Aus dem Gerichtssaal zu Äußerungs- und Bildnisverfahren
Autor: Rolf Schälike
BGH Urteile
Bildnis (Recht am eigenen Bild; allgemeines Persönlichkeitsrecht)
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KUG § 22
Bildnis Recht am eigenen Bild; allgemeines Persönlichkeitsrecht
BGH, Urt. v. 12. Oktober 1993 – VI ZR 23/93
Zur Zulässigkeit einer Plakataktion, in der Greenpeace die FCKW-Produktion deutscher Unternehmen unter Abbildung der Portraits ihrer Vorstandsvorsitzenden und Namensnennung in satirisch-sarkastischer Weise kritisiert.
Soweit sich der Kläger gegen die Veröffentlichung seines Bildes wendet, beruht sein Begehren auf § 22 KUG, nach dem Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Das dort gewährleistete Recht am eigenen Bild - eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (BVerfGE 35, 202, 224 und st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt Senatsurteile vom 14. Oktober 1986 - VI ZR 10/86 - NJW-RR 1987, 231 m.w.N. und vom 14. April 1992 - VI ZR 285/91 - NJW 1992, 2084), dessen Verletzung u.a. einen Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB auslösen kann - ist indes nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG für Personen der Zeitgeschichte, zu denen das Berufungsgericht den Kläger rechtsfehlerfrei zählt, eingeschränkt. Diese Einschränkung tritt jedoch nach § 23 Abs. 2 KUG u.a. dann zurück, wenn durch die Verbreitung des Bildnisses ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach einer Abwägung, in der darüber zu befinden ist, ob dem Stellenwert des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten, das die Rechte aus §§ 22 f KUG umfaßt, gegenüber der mit der Abbildung in Anspruch genommenen Rechtsposition der Vorrang gebührt (vgl. Senatsurteil vom 16. September 1966 - VI ZR 268/64 - NJW 1966, 2353 ff.). Auch soweit sich der Kläger gegen die Nennung seines Namens wendet, findet sein Begehren in dem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht und in §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB eine Stütze. Ob eine Verletzung dieses Rechts vorliegt, ist ebenfalls anhand des zu beurteilenden Einzelfalls auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung festzustellen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muß grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (st. Rspr., zuletzt Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - NJW 1991, 1532, 1533). Damit kommt es unter den beiden rechtlichen Gesichtspunkten, auf die der Kläger seinen Unterlassungsanspruch stützt, darauf an, ob dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als den Rechtsgründen, die der Beklagte für seine Plakataktion in Anspruch nehmen kann.
von Carl Heymanns Verlag