Interessen, berechtigte Abwägung gegen Meinungsfreiheit
BGH, Urt. v. 30. September 2003 – VI ZR 89/02
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Verbreitung einer Fotomontage, die sie im Jahr 2000 auf mehreren Seiten einer von ihr verlegten Publikation veröffentlicht hat. Sie zeigt den Kläger - damals noch Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG - auf einem von Rissen durchzogenen, bröckelnden »T« sitzend, welches dem Firmenemblem der Telekom entnommen worden war. Die Darstellung des Klägers selbst bestand aus zwei Teilen. Sein einem Foto entnommener Kopf saß auf einem fremden Körper. Für diese Anpassung war das Foto des Kopfes in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang verändert worden. Die Einschränkung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG tritt nach § 23 Abs. 2 KUG zurück, wenn durch die Verbreitung des Bildnisses ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach einer Abwägung, in der darüber zu befinden ist, ob dem Stellenwert des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten, das die Rechte aus §§ 22 f. KUG umfaßt, gegenüber der Rechtsposition der Gegenpartei der Vorrang gebührt (BVerfG 2001, 1921, 1923; Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 = NJW 1994, 124, 125 m.w.N.). Hierfür ist eine umfassende, am Einzelfall orientierte Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muß grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE 101, 361, 388; BVerfG, NJW 2002, 3767, 3768; Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 aaO m.w.N.). Deshalb kommt es darauf an, ob dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Beklagte bei der fraglichen Veröffentlichung beruft, nämlich die Freiheit zu einer satirischen Darstellung als Äußerung der grundrechtlich gewährleisteten Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
von Carl Heymanns Verlag, 2005