BGH Urteile | Persönlichkeitsrecht (Abdruck des Fotos eines Schauspielers in Kundenzeitschrift) | | BGHR Zivilsachen>BGB>2. Buch §§ 241-853 Recht ... >§§ 433-853 Einzelne Schul... >§§ 823-853 Unerlaubte Han... >§ 823>§ 823 Abs. 1>Persönlichkeitsrecht | BGB § 823 Abs. 1 | Persönlichkeitsrecht Abdruck des Fotos eines Schauspielers in Kundenzeitschrift | BGH, Urt. v. 14. März 1995 – VI ZR 52/94 | Zur Frage, ob der Abdruck des Bildes eines bekannten Schauspielers auf der Titelseite einer in Filialen einer Drogeriemarktkette zur kostenlosen Mitnahme ausliegenden Kundenzeitschrift als Werbung für die in der Zeitschrift angebotenen Waren zu verstehen ist, wenn dem Abdruck des Bildes im Innern des Blattes ein kurzer inhaltsarmer Beitrag folgt.
| | II. 1. Die Beklagten (haben) durch die Veröffentlichung des Bildes des Klägers auf der Titelseite der »Chris Revue« und die Verbreitung dieses Blatts in das Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen. Dieser Eingriff in das kraft ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (§ 22 KUG) unter Sonderschutz gestellte Selbstbestimmungsrecht des Abgebildeten stellt zugleich einen Eingriff in das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar (vgl. Senatsurteile vom 14. April 1992 - VI ZR 285/91 - NJW 1992, 2084 und vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 57, 58, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht geht weiter zu Recht davon aus, daß § 22 KUG für eine solche Verwendung eines Bildes die Einwilligung des Betroffenen verlangt. Einer solchen Einwilligung bedarf es nach § 23 Abs. 1 KUG allerdings (u.a.) dann nicht, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt; in einem solchen Fall gebührt dem Publikationsinteresse der Vorrang. Das Berufungsgericht nimmt einen solchen Sachverhalt hier an; es betrachtet den Kläger als eine relative Person der Zeitgeschichte. Dennoch gelangt es zu dem Ergebnis, daß die Verwendung des Bildes des Klägers ohne seine Einwilligung nicht zulässig gewesen sei, weil es zur Werbung eingesetzt worden sei. Diese Überlegung trifft im Ansatz gleichfalls zu. Die Verwendung eines Bildes - auch des Bildes einer Person der Zeitgeschichte - für Werbezwecke erweist sich nur dann als zulässig, wenn sie von der ausdrücklichen Einwilligung des Abgebildeten gedeckt ist (vgl. BGHZ 20, 345, 348; 81, 75, 80; Senatsurteil vom 14. April 1992 - VI ZR 285/91 - aaO; ferner Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 2. Aufl. 1986, S. 290; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl. Rdn. 7.40 f.).
Es trifft ferner zu, daß die Frage, ob ein Bild zur Werbung eingesetzt worden ist, aus der Sicht des Durchschnittslesers zu beurteilen ist. Dabei gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß die Beklagten das Bild des Klägers durch den Abdruck auf der Titelseite der »Chris Revue« zur Werbung für die Produkte des Zweitbeklagten eingesetzt haben. Diese Würdigung unterliegt, da sie eine Abgrenzung der Wirkungsräume des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen die Pressefreiheit bedeutet, der Kontrolle durch den Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof nimmt diese Würdigung auf der Grundlage des Gesamtzusammenhangs und der getroffenen tatrichterlichen Feststellungen vor (vgl. etwa Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
2. Der Senat teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten das Bild des Klägers zur Werbung für die Produkte des Zweitbeklagten (Inhaber einer Drogeriemarktkette) eingesetzt, nicht.
a) Die »Chris Revue« ist ein Presseerzeugnis, das unter dem Schutz der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG steht. Zwar dient diese Zeitschrift der Werbung für die Produkte des Zweitbeklagten. Sie weist aber auch einen - wenn auch bescheidenen - redaktionellen Teil auf. Es mag sein, daß die redaktionellen Beiträge nur einen geringen informatorischen Gehalt haben. Das mag insbesondere, wie das Berufungsgericht meint, für den Beitrag zutreffen, der sich auf S. 16 des hier zur Erörterung stehenden Heftes der »Chris Revue« mit dem Kläger und seiner Partnerin befaßt. Dies rechtfertigt es aber nicht, den redaktionellen Teil der Zeitschrift und insbesondere den hier in Rede stehenden redaktionellen Beitrag bei der Beurteilung der Rechtsposition der Beklagten außer Betracht zu lassen und aus der angenommenen Unbeachtlichkeit dieses Beitrags den Schluß zu ziehen, daß sich das Bild des Klägers nur auf die Werbung im Innern des Blattes beziehen könne. Die Garantie der Pressefreiheit läßt es nicht zu, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 34, 269, 283).
b) Allerdings wird das Bild des Klägers als Blickfang für eine Zeitschrift eingesetzt, die in erster Linie der Produktwerbung dient. Die »Chris Revue« folgt damit indes nur einer Praxis, die auch bei anderen Blättern zu beobachten ist. Dies erlaubt jedoch noch nicht den Schluß, daß die abgebildete Person als Werbeträger für die Produkte eingesetzt wird, für die im Innern des Blattes geworben wird. Der unbefangene Durchschnittsleser bringt das Bild des Klägers und seiner Partnerin zunächst mit dem Textbeitrag im Innern des Blattes in Verbindung. Allerdings ist auch einem solchen Leser bewußt, daß es sich hier um eine primär zur Werbung bestimmte Publikation handelt. Die Grenze des Einsatzes eines solchen Bildes zur Werbung für einzelne Produkte ist jedoch erst dann überschritten, wenn der Leser durch die Abbildung dazu geführt wird, zwischen dem Abgebildeten und den im Heftinnern angebotenen Produkten oder Leistungen eine gedankliche Beziehung herzustellen, wenn in den Augen des Lesers die Vorstellung entsteht, daß der Abgebildete zu diesen Produkten steht, sie empfiehlt und als Anreiz für den Kauf dieser Waren sein Bild zur Verfügung stellt. Ein solcher gedanklicher Bezug wird beispielsweise durch ein unmittelbares Nebeneinanderstellen von Ware und abgebildeter Person hergestellt; in einem solchen Fall kann sich das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die abgebildete Ware übertragen (vgl. BGHZ 20, 345, 352).
Demgegenüber bestehen im vorliegenden Fall zwischen dem Bild des Klägers auf der Titelseite und einzelnen Produkten, denen die Werbung auf der Titelseite und im Innern des Heftes gilt, keine erkennbaren Beziehungen. Es kann sich allenfalls die Frage stellen, ob das Bild des Klägers auf der Titelseite aus der Sicht des Durchschnittslesers den Eindruck erweckt, daß er zu allen im Heftinnern angebotenen Produkten und Leistungen stehe und sie empfehle. Davon geht das Berufungsgericht aus. Dieser Wertung vermag der Senat nicht zu folgen. Dem unbefangenen Durchschnittsleser ist geläufig, daß eine bestimmte Gruppe von Publikumszeitschriften gleichfalls die Bilder beliebter oder bekannter Persönlichkeiten auf den Titelseiten ihrer Blätter abzudrucken pflegt, um hierdurch die Aufmerksamkeit der Leser auf ihre Blätter zu lenken. Ein Hinweis auf die Waren- oder Dienstleistungen, für die im Innern der Blätter geworben wird, wird hierin nicht erblickt. Vielmehr versteht der unbefangene Leser ein solches Bild als Blickfang. Er verbindet damit lediglich die Erwartung, im Innern des Blattes einen redaktionellen Beitrag über die abgebildete Persönlichkeit zu finden. Im vorliegenden Fall liegen die Dinge nicht anders. Der unbefangene Betrachter dieses Heftes der »Chris Revue« erwartet, daß sich im Innern des Heftes ein Beitrag über den Kläger und seine Partnerin, eine gleichfalls bekannte Schauspielerin, findet. Ein solcher Beitrag ist auf S. 16 des Heftes abgedruckt. Dem läßt sich nicht mit dem Berufungsgericht entgegenhalten, daß dieser knappe Bericht zur sachlichen Information über die Person des Klägers nichts beitrage. Abgesehen davon, daß dies nicht zutrifft, läßt es - wie oben ausgeführt - die Garantie der Pressefreiheit nicht zu, als Ergebnis einer negativen Bewertung journalistischer Arbeit diesen Beitrag im Rahmen der rechtlichen Würdigung unbeachtet zu lassen, mag er auch einen nur geringen Informationswert aufweisen und von bescheidenerer journalistischer Qualität sein als redaktionelle Beiträge in Publikumszeitschriften. Entscheidend ist, daß dieses Heft der »Chris Revue« das übliche und vom Durchschnittsleser erwartete Zusammenspiel des Bildes auf dem Titelblatt mit einem redaktionellen Beitrag bietet, das eine gedankliche Verknüpfung des Bildes mit einzelnen oder allen im Heftinnern angebotenen Waren erst gar nicht entstehen läßt. Die erkennbare und greifbare Bedeutung des Bildes auf dem Titelblatt erschöpft sich in dem Bezug zu dem dazugehörigen redaktionellen Beitrag.
Daran ändert auch nichts die Besonderheit, daß die »Chris Revue« von ihrer Aufmachung her dazu bestimmt ist, in erster Linie Werbeträger für die Produkte nur eines Unternehmens zu sein. In dem hier zur Erörterung stehenden Heft der »Chris Revue« findet sich auch Werbung für die Produkte und Leistungen anderer Anbieter. Im übrigen ergeben sich zwischen der »Chris Revue« und anderen Zeitschriften unter dem hier interessierenden Blickwinkel, nach dem es darauf ankommt, ob in den Augen des Durchschnittslesers über die Verbindung von Titelbild und redaktionellem Beitrag hinaus ein Bezug zwischen dem Titelbild und den angebotenen Waren besteht, keine entscheidenden qualitativen Unterschiede. Die »Chris Revue« ähnelt mit ihrem Wechselspiel von Titelblatt, redaktionellen Beiträgen und Werbeanzeigen vielen gängigen Publikumszeitschriften.
von Carl Heymanns Verlag
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| 1994-02-20 16:16:39 |
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