BUSKEISMUS

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Bericht
Hanseatisches Oberlandesgericht
Zivilsenat 7
Sitzung, Dienstag, den 20. Februar 2007

Rolf Schälike - 20.02.-13.03.2007

Auch für diesen Bericht gilt wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben Besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

Google obsiegt - sensationelle Entscheidung des HansOLG

7 U 126/06 (324 O 993/05)

Es war so spannend in Sachen Andreas Kodsi vs. Google, dass ich nicht einmal mitbekam, wer außer der Vorsitzenden Richterin Frau Dr. Raben am Richtertisch saß.

Es war die einzige medienrechtliche Verhandlung am heutigen Tage. Es  sprachen die Anwälte und die Vorsitzende. Die beisitzenden Richter schwiegen.

Fünf Minuten nach Beginn der Verhandlung kam ich. Musste in einer anderen Familiensache dolmetschen.

Google hat heute ohne Wenn und Aber obsiegt, im Gegensatz zu der Entscheidung in 1. Instanz: Verhandlung am 28.04.06, Urteilsverkündung am  02.05.06: Die Einstweilige Verfügung v. 02.02.06 wird bestätigt. Der Antragsgegner hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen. Bericht.

Der Vorsitzende Richter ließ sich damals nicht beeindrucken und nahm den möglichen Einsatz von viertausend Zensoren bei Google in Kauf, falls Google es technisch nicht schafft, die Suchergebnisse auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu durchforsten.

Am 26.01.07 deutete sich eine Wandlung bei Buske an. Endgültig erfahren werden wir das am 13.03.07 bei der Urteilsverkündung. In einem analogen Fall 324 O 512/06 Metropol Leasing GmbH vs. Google sprach Richter Buske für Google. Wir berichteten.

Deprimierend das mangelnde öffentliche Interesse. Lediglich dpa war vertreten. Ansonsten kein Journalist, außer meiner Wenigkeit.

Die ersten Worte der Vorsitzenden Frau Dr. Raben, welche ich zu hören bekam:

... irgendwie automatisch ... Ausnahmesatz ... Meinungsfreiheit ... Informationsfreiheit ... .

Davor hatte die Vorsitzende Frau Dr. Raben erklärt:

Das Oberlandesgericht kann den Ausführungen des Landgerichts schon in den ersten Sätzen der Urteilsbegrünsung nicht folgen.

In den Snippets wird keine Persönlichkeitsrechtsverletzung gesehen.

.... .

Ich traute meinen Ohren nicht. Die Vorsitzenden Frau Dr. Raden setzte fort:

... eine von vielen Versionen ... so eine ermöglichen konnte ...

... dass es solche mehrdeutigen Snippets gibt ...

Es ist keine ernstwidrige Erstverletzung. Es gibt keine Widerholungsgefahr.

Ob Google überhaupt verpflichtet ist, etwas herauszunehmen, die URL [den Link zur web-Seite] löschen muss?

Wie schön, dachte ich mir. Vielleicht gehören Meldungen der Art wie

Aus Rechtsgründen hat Google 1 Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt. Weitere Informationen über diese Rechtsgründe finden Sie unter ChillingEffects.org.

bald der Vergangenheit an.

Vorsitzende Frau Dr. Raben sprach weiter:

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Google bei der Mehrzahl der Verletzungen irgendwelche Vorsorge betreiben muss, wie es bei den Blogs und Foren der Fall ist.

Das müssen wir nicht entscheiden.

Ich werde auch in der Hauptsache so entscheiden.

Es sei dennn, Sie [der Klägervertreter] überzeugen uns.

Klägeranwalt:

Der Nutzer [der Suchergebnisse] weiss, dass Google automatisch arbeitet.

Suchmaschinen können sich nicht distanzieren.

Stimme zu, wenn der Name kommt, und Immobiliendienstleister.

Dann ist das Argument [des Senats] tragfähig.

Hier ist der Fall anders. Man gibt bei Google den Namen "Andreas Kodsi" ein, und es erscheint der Begriff "Immobilienbetrug".

Mein Mandat hat sechs Millionen Euro an Umsatz verloren. Leute machen ein Geschäft mit ihm, und kommen bei Eingabe des dazugehörigen Suchworts auf Immobilienbetrug. Machenschaften... .

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Google hat nur vermittelt.

Der Link sagt lediglich, dass möglicherweise Immobilienbetrug und Machenschaften bei Ihrem Mandanten vorliegen.

Jedoch um die Seiten geht es aber hier nicht.

Klägeranwalt:

Muss nicht sein.

Es gibt www.immobilienopfer.de. Es ist nicht erforderlich, Schlagwörter wie Betrug neben den Namen meines Mandanten zu stellen.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Es ist ein Wort aus der Überschrift. Das hat sich Google nicht ausgedacht.

Klägeranwalt:

Man sucht das schlagwortkräftige Wort heraus. Man greift das schlagwortkräftige Wort.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Sie möchten doch nicht behaupten, dass jemand Intelligentes das Wort bei Google raussucht?

Klägeranwalt:

Es gibt viele Wörter.

Google könnte sich distanzieren komplett von solchen Aussagen.

... Urteil: Wir distanzieren uns von diesen Aussagen.

Hier kommt es darauf an, das ... .

Sechs Millionen an Umsatz verloren. Arbeitsplätze sind kaputt gegangen. Leute mussten entlassen werden.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Es wird auf GoMoPa  verwiesen. Was da steht, wissen wir nicht. Dafür ist GoMoPa verantwortlich.

Klägeranwalt:

Wenn lediglich Finanzforum stehen würde. GoMoPa.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Das wäre gut für Ihre Mandantin.

Wir finden es gut, wenn wir wissen, um was es geht.

Klägeranwalt:

Finanzforum.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Ich spreche abstrakt.

Klägeranwalt:

Möchte ein anderes Beispiel nehmen. Ein abstraktes Beispiel.

"Der Mann vergreift sich an kleinen Jungen." "Schwanzlutscher" kommt in den Titel.

Was macht Google? Greift sich diesen heraus

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Im Grunde kein... .

Das Problem ... . In welchem Verhältnis steht Kodsi dazu?

Es gibt einen Journalisten namens Andreas Kodsi, der irgendetwas über Immobilienbetrug geschrieben hat. Das wäre bei Google der gleiche Eintrag.

Was das für eine Beziehung ist, wird nicht deutlich.

Klägeranwalt:

... .

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Jedoch könnte Herr Kodsi theoretisch ein Mensch sein, welcher sich mit Immobilienbetrügereinen beschäftigt.

Weshalb der Name hier vorkommt, ergibt sich aus diesen Einträgen hier nicht.

Möglicherweise zufällig.

Den Vorwurf Es gab es früher, das ist mehrdeutig.

Klägeranwalt:

In irgendeiner Form muss sich Google distanzieren, wenn dem Mehrdeutigkeit zu Grunde liegt.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Die Distanzierung im Falle von Mehrdeutigkeit ist lediglich ein Ausnahmefall. Nämlich, wenn es kein Problem ist, sich zu distanzieren.

Das Bundesverfassungsgericht entschied das für Unterlassungen.

Diese Rechtsprechung passt nicht zu den [Arbeitsweisen der] Suchmaschinen.

Selbstverständlich sind die Suchmaschinen vom Menschen vorgeplant.

Jedoch nicht in diesem Fall.

Klägeranwalt:

Wie lösen Sie die Frage, wenn mehrere Schlagwörter vorkommen: GoMoPa, Immobilienbetrug?

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Es ist nicht unsere Aufgabe, Google das vorzuschreiben.

Es gibt durchaus Suchergebnisse, wo steht: "Herr Kodsi ist ein Betrüger." Das wäre eine eindeutige Verletzung.

Oh je, dachte ich. Wenn nun diese Berichtzeile bei Google ins Suchergebnis gelangt, ist Google dann dran? [RS]

Hier bleibt die Frage zu klären: Muss dieses Ergebnis herausgenommen werden?

Zur Haftung: Muss [in diesem Fall für etwas] gehaftet werden?

Möchten uns im heutigen Rechtsstreit nicht ausbreiten.

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Es findet keine Wertung statt.

Ich halte auch für erwähnenswert, dass im Urteil des Landgerichts verlangt wird, man müsse sich distanzieren.

Google ist keine Zeitung. Das wird vom Antragsteller unter den Teppich gekehrt.

Man muss sich im Klaren darüber sein, dass man gegen die Verletzer vorgehen kann und soll.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Kann natürlich sein, dass die Zusammenstellung der Snippets zu einem neuen Inhalt führt.

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Natürlich gibt es Ergebnisse mit Immobilienbetrug [bei Eingabe des Suchworts]..

Es gibt das BGH-Urteil - Käse-Betrug

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Könnte sein, dass Kodsi recherchiert auf dem Gebiet des Immobilienbetruges.

Es könnte sein, dass sich Beleidigendes ergibt.

Wir wollen nicht basteln. Brauchen nicht nachzudenken.

In diesem Fall ergibt das keinen eindeutigen Sinn

Sollen wir entscheiden?

Klägeranwalt:

Es gibt keine Eindeutigkeit.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Nein, jeder weiß, dass die Suchergebnisse von Google nichts aussagen.

Findet der Nutzer das in der Tat auf der Web-Seite?

Bei tausend Seiten [Suchergebnissen] ist das nicht so schlimm.

Klägeranwalt:

Aber Google trägt gerade dazu bei, dass... .

Die Parteinen und die Richter sehen sich die Suchergebnisse an.

Klägeranwalt:

Ist nicht so, dass es tausende von Seiten sind.

Immer auf Seite Eins. Das ist die eigene Leistung von Google.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Wie macht Google das?

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Vor der Relevanz her. Was sucht der Nutzer? Was will er sehen? Wie häufig wird die Seite aufgerufen? Wir häufig wird die Seite verlinkt? Wir haben das Para-Ranking.

Wie populär ist die Seite im Internet?

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Gibt es Reizwörter?

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Nein.

Es läuft alles nur nach Algorithmen. Keine Reizwörter.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Interesse an der Seite. Man interessiert sich für Straftaten.

Aber dann wie aufgerufen.

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Dieses Patent ist veröffentlicht. Wie häufig das Wort vorkommt: Betrug, Andreas Kodsi.

Google-Justiziar:

Wenn [der Name] Kodsi so häufig [im Zusammenhang] mit Immobilienbetrug gebracht wird, ... .

Klägeranwalt:

Nach welchem Suchbegriff sucht der Nutzer?

Das kann man stehen lassen.

Was bekommt der Nutzer zu sehen?

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Relevanzkategorien.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Kann natürlich nicht alles ungefiltert gehen.

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Das ist ein Internet-Problem, kein reines Google-Problem.

Telefonbücher, Kataloge haben ähnliche Probleme.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Wir haben das Telefonbuch-Wettbewerbs-Urteil.

Der BGH entschied, es ist nicht die Aufgabe des Telefonbuches, Wettbewerbsverstöße festzustellen.

Bei Google ist es schwieriger

Beklagtenanwalt Herr Wimmers:

Geht nicht.

Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Der Verursacher sitzt im Ausland.

Die Formalien sind gewahrt.

Anträge werden gestellt.

Die Verkündung erfolgt am Schluss der Sitzung.

Verkündung: Die Einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg, Geschäftsnummer 324 O 993/05 vom 02.02.2006 wird aufgehoben.
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Urteil

Kommentar [RS]:

Der Senat kam der Erkenntnis einen Schritt näher, dass das Internet rechtsfreie Räume schaffen könnte, welche mit herkömmlichen Mitteln der Rechtsprechung nicht fassbar sind.

Das kreative Potential des Internets setzt sich nicht nur in der Wirtschaft durch.

Angesagt sind innovative Lösungen.

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 13.03.07
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