Persönlichkeitsrecht Geldentschädigung bei Verletzung des Rechts am Bild
BGH, Urt. v. 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94
Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere, einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen ist.
Weiter ist das Berufungsgericht mit Recht der Auffassung, daß nicht jede Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - und damit auch nicht jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild - einen Anspruch des Betroffenen auf eine Geldentschädigung gegen den Verletzer auslöst. Ein solcher Anspruch kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (gleichfalls st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87 - VersR 1988, 405 und vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - VersR 1995, 305, 308, zum Abdruck in BGHZ 128, 1 ff. vorgesehen).
Bei der wertenden Beurteilung, ob hier eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung im Sinne dieser Rechtsprechung vorliegt, hat das Berufungsgericht indes nicht alle Umstände, die dem Fall das Gepräge geben, mit der ihnen zukommenden Bedeutung in seine Erwägungen miteinbezogen.
Zwar ist dem Berufungsgericht zuzugeben, daß die bloße Veröffentlichung der vorliegenden Fotos - jeweils für sich betrachtet - für den Kläger nicht zu einer Rechtsverletzung geführt hat, deren Schweregrad die Zuerkennung eines Anspruchs auf eine Geldentschädigung gebietet. Die Rechtsverletzung, die die Beklagte dem Kläger zugefügt hat, erschöpft sich jedoch nicht in der bloßen Veröffentlichung der Fotos. Sie erhält vielmehr ihr besonderes Gewicht dadurch, daß die Beklagte durch die wiederholte einwilligungslose Veröffentlichung der Fotos des Klägers dessen Recht am eigenen Bild mit besonderer Hartnäckigkeit verletzt und sich zumindest bei der letzten Veröffentlichung über den ihr ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen des Klägers hinweggesetzt hat. Zu dem wiederholten Rechtsbruch der Beklagten, der in der einwilligungslosen Veröffentlichung der Fotos bestand, trat damit die bewußte und offenkundige Mißachtung des erklärten Willens des Klägers hinzu. Dabei handelte die Beklagte um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen. Dies bedeutet, daß die Rechtsverletzung, die die Beklagte dem Kläger zugefügt hat, nach ihrer Intensität, dem Beweggrund der Beklagten und dem Grad ihres Verschuldens als so gewichtig zu werten ist, daß sie die Zubilligung eines Anspruchs auf eine Geldentschädigung gebietet. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht darin, daß dem Verletzten - anders als in den anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zu Gebote stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind.
Die Zubilligung eines solchen Anspruchs scheitert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an der Zweckbestimmung dieses Anspruchs. Das Berufungsgericht sieht die Funktion dieses Anspruchs zu eng, wenn es ausführt, daß er nicht auf Prävention, sondern auf billigen Ausgleich für erlittene Unbill ausgerichtet sei. Zu dieser Erwägung wird das Berufungsgericht offensichtlich durch seine auf das Schmerzensgeld abstellende Betrachtung und damit durch ein Verständnis geleitet, das dem Wesen und der Zweckbestimmung des hier erörterten Anspruchs auf eine Geldentschädigung nicht gerecht wird. Bei diesem Anspruch handelt es sich im eigentlichen Sinn nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB, sondern um ein Recht, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung, die in Verbindung mit diesen Vorschriften ihre Grundlage in § 823 Abs. 1 BGB findet, beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll er der Prävention dienen (Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - aaO S. 309 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, jeweils m.w.N.). Beide Gesichtspunkte kommen im Streitfall zum Tragen.