Persönlichkeitsrecht Richtigstellungsanspruch und Zeitablauf
BGH, Urt. v. 9. Dezember 2003 – VI ZR 38/03
Ein Anspruch des durch eine unwahre Tatsachenbehauptung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Beeinträchtigten auf Richtigstellung kann auch nach Ablauf von mehr als sieben Monaten bestehen.
Die Beklagte hat in der von ihr verlegten Tageszeitung »Bild« auf der Titelseite der Ausgabe vom 22. September 2000 sowie auf Seite 4 über ein Interview mit dem bekannten Unterhaltungskünstler U. in dem Magazin »Playboy« berichtet, in dem dieser über sein Verhältnis zu Frauen und insbesondere zur Klägerin befragt worden war. Der Artikel wies in großer Schrift die Schlagzeile auf:
»U.
Im Bett mit
C.?«
Darunter etwas kleiner im Untertitel:
»In einem Playboy-Interview antwortet er eindeutig zweideutig.«
... Der Anspruch der Klägerin auf Richtigstellung scheitert nicht an einer durch Zeitablauf eingetretenen »Deaktualisierung«.
Der erheblichen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß seit der Veröffentlichung mehr als drei Jahre vergangen sind. Dieser Zeitraum reicht unter den hier gegebenen Umständen nicht aus, um den unwahren Behauptungen der Beklagten, mit denen sie in einer auflagenstarken Zeitung in die Intimsphäre der Klägerin eingegriffen hat, die ehrverletzende Wirkung zu nehmen. Die Meldung entbehrte nach ihrem Inhalt eines aktuellen Bezugs; sie berichtete über die Zeit, in der U. 41 Jahre alt war; die Klägerin war damals »18 oder 19 Jahre alt«. Die Veröffentlichung auf der Titelseite der »Bildzeitung« stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der Klägerin dar. Der in der Veröffentlichung liegende Eingriff in die Intimsphäre war angesichts des gerichtsbekannten Verbreitungsgrades der Bildzeitung (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - NJW 1995, 861, 863, insoweit nicht in BGHZ 128, 1 ff.) so intensiv, daß auch die von der Veröffentlichung bis zur Klageerhebung abgelaufene Zeit von sieben Monaten nicht ausreicht, um den unwahren Behauptungen ihre die Klägerin verletzende Wirkung zu nehmen. Eine Beseitigung dieser Rechtsverletzung ist nach wie vor geboten.
Die Richtigstellung in der ausgeurteilten Form erweckt - entgegen der Ansicht der Revision - beim unvoreingenommenen Leser der Bildzeitung auch nicht den Eindruck, »an der Sache sei vielleicht doch etwas dran«.
Soweit die Revision die Sorge äußert, durch die Richtigstellung werde die das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzende Äußerung wieder ins Gedächtnis der Leser gerufen, ist das ein Risiko, das die Beklagte der Klägerin zu überlassen hat, welche die Richtigstellung wünscht. Der Anspruch auf Richtigstellung wird dadurch jedenfalls nicht ausgeschlossen.