Aus dem Gerichtssaal zu Äußerungs- und Bildnisverfahren
Autor: Rolf Schälike
Verfahren Gysi
Gysi gegen Junge Union Berlin - Gysi hat beim Landgericht verloren, beim Kammergericht obsiegt
LG Bln
Az.: 27 O 609/99
Einstweilige Verfügung
LG Bln
Az.: 27 O 609/99
Widerpruchsurteil v. 02.12.1999 Die EV wird aufgehoben. Gysi hat gespitzelt, durfte behauptet werden
KG Bln
Az.: 9 U 795/00
Berufungsverfahren, August 2000 Alle Kosten trägt die Junge Union.
Nach der Erklärung von Reiner Oschmann Zu einem Gerichtsbeschluss im Rechtsstreit Gysi - Junge Union (CDU) erklärt der Pressesprecher der PDS-Bundestagsfraktion, Reiner Oschmann:
Im abgeschlossenen Rechtsstreit Gysi - Junge Union (JU) Berlin hat die Junge Union (CDU) eine neue Niederlage erlitten - und zwar mit einer weiter als bisher gefassten gerichtlichen Begründung. Die JU hatte im Berliner Wahlkampf im Herbst 1999 bekanntlich mit einem Aufkleber agiert, in dem sie Gregor Gysi Stasi-Spitzeltätigkeit unterstellte. Nachdem der Rechtsstreit vor dem Kammergericht Berlin dadurch abgeschlossen worden war, dass die JU für die Zukunft auf die Wiederholung solcher Behauptungen verzichtet, hat das Kammergericht in einem jetzt eingangenen, schriftlich begründeten Beschluss die Kosten des gesamten Verfahrens der Jungen Union auferlegt. Zur Begründung verweist das Kammergericht darauf, dass Gregor Gysi sowohl zivil- und strafrechtlich als auch nach den Artikeln 1 und 2 des Grundgesetzes ein Unterlassungsanspruch gegen die JU zusteht. Das Kammergericht wertet den JU-Aufkleber als "ehrenrührige Tatsachenbehauptung". Sie hätte nur aufgestellt werden dürfen, wenn sie nachweislich wahr sei. Dieser Wahrheitsgehalt sei jedoch nicht erbracht worden. Das Kammergericht wörtlich: "Die Wahrheit der behaupteten Tatsache kann nach dem bisherigen Erkenntnisstand in den Berichten des (Bundestags- R.O.)Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung im Falle einer Wiederholung der Äußerung auch in Zukunft nicht bewiesen werden."
Damit schloss sich das Kammergericht Berlin einer Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg und des Hanseatischen Oberlandesgerichts an. Der Bericht der Gauck-Behörde und der Beschluss des Immunitätsausschusses des Bundestages haben somit in keinem einzigen fachgerichtlichen Verfahren als Beleg für Behauptungen gegen Gregor Gysi Bestand gehabt. Sie sind in nunmehr sieben Urteilen und Beschlüssen als unzureichend zurückgewiesen worden. Wer solche Behauptungen auf ihrer Grundlage aufstellt, verletzt nach Ansicht der Gerichte Grundrechte Gysis aus Art. 1 und 2 GG, verstößt gegen das BGB und begeht üble Nachrede laut Strafgesetzbuch.