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      Gregor Gysi vs. Bundesrepublik Deutschland 
			
				| VG1 
			A 173.05 3. Mai 2006
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				 | Schriftliche_Entscheidunq Mitgeteilt durch Zustellung an
 a)     Kl.-Vertr.   am
 b)     Bekl.        am
 als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
 |  VERWALTUNGSGERICHT 
		BERLIN URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache 
		des Herrn Rechtsanwalts Dr. Gregor Gysi,Fasanenstraße 72, 10719 Berlin,
 
		Klägers, 
		Verfahrensbevollmächtigte:Rechtsanwälte Panka, Venedey, Kolloge,
 Gysi und Langer,
 Fasanenstraße 72, 10719 Berlin,
 
		gegen 
		die Bundesrepublik Deutschland, vertretendurch die Bundesbeauftragte für die Unterlagen
 des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen
 Deutschen Demokratischen Republik,
 Otto-Braun:Straße 70-72, 10178 Berlin,
 
		Beklagte, hat das Verwaltungsgericht Berlin, 1. 
		Kammer, durch 
		den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts 
		Dr.Rueß, die Richterin am Verwaltungsgericht Bodmann, den Richter am 
		Verwaltungsgericht Marticke, die ehrenamtliche Richterin Grützbach, den 
		ehrenamtlichen Richter Zöllner, im Wege schriftlicher Entscheidung am 3. 
		Mai 2006für Recht erkannt:
 
		Die Klage wird abgewiesen. 
		Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 
		Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten 
		vorläufig vollstreckbar. 
		Die Berufung wird zugelassen. - 2 - Tatbestand Der Kläger wendet sich gegen die 
		Herausgabe dreier Dokumente durch die Stasi-Unterlagenbehörde an den 
		„Spiegel", die Gespräche zwischen ihm und seinem damaligen Mandanten 
		Prof. Robert Havemann im Juli und Oktober 1979 betreffen. Mit Antrag vom 15. November 1994 beantragte „Der Spiegel" beim 
		Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der 
		ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik die Einsicht in 
		Stasi-Unterlagen nach § 32 Abs. 1 StUG zwecks „Aufarbeitung der Rolle 
		von Rechtsanwälten wie Dr. Gysi, Gregor zu DDR-Zeiten". In der Folge 
		wurden bis März 1997 verschiedene Unterlagen zur Verfügung gestellt. 
		Mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 bat „Der Spiegel" aufgrund seiner 
		früheren Anträge um Herausgabe aller neu aufgefundenen Akten u.a. zur 
		Person des Klägers. Bei den nachfolgenden Recherchen fanden sich zwei 
		weitere Bände des MfS-Vorgangs MfS-AU 145/90, die auch zwei Berichte 
		der HA XX/OG zur Anwaltstätigkeit des Klägers für seinen Mandanten Prof. 
		Havemann enthielten (Band 25, Blatt 015, 016 und 016a). Später wurde ein 
		weiterer Bericht aufgefunden mit dem Aktenzeichen MfS-AOP 26321/91, Band 
		2, Bl. 196 und 197. Bei den Dokumenten, von denen keines eine volle Unterschrift trägt, 
		handelt es sich um Durchschläge. Dokument 1 (Bl. 16/16a) umfasst zwei 
		Seiten, stammt von der Hauptabteilung XX/OG und trägt das Kürzel lo-p. 
		Es datiert vom 10. Juli 1979 und berichtet in Ich-Form über ein 
		Mandantengespräch mit Prof. Havemann vom Vortage. Der Kläger wird in 
		dem Dokument nicht namentlich erwähnt. Dokument 2 (Bl. 15) besteht aus 
		einer Seite, wobei das untere Dritte! fehlt, und stammt ebenfalls aus 
		der Hauptabteilung XX/OG mit dem Kürzel lo-p. Nach der  Überschrift 
		handelt es sich um ein am 10. Juli 1979 „geführtes Gespräch mit 
		Rechtsanwalt Dr. Gysi". Es trägt das Datum 11. Juli 1979 und verweist 
		auf einen „Tonbandbericht als Anlage" über das Gespräch des Klägers mit 
		Prof. Havemann am 9. Juli 1979. Ferner wird der Inhalt eines Gespräches 
		zwischen dem Vater . des Klägers und Erich Honecker über den Fall 
		Havemann wiedergegeben. Dokument 3 (Bl. 196/197) ist zwei Seiten lang 
		und trägt keinen Behördenkopf. Unterhalb der Datumsangabe 5. Oktober 
		1979 befindet sich eine isolierte „4". Den Schluss des Dokuments bildet 
		ein Verteiler, der. Generalleutnant Mittig, Generalmajor Kienberg, HA 
		XX/AIG und HA XX/OG nennt. Berichtet wird über ein Mandantengespräch des 
		Klägers mit Prof. Havemann vom 3. Oktober 1979, dessen Inhalt „durch 
		gezielten IM-Einsatz" bekannt geworden sei. Mit Schreiben vom 16. Juni 2005 und 17. August 2005 teilte die 
		Bundesbeauftragte dem Kläger mit, ihr liege ein Antrag des Magazins „Der 
		Spiegel" unter dem Thema „MfS und Rechtsanwälte' - 3 - vor. Sie beabsichtige, Einblick in in Kopie beigefügte Unterlagen zu 
		gewähren. Die Unterlagen eigneten sich für das Vorhaben und den 
		Aufarbeitungszweck. Ihre Verwendung erscheine nach Abwägung der 
		persönlichen Schutzrechte des Klägers mit dem Zugangsinteresse des 
		Magazins gerechtfertigt. Deshalb seien sie auch ohne Einwilligung des 
		Klägers herausgabefähig. Mit Schreiben vom 24. Juni 2005 erhob der Verfahrensbevollmächtigte des 
		Klägers Einwände gegen die beabsichtigte Verwendung der Informationen. 
		Dem Redakteur des „Spiegel" gehe es nur darum, den Kläger im Wahlkampf 
		zu diskreditieren. Die streitbefangenen Berichte sagten nichts über das 
		Verhältnis von Rechtsanwälten zum MfS aus. Die Informationen, die der 
		Vermerk vom 11. Juli 1979 enthalte, seien nicht vom Kläger an das MfS 
		übermittelt worden. Dort werde erwähnt, dass der Kläger seinem Mandanten 
		über ein Gespräch seines Vaters mit Erich Honecker berichtet habe. 
		Robert Havemann habe ausweislich eines späteren Berichts zu würdigen 
		gewusst, dass über den Kläger wieder ein Kontakt zur Parteiführung 
		hergestellt worden sei. Der Vermerk vom 10. Juli 1979 spiegele diese 
		Information durch den Kläger an einem zuständigen Mitarbeiter der 
		Abteilung Staat und Recht des ZK der SED wider. Es sei absurd zu 
		unterstellen, dass der Kläger versucht habe, Erich Honecker über das MfS 
		und nicht direkt über diese ZK-Abteilung zu informieren. Warum und 
		welche Person des ZK diese Information an das MfS weitergeleitet habe, 
		sei unbekannt. Der Kläger habe, im Auftrag seines Mandanten das ZK der 
		SED informiert, nicht aber das MfS. Es habe die. Schweigepflicht für den 
		Rechtsanwalt gegolten ,.Herr Havemann habe zwar gewollt, dass 
		bestimmte, Informationen an das ZK der SED flossen, nicht aber an 
		das MfS und nicht an den „Spiegel", Der Kläger sei sich sicher, dass 
		Herr Havemann ihn gegenüber dem „Spiegel" nicht von der Schweigepflicht 
		befreit hätte. Diese Frage habe der Rechtsanwalt abschließend zu 
		beurteilen und zu entscheiden. Der Schutz des Mandatsgeheimnisses könne 
		nicht über den Umweg über den Bundesbeauftragten ausgehebelt werden Mit Schreiben vom -12. August 2005 antwortete die Bundesbeauftragte und 
		führte aus, dass der Antrag des „Spiegel-! nicht im. Zusammenhanget der 
		Bundestagswahl stehe. Die Berichte hätten .einen Bezug zum Thema-„MfS 
		und. Rechtsanwälte", Sie zeigten, dass das MfS den Kontakt eines Anwalts 
		zu seinem Mandanten beobachtet habe. Auch der Schutz des 
		Mandatsgeheimnisses stehe der Herausgabe der Unterlagen nicht entgegen. 
		Die Unterlagen gäben nichts dafür her, dass Robert Havemann den Kläger 
		zur Gesprächsführung mit einem ZK-Mitarbeiter beauftragt habe. Für die 
		Entbindung von der Schweigepflicht sei. der mutmaßliche Wille des 
		Verstorbenen zu erforschen. Es seien keine ernsthaften Gründe dafür 
		anzunehmen, dass der DDR-Dissident Robert Havemann etwas dagegen gehabt 
		haben könne, dass das Thema „MfS und Rechtsanwälte" am Beispiel seiner 
		eigenen Person in einer freien Gesellschaft historisch-publizistisch 
		aufgearbeitet - 4 - würde. Besonders schutzwürdige Interessen des Klägers seien nicht 
		ersichtlich, da er ausschließlich in Wahrnehmung seiner 
		zeitgeschichtlichen Rolle dargestellt werde. Am 1. September 2005 hat der Kläger Unterlassungsklage gegen die 
		Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesbeauftragte 
		erhoben. Auf den am gleichen Tag gestellten Antrag auf vorläufigen 
		Rechtsschutz hin hat sich die Beklagte bereit erklärt, die 
		streitbefangenen Dokumente nicht vor der Entscheidung der Kammer im 
		Hauptsachverfahren an Dritte herauszugeben. Zur Begründung trägt der Kläger vor: Die beabsichtigte Herausgabe der 
		Unterlagen sei rechtswidrig. Nach dem Urteil des 
		Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2004 im Fall Dr. Helmut Kohl 
		seien §§ 34 Abs. 1, 32 StUG in verfassungskonformer Weise einschränkend 
		auszulegen, so dass die Zurverfügungstellung von Unterlagen mit 
		personenbezogenen Informationen für Zwecke der Presse weitgehend 
		unzulässig sei. Der Kläger sei 1979 keine Person der Zeitgeschichte im Sinne von § 32 
		Abs. 1 Nr. 4 StUG und insbesondere kein „Prominentenanwalt'1 gewesen. In 
		der DDR sei sein Name als Anwalt nicht von nationaler Bekanntheit 
		gewesen, und in der Westpresse sei er nur in seiner Funktion als 
		Verteidiger bestimmter Dissidenten ohne individualisierende 
		Einzelheiten genannt worden. Diese Veröffentlichungen seien nur in der 
		Bundesrepublik und nicht in der DDR erfolgt. Er sei ebenso wenig eine 
		Person der Zeitgeschichte gewesen wie der Zahnarzt von Prof. Havemann. 
		Als Rechtsanwalt sei er auch nach den Bestimmungen des Anwaltsrechts der 
		DDR unabhängig und eigenständig tätig gewesen und habe keine 
		Amtsbefugnisse gehabt. Deshalb könne er auch nicht als Amtsträger im 
		Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 4 StUG qualifiziert werden. Die Zu (Verfügung Stellung der Unterlagen würde überwiegende 
		schutzwürdige Interessen des Klägers und seines Mandanten verletzen. 
		Der Geheimnisschutz im Mandatsverhältnis bestehe über den Tod des 
		Geschützten hinaus. Es stehe dem Kläger zu, die Einhaltung der 
		anwaltlichen Schweigepflicht einzufordern und zu entscheiden, ob sein 
		Mandant nach seinem Tode mit einer Offenlegung der Mandatsgespräche 
		einverstanden gewesen wäre oder nicht. Es entspreche der einhelligen 
		Ansicht in Schrifttum und Rechtsprechung, dass mit dem Tod des Trägers 
		des Geheimhaltungsinteresses das Recht zur Entbindung von der 
		anwaltlichen Schweigepflicht ende. Weder die. Erben noch die nächsten 
		Angehörigen, könnten von der Schweigepflicht befreien. Auf die Erklärung 
		über die Befreiung von der anwaltlichen Schweigepflicht, die die Witwe 
		Robert Havemanns am 10. September 2005 abgegeben hat, komme es deshalb 
		nicht an. Der zur Verweigerung der Aussage berechtigte Rechtsanwalt 
		müsse eigenverantwortlich entscheiden, ob er aussagen wolle. Die 
		Rechtsprechung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht könne 
		nicht auf - 5 - die Schweigepflicht des Anwalts als unabhängigem Organ der Rechtspflege 
		übertragen werden. Aus diesem Grunde stehe es weder der 
		Bundesbeauftragten noch dem Gericht zu, den mutmaßlichen Willen von 
		Robert Havemann zu ermitteln. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass 
		ein Teil des Mandatsgeheimnisses durch menschenrechtswidrige 
		Ausspähungsakte des MfS der Beklagten und dem Gericht bekannt sei. Die 
		Unterlagen enthüllten nur einzelne Aspekte des Mandatsverhältnisses. 
		Der Rechtsanwalt sei aufgrund des in Anspruch genommenen 
		Vertrauensverhältnisses zu seinem Auftraggeber die zuverlässigste 
		Grundlage für die Beurteilung der Frage einer Befreiung von der 
		Schweigepflicht. Gegenüber seinen Angehörigen habe sein Mandant nur 
		lückenhafte Angaben gemacht, so dass es ihnen an einer ausreichenden 
		Grundlage zur Beurteilung der hier zu entscheidende Frage mangele. Für 
		die Beurteilung einer mutmaßlichen Einwilligung komme es 
		ausschlaggebend auf die individuelle Persönlichkeit des Verstorbenen an. 
		Nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, als die 
		Öffentlichkeit nicht mehr anwesend war, hätte Prof. Havemann vermutlich 
		ein Interesse an der Aufdeckung der Unrechtsstrukturen in der DDR 
		gehabt. Er hätte aber vermutlich nicht gewollt, dass bekannt geworden 
		wäre, dass er über den Kläger aktiv Kontakt zur Parteiführung 
		aufgenommen und .über die Modalitäten seines Verhalten verhandelt habe, 
		um weitere Strafverfahren und eine mögliche Inhaftierung zu vermeiden. 
		Prof. Havemann habe vermutlich seine öffentliche Rolle als standhafter 
		Systemkritiker nicht in Frage stellen lassen wollen. Herr Havemann habe selbstverständlich auf die Einhaltung der 
		Schweigepflicht durch den Kläger vertraut und diesen lediglich für 
		Verhandlungen mit dem ZK der SED von der Einhaltung der Schweigepflicht 
		entbunden. Darüber habe Havemann nie mit Westkorrespondenten gesprochen. 
		Er habe kein Interesse daran gehabt, gegenüber dem „Spiegel" und der 
		Westpresse zu offenbaren, dass der Kläger in seinem Auftrag den Kontakt 
		zum ZK der SED hergestellt und gehalten habe. Dies ergebe sich auch aus 
		einer Erklärung der Kinder Havemanns vom 7. November 1992. Diese könnten 
		ebenso gut eine Einschätzung vornehmen wie die Witwe Havemanns. Nach der 
		Erklärung der Kinder Havemanns habe die Aufgabe des Klägers darin 
		bestanden, als Mittler zwischen ihrem Vater und staatlichen Stellen zu 
		wirken. Havemann habe seinem Anwalt Gysi nur das anvertraut, was er 
		selbst für geeignet hielt, was in seine Strategie gegenüber dem 
		Staatsapparat gepasst habe. Er sei sich bewusst gewesen, dass er die 
		Stasi mittels ihrer Abhörgeräte in Haus gehabt habe. Die Einschaltung 
		des Klägers sei erfolgreich gewesen. Ferner beruhe die Informationserhebung erkennbar auf einer 
		Menschenrechtsverletzung (§ 32 Abs. 1 Satz 3). Nach der Rechtsprechung 
		des Bundesverwaltungsgerichts sei dies bereits anzunehmen, wenn die 
		Information keine unbedenkliche Quelle nenne oder erkennen lasse. 
		Dokument 3 beruhe zweifellos auf einer erkennbaren 
		Menschenrechtsverletzung, da als Quelle ein „gezielter - 6 - IM-Einsatz" genannt werde. Die Berichterstattung eines IM beruhe auf 
		einem staatlich veranlassten Einbruch in die geschützte Privatsphäre 
		unter Ausnutzung eines Vertrauensverhältnisses. Die Weitergabe von 
		Informationen, die zwar privat erlangt, aber mit dem Siege) der 
		Verschwiegenheit versehen seien, sei grundsätzlich als Verstoß gegen 
		Grundsätze der Menschlichkeit zu qualifizieren, ebenso wie die 
		Weitergabe von Informationen mit denunziatorischem Charakter. Auch Dokument 1 und 2 beruhten auf einer Verletzung des Rechts auf 
		Privatsphäre und des Rechts am gesprochenen Wort. Dokument 1 basiere 
		nach den Angaben in Dokument 2 auf einem Tonbandmitschnitt. Nach den 
		Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei 
		Dokument 1 um einen Auszug aus einem von ihm für die Handakte diktierten 
		Vermerk, den sich das MfS menschenrechtswidrig in seinen Kanzleiräumen 
		beschafft haben müsse. Der Bitte der Kammer, ihr zur Überprüfung dieser Angaben die Handakte 
		Havemann zur Verfugung zu stellen, kam der Kläger unter Hinweis auf 
		seine anwaltliche Schweigepflicht nicht nach und äußerte die 
		Befürchtung, der Inhalt der Handakte könne an die Presse gelangen. Der 
		Kläger habe den Vermerk zu keiner Zeit dem MfS oder anderen Stellen 
		zugänglich gemacht. Da weder der Kläger noch Havemann das MfS informiert 
		hätten, beruhten die Dokumente auf der Zusammenfügung anderweitig 
		erlangter Informationen. Das MfS könne die Informationen auf 
		verschiedene Art und Weise erhalten haben, z.B. technisch durch die 
		umfassenden Abhörmaßnahmen, denen Havemann in seinem Haus unterworfen 
		gewesen sei, oder aber über Mitarbeiter des ZK der SED. Der Kläger habe 
		im Auftrag Havemanns Kontakt zu Mitarbeiter der Abteilung Staat und 
		Recht des ZK der SED gehalten. Havemann sei dabei auf ein Höchstmaß an 
		Vertraulichkeit angewiesen gewesen. Wäre bekannt geworden, dass 
		Havemann Kontakte zur SED gesucht und gehalten habe, so hätte dies zum 
		sofortigen Abbruch dieser Gespräche geführt. Die gegenüber dem ZK der 
		SED gegebenen Informationen habe das MfS ohne Wissen des Klägers mit 
		geheimdienstlichen Methoden abgeschöpft. Der Umstand, dass der Kläger 
		Kontakte zu den Staatsorganen der DDR selbst gesucht und gesteuert habe, 
		sei unerheblich. Auch der frühere Bundeskanzler Dr. Kohl habe Kontakte 
		zu Staatsorganen der DDR gesucht und gesteuert. Der Kläger beantragt, 
		die Beklagte zu verpflichten, es zu unterlassen, die in ihrem Besitz 
		befindlichen Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 
		mit den Signaturen BStU, MfS, AU 145/90, Band 25, Blatt 015, 016, 016a 
		und BStU, MfS, AOP 26321/91, Band 2, Blatt 196 und 197 dem „SPIEGEL" und 
		den für sie tätigen Personen zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte beantragt,         
		die Klage abzuweisen. - 7 - Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie nach §§ 34 Abs. 1, 32 StUG zur 
		Zurverfügungstellung der Unterlagen an den Spiegel verpflichtet sei. Der Kläger sei für den fraglichen Zeitraum als so genannte relative 
		Person der Zeitgeschichte einzuordnen. Dies seien Menschen, die im 
		Zusammenhang mit einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis 
		vorübergehend ins Blickfeld der Öffentlichkeit gelangt seien. Der Kläger 
		sei als Verteidiger bekannter Systemkritiker und Ausreisewilliger ins 
		Blickfeld der Öffentlichkeit geraten. Im Zusammenhang mit der 
		Berichterstattung über Rudolf Bahro und Robert Havemann sei auch der 
		Name des Klägers als deren Verteidiger immer wieder in der Westpresse 
		genannt worden. Ferner seien Rechtsanwälte in der DDR Amtsträgern im Sinne von § 32 Abs. 
		1 Nr. 4 StUG gleichzustellen. Rechtsanwälte, die zumeist in Kollegien 
		tätig gewesen seien, könnten als in die Justizverwaltung der DDR 
		integriert angesehen werden. Die Anwaltskollegien seien vom Ministerium 
		der Justiz weisungsabhängig gewesen. Die Rechtsanwälte seien von den 
		Regeln der sozialistischen Gesetzlichkeit und von den gesellschaftlichen 
		Entwicklungssätzen beim Aufbau des Sozialismus abhängig gewesen. Der 
		freie Beruf des Rechtsanwalts sei nach Auffassung der Führung der DDR 
		nicht mit dem Gesellschaftssystem vereinbar gewesen. Die aus dem Mandatsverhältnis zwischen den Kläger und Robert Havemann 
		resultierende anwaltliche Schweigepflicht stehe einer Herausgabe der 
		streitbefangenen Unterlagen nicht entgegen. Die Witwe Havemann habe mit 
		der Erklärung vom 10. September 2005 von der Schweigepflicht entbunden. 
		Die vom Kläger zum Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 StPO) und zum 
		Geheimnisverrat {§ 203 StGB) angeführten Literaturmeinungen seien auf 
		die streitbefangene Situation nicht übertragbar, da es nicht darum 
		gehe, dass der Kläger selbst aktiv den Inhalt von Mandantengesprächen 
		an Dritte weitergeben solle. Selbst wenn die Rechtsprechung zu den 
		Zeugnisverweigerungsrechten im vorliegenden Fall berücksichtigt werden 
		müsste, so sei entsprechend der Rechtsprechung zur ärztlichen 
		Schweigepflicht auf den mutmaßlichen Willen des Mandanten abzustellen. 
		Der mutmaßliche Wille sei anhand einer objektiven Interessenabwägung 
		unter einem subjektiven Korrekturvorbehalt zu ermitteln. Die Weitergabe der Unterlagen an den „Spiegel" entspreche dem 
		mutmaßlichen Willen Robert Havemanns. Die streitgegenständlichen 
		Unterlagen enthielten keine ehrverletzenden oder das Ansehen des 
		Verstorbenen beeinträchtigenden Informationen. Sie gäben lediglich in 
		Einzelheiten wieder, was bereits bekannt sei. Havemann habe versucht, 
		Spielräume im staatlichen System zu - 8 - finden, um weiterhin publizistisch tätig zu sein. Er habe schon 1979 
		nicht auf die Einhaltung der anwaltlichen Schweigepflicht vertraut. 
		Damals habe Havemann mit schweren Sanktionen rechnen müssen, wenn er 
		sich an die „Westpresse" gewandt hätte. Entscheidend komme es aber 
		darauf an, ob er unter den heutigen politischen Verhältnissen auf einer 
		Einhaltung der Schweigepflicht bestehen würde. Ein wichtiges Indiz seien 
		die Aussagen seiner Witwe, die Einblick in die Beziehung ihres 
		verstorbenen Ehemannes zum Kläger gehabt habe. Nach einem Interview vom 
		8. September 2005 habe Havemann die politische DDR-Justiz als 
		Scheinjustiz betrachtet. In diesem Sinne habe er die Arbeit des Klägers 
		beurteilt. Er habe seinerzeit mehrfach erklärt, dass er einem Anwalt 
		seines Vertrauens nicht zumuten könne, für ihn tätig zu werden. Einem 
		Anwalt dagegen, der für ihn tätig werden könne, ohne seinen Beruf aufs 
		Spiel zu setzen, könne er nicht vertrauen. Es sei für ihn keine Frage 
		gewesen, wo Informationen, über die der Kläger verfügte, am Ende landen 
		könnten. Er würde sich heute wie damals auf keinen Fall irgendeinem 
		Schritt widersetzen, der zur Aufklärung der Machtmechanismen in der DDR 
		beitragen könne. Ferner ist die Beklagte der Ansicht, dass das Geheimhaltungsinteresse 
		mit dem Tod des Mandanten stetig abnehme. Die Gespräche lägen 27 Jahre 
		zurück, der Tod Havemanns 24 Jahre. Entsprechend enthielten moderne 
		Landesarchivgesetze lediglich eine Sperrfrist von 10 Jahren für 
		personenbezogene Unterlagen, so dass ab 10 Jahren nach dem Tod des 
		Betroffenen eine Verletzung postmortaler Persönlichkeitsrechte 
		grundsätzlich nicht mehr vorläge. Es sei nach Ablauf einer gewissen Zeit 
		nicht mehr damit zu rechnen, dass die Offenbarung von 
		Mandatsgeheimnissen zu Nachteilen für die Angehörigen führe oder dem 
		Andenken des Mandanten Schaden zufüge. Selbst wenn allein der Anwalt über die weitere Geheimhaltung entscheiden 
		dürfte, so müsse er nach pflichtgemäßem Ermessen handeln. Die Auffassung 
		des Klägers ließe sich aber mit sachlichen Argumenten nicht begründen. 
		Es liege die Vermutung nahe, dass der Kläger aus eigennützigen Motiven 
		heraus handle. Gleichwohl habe die Beklagte den Umstand, dass das Mandatsverhältnis ein 
		besonders schützenswertes Vertrauensverhältnis begründe, im Rahmen der 
		Abwägung berücksichtigt. In den Unterlagen seien keine Informationen 
		enthalten, die die Interessen Robert Havemanns oder des Klägers oder 
		das anwaltliche Vertrauensverhältnis beeinträchtigen könnten. Rein vorsorglich macht die Beklagte ferner geltend, dass die anwaltliche 
		Schweigepflicht allenfalls im Rahmen der Abwägung nach § 32 Abs. 1 StUG 
		zu berücksichtigen sei. Sie stehe aber einer Herausgabe an Betroffene 
		nach § 3 Abs. 1 StUG und an Hinterbliebene nach § 15 StUG in keinem - 9 - Fall entgegen. Zu dem Dokument 3 lägen bereits Anträge auf Akteneinsicht 
		von der Witwe Robert Havemanns und einer weiteren, bei dem Gespräch am 
		3, Oktober 1979 anwesenden Person vor. Eine Menschenrechtsverletzung durch die Informationsbeschaffung des 
		Staatssicherheitsdienstes sei nicht erkennbar. Die Grundsätze des 
		Urteils des Bundesverwaltungsgerichts im Fall Dr. Kohl könnten auf den 
		vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Anders als der frühere 
		Bundeskanzler Dr. Kohl habe den Kläger den Kontakt zu den Staatsorganen 
		der DDR selbst gesucht und gesteuert. Er sei nicht ausschließlich 
		Objekt zielgerichteter und systematischer Informationserhebung und 
		Ausspähung gewesen. Die Informationen in Dokument 3 seien durch gezielten IM-Einsatz 
		zusammengetragen worden. Kennzeichen der IM-Berichterstattung sei, dass 
		die ausgespähte Person die Informationen freiwillig an den IM 
		weitergebe und damit auf ihr Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre 
		wirksam verzichtet habe. Die Person irre sich zwar möglicherweise 
		darüber, dass das Gespräch als vertraulich behandelt werde. Das Recht 
		auf Verschwiegenheit genieße jedoch keinen grundrechtlichen Schutz. Auch 
		das Strafrecht schütze nur bei bestimmten Berufsgruppen vor einer 
		Weitergabe von Geheimnissen. Ein IM-Einsatz sei nur dann als 
		menschenrechtswidrig einzustufen, wenn besondere Umstände hinzuträten. 
		Ein IM-Einsatz habe das Recht am gesprochenen Wort verletzt, wenn der IM 
		das Gespräch heimlich belauscht oder auf Tonband aufgenommen habe, ohne 
		dass damit objektiv zu rechnen gewesen wäre. Dies gelte dagegen nicht, 
		wenn der IM Teilnehmer der Gesprächsrunde gewesen sei. Auch der 
		Schutzbereich der räumlichen Privatsphäre werde nicht verletzt, wenn 
		eine Person einvernehmlich in diesem Bereich aufgenommen werde. Eine 
		menschenrechtswidrige Fallkonstellation könne für das Dokument 3 
		ausgeschlossen werden. Der Hinweis auf einen „gezielten IM-Einsatz" 
		schlösse aus, dass hier technische Abhörmaßnahmen eingesetzt worden 
		seien. Ein heimliches Lauschen könne ausgeschlossen werden, weil der IM 
		nach dem   , Protokoll Teil der Gesprächsrunde gewesen sei und später 
		einen der Teilnehmer im Auto mitgenommen habe. Aus dem vorliegenden 
		Bewegungsprotokollen ergebe sich, dass sich zum fraglichen Zeitpunkt 
		keine weitere Person im Hause Havemann aufgehalten habe, die als IM in 
		Betracht komme. Zudem habe der Kläger nach seinen eigenen Angaben die Informationen aus 
		dem Mandantengespräch bewusst und gewollt an Mitarbeiter des ZK der SED 
		weitergegeben. Er habe damit die Hoheit über die weitere Verwendung der 
		Informationen aus der Hand gegeben und auf den besonderen Schutz der 
		Informationen verzichtet. Der Kläger und Robert Havemann hätten damit 
		rechnen müssen, dass die Informationen angesichts der engen 
		Zusammenarbeit der verschiedenen Staatsorgane der DDR an den 
		Staatssicherheitsdienst weitergegeben würden. Aus den Unterlagen - 10 - ergebe sich auch kein Hinweis auf eine Verletzung des Rechts am 
		gesprochenen Wort. Dieses Recht schütze davor, heimlich abgehört und 
		aufgenommen zu werden. Der Verweis auf einen „Tonbandbericht als Anlage" 
		in Dokument 2 meine lediglich einen Bericht, den ein IM auf Tonband 
		gesprochen habe. Diese Vorgehensweise sei typisch für die IM-Arbeit des 
		Staatssicherheitsdienstes gewesen. Hätte es sich um eine Abhörmaßnahme 
		gehandelt, so hätte die Unterlage einen Hinweis auf Abteilung 26 des MfS 
		enthalten müssen, der allein es gestattet gewesen sei, derartige 
		Maßnahmen durchzuführen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die 
		Streitakte, die Streitakte des Eilverfahrens VG 1 A 172.05 sowie auf den 
		Verwaltung s Vorgang des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und 
		Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.   Entscheidungsgründe Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klage ist als vorbeugende Unterlassungsklage statthaft. Sie ist auf 
		die Unterlassung eines vom Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" beantragten 
		Verwaltungsaktes der Beklagten gerichtet. Die Entscheidung über die 
		Zurverfügungstellung der streitgegenständlichen drei Dokumente stellt 
		einen Verwaltungsakt dar und nicht einen bloßen Realakt. Der Kläger ist 
		klagebefugt, da sich die herauszugebenden Unterlagen auf seine Person 
		beziehen. Dies gilt nach seinem Inhalt auch für Dokument 1, obwohl der 
		Kläger dort nicht namentlich erwähnt wird. Im Rahmen der Zulässigkeit 
		ist dabei zu unterstellen, dass der Kläger als früherer Rechtsanwalt von 
		Prof. Havemann aus dem Mandatsverhältnis auch berechtigt ist, dessen 
		schutzwürdige Interessen gegenüber der Stasi-Unterlagen-Behörde geltend 
		zu machen. Die vorbeugende Unterlassungsklage setzt ein besonderes - 
		qualifiziertes - Rechtsschutzbedürfnis voraus. Dies ist hier zu bejahen, 
		da bei einer Verweisung auf nachträglichen Rechtsschutz vollendete 
		Tatsachen geschaffen würden (vgl. Kopp, VwGO, 14. Aufl. 2005, vor § 40 
		Rn. 33 und 34 mit Fn. 42). Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Stasi-Unterlagen-Behörde ist gemäß 
		§§  Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4 StUG berechtigt und sogar 
		verpflichtet, die drei fraglichen Dokumente an das Nachrichtenmagazin 
		herauszugeben. Rechte des Klägers werden dadurch nicht beeinträchtigt. Nach § 34 Abs. 1 StUG gelten die §§ 32 und 33 StUG für die Verwendung 
		von Stasi-Unterlagen durch die Presse entsprechend. § 32 Abs. 1 StUG 
		sieht vor, dass der Bundesbeauftragte Unterla- - 11 - gen zum Zweck der politischen und historischen Aufarbeitung der 
		Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes zur Verfügung stellt. Hier 
		kommen allein Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über 
		Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder 
		Amtsträger in Betracht, die herausgegeben werden können, soweit es sich 
		um Informationen handelt, die ihre zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- 
		oder Amtsausübung betreffen. Sofern die betreffende Person nicht 
		zustimmt, dürfen Unterlagen nur zur Verfügung gestellt werden, soweit 
		durch deren Verwendung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der 
		genannten Personen beeinträchtigt werden. Dabei ist insbesondere zu 
		berücksichtigen, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer 
		Menschenrechtsverletzung beruht. Die Voraussetzungen für eine Herausgabe liegen nach Überzeugung der 
		Kammer in Bezug auf alle drei Dokumente vor. 1. Der Antrag des „Spiegel" 
		hält sich im Rahmen des gesetzlichen Verwendungszwecks. Die Aufarbeitung der Rolle von Rechtsanwälten in der früheren DDR mit Bezug auf 
		die Tätigkeit des MfSist ein zulässiger Zweck, selbst wenn er sich beispielhaft auf einzelne 
		Rechtsanwälte bezieht. Diedrei Dokumente sind geeignet zu belegen, in welcher Weise die Stasi das 
		Verhältnis zwischeneinem Dissidenten und seinem Rechtsanwalt ausforschte und auch zum 
		Gegenstand einer möglichen Beeinflussung gemacht hat. 2. Bei den drei 
		Dokumenten handelt es sich um Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes 
		der ehemaligen DDR. Die Herausgabe auch von Fragmenten wie dem Dokument 2 ist 
		zulässig, soweitwie hier die Unterlage als Fragment gekennzeichnet ist, 
		die Urheberschaft feststeht und eine Sinnentstellung infolge der 
		Fragmentierung ausgeschlossen werden kann. 3. Der Kläger war zum 
		Zeitpunkt der Erstellung der Dokumente im Jahre 1979 als Verteidiger von
		Robert Havemann eine so genannte relative Person der Zeitgeschichte. 
		Dass hinsichtlich der Einstufung als Person der Zeitgeschichte auf den 
		Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Staatssicherheit der DDR ihre Informationen gewonnen hat, entspricht der 
		überwiegenden Auffassung in der
		Literatur (Stoltenberg, Stasi-Unterlagen-Gesetz, 1992, § 32 Rn. 8; 
		Schmidt. Stasi-Unterlagen-Gesetz, 1993, § 32 Rn. 11). Ein Rechtsanwalt, der einen Angeklagten 
		wegen einer politisch motivierten Straftat verteidigt, ist im Zusammenhang mit der Verteidigung 
		eine Person der Zeitgeschichte, wenn für das Strafverfahren aufgrund der 
		besonderen Umstände ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht (OLG Hamburg, Urteil vom 
		10. Dezember 1981 -3
		U 76/81 - juris). Diese Rechtsprechung, die auf die Verhältnisse in der 
		Bundesrepublik Deutschland zugeschnitten ist, gilt auch für Rechtsanwälte der ehemaligen DDR. 
		Zwar mag ihre Rolle in - 12 - mancher Hinsicht nicht mit der Rolle von Strafverteidigern im Westen 
		vergleichbar gewesen sein. Aber auch diese sind selbst in bekannten 
		Strafprozessen häufig in der Öffentlichkeit außerhalb ihrer Funktion 
		unbekannt, während manche der wenigen Rechtsanwälte in der DDR über 
		einen hohen Bekanntheitsgrad verfügten, der „Star-Anwälten" und 
		„Prominenten-Verteidigern" in Westdeutschland in nichts nachstand. Robert Havemann war einer der bekanntesten Regimekritiker der DDR. Zwar 
		wurde er in den Medien der DDR totgeschwiegen. Die westdeutschen 
		Medien, insbesondere das Westfernsehen, stellten aber für seine Person 
		die Öffentlichkeit auch in der DDR her. Veröffentlichungen im Westen 
		etwa durch Rudolf Bahro und Robert Havemann wurden von der damaligen 
		Staatsführung der DDR aus politischen Gründen als Vergehen gegen 
		Devisenbestimmungen kriminalisiert- Diese Strafprozesse fanden ein 
		lebhaftes Interesse in der deutschen und internationalen Öffentlichkeit. 
		Der Kläger wurde als Strafverteidiger in diesen politischen Prozessen 
		schon zur damaligen Zeit in der West-Presse namentlich genannt. Dies 
		genügt, um ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit für den 
		damaligen Zeitpunkt in Bezug auf sein Mandatsverhältnis mit Prof. 
		Havemann zu begründen. Anders als die Tätigkeit des Zahnarztes von 
		Herrn Havemann stand die Tätigkeit des Klägers in unmittelbarem 
		Zusammenhang zum politischen Engagement Havemanns und der Reaktion der 
		Staatsführung. Ob ein Rechtsanwalt daneben nach dem Anwaltsrecht der DDR als Amtsträger 
		im Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 4 StUG anzusehen war, wie der 
		Berichterstatter in einem rechtlichen Hinweis gefragt hatte, kann offen 
		bleiben. Dagegen spricht, dass nach bundesdeutschem Sprachgebrauch 
		Rechtsanwälte keine Amtsträger sind (vgl. die Definition in § 11 Abs. 1 
		Nr. 2 ""StGB und die Strafvorschrift des § 203 StGB) und auch nach 
		DDR-Recht unabhängig und eigenverantwortlich tätig wurden. 4. Die Zurverfügungstellung der Unterlagen beeinträchtigt keine 
		überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Klägers aus dem 
		Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant. 4.1. Eine Verletzung der Vertraulichkeit des Gesprächs zwischen 
		Rechtsanwalt und Mandant ist im Rahmen der Abwägung nach § 32 Abs. 1 
		Satz 2 StUG zu berücksichtigen. Die Verschwiegenheit des Rechtsanwalts in Bezug auf das 
		Mandatsverhältnis ist gesetzlich als Schweigepflicht des Rechtsanwalts 
		in § 43 a Abs. 2 BRAO verankert. Der Rechtsanwalt macht sich strafbar, 
		wenn er unbefugt Geheimnisse verrät, die ihm sein Mandant anvertraut hat 
		(Geheimnisverrat, § 203 StGB). Zum Schutz der Vertraulichkeit steht dem 
		Rechtsanwalt ein Zeugnis- - 13 - verweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO und § 383 Abs. 1 
		Nr. 6 ZPO zu. Allerdings ist keine dieser Bestimmungen hier unmittelbar 
		anwendbar, da es nicht darum geht, dass der Kläger selbst etwas 
		offenbaren soll. Grundlage für die Annahme eine schutzwürdigen Interesses des Klägers ist 
		aber das aus diesen Bestimmungen herzuleitende Vertrauensverhältnis 
		zwischen Rechtsanwalt und Mandant, das dann beeinträchtigt würde, wenn 
		der Inhalt von Gesprächen zwischen Rechtsanwalt und Mandant durch 
		staatliche Stellen  öffentlich gemacht würde. Anerkannt ist ein vom 
		Staat zu respektierendes Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und 
		Mandant in jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 
		(Beschluss vom 12. April 2005-2 BvR 1027/02- NJW 2005, 
		1917-Beschlagnahme von Anwaltsdateien; Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 
		1520/01, BVerfGE 110, 226 - Strafbarkeit des Rechtsanwalts wegen 
		Geldwäsche bei Annahme von Honoraren). Soweit die Staatssicherheit 
		Information unter Verletzung der Vertraulichkeit des 
		Mandatsverhältnisses gewonnen hat, so verletzt dies regelmäßig besonders 
		schutzwürdige Interessen des Mandanten, es sei denn, dass der Mandant 
		auf die Vertraulichkeit verzichtet. Dafür, dass eine 
		Informationsbeschaffung der Stasi unter Bruch dieses 
		Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Verletzung eines schutzwürdigen 
		Interesses des Betroffenen einzustufen ist, spricht auch die 
		Entstehungsgeschichte des novellierten § 32 Abs. 1 Satz 2 StUG, wo 
		Eingriffe in Berufsgeheimnisse beispielhaft erwähnt werden (BT-Drs. 
		14/9219, S.5; 14/9641, S. 2). Diesen Schutz genießen auch 
		Mandantengespräche eines Rechtsanwalts in der früheren DDR. Insoweit 
		ist ein über den Untergang der DDR hinausreichender Schutz der 
		Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts als Teil der Berufsfreiheit 
		in Art. 12 GG anzuerkennen, zumal ein Großteil der in der DDR tätigen 
		Rechtsanwälte auch nach der Wende weiterhin diesen Beruf ausübt. Die 
		Schweigepflicht des Rechtsanwalts dient aber allein dem Schutz des 
		Mandanten und nicht dem Schutz des Anwalts (vgl. § 203 StBG; BGH DB 
		1990, 93). Der Mandant ist „Herr des Geheimnisses" (BGH, Urteil vom 30. 
		November 1989-III ZR 112/88 -, BGHZ 109, 260). Gleichwohl wird man einem 
		Rechtsanwalt, dessen Informationen aus Mandantengesprächen von der Stasi 
		abgeschöpft worden sind, zubilligen müssen, dass er als Nachwirkung 
		seines früheren Mandatsverhältnisses zu einem verstorbenen Mandanten 
		gegenüber der Bundesbeauftragten eine Verletzung der Vertraulichkeit des 
		Mandatsverhältnisses geltend machen kann. 4.2. Ist der Mandant wie hier verstorben, so hat die Beklagte bei der 
		Prüfung der Verletzung schutzwürdiger Interessen aus dem 
		Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant auf den 
		mutmaßlichen Willen des Verstorbenen abzustellen. Diese Beurteilung 
		liegt nicht in der alleinigen Dispositionsbefugnis des Rechtsanwalts. - 14 - Den gesetzlichen Bestimmungen über die Schweigepflicht des 
		Rechtsanwalts, die hier nicht direkt anwendbar sind, fassen sich 
		rechtliche Wertungen entnehmen, die auf die Offenbarung von 
		Mandatsgesprächen in Unterlagen der Stasi übertragbar sind. Die 
		anwaltliche Schweigepflicht - und hier das schutzwürdige Interesse des 
		Betroffenen - erlischt grundsätzlich nicht mit dem Tod des Begünstigten 
		(§ 203 Abs. 4 StGB; BGH, Beschluss vom 4. Juli 1984-IVaZB 13/83-, 
		BGHZ91, 398). Die Befugnis, von der Verschwiegenheitspflicht zu 
		entbinden, geht nur insoweit auf den Erben über, als es nicht um 
		Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich des Erblassers geht, sondern 
		beispielsweise um vermögensrechtliche Verhältnisse (vgl. § 205 Abs. 2 
		Satz 2 StGB; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Oktober 1982 - 8 W 388/82 
		-, MDR 1983, 236). Da sich hier das Mandatsverhältnis zwischen Herrn 
		Havemann und dem Kläger auf dessen Strafverfolgung und sein Verhältnis 
		zur Staatsführung der DDR bezog, ist sein persönlicher Lebensbereich 
		betroffen, so dass eine Entbindung von der Schweigepflicht durch seine 
		Witwe oder seine Kinder nicht wirksam wäre. Daher kann auch 
		hinsichtlich der Herausgabe entsprechender Dokumente nicht auf eine 
		Einwilligung der Erben abgestellt werden. Wie in einer solchen Situation 
		weiter zu verfahren ist, ist im Rahmen der anwaltlichen Schweigepflicht 
		strittig und wird je nach gesetzlicher Regelung und betroffenem Beruf 
		unterschiedlich beantwortet. Die herrschende Auffassung zum 
		Geheimnisverrat  gemäß § 203 StGB geht davon aus, dass die Strafbarkeit 
		auch bei stillschweigender und mutmaßlicher Einwilligung entfällt (Tröndle/Fischer, 
		StGB, 53. Aufl. 2006, § 203 Rn. 36). Im Rahmen des strafprozessualen 
		Zeugnisverweigerungsrechts geht die ganz herrschende Meinung davon aus, 
		dass nach dem Tod des Berechtigten der Zeuge allein zu entscheiden hat, 
		ob er aussagen will oder nicht (BGH in Strafsachen, Urteil vom 25. Mai 
		1980-1 StR 177/80 - MDR 1980, 815). Auf den mutmaßlichen Willen des 
		Verstorbenen könne es dabei nicht ankommen (so Rogall in SK-StPO, Stand: 
		Oktober 2002, § 53 Rn. 201 unter Berufung auf BGHSt 42, 75, das eine 
		völlig andere Fallkonstellation betrifft). Auch die Rechtsprechung zu § 
		383 ZPO kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem Ableben des Betroffenen der 
		Geheimnisträger zu entscheiden hat, ob er Geheimnisse preisgibt oder 
		nicht. Die Entscheidung über die Offenlegung des Geheimnisses sei 
		letztlich nicht justitiabel und einer gerichtliche  Überprüfung nicht 
		zugänglich, weil diese von vorneherein die Preisgabe des möglicherweise 
		schutzbedürftigen Geheimnisses bedingen würde (BGH, Urteil vom 31. Mai 
		1983-VI ZR 259/81 - NJW 1983, 2627, 2629). Insoweit ist auch entgegen 
		der Ansicht des Klägers nicht zwischen ärztlicher und anwaltlicher 
		Schweigepflicht zu differenzieren. Trotz der Dispositionsbefugnis des 
		Geheimnisträgers versteht die Zivilrechtsprechung diesen als 
		treuhänderisch gebunden und zu einer Gewissensentscheidung verpflichtet, 
		die eine verantwortungsbewusste und vom eigenen Berufsethos getragene 
		Würdigung des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen vornimmt. Sein 
		Ermessen sei in dieser Frage gebunden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. 
		Oktober 1982 - 8 W 388/82 -, MDR 1983, 236 f.). Von der erkennbar 
		gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Verstorbenen nicht 
		gedeckte Verweigerungsgründe - 15 - sind danach sachfremd und daher unbeachtlich (BGH, Beschluss vom 4. Juli 
		1984 ~ IVa ZB 18/83 und 13/83-, BGHZ 91, 392, 398). Dabei kommt den 
		Kenntnissen des Geheimnisträgers notwendigerweise ein besonderes 
		Gewicht zu. Auch im Rahmen der Abwägung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 StUG ist es 
		sachgerecht, auf den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen abzustellen. 
		Anders als beim Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtsanwalts, bei dem das 
		Gericht den zu offenbarenden Gesprächsinhalt nicht kennt und damit nicht 
		rechtlich bewerten kann, befindet sich hier die Information, die 
		preisgegeben werden soll, in der betreffenden Stasi-Unterlage. Damit 
		kann die Beklagte eigenständig prüfen, ob deren Herausgabe dem 
		mutmaßlichen Willen des Betroffenen entsprochen hätte, ohne dass der 
		Rechtsanwalt seinerseits Geheimnisse offenbaren müsste. Zwar verfügt er 
		über weiter reichende Kenntnisse aus dem Mandatsverhältnis, über die 
		weder die Beklagte noch die hinterbliebenen Familienangehörigen 
		verfügen. Damit kommt der Einschätzung des Rechtsanwalts ein besonderes 
		Gewicht zu. Gleichwohl besteht kein Grund, ihm die alleinige 
		Dispositionsbefugnis über die Offenlegung des Inhalts der 
		Mandatsgespräche zuzubilligen, zumal seine Dispositionsbefugnis im 
		Rahmen des Zeugnisverweigerungsrechts treuhänderisch gebunden ist. Bei 
		der Prüfung ist ein objektivierender Maßstab anzulegen, d.h. es ist zu 
		fragen, ob der Verstorbene unter Berücksichtigung seiner nach außen 
		erkennbaren Biographie vernünftigerweise mit der Weitergabe der 
		Dokumente einverstanden gewesen wäre. Abzustellen ist auf das 
		„wohlverstandene Interesse" des Betroffenen (so OLG Sachsen-Anhalt, 
		Beschluss vom 9. Dezember 2004 - 4 W 43/04 -, NJW 2005, 2017 zur 
		ärztlichen Schweigepflicht). Denn es ist weder der Beklagten noch dem 
		Gericht möglich, den Charakter und die individuellen Neigungen einer 
		Person sicher zu beurteilen, zumal wenn der Tod bereits lange 
		zurückliegt. Auch der Rechtsanwalt hat nur einen partiellen Einblick in 
		die Persönlichkeit des Mandanten, so dass sich bei der Ermittlung eines 
		mutmaßlichen Willens niemals mit allerletzter Sicherheit sagen lässt, 
		ob der Betroffene sich tatsächlich dementsprechend verhalten hätte. 
		Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das postmortale 
		Schutzbedürfnis eines Betroffenen mit zunehmendem Zeitablauf stetig 
		abnimmt und vermutete individuelle Befindlichkeiten immer weniger ins 
		Gewicht fallen. 4.3. Nach diesem Maßstab entspricht die Weitergabe der drei 
		streitbefangenen Dokumente dem mutmaßlichen Willen Robert Havemanns. Selbst der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass 
		Herr Havemann Interesse an einer Aufarbeitung der Unrechtsstrukturen des 
		DDR-Regimes und der Instrumentalisierung von Strafverfahren zu 
		politischen Zwecken gehabt hätte. Havemann suchte damals ais 
		Regimekritiker die Öffentlichkeit im Westen, prangerte die Unterdrückung 
		der Meinungsfreiheit durch den DDR- - 16 - Staat an und bezeichnete ein gegen ihn im Sommer 1979 ergangenes 
		Strafurteil als Unrechtsurteil. Der Kläger, die Witwe und die Kinder stimmen ferner in der Einschätzung 
		überein, dass Havemann den Kläger mandatiert hat, auch um Kontakt zur 
		Staatsführung der DDR aufzunehmen und zu halten. Der Kläger selbst hat 
		in seiner Stellungnahme zu den Feststellungen des Immunitätsausschusses 
		vom 8. Mai 1998  öffentlich erklärt, dass eine Kontaktaufnahme zum 
		Zentralkomitee der SED dem Wunsch Havemanns entsprochen habe (BT-Drs. 
		13/10893, S. 64). Er suchte sich bewusst einen Rechtsanwalt aus, der 
		wegen des Mandats nicht seine berufliche Existenz aufs Spiel setzen 
		musste - so die Angaben der Witwe - und der über Kontakte zur 
		Staatsführung verfügte. Insoweit bestand - was auch die Kinder Havemanns 
		bestätigen - von vorneherein ein nur begrenztes Vertrauensverhältnis 
		zum Kläger. Darüber hinaus war sich Havemann bewusst, dass die Gespräche 
		in seinem Haus möglicherweise von der Stasi überwacht würden und dass 
		der Inhalt der Mandantengespräche in die Hände der Stasi fallen könnte. 
		Deshalb führte er nach den Angaben des Klägers auch einzelne Gespräche 
		mit seinem Rechtsanwalt unter vier Augen im Garten seines 
		Hausgrundstücks. Der Kläger trägt vor, dass Havemann zum damaligen Zeitpunkt kein 
		Interesse daran haben konnte, dass die Westpresse von seiner 
		Kontaktaufnahme zur Staatsführung erfuhr. Wäre dies publik geworden, 
		hätte die Staatsführung sofort jeden auch informellen Kontakt 
		abgebrochen. Havemann war klar, dass Westkontakte und die weitere 
		Veröffentlichung von Texten im Westen zu einer Verschärfung der 
		politischen Verfolgung fuhren könnten. Insoweit wäre es Havemann zum 
		damaligen Zeitpunkt nicht recht gewesen, wenn das Nachrichtenmagazin 
		„Der Spiegel" vom Inhalt der Gespräche mit seinem Rechtsanwalt erfahren 
		hätte. Die Gründe, aus denen Havemann damals gezwungen war, diese 
		Kontakte nicht im Westen bekannt zu machen, sind aber heute entfallen. Der zentrale Einwand des Klägers, Havemann habe informelle Absprachen 
		mit der Staatsführung getroffen und dies habe seinem nach außen 
		präsentierten Selbstbild als standhaftem Regimekritiker widersprochen, 
		greift angesichts des konkreten Inhalts der Unterlagen nicht durch. Auch 
		wenn man sich bewusst sein muss, dass unter den Bedingungen politischer 
		Verfolgung mancher Text auch zwischen den Zeilen zu lesen ist und 
		manches nur andeutungsweise zum Ausdruck kommt, so enthalten die 
		Unterlagen nichts in irgendeiner Weise Ehrenrühriges und geben auch 
		keinen Hinweis auf konkrete Absprachen mit der Staatsführung der DDR. 
		Die bereits bekannte Kontaktaufnahme Havemanns über den Kläger zur 
		Staatsführung wird durch die Unterlagen allenfalls in Einzelheiten 
		bestätigt, und die Texte können bestenfalls als Festlegung von 
		Verhandlungspositionen in Rahmen einer informellen Kontaktaufnahme und 
		„Tuchfühlung" verstanden werden. Dass - 17 - eine solche Kontaktaufnahme nur dazu gedient haben kann, in informelle 
		Verhandlungen zu treten und ein Arrangement mit der Staatsmacht zu 
		treffen, um eine Verschärfung der politischen Verfolgung zu vermeiden, 
		liegt auf der Hand und ist objektiv in keiner Weise geeignet, Zweifel an 
		der standhaften Haltung des unter Hausarrest stehenden und schwer 
		kranken Havemanns zu begrün-' den. Damit werden aber in den Unterlagen 
		keine Informationen preisgegeben, die das Verhalten Havemanns in einem 
		neuen, negativen Lichte erscheinen ließen. Der Kläger macht auch nicht 
		geltend, dass die Unterlagen Informationen über besonders vertrauliche 
		Gesprächsteile enthalten , würden, die aus Unterredungen unter vier 
		Augen im Garten stammten. Die Unterlagen geben vielmehr ein klares Bild 
		davon, wie Havemann versucht hat, seine Interessen gegenüber der 
		Staatsmacht mit Hilfe eines Rechtsanwalts wahrzunehmen, der selbst nicht 
		in Verdacht stand, ein Dissident zu sein. Auf individuelle 
		Persönlichkeitsmerkmale Havemanns, auf die sich der Kläger auch beruft, 
		kann es mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Tod Havemanns immer 
		weniger ankommen. 5. Die Informationserhebung zu den drei Unterlagen beruht auch nicht 
		erkennbar auf einer (sonstigen) Menschen rechts Verletzung im Sinne von 
		§ 32 Abs. 1 Satz 3 StUG. Den rechtlichen Maßstab, der dieser Prüfung zugrunde zu legen ist, hat 
		das Bundesverwaltungsgericht in seiner Kohl-ll-Entscheidung entwickelt 
		(Urteil vom 23. Juni 2004 - 3 C 41/03 - BverwGE 121, 115). Danach bedarf 
		§ 32 Abs. 1 Satz 3 StUG zur Wahrung der Grundrechte der Betroffenen 
		einer verfassungskonformen Auslegung. Die Zurverfügungstellung von 
		Stasi-Unterlagen mit personenbezogenen Informationen an die Presse ist 
		danach dem davon Betroffenen gegenüber grundsätzlich unzumutbar. Das 
		umfasst Informationen, die durch Verletzung der räumlichen Privatsphäre 
		und/oder des Rechts am gesprochenen Wort gewonnen worden sind, ebenso 
		wie Informationen, die im weitesten Sinne auf Spionage beruhen, sowie 
		Berichte und Stellungnahmen des Staatssicherheitsdienstes, die derartige 
		Informationen zur möglichen Grundlage haben. Menschenrechtswidrig 
		erlangt sind Informationen insbesondere, wenn sie durch unbefugtes 
		Abhören sowie im Wege der unbefugte  Überwachung des Brief- und Telefon 
		Verkehrs erlangt sind. Das Risiko der Nichterweislichkeit darf dabei 
		nicht dem Betroffenen aufgebürdet werden. Von einer Erkennbarkeit ist 
		bereits auszugehen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die 
		Information -auch - auf einer derartigen Menschenrechtsverletzung 
		beruht, wobei als Anhaltspunkt genügt, dass die Information keine 
		unbedenkliche Quelle nennt oder erkennen lässt; denn dann spricht eine 
		tatsächliche Vermutung für ihre illegitime Gewinnung. In derartige 
		Fällen ist eine Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des 
		Betroffenen nur in der Weise möglich, dass eine Zurverfügungstellung 
		für Zwecke der politischen Bildung oder der Presse ausgeschlossen ist. - 18 - Die Kammer hat Zweifel, ob diese Auslegung, die im Fall des früheren 
		Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl entwickelt wurde, der Objekt der 
		Auslandsspionage der DDR geworden war, auch für die  Überwachung der 
		Staatsbürger der früheren DDR durch die Staatssicherheit gelten kann. 
		Würde beispielsweise jede Information, die auf einem IM-Einsatz beruht, 
		generell als menschenrechtswidrig eingestuft, so würde die in § 35 StUG 
		zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Zielsetzung auch in Bereichen 
		unmöglich gemacht, in denen die Grundrechte der Betroffenen kaum 
		tangiert sind. Jedenfalls ist die Kammer der Ansicht, dass diese 
		Auslegung praktisch handhabbar gemacht werden muss. Es muss genügen, 
		dass eine menschenrechtswidrige Informationsgewinnung praktisch 
		ausgeschlossen erscheint. Die bloß theoretische Möglichkeit einer 
		solchen Informationsbeschaffung reicht nicht. Nach diesem Maßstab beruhen alle drei Unterlagen nicht erkennbar auf 
		einer Menschenrechtsverletzung 5.1. Dokument 1 gibt den Inhalt eines Mandantengesprächs vom 9. Juli 
		1979 in Ich-Form aus der Sicht des Rechtsanwalts wieder. Nachdem der 
		Klägervertreter zunächst die Vermutung geäußert hatte, der Bericht könne 
		durch Abhörmaßnahmen entstanden sein, hat der Kläger in der mündlichen 
		Verhandlung selbst eingeräumt, dass es sich um einen von ihm selbst 
		verfassten Text handelt, und zwar nach seinen Angaben um den Auszug aus 
		einem Vermerk, den er für die anwaltliche Handakte gefertigt habe. Aus 
		Sicht des Gerichts gibt es lediglich drei Möglichkeiten, wie die Stasi 
		in den Besitz des Dokuments gelangt sein kann. Die erste Möglichkeit wäre, dass der Kläger selbst gegenüber der Stasi 
		über das Gespräch berichtet und einen Tonbandbericht übergeben hat. Für 
		diese Version könnte sprechen, dass Dokument 2 über ein am 10. Juli 1979 
		mildem Kläger geführtes Gespräch berichtet und auf ein Tonbandprotokoll 
		als Anlage verweist. In diesem Fall verhielte sich der Kläger 
		widersprüchlich, wenn er sich auf eine vom ihm selbst bewirkte 
		menschenrechtswidrige Informationsgewinnung berufen würde (venire contra 
		factum proprium). Im  Übrigen läge keine Menschenrechtsverletzung im 
		Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 3 StUG vor, weil sich Havemann - wie Kinder 
		und Witwe übereinstimmend erklärt haben - bewusst war, dass die 
		Informationen zur Stasi gelangen könnten und er sein Verhalten darauf 
		eingestellt hat. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Information bei den vom 
		Kläger behaupteten Gesprächen mit dem ZK der SED weitergegeben wurde 
		und auf diesem Wege zur Staatssicherheit gelangt ist. In diesem Fall ist 
		eine Menschenrechtsverletzung in Form der Verletzung der Privatsphäre 
		oder der beruflichen Schweigepflicht des Rechtsanwalts nicht erkennbar. 
		Denn der Kläger - 19 - führte diese Gespräche nach seinen Angaben bewusst im Auftrag Robert 
		Havemanns. Indirekt wird dies auch durch die Erklärungen der Witwe und 
		der Kinder bestätigt. Wer mit dem Zentralkomitee der SED in einer 
		solchen brisanten Angelegenheit sprach, musste damit rechnen, dass die 
		Information auch zur Stasi gelangen würde. Eine dritte Möglichkeit sieht der Kläger darin, dass ein Durchschlag des 
		Vermerks oder möglicherweise die Diktatbänder mit geheimdienstlichen 
		Mitteln aus seiner Rechtsanwaltskanzlei entwendet worden sind. Dagegen 
		spricht nach  Überzeugung der Kammer der zeitliche Ablauf unter 
		Berücksichtigung des Dokuments 2. Unter den damaligen Verhältnissen war 
		es äußerst unwahrscheinlich, dass auf Dokument 1, das selbst das Datum 
		10. Juli 1979 trägt, bereits in einem am 11. Juli 1979 verfassten 
		Bericht als „Tonbandbericht" verwiesen werden konnte, wenn es mit 
		geheim-dienstlichen Mitteln beim Kläger entwendet worden wäre. Zudem 
		nennt Dokument 2 als Quelle ausdrücklich ein am 10. Juli 1979 geführtes 
		Gespräch mit dem Kläger. Vor diesem Hintergrund erscheint diese Version 
		als rein theoretische Möglichkeit. Zudem hat das Gericht bei der 
		Würdigung der Umstände auch zu berücksichtigen, dass der Kläger diese 
		Version erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat und der 
		Bitte des Gerichts nicht nachgekommen ist, die Handakte vorzulegen. Die 
		Gründe, aus denen die Vorlage der Handakte verweigert wurde und die sich 
		auf die Person der ersten Frau Havemanns beziehen, tragen insoweit 
		nicht, als der Kläger die entsprechenden Passagen hätte herausnehmen 
		oder allein den Tonbandbericht hätte vorlegen können, der seiner 
		Behauptung nach umfangreicher gewesen sein soll als der Text von 
		Dokument 1. Nach alledem handelt es sich bei diesem Vorbringen zu  
		Überzeugung der Kammer um eine nicht glaubhafte bloße Schutzbehauptung. 5.2. Dokument 2 gibt nach seine  
		Überschrift ein am 10. Juli 1979 mit dem Kläger geführtes Gespräch wieder. Ob das Gespräch direkt zwischen dem Stasi-Offizier und 
		dem Kläger stattgefunden
		hat oder ob es sich um ein Gespräch mit dem ZK der SED gehandelt hat, 
		dessen Inhalt zur Stasi
		gelangt ist, lässt sich dem Text nicht explizit entnehmen. Der Kläger 
		macht geltend, dass er selbst nicht mit der Staatssicherheit in Kontakt 
		getreten sei und dieser auch nicht von einem Gespräch seines Vaters mit 
		Erich Honecker über den Fall Havemann berichtet habe. In beiden Fällen 
		scheidet eine Menschenrechtsverletzung aus. Wenn der Kläger im Auftrag 
		Havemanns mit der Staatsführung in Kontakt getreten war, musste Havemann 
		damit rechnen, dass der Inhalt der Gespräche zur Kenntnis der 
		Staatssicherheit gelangen würde. Dafür, dass die Information auf 
		illegalen Abhörmaßnahmen oder Tonbandmitschnitten beruhte, gibt es 
		keinerlei Anhaltspunkte. 5.3. Dokument 3 über ein Mandantengespräch am 3. Oktober 1979 
		nennt als Quelle ausdrücklich
		einen gezielten IM-Einsatz. Die Kammer ist de  Überzeugung, dass nicht 
		jede Informationsgewinn- - 20 - nung durch. Informelle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes als 
		Menschen rechts Verletzung im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 3 StUG bewertet 
		werden kann. Sie kann nicht mit der vom Bundesverwaltungsgericht 
		genannten Informationserlangung durch (Auslands-)Spionage gleichgesetzt 
		werden. Anderenfalls würde die Intention des Gesetzgebers in § 35 StUG 
		vollständig ausgehöhlt. Die Bürger der DDR wussten, dass sie in der 
		Öffentlichkeit, im beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld mit einer 
		Ausspähung durch informelle Mitarbeiter der Stasi rechnen mussten. 
		Insoweit gaben sie Informationen an informelle Mitarbeiter, die sich ihr 
		Vertrauen erschlichen hatten, freiwillig weiter. Daher bedarf es einer 
		sorgfältigen Würdigung des Einzelfalls (Bundesverfassungsgericht, 
		Beschluss vom 9. August 1995- 1 BvR 2263/94 u.a.-, BVerfGE 93, 213). 
		Eine Menschenrechtsverletzung im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 3 StUG ist 
		beim Einsatz von informellen Mitarbeitern anzunehmen, wenn die 
		Informationen ihrem Inhalt nach den Intimbereich betreffen und damit den 
		Schutz der Privatsphäre verletzen. Das ist hier nicht der Fall. Menschen 
		rechtswidrig ist ferner eine IM-Berichterstattung, die in der Intention 
		oder in dem Wissen erfolgt, dass der Betroffene damit diffamiert und 
		staatlicher Verfolgung ausgesetzt werden könnte. Das ist hier insoweit 
		nicht der Fall, als das Mandantengespräch aus Sicht Robert Havemanns 
		auch dazu diente, einen Kontakt zur Staatsführung herzustellen, und Herr 
		Havemann ferner bereits politisch verfolgt wurde und mit einer 
		Ausspähung rechnete. Die Art der Informationsgewinnung stellt eine 
		Menschenrechtsverletzung dar, wenn qualifizierende Umstände 
		hinzutreten: Die räumliche Privatsphäre ist verletzt, wenn der IM sich 
		heimlich eingeschlichen hat oder den privaten Lebensbereich heimlich 
		beobachtet oder belauscht hat. Das Recht am gesprochenen Wort ist 
		verletzt, wenn ein Gespräch heimlich wörtlich protokolliert oder mit 
		technischen Hilfsmitteln abgehört oder aufgezeichnet worden ist. Dafür 
		liegen hier, wie der Beklagte detailliert und überzeugend dargelegt hat, 
		keinerlei Anhaltspunkte vor. Nach dem Inhalt der Unterlage handelt es 
		sich um einen zusammenfassenden und teilweise wertenden Bericht und 
		nicht um ein Wortlautprotokoll. Das wäre für einen IM-Bericht auch 
		untypisch. Zudem hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass es in den 
		Stasi-Unterlagen zu Robert Havemann zwar zahlreiche Wortprotokolle von 
		Telefongesprächen gibt, nicht dagegen von Abhörmaßnahmen in seinem 
		Haus. Die Möglichkeit, dass sich der IM unbemerkt ins Haus geschlichen 
		haben könnte, um das Mandantengespräch zu belauschen, ist rein 
		theoretisch. Der Vermerk nennt als Teilnehmer des Gespräches neben 
		Havemann und dessen Ehefrau eine weitere männliche Person, nicht 
		dagegen den Kläger, obwohl dieser nach dem Inhalt des Vermerks ebenfalls 
		Gesprächsteilnehmer war. Sodann wird berichtet, dass der IM diese Person 
		mit in die Stadt genommen habe. Geht man davon aus, dass sich der junge 
		Mann nicht zu einer völlig unbekannten, zufällig vor dem Haus oder auf 
		der Straße getroffenen Person ins Auto gesetzt hat, kann diese Passage 
		der Unterlage nur so verstanden werden, dass der IM selbst am Gespräch 
		teilgenommen und danach in die Stadt gefahren ist. Damit ist die 
		Information durch einen gewöhnlichen IM- - 21 - Einsatz erlangt worden, der keine Mensche n rechts Verletzung im Sinne 
		von § 32 Abs. 1 Satz 3 StUG darstellt. Nach alledem war die Klage abzuweisen. Die Berufung war  gemäß §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen 
		grundsätzlicher Bedeutung der Auslegung der § 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 
		StUG in Bezug auf die Offenlegung von Gesprächen zwischen 
		Rechtsanwälten und Mandanten, die Maßgeblichkeit des mutmaßlichen 
		Willens eines Verstorbenen und die rechtliche Beurteilung von 
		Informationen durch gezielten IM-Einsatz zuzulassen. Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. 
		Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das 
		Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu. Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 
		Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. 
		Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils 
		zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der 
		Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht 
		Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen. Die 
		Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im 
		Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe}. Für das Berufung s verfahren besteht Vertretungszwang. Danach muss sich 
		jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an 
		einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit 
		Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. 
		Juristische Personen des  öffentlichen Rechts und Behörden können sich 
		auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie 
		Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch 
		Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen 
		Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des 
		Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. Dr. Rueß                                                    Bodmann                                                         
		Marticke 
      
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      Rolf SchälikeDieses 
      Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 22.01.07
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