Erstellt ein Nervenarzt für ein Unterbringungsverfahren leichtfertig ein Attest mit einer unrichtigen Diagnose und der darauf gegründeten Angabe, daß die sofortige Unterbringung des Betroffenen erforderlich sei, so kann, auch wenn es nicht zur Unterbringung kommt, der Anspruch des Betroffenen auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts nicht mit der Erwägung verneint werden, daß die Auswirkungen auf sein Persönlichkeitsbild in der Öffentlichkeit nicht besonders schwerwiegend gewesen seien.
1. Rechtlich zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung für zugefügten immateriellen Schaden nur dann in Betracht kommt, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. u. a. Senatsurteil vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87 - VersR 1988, 405 = BGHR § 823 Abs. 1 Persönlichkeitsrecht 6; m.w.N.). Ob im Einzelfall eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt, wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig sieht, insbesondere von der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs, also von dem Ausmaß der Verbreitung der verletzenden Aussage, von der Nachhaltigkeit und der Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung des Verletzten, ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab.
2. Hiernach kann aber dem Kläger auf der Grundlage der vom Berufungsgericht zu seinen Gunsten vorgenommenen Unterstellungen ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung nicht abgesprochen werden. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision mit Recht rügt bei der Abweisung auch dieses Teils der Klage den vorgetragenen Prozeßstoff nicht erschöpfend gewürdigt und damit gegen § 286 Abs. 1 ZPO verstoßen.
a) Da das Berufungsgericht eine leichtfertig unrichtige Diagnose der beklagten Ärztin unterstellt, ist von einem rechtswidrigen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Klägers auszugehen. Denn bei solcher Sachlage kann die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten nicht mit der Begründung verneint werden, daß sie als medizinische Sachverständige für ein beabsichtigtes gerichtliches Verfahren allein die Fragen ihres Auftraggebers beantwortet und damit im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit lediglich das in Artikel 5 GG gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen habe (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. Oktober 1977 - VI ZR 171/76 - VersR 1978, 229, 231). Hat nämlich die Beklagte nicht gewissenhaft, sondern leichtfertig gearbeitet, so werden ihre darauf fußende fehlerhafte Diagnose und die dadurch verursachte Beeinträchtigung der Persönlichkeitssphäre des Klägers von dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckt.
b) Das Berufungsgericht stellt entscheidend darauf ab, daß die Auswirkungen des Verhaltens der Beklagten auf das Persönlichkeitsbild des Klägers in der Öffentlichkeit nicht besonders schwerwiegend gewesen seien. Das wird der Tragweite des Eingriffs der Beklagten nicht voll gerecht. Ärztliche Aussagen der vorliegenden Art, insbesondere wenn sie als Grundlage für die Einleitung eines Unterbringungsverfahrens gemacht werden, treffen die Persönlichkeit des Betroffenen an ihrer Basis (vgl. auch BVerfGE 49, 304 = NJW 1979, 305). Ihr Gewicht kann deshalb nicht nur anhand der negativen Ausstrahlung für das Bild des Betroffenen in der Öffentlichkeit beurteilt werden; zu berücksichtigen ist auch und zu allererst die Bedrohung, die der mit dem Unterbringungsverfahren überzogene Betroffene für seinen Integritätsanspruch und sein Recht auf Selbstverwirklichung erfährt. Auch wenn die nervenärztliche Diagnose der Beklagten hier letztlich nicht zur Unterbringung des Klägers geführt hat, so bestand doch für ihn die in ihrem Gewicht nicht zu unterschätzende Gefahr, daß der auf die fachärztliche Bescheinigung der Beklagten gestützte Unterbringungsantrag der Gemeinde J. Erfolg haben würde. Die dadurch für den Kläger bis zur Einstellung des Unterbringungsverfahrens am 4. Juli 1983 begründete Unsicherheit ist nicht als nur unbedeutend einzustufen.
Das Berufungsgericht, das zugunsten des Klägers von einer leichtfertig erstellten unrichtigen Diagnose der Beklagten ausgeht, durfte ferner das bei solcher Sachlage vorliegende erhebliche Verschulden der Beklagten bei der Gewichtung der Schwere ihres Eingriffs nicht außer Betracht lassen. Wegen der oben dargelegten gravierenden Auswirkungen auf die Persönlichkeitssphäre ist bei der Erstellung einer nervenfachärztlichen Diagnose, mit der eine Unterbringung des Betroffenen für erforderlich gehalten wird, besondere Sorgfalt geboten. Wird vom Arzt hiergegen verstoßen und leichtfertig eine sachlich unrichtige Bescheinigung ausgestellt, so wird es zur Wahrung des Integritätsanspruchs des Betroffenen, dessen Beeinträchtigung in solchen Fällen nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann, in aller Regel geboten sein, eine Geldentschädigung zuzuerkennen.