Aus dem Gerichtssaal zu Äußerungs- und Bildnisverfahren
Autor: Rolf Schälike
BGH Urteile
Person der Zeitgeschichte (absolute -; Kinder von Prominenten)
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KUG § 23 Abs. 1 Nr. 1
Person der Zeitgeschichte absolute -; Kinder von Prominenten
BGH, Urt. v. 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94
Der Eingriff der Beklagten in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger eine Person der Zeitgeschichte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG ist.
Diese Vorschrift ist eine Ausnahmebestimmung. Sie enthält mit Rücksicht auf das berechtigte Interesse der Allgemeinheit an einer bildmäßigen Darstellung von Personen, die dem öffentlichen Leben angehören, eine Einschränkung des Rechts am eigenen Bild für Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (BGHZ 20, 345, 349). Die Vorschrift erfaßt Personen, die derart in das Blickfeld der Öffentlichkeit getreten sind, daß der Allgemeinheit ein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse an einer bildlichen Darstellung zuzubilligen ist (vgl. BGHZ 24, 200, 208). Zu diesem Personenkreis zählt der Kläger nicht. Er gehört weder zum öffentlichen Leben noch ist er derart in das Blickfeld der Öffentlichkeit getreten, daß ein durch ein anerkennenswertes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse an der Veröffentlichung seines Bildes zu bejahen wäre. Zwar mag in der Leserschaft der von der Beklagten verlegten Zeitschriften ein gewisses Interesse an dem Bild des Klägers bestehen. Dieses Interesse rechtfertigt jedoch nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG aus den oben dargelegten Gründen auch unter Berücksichtigung der Rechtsposition der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht eine Einschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers.
An der Verneinung der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG ändert auch nichts, daß der Kläger der Sohn der Prinzessin C. ist, die selbst zweifelsfrei eine absolute Person der Zeitgeschichte darstellt. Es kann auf sich beruhen, ob und - wenn ja - unter welchen Voraussetzungen Personen, die zum Umfeld einer absoluten Person der Zeitgeschichte gehören, durch die Nähe zu dieser Person selbst zu einer Person der Zeitgeschichte werden können. Der Rechtsverlust, der für die Betroffenen mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG verbunden ist, gebietet es, die Kinder von Personen der Zeitgeschichte nur dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie gleichfalls als Angehörige in der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (vgl. Damm/Kuner, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 1991, S. 44). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger tritt nicht nur nicht in der Öffentlichkeit auf, vielmehr wehrt er sich gerade dagegen, daß ihm in der Öffentlichkeit eine besondere Beachtung entgegengebracht wird.