genannten Gründen nicht
berechtigt, die angegriffenen Äußerungen zu tätigen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten bei Vermeidung eines vom
Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall
höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu
verbieten, über den Kläger zu äußern:
1. Er verdrehe die Wahrheit juristisch
und unterdrücke sie;
2. Er verdrehe die Wahrheit mit gleichen
Methoden wie beim unrechtmäßigen Handeln staatlicher Organe der
ehemaligen DDR.
Die Beklagten beantragen, die Klage
abzuweisen.
Sie vertreten die Ansicht, der Beklagte
zu 1) habe die im Klagantrag zu Ziffer 1) enthaltene Behauptung nicht
aufgestellt. Während sich nämlich der Klagantrag zu Ziffer 1) mit dem
Präsenz befasse, habe sich der Beklagte zu 1) lediglich über ein in die
Zukunft gerichtetes mögliches Verhalten des Klägers geäußert. Dass der
Kläger die Wahrheit verdrehe oder es versuchen werde, sei eine nach der
Implikaturentheorie annullierbare konversationeile Implikatur, was durch
Einholung eines sprachwissenschaftlichen Sachverständigengutachtens
bewiesen werden könne.
- 5 -
Weiter führen die Beklagten aus, der
Kläger habe sich in früheren Prozessen, in denen sich die Parteien
entgegen getreten seien, nicht nur herablassend, verletzend und
beleidigend über die Beklagten geäußert, sondern zum Teil auch bewusst
wahrheitswidrig vorgetragen. So sei beispielsweise dem Kläger am
19.09.2003 ein bestimmter Vertragsentwurf zugefaxt worden. Dennoch habe
der Kläger am 30.09.2003 in einem Verhandlungstermin vor dem
Arbeitsgericht Hamburg, nachdem ihm der Vertragsentwurf dort vorgelegt
worden sei, behauptet: „Diesen Vertrag kenne ich nicht. Ich sehe ihn
heute zum ersten Mal." In einem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg
habe der Kläger in seiner Klagschrift vom 14.07.2003 im Hinblick auf
Gelder einer bestimmten Gesellschaft wie folgt bewusst wahrheitswidrig
vorgetragen: „Festzustellen ist somit, dass die Beklagten - ohne hierzu
legitimiert gewesen zu sein - von dem Konto [der Gesellschaft]
wesentliche Beträge in bar entnommen haben, ohne dass der Verbleib des
Geldes bis heute geklärt ist." In Wahrheit sei dem Kläger bereits zwei
Monate zuvor, am 19.05.2003, mitgeteilt worden, dass der in dem
Verfahren streitige Betrag sicherheitshalber auf ein anderes Konto
überwiesen und später der Gesellschaft wieder zugeführt worden sei.
Tatsächlich sei auch der streitige Betrag am 28.03.2003 wieder auf das
Geschäftskonto eingezahlt worden. Unter diesen Umständen sei es den
Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter
Interessen und der Position des zulässigen „Gegenschlags" gestattet,
ihrerseits heftig zu reagieren und dem Kläger polemisch vorzuwerfen, die
Wahrheit zu verdrehen und zu unterdrücken.
Unter dem Gesichtspunkt der
Waffengleichheit dürfe sich der Beklagte angesichts seiner finanziellen
und zeitlichen Möglichkeiten hierzu auch des Internets bedienen. Die
Begründung des Landgerichts im Urteil vom 16.12.2003 sei insoweit nicht
plausibel. Auch die Ausführungen vor dem Gericht und die
Berichterstattung über das Gerichtsverfahren könnten eine potenziell
unbegrenzte Öffentlichkeit erreichen. Über das Internet werde auch keine
andere Öffentlichkeit erreicht als durch direktes Anschreiben und
direkte Berichterstattung an die Interessierten. Tatsächlich erfahre nur
derjenige von dem jeweiligen Inhalt der Internetveröffentlichung, der
tatsächlich nach dieser Information suche und gezielt auf die
Internetadresse des Beklagten zugreife. Der Beklagte zu 1) habe sich
nicht darauf beschränken können, innerhalb der vorangegangenen
Verfahren zu replizieren, da er nicht die Möglichkeit habe, selber vor
Gericht aufzutreten, sondern sich dazu eines Rechtsanwaltes bedienen
müsse.
Auch die im Klagantrag zu Ziffer 2)
enthaltene Behauptung hätten die Beklagten weder wörtlich noch
sinngemäß aufgestellt. Sie hätten vielmehr lediglich geschrieben, dass
das unrechtmäßig Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR „durch
- 6 -
konkrete Menschen" erfolgt sei, u.a. auch
durch „Rechtsanwälte". Die Beklagten hätten damit zwar einen Vergleich
angestellt, von einer ausdrücklichen oder auch nur sinngemäßen
Gleichstellung des Klägers mit dem Unrechtssystem der DDR könne aber
nicht gesprochen werden.
Im übrigen enthalte der Klagantrag zu 2)
eine erhebliche sprachliche Ungenauigkeit: Bei der „ehemaligen" DDR
handle es sich um die heutigen Staatsgebiete in den so genannten Neuen
Ländern Deutschlands. Offensichtlich meine der Kläger jedoch die
staatlichen Organe der „damaligen DDR" oder der „DDR".
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und die
Beklagten mit jeweils nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 06.08.2004
bzw. 24.08.2004 weiter vorgetragen.
Entscheidungsgründe
I.)
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger kann von den Beklagten gemäß
§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs.
1, 2 Abs. 1 GG verlangen, dass diese es unterlassen, sich erneut über
den Kläger in der beanstandeten Weise zu äußern, denn hierdurch wird der
Kläger bei bestehender Wiederholungsgefahr in seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht verletzt.
1.)
Die Beklagten haben sich auf der von
ihnen betriebenen Internetseite in der angegriffenen Weise geäußert. Im
Urteil vom 16.12.2003 hat die Kammer hierzu ausgeführt:
„So heißt es
ausweislich des Ausdrucks vom 8.10.2003 (Anl ASt3) an einer Stelle ,Auch
ein Rechtsanwalt xxxx wird es nicht schaffen, die Wahrheit juristisch zu
verdrehen und zu unterdrücken.' Eine solche Aussage kann der Leser nur
so verstehen: Rechtsanwalt xxxx verdreht die Wahrheit juristisch und
unterdrückt sie, aber er wird damit nicht durchkommen. Den
prognostizierenden Anteil, der sich in diesem Verständnis der
angegriffenen Passage findet
- 7 -
und der eine
Meinungsäußerung darstellen dürfte, hat die Kammer ausweislich des
Tenors der einstweiligen Verfügung gerade nicht verboten. An der bereits
oben zitierten weiteren Stelle auf ihrer Internetseite äußern sich die
Antragsgegner dann noch wie folgt in Bezug auf den Antragsteller: ,Es
stimmt allerdings, daß
die Verdrehung der Wahrheit (mit gleichen
Methoden) erfolgt, ...'. Spätestens hiermit ist das vorstehend
wiedergegebene Verständnis der o.g. Passage für den Leser zwingend,
nämlich als die Aussage, da der Antragsteller die Wahrheit juristisch
verdrehe und unterdrücke. Dies entspricht indes genau dem in Ziffer 1
der einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Verbot. Das letztgenannte
Zitat von der Internetseite der Antragsgegner lautet vollständig wie
folgt: ,Es stimmt allerdings, daß
die Verdrehung der Wahrheit mit gleichen
Methoden erfolgt, allerdings unter verschiedenen äußeren Bedingungen.
Auch das unrechtmäßige Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR
erfolgte durch konkrete Menschen, u.a. auch Rechtsanwälte.' Es ist nicht
nachvollziehbar, weshalb diese - nach dem Kontext unmißverständlich auf
den Antragsteller gemünzte Äußerung durch den Verbotstenor zu Ziffer 2
nicht zutreffend wiedergegeben sein soll; der Verbotstenor setzt diese
Passage lediglich in indirekte Rede, faßt sie zusammen."
An diesen Ausführungen hält die Kammer
fest. Die weiteren von den Beklagten vorgetragenen Argumente führen zu
keiner abweichenden Beurteilung. Hinsichtlich der
Interpretationsmöglichkeiten der dem Antrag zu Ziffer 1) zugrunde
liegenden Erstmitteilung ist den oben stehenden Ausführungen im Urteil
vom 16.12.2003 nichts hinzuzufügen. Der Einholung
des von den Beklagten zum Beweis ihres Vertrags angeführten
sprachwissenschaftlichen Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht,
da für das rechtlich maßgebliche Verständnis einer Äußerung auf den
unbefangenen Durchschnittsrezipienten abzustellen ist (Soehring,
Presserecht, 3. Aufl., Rn. 14.4).
Hinsichtlich des Klagantrags zu 2) ist
lediglich Folgendes zu ergänzen: Jedenfalls durch die Verweisung „zu d:"
vor der streitgegenständlichen Aussage „Es stimmt allerdings, ..." haben
die Beklagten eine unmittelbare Verknüpfung zu dem davor zitierten
.Antrag des RA in eigener Sache" zu Ziffer 1 d) hergestellt. Demnach
kann kein Zweifel bestehen, dass die Aussage „Es stimmt allerdings, dass
die Verdrehung der Wahrheit mit gleichen Methoden erfolgt, allerdings
unter verschiedenen äußeren Bedingungen. (...)" unmittelbar auf die
Person des Klägers und dessen Kanzleimitarbeiter bezogen ist. Über die
Formulierung „...mit gleichen Methoden..." erfolgt insofern auch eine
Gleichstellung des Klägers mit dem Unrechtssystem der DDR.
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Soweit im Klagantrag zu Ziffer 2) sowie
im Tenor der vorliegenden Entscheidung von der „ehemaligen DDR" die Rede
ist, mag hierin eine sprachliche Ungenauigkeit liegen. Es wird damit
aber gerade wörtlich die Formulierung der Beklagten in der angefochtenen
Erstmitteilung wiedergegeben.
2.)
Durch Verbreitung der
streitgegenständlichen Äußerungen haben die Beklagten das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Wie bereits im Urteil vom
16.12.2003 ausgeführt, enthalten diese Äußerungen erhebliche
Wertungsanteile, etwa in den Begriffen „verdrehen" und „unterdrücken"
sowie im Vergleich mit der ehemaligen DDR", und sind daher im
Schwerpunkt als Meinungsäußerungen anzusehen. Als solche genießen sie
zwar grundsätzlich den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5
Abs. 1 S. 1 GG. Vorliegend tritt dieser Schutz jedoch hinter dem
Interesse am Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1
Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zurück, da die streitgegenständlichen Äußerungen
Schmähungen des Klägers enthalten. Eine Schmähkritik liegt vor, wenn in
einer herabsetzenden Äußerung nicht die Auseinandersetzung in der Sache,
sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, wenn also die
Kritik auch aus Sicht des Kritikers keine vertretbare Grundlage mehr
haben kann, sondern auf eine vorsätzliche Ehrkränkurrg abzielt (Wenzel,
Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rz. 583 ff.;
Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rz. 20.9; Prinz/Peters, Medienrecht, Rz.
91; BGH, NJW 1987, 1398). Ausschlaggebend ist insofern insbesondere, ob
es fr die jeweilige Meinungsäußerung hinreichende tatsächliche
Anknüpfungspunkte gibt, auf die sie sich stützen lässt. Dies ist
vorliegend nicht der Fall. Zwar mögen sich die Beklagten darauf berufen
können, dass sie ihrerseits in vorangegangenen Prozessen Angriffen des
Klägers ausgesetzt waren. Nach dem Gedanken der Waffengleichheit besteht
aber - wie bereits im Urteil vom 16.12.2003 ausgeführt - ein Recht zum
„Gegenschlag" grundsätzlich nur vor dem Forum, vor dem auch der Angriff
geführt wurde. Die von den Beklagten vorgetragenen Anknüpfungstatsachen
sind nicht von solcher Art und solchem Gewicht, dass ein schützenswertes
Interesse erkennbar würde, die Auseinandersetzung mit dem Kläger aus den
gerichtlichen Verfahren heraus in die Öffentlichkeit des Internet zu
tragen. Hierdurch wurde der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des
Klägers erheblich intensiviert. Die durch das Saalpublikum hergestellte
Gerichtsöffentlichkeit unterscheidet sich maßgeblich von der über eine
Homepage der streitgegenständlichen Art hergestellten massenmedialen
Öffentlichkeit. Zum einen kann das Publikum im Gerichtssaal die dortigen
Geschehnisse selbst erleben und seinerseits von den
Verfahrensbeteiligten wahrgenommen und eingeschätzt werden; zum anderen
kann sich durch den Kontextwechsel der Verbreitung auch der
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Aussagegehalt einer Äußerung verändern
(so auch - im Hinblick auf die Verbreitung von Bildnissen im Fernsehen -
BVerfG, 1 BvR 653/96 vom 15.12.1999, Absatz-Nr. 73, http://www.bverfg.de/).
Hinzu kommt, dass im Vergleich mit einer gerichtlichen Verhandlung der
Kreis der potenziellen Rezipienten im Falle einer massenmedialen
Verbreitung schon im Hinblick auf die begrenzten Saalkapazitäten eines
Gerichts erheblich vergrößert wird.
Die Beklagten können sich insoweit auch
nicht mit Erfolg darauf berufen, sie verfügten nicht über die
Möglichkeit, selber vor Gericht aufzutreten, sondern müssten sich dazu
eines Rechtsanwaltes bedienen, denn es ist nicht ersichtlich, inwieweit
sie dadurch daran gehindert gewesen wären, ihren Standpunkt im Prozess
ausreichend zur Geltung zu bringen (vgl. auch §
137 Abs. 4 ZPO).
Dem weiteren Vortrag der Beklagten, über
das Internet werde keine andere Öffentlichkeit erreicht als durch
direktes Anschreiben und direkte Berichterstattung an die
Interessierten, vermag die Kammer nicht zu folgen. Zum einen befasst
sich das Internetangebot www.eurodiva.de keinesfalls ausschließlich mit
den Gerichtsverfahren, in denen die vermeintlichen Angriffe des Klägers
erfolgten, so dass davon ausgegangen werden muss, dass auch solche
Besucher auf die streitgegenständlichen Äußerungen stoßen, die an sich
auf den Seiten der Beklagten Informationen zu anderen Themen gesucht
hatten. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass Internetnutzer über
Suchmaschinen durch Eingabe des Namens des Klägers auf die fraglichen
Seiten der Beklagten stoßen.
Vor diesem Hintergrund sind die von den
Beklagten vorgetragenen Anknüpfungstatsachen nicht geeignet, um die
Verbreitung der streitgegenständlichen Äußerungen auf ihren
Internetseiten zu rechtfertigen. Die Beklagten tragen vor, der Kläger
habe in einem Verhandlungstermin am 30.09.2003 geäußert „Diesen Vertrag
kenne ich nicht. Ich sehe ihn heute zum ersten Mal.", obwohl dem Kläger
eben dieser Vertrag bereits elf Tage zuvor per Fax zugänglich gemacht
worden sei. Der Umstand, dass das Fax an den Kläger abgesendet wurde,
könnte - seinen Zugang im Büro des Klägers unterstellt - allenfalls die
Auffassung rechtfertigen, der Kläger hätte den Inhalt des Vertrages
eigentlich kennen müssen", nicht jedoch die Schlussfolgerung, dass
diesem das Fax auch tatsächlich zur Kenntnis gelangt ist. Ähnlich
verhält es sich mit dem von den Beklagten dargelegten Vortrag des
Klägers in der Klagschrift vom 14.07.2003. Die Beklagten tragen vor, dem
Kläger sei mitgeteilt worden, dass der in diesem Verfahren streitige
Betrag sicherheitshalber auf ein anderes Konto überwie-
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sen und, nachdem dem ehemaligen
Mitgeschäftsführer Fritzsche die Kontovollmacht entzogen war, der
Gesellschaft wieder zugeführt worden ist." Für eine vollständige Klärung
über den „Verbleib des Geldes" reicht diese Mitteilung jedoch nicht aus.
Weder ist ihr zu entnehmen, wohin das Geld zwischenzeitlich transferiert
worden war, noch von wem und in welcher Form es der Gesellschaft
„wieder zugeführt" wurde. Auch der weitere Vortrag der Beklagten zum
Verhalten des Klägers in vorangegangenen gerichtlichen
Auseinandersetzungen rechtfertigt die Veröffentlichung der angegriffenen
Äußerungen im Internet nicht. Dass konträre Ansichten vorgetragen
werden, kann - wie bereits im Urteil vom 16.12.2003 ausgeführt - für
sich genommen die angegriffenen Äußerungen selbst dann nicht
rechtfertigen, wenn dies in einem zugespitzten oder gar polemischen
Tonfall erfolgt sein sollte.
3.)
Die den Unterlassungsanspruch nach
§ 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB auslösende Wiederholungsgefahr ist indiziert, da zu vermuten ist,
dass ein einmal erfolgter rechtswidriger Eingriff wiederholt werden wird
(vgl. BGH, Urt. v. 8. 2. 1994, NJW 1994, 1281 ff., 1283).
4.)
Der Inhalt der nicht nachgelassenen
Schriftsätze der Parteien hat der Kammer keine Veranlassung zur
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus
ァ 91 ZPO, der
Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §
709 Satz 1 und 2 ZPO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf §
3 ZPO.
Buske Weyhe
Korte
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Rolf Schälike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 03.06.04
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