BGH Urteile | Persönlichkeitsrecht (juristische Person) | | BGHR Zivilsachen>BGB>2. Buch §§ 241-853 Recht ... >§§ 433-853 Einzelne Schul... >§§ 823-853 Unerlaubte Han... >§ 823 | BGB § 823 Abs. 1 | Persönlichkeitsrecht juristische Person | BGH, Urt. v. 3. Juni 1986 – VI ZR 102/85 |
| | Zwar trifft es zu, daß grundsätzlich auch Kapitalgesellschaften wie die klagende Aktiengesellschaft Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein können. Indes ist diese Rechtsträgerschaft inhaltlich begrenzt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist eine Rechtsschöpfung der Rechtsprechung, die Lücken im Persönlichkeitsschutz ausfüllt und aus den in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG getroffenen Wertentscheidungen ihre Legitimation erfährt (BVerfGE 34, 269, 281, 291). Dieser Entstehungsgrund macht die thematische Begrenzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts deutlich. Eine Ausdehnung der Schutzwirkung dieses Rechts über natürliche Personen hinaus auf juristische Personen erscheint - auch mit Blick auf Art. 19 Abs. 3 GG - nur insoweit gerechtfertigt, als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Dies ist der Fall, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden (Senatsurteil vom 3. Juni 1975 - VI ZR 123/74 - NJW 1975, 1882, 1884 = GRUR 1976, 210, 211).
Diese beschränkte Wirkungskraft des allgemeinen Persönlichkeitsrechts juristischer Personen setzt auch dem Recht der Klägerin, aus einer Verwendung ihres Emblems Ansprüche herzuleiten, Schranken. Eine natürliche Person braucht nicht zu dulden, daß ihr Bildnis ohne ihre Einwilligung für geschäftliche Interessen Dritter ausgenutzt wird (BGHZ 20, 345, 347, 350 f.; 30, 7, 12). Das gilt nicht nur, wenn das Bildnis zum Zwecke der Werbung Verwendung findet, sondern auch dann, wenn es auf andere Art im geschäftlichen Interesse ausgenutzt wird (BGHZ 49, 288, 293; Senatsurteil vom 6. Februar 1979 - VI ZR 46/77 - NJW 1979, 2203, 2204). Die Selbstbestimmung der Person und ihre Würde verbieten es, in dieser Weise gegen ihren Willen über sie zu verfügen. Demgegenüber kann eine juristische Person ihr Recht am Bild als Ausfluß ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn sie durch die Verwendung ihres Emblems in ihrem Tätigkeitsbereich einschließlich ihrer sozialen Geltung als Wirtschaftsunternehmen betroffen wird. Das ist hier nicht der Fall.
Der Aufkleber stellt mit seinem Zusatz »Bumms Mal Wieder« den sozialen Geltungsanspruch der Klägerin und insbesondere ihr Ansehen als Wirtschaftsunternehmen nicht in Frage. Er weist in seiner Gesamtheit weder eine Aussage zur Qualität ihrer Produkte noch zu ihrem Auftreten im Wirtschaftsleben auf; insbesondere enthält er keine ehrverletzende, herabwürdigende Kritik. Die Einfügung des Zusatzes »Bumms Mal Wieder« ist beziehungslos. Der einzige Bezug dieses Aufdrucks zur Klägerin erschöpft sich erkennbar darin, daß die Buchstabenfolge ihrer Firmenabkürzung der Beklagten die Gelegenheit zu einer Interpretation bot, die die eigentliche Bedeutung der Firmenabkürzung verzerrt und deshalb als Scherz empfunden werden soll. Nichts spricht dafür, daß der Verkehr das anders sieht. Bereits das Fehlen einer auf das klagende Unternehmen bezogenen Aussage unterscheidet den Streitfall von dem Sachverhalt einer blickfangmäßigen Verwendung eines Messenamens für einen diese diskriminierenden Protest gegen die Messegesellschaft, der der Entscheidung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 24. Februar 1983 - I ZR 207/80 = NJW 1983, 2195, 2196 = GRUR 1983, 467 zugrundelag.
b) Der Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen wird auch nicht dadurch verletzt, daß die Beklagte in ihren Aufklebern die Namensabkürzung der Klägerin wiedergibt. Darin liegt keine unbefugte Benutzung eines fremden Namens zu Werbezwecken, die als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Berechtigten gewertet werden kann (vgl. BGHZ 81, 75, 78, 80; BGH Urt. vom 24. Februar 1983 = aaO). Die Beklagte benutzt den Namen der Klägerin - wie schon gesagt - nicht im Rahmen der Werbung für ihre Produkte. Dies hat das Berufungsgericht auch erkannt. Es erfaßt das Vorgehen der Beklagten jedoch nicht in seiner vollen Breite, wenn es meint, die Beklagte habe das Emblem der Klägerin sogar unmittelbar als Ware vermarktet, was nicht weniger schwer wiege als seine Ausnutzung als Vorspann für die eigene Werbung. Dieses Argument läßt unbeachtet, daß der Aufkleber der Beklagten als Ganzes zu würdigen ist. Eine solche Würdigung läßt deutlich werden, daß die Beklagte in parodisierender Verfremdung des Emblems der Klägerin ein neues Produkt hergestellt hat und dieses Produkt, das durch die entstellende Auflösung der Firmenabkürzung »BMW« eine neue Qualität - nämlich die eines Scherzartikels - erlangt hat, vermarktet. Erst dieser »Gag« macht den Aufkleber aus; er ist kein »BMW«Emblem, sondern ein Scherzartikel, als der er nach der Intention der Beklagten gedacht ist und als der er von den Käufern erworben wird.
c) Zwar ist in Grenzen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht einer Kapitalgesellschaft auf wirtschaftliche Selbstbestimmung geschützt. Indes kann sie dieses Recht nicht gegen jedes sie tangierende Marktverhalten Dritter, sondern nur dann in Anspruch nehmen, wenn ihr der geschützte Bereich wirtschaftlicher Entfaltung wirklich streitig gemacht wird. Hier bleibt für die Klägerin als Belastung, daß die Beklagte - die Möglichkeit einer verzerrenden Interpretation der Firmenabkürzung der Klägerin ausnutzend - den Namen der Klägerin in Vulgärsprache mit einer Aufforderung zu einer sexuellen Handlung in Verbindung bringt. Diese Verzerrung des Namens der Klägerin wird vom Verkehr als Scherz erkannt; nur deshalb erwerben die Käufer den Aufkleber. Es kann auf sich beruhen, wie eine solche Verzerrung des Namens zu beurteilen wäre, wenn sie eine natürliche Person beträfe. Die Klägerin ist ein Wirtschaftsunternehmen, das sich auf dem Markt bewegt und mit seiner Werbung auf Publizität zielt. Aus diesem Grund liegt für sie die Toleranzgrenze für vermeintliche oder echte Scherze, die sie betreffen, deutlich höher als bei einer natürlichen Person. Sie muß solche Scherze jedenfalls dann, wenn - wie hier - deren Beziehungslosigkeit zu ihrem Unternehmen und ihren Produkten auf der Hand liegt, hinnehmen, solange sich für sie eine konkrete Gefahr wirtschaftlicher Nachteile nicht abzeichnet. Anders wäre es, wenn der Vertrieb des Aufklebers eine Ansehensminderung der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen befürchten lassen müßte.
von Carl Heymanns Verlag |
| 1985-02-20 10:19:05 |
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