Aus dem Gerichtssaal zu Äußerungs- und Bildnisverfahren
Autor: Rolf Schälike
BGH Urteile
Bildnis (Schauspieler in seiner Rolle)
BGHR Zivilsachen>Bundesrecht>K>KUG>§ 22>Bildnis
KUG § 22
Bildnis Schauspieler in seiner Rolle
BGH, Urt. v. 1. Dezember 1999 – I ZR 226/97
Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dieser Fotografie um ein Bildnis von Marlene Dietrich (vgl. dazu bei BGHR KUG § 22 - Bildnis 5). Ein Bildnis i.S. von § 22 Satz 1 KUG ist die Darstellung einer Person, die deren äußere Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt (BGH, Urt. v. 9.6.1965 - Ib ZR 126/63, GRUR 1966, 102 - Spielgefährtin I, m.w.N.). Die Erkennbarkeit für Dritte entscheidet darüber, als wessen Bildnis eine Personendarstellung anzusehen ist: Die Abbildung eines Schauspielers in seiner Rolle ist als Bildnis des Schauspielers anzusehen, wenn er noch eigenpersönlich in Erscheinung tritt, d.h. erkennbar und identifizierbar bleibt (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.1960 - I ZR 87/59, GRUR 1961, 138, 139 - Familie Schölermann; anders noch RGZ 103, 319, 320 f. - Astra Nielsen), oder wenn er durch die für ihn bekannte Aufmachung erkennbar wird (v. Gamm, UrhG, Einf. Rdn. 104 m.w.N.). Die Abbildung des Doppelgängers einer berühmten Person ist als Bildnis der berühmten Person anzusehen, wenn der Eindruck erweckt wird, bei dem Doppelgänger handele es sich um die berühmte Person selbst (vgl. KG JW 1928, 363, 364 - Piscator; daran anschließend BGHZ 26, 52, 67 - Sherlock Holmes; Schricker/Gerstenberg/Götting, Urheberrecht, 2. Aufl., § 60/§ 22 KUG Rdn. 5 und 10; anders Pietzko, AfP 1988, 209, 214 f.; Freitag, GRUR 1994, 345, 346; differenzierend J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, 1991, S. 98 ff.). Dabei ist nicht von Bedeutung, auf welchen Merkmalen des äußeren Erscheinungsbildes die Erkennbarkeit beruht. Diese muß sich nicht aus den Gesichtszügen, sondern kann sich auch aus anderen, die betreffende Person kennzeichnenden Einzelheiten ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.1979 - VI ZR 108/78, GRUR 1979, 732, 733 = NJW 1979, 2205 - Fußballtor). Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es daher nicht darauf an, ob sich die auf dem Werbefoto abgebildete Person in ihren Gesichtszügen von Marlene Dietrich unterscheidet und ob die Szene nicht die Person Marlene Dietrichs, sondern den Film »Der blaue Engel« symbolisieren soll. Entscheidend ist, daß die abgebildete Person erkennbar das äußere Erscheinungsbild Marlene Dietrichs in der von ihr in dem Film »Der blaue Engel« gespielten Rolle nachahmt. Denn damit wird der Eindruck erweckt, es handele sich um eine Abbildung Marlene Dietrichs in dieser Rolle.