A. 2. ... c) Bildnisse von Personen der Zeitgeschichte dürfen nicht schrankenlos ohne deren Einwilligung verbreitet werden. Nach § 23 Abs. 2 KUG ist eine Veröffentlichung unzulässig, wenn das berechtigte Interesse des Abgebildeten entgegensteht. Ob dies der Fall ist, muß durch eine Güter- und Interessenabwägung bestimmt werden, in der im Einzelfall darüber zu befinden ist, ob das durch die Pressefreiheit geschützte Informationsinteresse der Allgemeinheit (Art. 5 GG), auf das sich die Beklagte berufen kann, gegenüber dem Persönlichkeitsrecht, dessen Schutz die Klägerin für sich in Anspruch nimmt (Art. 2 GG), den Vorrang genießt (BVerfGE 34, 269, 282; 35, 202, 221; Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 58 - FCKW; vom 15. November 1994 - BGHZ 128, 1, 10 = VersR 1995, 305, 308).
aa) Bei der Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen kommt dem Schutz der Privatsphäre ein besonderer Stellenwert zu. Das Recht auf Achtung der Privatsphäre ist Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in der er seine Individualität unter Ausschluß anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören (BVerfGE 34, 238, 245 ff.; 35, 202, 220; vgl. im amerikanischen Recht das right to be let alone als Ausfluß des right of privacy, vgl. Katz v. United States, 389 Supreme Court (1967), 347, 350 f.; Warren/Brandeis, 4 Havard Law Review (1890), 193 ff.; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte (1995), 168 ff., 174). Dementsprechend hat die Rechtsprechung in Deutschland nach dem Kriege dem Recht auf Achtung der Privatsphäre als einem verfassungsmäßig garantierten Grundrecht, das auch das Recht am eigenen Bild umfaßt, stets - und zwar auch im Privatrecht - besondere Bedeutung beigemessen (BVerfGE 27, 1, 6; 34, 269, 282f.; 35, 202, 220; 44, 353, 372; BGHZ 24, 200, 208 f.; 27, 284, 285 f.; 73, 120, 122 f.; Senatsurteil vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63 - JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green; OLG Hamburg UFITA 78 (1977) , 252, 257; 81 (1978) , 278, 285; OLG Hamburg NJW 1970, 1325 - Haus Hohenzollern).
bb) Das Recht auf Achtung der Privatsphäre kann jedermann, auch die Klägerin als Person der Zeitgeschichte, für sich in Anspruch nehmen. Auch solche Personen brauchen es grundsätzlich nicht zu dulden, daß von ihnen im Kernbereich der Privatsphäre (etwa im häuslichen Bereich) ohne ihre Einwilligung Bildaufnahmen zum Zwecke der Veröffentlichung angefertigt werden (BGHZ 24, 200, 208; BGH, Urteil vom 10. November 1961 - I ZR 78/60 - GRUR 1962, 211, 212 - Hochzeitsbild; vom 9. Juni 1965 - Ib ZR 126/63 - NJW 1965, 2148 - Spielgefährtin). Nur ausnahmsweise kann bei ihnen die Verbreitung von Bildnissen aus diesem Bereich statthaft sein, wenn überwiegende öffentliche Interessen einen solchen Eingriff rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1965 aaO S. 413 - Gretna Green; OLG Hamburg UFITA 78 (1977), 252, 257 - Grace Kelly; 81 (1978), 278, 285; OLG Hamburg NJW 1970, 1325; OLG München UFITA 41 (1964), 322, 324).
d) Von diesen Grundsätzen geht auch das Berufungsgericht aus. Es meint jedoch, das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit ende erst an der »Haustür« des Abgebildeten, hingegen nicht schon in jedermann zugänglichen Räumlichkeiten wie hier »vor« einem einsehbaren Gartenlokal oder sonstigen öffentlichen Orten. Das Berufungsgericht will also den Privatbereich auf die der Öffentlichkeit verschlossenen Räumlichkeiten innerhalb des eigenen Hauses beschränken. ...
Dem vermag der Senat jedoch nicht beizutreten. Eine räumliche Einengung der Privatsphäre auf den häuslichen Bereich wird schon durch die Motive zum Kunst- und Urhebergesetz nicht gedeckt, denn danach sollte durch den Vorbehalt des berechtigten Interesses des Abgebildeten in Abs. 2 des § 23 KUG »namentlich verhütet werden, daß die Vorgänge des persönlichen, häuslichen und Familienlebens an die Öffentlichkeit gezogen werden« (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichtstages 1905/1906, Anl. Bd. II, S. 1526, 1541). Diese Formulierung beschränkt den Schutz der Privatsphäre keineswegs ausschließlich auf den häuslichen Bereich, sondern läßt einer erweiterten Handhabung durchaus Raum. Auch im Schrifttum wird die Notwendigkeit eines Schutzes der Privatsphäre außerhalb des häuslichen Bereichs zum Teil, wenn auch aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlicher Zielsetzung, anerkannt (...).
Auch nach Auffassung des Senats kann es eine schützenswerte Privatsphäre auch außerhalb des häuslichen Bereichs geben. Das ist dann der Fall, wenn sich jemand in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, in der er objektiv erkennbar für sich allein sein will und in der er sich in der konkreten Situation im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit so verhält, wie er es in der breiten Öffentlichkeit nicht tun würde. In diesen Schutzbereich greift in unzulässiger Weise ein, wer Bilder veröffentlicht, die von dem Betroffenen in dieser Situation heimlich oder unter Ausnutzung einer Überrumpelung aufgenommmen worden sind.
aa) Eine Person der Zeitgeschichte hat, wie jedermann, das von Dritten zu respektierende Recht, sich an Orten außerhalb des eigenen Hauses zurückzuziehen, an denen sie für sich allein oder jedenfalls von einer breiten Öffentlichkeit abgeschieden sein will. Sie kann dies auch an Orten tun, die für jedermann frei zugänglich, also öffentlich sind.
Dies setzt freilich voraus, daß es sich dabei im konkreten Zeitpunkt um eine von der breiten Öffentlichkeit abgeschiedene Örtlichkeit handelt und diese Abgrenzung von der Öffentlichkeit auch für Dritte objektiv erkennbar ist. Dies kann z. B. in abgeschiedenen Räumlichkeiten eines Restaurants oder Hotels, Sportstätten, Telefonzellen, unter Umständen sogar in der freien Natur geschehen, sofern der Betreffende nicht mehr als ein Teil der Öffentlichkeit erscheint.
bb) Der Achtungsanspruch gegenüber Dritten setzt ferner voraus, daß der Situation, in der sich der Betreffende befindet, ein typisch privater Charakter anhaftet. Das ist dann der Fall, wenn sich jemand im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit des Ortes in einer Weise verhält, wie er es vor der breiten Öffentlichkeit nicht täte, indem er sich etwa persönlichen Regungen hingibt, die erkennbar für die Augen Dritter nicht bestimmt sind, oder sich gehen läßt. Nur in einer solchen Situation kann angenommen werden, daß der Betreffende - objektiv erkennbar - andere nicht daran teilnehmen lassen will und von ihnen die Respektierung seiner Zurückgezogenheit erwarten kann.
cc) In diesen schutzwürdigen Bereich der Privatsphäre greift in unzulässiger Weise durch die Anfertigung von Bildaufnahmen ein, wer die Arglosigkeit des Betreffenden, der sich unbeobachtet wähnt, für seine Zwecke ausnutzt. Das ist dann der Fall, wenn er den Betreffenden gleichsam durch das Schlüsselloch beobachtet und ihn auf diese Weise heimlich mit der Anfertigung von Bildnissen überrascht. Das gleiche gilt, wenn die Bildaufnahme zwar offen, aber so überrumpelnd geschieht, daß sich der Betreffende darauf nicht mehr einrichten kann. Diese Eingrenzung rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß der Schutz der Privatsphäre an einer Örtlichkeit in Anspruch genommen wird, deren Zutritt an sich jedermann offensteht und der Betreffende daher nur durch die Heimlichkeit und Überrumpelung in unzulässiger Weise in seiner Privatheit getroffen werden kann.
Schon bisher ist die Bildniserschleichung durch heimliche Aufnahme in der Rechtsprechung stets als rechtswidrig angesehen worden (BGHZ 24, 200, 208; Senatsurteil vom 16. September 1966 - VI ZR 268/64 - NJW 1966, 2353, 2355 - »Vor unserer eigenen Tür«; OLG Frankfurt NJW 1987, 1087; vgl. BGHZ 27, 284 - Tonbandaufnahme; 73, 120 - Telefonabhören; BAG, Urteil vom 7. Oktober 1987 - 5 AZR 116/86 - JZ 1988, 108). Das galt freilich nur für den Privatbereich innerhalb des eigenen Hauses, in dem Aufnahmen grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig sind. Den gleichen Schutz kann der Betroffene jedoch beanspruchen, wenn er seine Privatsphäre an einen Ort außerhalb des eigenen Hauses gewissermaßen mitnimmt. Auch dort können aus den gleichen Erwägungen heraus Bildaufnahmen grundsätzlich nur mit seiner Genehmigung hergestellt und veröffentlicht werden.
3. Eine Güter- und Interessenabwägung nach diesen Grundsätzen ergibt, daß die Beklagte mit der Veröffentlichung der in einem Gartenlokal aufgenommenen und in der Zeitschrift F.R. Nr. 30 zu der Überschrift »Diese Fotos sind der Beweis für die zärtlichste Romanze unserer Zeit« abgedruckten Bilder in unzulässiger Weise in die geschützte Privatsphäre der Klägerin eingegriffen hat. Diese kann daher die weitere Veröffentlichung der Bilder verbieten.
a) Die Bilder zeigen die Klägerin in einem mit Glühbirnen nur unvollkommen beleuchteten Gartenlokal zusammen mit dem Schauspieler V. L. an einem Tisch sitzend. In dem Text des begleitenden Artikels unter der Überschrift »Das Versteckspiel ist vorbei« heißt es dazu:
»Perfektes Versteck für die schöne Prinzessin und ihren scheuen Verehrer - dachten die beiden. Aber die Kamera ist Zeuge, wie V. zärtlich C. Hand ergreift. Klick. Wie er sie an seine Lippen zieht, sie sanft berührt. Klick, klick.«
aa) Die Bilder und der begleitende Text lassen erkennen, daß sich die Klägerin in die verborgene Atmosphäre eines solchen Lokals zu einem Privatgespräch zurückgezogen hat. Sie hat sich damit zwar einer begrenzten Öffentlichkeit ausgesetzt, denn die übrigen Gäste des Lokals und sonstige Personen konnten sie wahrnehmen und beobachten. Diese hatten auch die Möglichkeit, die Klägerin bei denjenigen Verhaltensweisen zu sehen, die Gegenstand der Fotos sind. Es macht aber einen großen Unterschied, ob jemand lediglich von den zufällig anwesenden Personen seiner Umgebung gesehen und beobachtet werden kann oder ob in einer solchen Situation Fotografien von ihm hergestellt werden zu dem Zweck, diese in der Öffentlichkeit zu verbreiten (so zutreffend Allfeld, DJZ 1920, 702 in Kritik des Urteils des AG Ahrensböck DJZ 1920, 596; Frank, Persönlichkeitsschutz heute (Zürich 1983), S. 116; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht (1991) S. 180). Dem hat sich die Klägerin ersichtlich nicht ausgesetzt, und eben davor hat sie Anspruch auf Schutz. Denn es war offensichtlich, daß die Klägerin bei dem Gespräch mit V. L. für sich sein und sich nicht den Blicken einer breiteren, unbestimmten Öffentlichkeit darbieten wollte. Das ließ die Abgeschiedenheit und Vertraulichkeit des Ortes und das von persönlichsten Lebensäußerungen gekennzeichnete Zusammensein mit ihrem Begleiter unschwer erkennen. In diesen Privatbereich durfte der Fotoreporter nicht durch die heimliche Anfertigung von Fotografien eindringen.
bb) Die Fotos sind ganz offensichtlich versteckt und für die Klägerin unbemerkt aus großer Entfernung mit weitreichenden Teleobjektiven aufgenommen worden; sie haben damit belauschenden Charakter. Die Heimlichkeit diente dazu, die fehlende Einwilligung der Klägerin zu unterlaufen und ihr die Möglichkeit zu nehmen, sich gegen das Fotografiertwerden in diesen Augenblicken zu wehren. Sie diente ferner dazu, ihre Arglosigkeit und Unbefangenheit auszunutzen, um dadurch persönlichste Regungen zu erhaschen, was dem Fotografen, der die Klägerin beim Austausch von Zärtlichkeiten aufgenommen hat, hier auch gelungen ist.
b) Bei der beiderseitigen Interessenabwägung spielt ferner der Informationswert des abgebildeten Vorgangs eine erhebliche Rolle. Je größer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist, desto mehr muß das Schutzinteresse einer Person der Zeitgeschichte hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert der Abbildung für die Allgemeinheit ist.
Im Streitfall kommt den Fotografien, die die Klägerin mit V. L. in einem Gartenlokal zeigen, allenfalls ein geringer Informationswert zu. Es überwiegen bloße Neugier und Sensationslust sowie ein bloßes Interesse an Unterhaltung. Solche Motive, insbesondere das bloße Unterhaltungsinteresse der Leser, das hier an rein privaten Vorkommnissen aus dem Leben der Klägerin befriedigt werden soll, können aber, wie in der Rechtsprechung stets betont worden ist, nicht als schützenswert anerkannt werden (BVerfGE 34, 269, 283; BGHZ 24, 200, 208; 128, 1, 12 = VersR 1995, 305, 308; BGH, Urteil vom 9. Juni 1965 - aaO S. 2149 - Spielgefährtin; vom 26. Januar 1965 aaO S. 413 - Gretna Green; OLG Hamburg AfP 1992, 376, 377).
4. Keinen Erfolg hat die Revision dagegen, soweit es um die Bilder in den übrigen Zeitschriften geht, denn diese berühren die Klägerin nicht in ihrer geschützten Privatsphäre.
a) Das gilt für die Bilder »B« Nr. 32 und 34, die die Klägerin beim Reiten, Paddeln, Radfahren, beim Einkaufen oder sonstwie auf der Straße zeigen. Es gilt aber auch für das in »B« Nr. 32 Seite 88 veröffentlichte Bild, auf dem die Klägerin zusammen mit V. L. in einem Gasthaus in Begleitung anderer Personen zu sehen ist.
Die Fotografien sind an jedermann zugänglichen Orten der Öffentlichkeit aufgenommen worden. Die Klägerin hat sich in diesen Fällen in die Öffentlichkeit begeben und ist damit ein Teil der Öffentlichkeit geworden. Sie hat sich weder erkennbar in eine von der breiten Öffentlichkeit abgegrenzte Abgeschiedenheit zurückgezogen, noch haftet der Situation, in der sie sich jeweils befindet, ein privater Charakter in dem oben beschriebenen Sinne an.
Die Veröffentlichung solcher Bilder kann die Klägerin nicht verbieten. Sie muß es als Person der Zeitgeschichte vielmehr hinnehmen, daß die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse daran hat zu erfahren, wo sie sich aufhält und wie sie sich in der Öffentlichkeit gibt, sei es beim Einkaufen auf dem Marktplatz, in einem Café, bei sportlicher Betätigung oder sonstigen Tätigkeiten des täglichen Lebens. Das gilt auch für das in einer Gaststätte angefertigte Bild in »B.« Nr. 34, auf dem die Klägerin mit anderen Personen an einem Tische sitzend zu sehen ist. Diese Aufnahme unterscheidet sich von den im Gartenlokal von St. R. aufgenommenen Bildern dadurch, daß hier die Merkmale fehlen, die bei jenen zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung führen: Weder hat sich die Klägerin auf diesem Bild in der Gaststätte an einen von der breiten Öffentlichkeit abgeschiedenen Ort begeben, noch haftet der Situation, in der sie betroffen wurde, ein irgendwie gearteter privater Charakter in dem zuvor beschriebenen Sinne an. Die Tatsache, daß die Aufnahmen für die Klägerin unbemerkt aufgenommen worden sind, gibt der Klägerin für sich genommen ebenfalls keinen Grund, die Unterlassung der Veröffentlichung zu verlangen, denn Personen der Zeitgeschichte müssen sich im allgemeinen auch die unbemerkte oder gar heimliche Anfertigung von Fotografien gefallen lassen, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigen (Frank aaO S. 118 zu Rdn. 280).
b) All diesen Bildern ist allerdings gemeinsam, daß sie die Klägerin nicht bei Wahrnehmung einer öffentlichen Funktion darstellen, sondern im weiteren Sinne ihr Privatleben betreffen. Die Klägerin möchte die Veröffentlichung solcher Bilder, wie in Frankreich, auch in Deutschland grundsätzlich untersagen. Das ist ihr nach deutschem Recht jedoch nicht möglich.
aa) Bei der Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen kommt dem Schutz der Privatsphäre ein besonderer Stellenwert zu. Das Recht auf Achtung der Privatsphäre ist Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in der er seine Individualität unter Ausschluß anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören (BVerfGE 34, 238, 245 ff.; 35, 202, 220; vgl. im amerikanischen Recht das right to be let alone als Ausfluß des right of privacy, vgl. Katz v. United States, 389 Supreme Court (1967), 347, 350 f.; Warren/Brandeis, 4 Havard Law Review (1890), 193 ff.; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte (1995), 168 ff., 174). Dementsprechend hat die Rechtsprechung in Deutschland nach dem Kriege dem Recht auf Achtung der Privatsphäre als einem verfassungsmäßig garantierten Grundrecht, das auch das Recht am eigenen Bild umfaßt, stets - und zwar auch im Privatrecht - besondere Bedeutung beigemessen (BVerfGE 27, 1, 6; 34, 269, 282f.; 35, 202, 220; 44, 353, 372; BGHZ 24, 200, 208 f.; 27, 284, 285 f.; 73, 120, 122 f.; Senatsurteil vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63 - JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green; OLG Hamburg UFITA 78 (1977) , 252, 257; 81 (1978) , 278, 285; OLG Hamburg NJW 1970, 1325 - Haus Hohenzollern).
bb) Das Recht auf Achtung der Privatsphäre kann jedermann, auch die Klägerin als Person der Zeitgeschichte, für sich in Anspruch nehmen. Auch solche Personen brauchen es grundsätzlich nicht zu dulden, daß von ihnen im Kernbereich der Privatsphäre (etwa im häuslichen Bereich) ohne ihre Einwilligung Bildaufnahmen zum Zwecke der Veröffentlichung angefertigt werden (BGHZ 24, 200, 208; BGH, Urteil vom 10. November 1961 - I ZR 78/60 - GRUR 1962, 211, 212 - Hochzeitsbild; vom 9. Juni 1965 - Ib ZR 126/63 - NJW 1965, 2148 - Spielgefährtin). Nur ausnahmsweise kann bei ihnen die Verbreitung von Bildnissen aus diesem Bereich statthaft sein, wenn überwiegende öffentliche Interessen einen solchen Eingriff rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1965 aaO S. 413 - Gretna Green; OLG Hamburg UFITA 78 (1977), 252, 257 - Grace Kelly; 81 (1978), 278, 285; OLG Hamburg NJW 1970, 1325; OLG München UFITA 41 (1964), 322, 324).
d) Von diesen Grundsätzen geht auch das Berufungsgericht aus. Es meint jedoch, das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit ende erst an der »Haustür« des Abgebildeten, hingegen nicht schon in jedermann zugänglichen Räumlichkeiten wie hier »vor« einem einsehbaren Gartenlokal oder sonstigen öffentlichen Orten. Das Berufungsgericht will also den Privatbereich auf die der Öffentlichkeit verschlossenen Räumlichkeiten innerhalb des eigenen Hauses beschränken. ...
Dem vermag der Senat jedoch nicht beizutreten. Eine räumliche Einengung der Privatsphäre auf den häuslichen Bereich wird schon durch die Motive zum Kunst- und Urhebergesetz nicht gedeckt, denn danach sollte durch den Vorbehalt des berechtigten Interesses des Abgebildeten in Abs. 2 des § 23 KUG »namentlich verhütet werden, daß die Vorgänge des persönlichen, häuslichen und Familienlebens an die Öffentlichkeit gezogen werden« (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichtstages 1905/1906, Anl. Bd. II, S. 1526, 1541). Diese Formulierung beschränkt den Schutz der Privatsphäre keineswegs ausschließlich auf den häuslichen Bereich, sondern läßt einer erweiterten Handhabung durchaus Raum. Auch im Schrifttum wird die Notwendigkeit eines Schutzes der Privatsphäre außerhalb des häuslichen Bereichs zum Teil, wenn auch aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlicher Zielsetzung, anerkannt (...).
Auch nach Auffassung des Senats kann es eine schützenswerte Privatsphäre auch außerhalb des häuslichen Bereichs geben. Das ist dann der Fall, wenn sich jemand in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, in der er objektiv erkennbar für sich allein sein will und in der er sich in der konkreten Situation im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit so verhält, wie er es in der breiten Öffentlichkeit nicht tun würde. In diesen Schutzbereich greift in unzulässiger Weise ein, wer Bilder veröffentlicht, die von dem Betroffenen in dieser Situation heimlich oder unter Ausnutzung einer Überrumpelung aufgenommmen worden sind.
aa) Eine Person der Zeitgeschichte hat, wie jedermann, das von Dritten zu respektierende Recht, sich an Orten außerhalb des eigenen Hauses zurückzuziehen, an denen sie für sich allein oder jedenfalls von einer breiten Öffentlichkeit abgeschieden sein will. Sie kann dies auch an Orten tun, die für jedermann frei zugänglich, also öffentlich sind.
Dies setzt freilich voraus, daß es sich dabei im konkreten Zeitpunkt um eine von der breiten Öffentlichkeit abgeschiedene Örtlichkeit handelt und diese Abgrenzung von der Öffentlichkeit auch für Dritte objektiv erkennbar ist. Dies kann z. B. in abgeschiedenen Räumlichkeiten eines Restaurants oder Hotels, Sportstätten, Telefonzellen, unter Umständen sogar in der freien Natur geschehen, sofern der Betreffende nicht mehr als ein Teil der Öffentlichkeit erscheint.
bb) Der Achtungsanspruch gegenüber Dritten setzt ferner voraus, daß der Situation, in der sich der Betreffende befindet, ein typisch privater Charakter anhaftet. Das ist dann der Fall, wenn sich jemand im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit des Ortes in einer Weise verhält, wie er es vor der breiten Öffentlichkeit nicht täte, indem er sich etwa persönlichen Regungen hingibt, die erkennbar für die Augen Dritter nicht bestimmt sind, oder sich gehen läßt. Nur in einer solchen Situation kann angenommen werden, daß der Betreffende - objektiv erkennbar - andere nicht daran teilnehmen lassen will und von ihnen die Respektierung seiner Zurückgezogenheit erwarten kann.
cc) In diesen schutzwürdigen Bereich der Privatsphäre greift in unzulässiger Weise durch die Anfertigung von Bildaufnahmen ein, wer die Arglosigkeit des Betreffenden, der sich unbeobachtet wähnt, für seine Zwecke ausnutzt. Das ist dann der Fall, wenn er den Betreffenden gleichsam durch das Schlüsselloch beobachtet und ihn auf diese Weise heimlich mit der Anfertigung von Bildnissen überrascht. Das gleiche gilt, wenn die Bildaufnahme zwar offen, aber so überrumpelnd geschieht, daß sich der Betreffende darauf nicht mehr einrichten kann. Diese Eingrenzung rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß der Schutz der Privatsphäre an einer Örtlichkeit in Anspruch genommen wird, deren Zutritt an sich jedermann offensteht und der Betreffende daher nur durch die Heimlichkeit und Überrumpelung in unzulässiger Weise in seiner Privatheit getroffen werden kann.
Schon bisher ist die Bildniserschleichung durch heimliche Aufnahme in der Rechtsprechung stets als rechtswidrig angesehen worden (BGHZ 24, 200, 208; Senatsurteil vom 16. September 1966 - VI ZR 268/64 - NJW 1966, 2353, 2355 - »Vor unserer eigenen Tür«; OLG Frankfurt NJW 1987, 1087; vgl. BGHZ 27, 284 - Tonbandaufnahme; 73, 120 - Telefonabhören; BAG, Urteil vom 7. Oktober 1987 - 5 AZR 116/86 - JZ 1988, 108). Das galt freilich nur für den Privatbereich innerhalb des eigenen Hauses, in dem Aufnahmen grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig sind. Den gleichen Schutz kann der Betroffene jedoch beanspruchen, wenn er seine Privatsphäre an einen Ort außerhalb des eigenen Hauses gewissermaßen mitnimmt. Auch dort können aus den gleichen Erwägungen heraus Bildaufnahmen grundsätzlich nur mit seiner Genehmigung hergestellt und veröffentlicht werden.
3. Eine Güter- und Interessenabwägung nach diesen Grundsätzen ergibt, daß die Beklagte mit der Veröffentlichung der in einem Gartenlokal aufgenommenen und in der Zeitschrift F.R. Nr. 30 zu der Überschrift »Diese Fotos sind der Beweis für die zärtlichste Romanze unserer Zeit« abgedruckten Bilder in unzulässiger Weise in die geschützte Privatsphäre der Klägerin eingegriffen hat. Diese kann daher die weitere Veröffentlichung der Bilder verbieten.
a) Die Bilder zeigen die Klägerin in einem mit Glühbirnen nur unvollkommen beleuchteten Gartenlokal zusammen mit dem Schauspieler V. L. an einem Tisch sitzend. In dem Text des begleitenden Artikels unter der Überschrift »Das Versteckspiel ist vorbei« heißt es dazu:
»Perfektes Versteck für die schöne Prinzessin und ihren scheuen Verehrer - dachten die beiden. Aber die Kamera ist Zeuge, wie V. zärtlich C. Hand ergreift. Klick. Wie er sie an seine Lippen zieht, sie sanft berührt. Klick, klick.«
aa) Die Bilder und der begleitende Text lassen erkennen, daß sich die Klägerin in die verborgene Atmosphäre eines solchen Lokals zu einem Privatgespräch zurückgezogen hat. Sie hat sich damit zwar einer begrenzten Öffentlichkeit ausgesetzt, denn die übrigen Gäste des Lokals und sonstige Personen konnten sie wahrnehmen und beobachten. Diese hatten auch die Möglichkeit, die Klägerin bei denjenigen Verhaltensweisen zu sehen, die Gegenstand der Fotos sind. Es macht aber einen großen Unterschied, ob jemand lediglich von den zufällig anwesenden Personen seiner Umgebung gesehen und beobachtet werden kann oder ob in einer solchen Situation Fotografien von ihm hergestellt werden zu dem Zweck, diese in der Öffentlichkeit zu verbreiten (so zutreffend Allfeld, DJZ 1920, 702 in Kritik des Urteils des AG Ahrensböck DJZ 1920, 596; Frank, Persönlichkeitsschutz heute (Zürich 1983), S. 116; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht (1991) S. 180). Dem hat sich die Klägerin ersichtlich nicht ausgesetzt, und eben davor hat sie Anspruch auf Schutz. Denn es war offensichtlich, daß die Klägerin bei dem Gespräch mit V. L. für sich sein und sich nicht den Blicken einer breiteren, unbestimmten Öffentlichkeit darbieten wollte. Das ließ die Abgeschiedenheit und Vertraulichkeit des Ortes und das von persönlichsten Lebensäußerungen gekennzeichnete Zusammensein mit ihrem Begleiter unschwer erkennen. In diesen Privatbereich durfte der Fotoreporter nicht durch die heimliche Anfertigung von Fotografien eindringen.
bb) Die Fotos sind ganz offensichtlich versteckt und für die Klägerin unbemerkt aus großer Entfernung mit weitreichenden Teleobjektiven aufgenommen worden; sie haben damit belauschenden Charakter. Die Heimlichkeit diente dazu, die fehlende Einwilligung der Klägerin zu unterlaufen und ihr die Möglichkeit zu nehmen, sich gegen das Fotografiertwerden in diesen Augenblicken zu wehren. Sie diente ferner dazu, ihre Arglosigkeit und Unbefangenheit auszunutzen, um dadurch persönlichste Regungen zu erhaschen, was dem Fotografen, der die Klägerin beim Austausch von Zärtlichkeiten aufgenommen hat, hier auch gelungen ist.
b) Bei der beiderseitigen Interessenabwägung spielt ferner der Informationswert des abgebildeten Vorgangs eine erhebliche Rolle. Je größer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist, desto mehr muß das Schutzinteresse einer Person der Zeitgeschichte hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert der Abbildung für die Allgemeinheit ist.
Im Streitfall kommt den Fotografien, die die Klägerin mit V. L. in einem Gartenlokal zeigen, allenfalls ein geringer Informationswert zu. Es überwiegen bloße Neugier und Sensationslust sowie ein bloßes Interesse an Unterhaltung. Solche Motive, insbesondere das bloße Unterhaltungsinteresse der Leser, das hier an rein privaten Vorkommnissen aus dem Leben der Klägerin befriedigt werden soll, können aber, wie in der Rechtsprechung stets betont worden ist, nicht als schützenswert anerkannt werden (BVerfGE 34, 269, 283; BGHZ 24, 200, 208; 128, 1, 12 = VersR 1995, 305, 308; BGH, Urteil vom 9. Juni 1965 - aaO S. 2149 - Spielgefährtin; vom 26. Januar 1965 aaO S. 413 - Gretna Green; OLG Hamburg AfP 1992, 376, 377).
4. Keinen Erfolg hat die Revision dagegen, soweit es um die Bilder in den übrigen Zeitschriften geht, denn diese berühren die Klägerin nicht in ihrer geschützten Privatsphäre.
a) Das gilt für die Bilder »B« Nr. 32 und 34, die die Klägerin beim Reiten, Paddeln, Radfahren, beim Einkaufen oder sonstwie auf der Straße zeigen. Es gilt aber auch für das in »B« Nr. 32 Seite 88 veröffentlichte Bild, auf dem die Klägerin zusammen mit V. L. in einem Gasthaus in Begleitung anderer Personen zu sehen ist.
Die Fotografien sind an jedermann zugänglichen Orten der Öffentlichkeit aufgenommen worden. Die Klägerin hat sich in diesen Fällen in die Öffentlichkeit begeben und ist damit ein Teil der Öffentlichkeit geworden. Sie hat sich weder erkennbar in eine von der breiten Öffentlichkeit abgegrenzte Abgeschiedenheit zurückgezogen, noch haftet der Situation, in der sie sich jeweils befindet, ein privater Charakter in dem oben beschriebenen Sinne an.
Die Veröffentlichung solcher Bilder kann die Klägerin nicht verbieten. Sie muß es als Person der Zeitgeschichte vielmehr hinnehmen, daß die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse daran hat zu erfahren, wo sie sich aufhält und wie sie sich in der Öffentlichkeit gibt, sei es beim Einkaufen auf dem Marktplatz, in einem Café, bei sportlicher Betätigung oder sonstigen Tätigkeiten des täglichen Lebens. Das gilt auch für das in einer Gaststätte angefertigte Bild in »B.« Nr. 34, auf dem die Klägerin mit anderen Personen an einem Tische sitzend zu sehen ist. Diese Aufnahme unterscheidet sich von den im Gartenlokal von St. R. aufgenommenen Bildern dadurch, daß hier die Merkmale fehlen, die bei jenen zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung führen: Weder hat sich die Klägerin auf diesem Bild in der Gaststätte an einen von der breiten Öffentlichkeit abgeschiedenen Ort begeben, noch haftet der Situation, in der sie betroffen wurde, ein irgendwie gearteter privater Charakter in dem zuvor beschriebenen Sinne an. Die Tatsache, daß die Aufnahmen für die Klägerin unbemerkt aufgenommen worden sind, gibt der Klägerin für sich genommen ebenfalls keinen Grund, die Unterlassung der Veröffentlichung zu verlangen, denn Personen der Zeitgeschichte müssen sich im allgemeinen auch die unbemerkte oder gar heimliche Anfertigung von Fotografien gefallen lassen, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigen (Frank aaO S. 118 zu Rdn. 280).
b) All diesen Bildern ist allerdings gemeinsam, daß sie die Klägerin nicht bei Wahrnehmung einer öffentlichen Funktion darstellen, sondern im weiteren Sinne ihr Privatleben betreffen. Die Klägerin möchte die Veröffentlichung solcher Bilder, wie in Frankreich, auch in Deutschland grundsätzlich untersagen. Das ist ihr nach deutschem Recht jedoch nicht möglich.
von Carl Heymanns Verlag
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