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HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

Geschäftszeichen:
7 U 3/05
324 O 699/03

Verkündet am:
10. Januar 2006
xxxxx
Justizangestellte
als Urkundenbeamtin der
Geschäftsstelle

I

In dem Rechtsstreit

Günter Wallraff,
xxxxx

                                                          - Kläger und Berufungsbeklagter -

Prozessbevoi!mächtigte/r:     Rechtsanwalt Helmuth Jipp ,
                                        Köppenstraße 9, 22453 Hamburg

gegen

Axel Springer AG,
vertreten durch den Vorstand,
die Herren Mathias Döpfner, Rudolf Knepper,
Hubertus Meyer-Burckhardt, Steffen Naumann
und Andreas Wiele,
Axel-Springer-Platz 1, 20355 Hamburg

                                                          - Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte/r:     Rechtsanwälte Hogan & Hartson Raue L.L.P.,
                                          Schackstr. 1, 80539 München
                                          (84008, 168JH/evk)

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat, durch die Richter

Dr. Raben,                               Kleffel,                            Lemcke

nach der am 22. November 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 17. Dezember 2004 - 324 O 699/03 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich des Hauptanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 Euro, bezüglich der Kostenentscheidung in Höhe von jeweils 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert der Berufung wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe

gemäß § 540 Abs. 1,5.1, Ziff. 1 u. 2 ZPO:

l.         Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Beklagten die Behauptung und Verbreitung der Behauptung verboten, der Kläger sei Stasi-IM gewesen.

Die Beklagte bekämpft das Verbot mit der form- und fristgemäß eingereichten Berufung und macht unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags geltend, dass der Kläger als Stasi-IM bezeichnet werden dürfe, weil er konspirativ mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (folgend MfS) zusammengearbeitet habe oder jedenfalls eine solche Zusammenarbeit billigend in Kauf genommen habe.

Nach Auffassung der Beklagten reiche für den subjektiven Tatbestand einer konspirativen Zusammenarbeit mit dem MfS bedingter Vorsatz oder sogar grobe Fahrlässigkeit. Für den presserechtlich zu prüfenden Tatbestand der IM-Tätigkeit könne jedenfalls kein strengerer Maßstab gelten als derjenige, den die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Verwirklichung des subjektiven Straftatbestandes des § 99 StGB zu Grunde lege: bedingter Vorsatz. Es sei kein Grund erkennbar, warum ein IM-Vorwurf im Zusammenhang mit einer IM-

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Tätigkeit, die regelmäßig mindestens den Straftatbestand des § 99 StGB erfülle, anders behandelt werden solle, als der Vorwurf einer geheimdienstlichen Agententätigkeit.

Die Beklagte beanstandet die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung schon aus grundsätzlichen Erwägungen, aber auch hinsichtlich der einzelnen Indizien. Die Anforderungen an das anzulegende Beweismaß seien unter Verletzung von § 286 ZPO überspannt, wenn angenommen werde, der Wahrheitsbeweis sei nur erbracht, wenn keinerlei Zweifel an der Wahrheit der streitigen Behauptung verbleibe. Vielmehr sei ein Indizienbeweis bereits dann überzeugungskräftig, wenn - wie hier - andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kämen.

Die wenigen nach der Vernichtung der Akten der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS (folgend HVA) verbliebenen, den Kläger betreffenden MfS-Unterlagen würden in Verbindung mit dem Inhalt des als Anlage B 22 in Kopie übergebenen Sonderhefts Dr. Gundlach der Bundesanwaltschaft (Geschäftsnummer 3 BJs 1114/91 - 4 (108); folgend Sonderheft Dr. Gundlach) auch nach strenger und kritischer Überprüfung beweisen, dass der Kläger als IM „Wagner" mit dem MfS konspirativ zusammen gearbeitet habe. Im Übrigen habe sich Dr. Gundlach gegenüber dem Kläger spätestens im Zusammenhang mit dem Treffen der beiden am 17. Dezember 1971 in Kopenhagen ais Mitarbeiter des MfS offenbart.

Mit der Berufungsbegründung legt die Beklagte eine „Information" des MfS über die vom westdeutschen Unternehmerverband Gesamtmetall erlassenen „Richtlinien für das Verhalten der Firmen bei wilden Streiks" (folgend Richtlinien Gesamtmetall) mit der Nr. 1070/70 (Anlage BK 1, bei der es sich wie bei den anderen Anlagen um Kopien handelt} vor, die ihre Redakteure am 16. Dezember 2004 von der Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (folgend BStU) erhalten haben. Die Beklagte ordnet diese Information mit der beigefügten Abschrift der bezeichneten Richtlinien an Hand der Dokumentennurnmer 1070/70 einem Ausdruck aus der SIRA-Datei mit der dem Kläger zugewiesenen Registriernummer XV/485/68 (Blatt 7 der Anlage B 8) zu, der die Eingangsnummer - IBL1070 - aufweist und in dem mit Eingangsdatum 10.10.1970 als Sachverhalt die Stichworte „WIRTSCHAFT ARBEITSKRÄFTE UNTERNEHMERVERBAND* GESAMTMETALL STREIK RICHTLINIE" verzeichnet sind (für den weiteren Wortlaut der Seite 4 dieses SIRA-Ausdrucks wird auf Blatt 7 der Anlage B 8 verwiesen). Die Beklagte behauptet, das MfS habe die Richtlinien Gesamtmetall für wilde Streiks aus der in der SIRA-Datei genannten Quelle „485 R68", also von dem Kläger erhalten.

Ebenfalls mit der Berufungsbegründung reicht die Beklagte die ihr inzwischen vorliegende Ablichtung eines Aktenvermerks des MfS-Hauptmanns Voigt vom 24. Januar 1979 (Anlage

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BK 4) ein;. in dem dieser über die Kontaktperson „Wolf2, das heißt, den Rechtsanwalt Wolf-Dieter Reinhard aus Hamburg berichte, jener habe im Zusammenhang mit der Inhaftierung eines Kuriers des MfS in Hamburg bei der HVA um Unterstützung gebeten, da einer Person, deren Name handschriftlich mit - (Wolhrab?) - eingefügt sei und die dem Kurier Material übergeben habe, Schwierigkeiten entstehen könnten. Zur Auswertung dieser aus Sicht der Beklagten auf den Kläger bezogenen Passage des Aktenvermerks hat die Beklagte unter Bezugnahme auf einen Artikel in „Der Tagesspiegel" vorn 23. Dezember 2003 (Anlage B 44) bereits in erster Instanz vorgetragen.

Zu dem als Anlage B 6 vorgelegten Statistikbogen für den IM Wagner, der dort in die Kategorie - A-Quelle - eingestuft ist legt die Beklagte eine im Sommer 2005 bei der Behörde der BStU aufgetauchte Unterlage mit der Überschrift „STRUKTUR ZUR IM-STATISTIK" unter dem Datum 31. August 1984 (Anlage BK 6) vor. Dort findet sich in Teil A l. 4 b) zur Kategorie A-Quelle die Beschreibung:

„Hat über zweite Person Verbindung zum Objekt. Personen aus dem Objekt werden durch A-Quelle abgeschöpft."

Auch wenn die Behauptung, der Kläger sei Stasi-IM gewesen, nicht erweislich wahr gewesen sei, habe die Beklagte die Äußerung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten dürfen. Zu Unrecht habe das Landgericht die Beweislast für die Richtigkeit ihr und nicht dem Kläger auferlegt. Denn die - behauptete - Zusammenarbeit eines der prominentesten Journalisten des Landes mit dem MfS sei ein Gegenstand von höchstem öffentlichen Interesse. Die Beklagte habe ferner hinreichende Recherchen über den Wahrheitsgehalt der Behauptung angestellt und damit den journalistischen Sorgfaltspflichten genügt, wenn diese im Einklang mit den grundgesetzlichen Anforderungen bemessen würden. Die verantwortlichen Redakteure der Beklagten hätten sich bemüht, das Ergebnis ihrer Recherchen mit dem Kläger vor der ersten Veröffentlichung zu erörtern. Der Kläger habe jedoch diese Erörterung verweigert und das Telefongespräch von sich aus abgebrochen. Demnach könne der Beklagten die analog § 193 StGB begründete Beweiserleichterung nicht verwehrt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil vom 17. Dezember 2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, reicht mit der Berufungserwiderung einen ihn betreffenden Auszug aus dem Protokoll einer Zeugenaussage Dornbergers beim Bundeskriminalamt am 8. Juni 1995, auf die ihn der Generalbundesanwalt im April 2005 aufmerksam gemacht hat, zur Akte {Anlage BB1), und trägt vor:

Ihm sei zu keiner Zeit bekannt gewesen, dass sich hinter „Gebhard" der MfS-Offizier Dornberger verborgen habe. Weder Dornberger noch Dr. Gundlach hätten ihm offenbart, dass sie für das MfS gearbeitet hätten. Wie von Dornberger in seiner Aussage am 8. Juni 1995 bestätigt, sei dieser dem Kläger gegenüber als Mitarbeiter des Dokumentationszentrums des Innenministeriums (folgend Mdl) aufgetreten und habe ihn auch in der zweiten Phase der Kontakte nach der Verhaftung Dr. Gundlachs nicht darüber aufgeklärt, dass er eine Verbindung zur HVA unterhalten habe.

Bei dem Treffen mit Dr. Gundlach in Kopenhagen sei es um Theaterprojekte und ein in Aussicht genommenes Interview gegangen. Schon der Umstand, dass der Kläger und Dr. Gundlach befreundet gewesen seien, habe jedoch eine Vielzahl weiterer Gesprächsthemen begründet. Für den Kläger habe es sich bei diesem Gespräch um den Austausch von Informationen und Überlegungen zwischen Freunden über aktuelle politische Ereignisse und gesellschaftliche Strömungen gehandelt. Einzelheiten erinnere er nach über 30 Jahren nicht mehr.

Der Kläger habe sich an Rechtsanwalt Reinhard gewendet, weil er mehr über die Umstände der Verhaftung Marianne Herzogs habe erfahren wollen, nachdem er in den Verdacht geraten sei, mit ihr Kontakt gehabt zu haben. Dem Kläger sei von DDR-Kontakten des Rechtsanwalts Reinhard nichts bekannt gewesen.

In den SIRA-Dateien seien nicht nur die beim MfS eingegangenen IM-Berichte registriert worden, sondern alle relevanten Informationen, Dokumente, Berichte etc.. Meist habe sich nicht der so genannte Führungsoffizier mit der Quelle getroffen, sondern der getarnte Instrukteur oder Offizier im besonderen Einsatz, so dass allenfalls deren Berichte in die SIRA-Datenbank eingegangen seien.

Auch die Registrierung der Richtlinien Gesamtmetall in den SIRA-Dateien unter der dem Kläger zugeordneten Registriernummer und mit der Bezeichnung „485R68Quelie" könne nicht beweisen, dass der Kläger dieses Material dem MfS geliefert, übergeben oder besorgt habe. Im Sprachgebrauch der HVA sei der in den SIRA-Dateien verwendete Begriff „Quelle" wertneutral gebraucht worden, so dass keine Schlussfolgerungen daraus gezogen werden

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könnten, von wem das Dokument beschafft worden sei. Diese Vorgehensweise habe den konspirativen Gepflogenheiten in der NVA und im gesamten MfS entsprochen.

Die Beklagte spricht der Vernehmung des Dornberger im Juni 1995 jeglichen (Gegen-)Beweiswert ab, weil sich Dornberger - unstreitig - nicht anders als alle anderen MfS-Führungsoffiziere verhalten habe, die Mitte der 90er Jahre zur Zusammenarbeit mit ihren IM befragt worden seien und die geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Quellen in der Bundesrepublik immer geleugnet hätten.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat über die Frage, ob sich Dr. Gundlach spätestens am 17. Dezember 1971 gegenüber dem Kläger als Mitarbeiter des MfS offenbart hat, durch Vernehmung Dr. Gundlachs Beweis erhoben. Auf das Protokoll der Zeugenvernehmung vom 22. November 2005 wird verwiesen.

II.        Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Auch nach Auffassung des Senats ist der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch in den §§ 1004,. 823 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 186 StGB und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG begründet; denn die Bezeichnung des Klägers als Stasi-IM in den Überschriften der beanstandeten Beiträge in der Tageszeitung „Die Welt" vom 15. August 2003 verletzt den Kläger bei bestehender Wiederholungsgefahr rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

1.        Die angegriffene Bezeichnung des Klägers als Stasi-IM kann nur dahingehend verstanden werden kann, dass er bewusst und gewollt als inoffizieller Mitarbeiter für das MfS tätig geworden ist oder sich zumindest zu einer Konspirativen Zusammenarbeit mit dem MfS bereit erklärt hat. Maßgeblich ist das Verständnis der politisch interessierten, durchschnittlichen Leser, an die sich der in Rede stehende Artikel richtete. Bei dieser Leserschaft ist der Begriff Stasi-IM im vorstehenden Sinne festgelegt.

Die von der Beklagten vertretene Auffassung, schon bedingter Vorsatz oder gar grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit dem MfS reiche aus, der betreffenden Person eine aktive geheimdienstliche Tätigkeit vorzuwerfen und sie als Stasi-IM zu bezeichnen, kann demgegenüber nicht überzeugen. Angesichts dessen, dass der Kläger in den über-

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schritten definitiv als Stasi-IM tituliert wird, kommt der angesprochene Leser nicht auf den Gedanken, dass der Kläger dies nicht gewusst und gewollt, sondern nur billigend in Kauf genommen haben könnte. Im Übrigen ist der - mehr abstrakten - Argumentation der Beklagten mit den Maßstäben zur Anwendung des § 99 StGB entgegenzuhalten, dass diese bei der durchschnittlichen Leserschaft der Tageszeitung „Die Welt" nicht als bekannt vorausgesetzt werden können.

Selbst wenn aber die Bezeichnung Stasi-IM im Sinne der Argumentation der Beklagten mehrdeutig wäre, müsste nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.Oktober 2005 (1 BvR 1696/98, Abs. 35, 39) die das Persönlichkeitsrecht stärker verletzende Deutungsvariante der Prüfung des Unterlassungsanspruchs zu Grunde gelegt werden; denn es steht dem Äußernden frei, sich zukünftig eindeutig zu äußern und klarzustellen, wie er seine Äußerung versteht, wenn eine persönlichkeitsrechtsverletzende Deutungsvariante nicht dem von ihm beabsichtigten Sinn entspricht.

Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass die Äußerung, der Kläger sei IM der Stasi gewesen, für diesen außerordentlich rufschädigend ist. Der Kläger wird durch die ihm unterstellte konspirative Zusammenarbeit mit dem MfS als exponierter Vertreter eines kritischen, investigativen Journalismus in besonderem Maße in der öffentlichen Meinung herabgesetzt. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass seine Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit untergraben werden, wenn ihm unterstellt wird, er habe zugleich als IM Spitzeldienste für die Stasi geleistet oder sich zumindest dazu bereit erklärt.

2.        Da die angegriffene Äußerung geeignet ist, den Kläger in der Öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, trägt die Beklagte auf Grund der in das Zivilrecht übertragenen Beweislastregel des § 186 StGB die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kläger tatsächlich IM des MfS war.

Eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten der Beklagten findet nicht statt. Sie kann sich für die Bezeichnung des Klägers als Stasi-IM nicht mit Erfolg auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen und den Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB berufen. Zum einen ist bei der in diesem Zusammenhang anzustellenden Guterabwägung zwar anzuerkennen, dass die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran hat, zu erfahren, ob der Kläger als IM mit dem MfS zusammengearbeitet hat. Solange eine solche Zusammenarbeit jedoch nicht bewiesen ist, ist dem Interesse des Klägers an der Wahrung seines Rufs und seiner Ehre angesichts dessen, dass ihn der Vorwurf, Stasi-IM gewesen zu sein, besonders empfindlich trifft und schwer belastet, der Vorrang einzuräumen. Das Informationsinteresse an der beanstandeten Äußerung ist auch deshalb als geringerwertig einzustufen, weil schon

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eine Berichterstattung über den Inhalt der wieder aufgetauchten bzw. neu entschlüsselten Unterlagen des MfS und anderer Indiztatsachen im Rahmen einer gegebenenfalls zulässigen Verdachtsberichterstattung das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hätte befriedigen können.

Zum anderen ist die Beklagte in Anbetracht der Brisanz und Bedeutung des Vorwurfs für den Kläger ihrer Recherchepflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Da eine den Kläger betreffende Akte des MfS nicht verfügbar war, hätte sie die Recherchen nicht auf die als Sekundärquellen einzustufenden Dokumente beschränken dürfen. Auch wenn darüber hinausgehende Recherchen faktisch nicht möglich gewesen wären, war die Beklagte - ausgehend von dem dann zugrunde liegenden Ergebnis der Nachforschungen - gerade nicht berechtigt, die streitgegenständliche Behauptung zu verbreiten. Wie der Senat im Fall eines anderen von der Beklagten veröffentlichten Vorwurfs einer Zusammenarbeit mit dem MfS (Urteil vom 15.6.2004, 7 U 53/02) entschieden hat, hätte es unter diesen Umständen die Anwendung der gebotenen journalistischen Sorgfalt erfordert, von der Verbreitung der Äußerung Abstand zu nehmen und sich gegebenenfalls auf eine unter Einhaltung der übrigen Voraussetzungen zulässige Verdachtsberichterstattung oder das Verbreiten eines geäußerten Verdachts zu beschränken.

3,         Nach Auffassung des Senats hat die Beklagte den ihr obliegenden Wahrheitsbeweis nicht erbracht. Die Wahrheit der Behauptung, der Kläger sei Stasi-IM gewesen, ergibt sich weder aus den im ersten und zweiten Rechtszug eingereichten Unterlagen und Dokumenten noch aus der Vernehmung des Zeugen Dr. Gundlach. Das gilt sowohl bei einer Betrachtung der Beweismittel und Indizien im einzelnen als auch in einer Gesamtschau und bei Zugrundelegung eines Beweismaßes, das mit der in der Berufungsbegründung zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang steht.

Die Beklagte räumt selbst ein, dass die aus MfS-Unterlagen zu entnehmenden Informationen strenger und besonders kritischer Überprüfung bedürfen, weil Aufgabenstellung und Arbeitsweise des MfS den Erfordernissen rechtsstaatlicher Sachverhaltsaufklärung in keiner Weise entsprochen haben. Überdies ist der Beklagten die Beweisführung hier dadurch erschwert, dass die für den Kläger angelegte Akte des IvlfS vernichtet worden ist und sich deren Inhalt - wenn und soweit überhaupt - nur durch Rückschlüsse aus den von der Beklagten vorgelegten anderen Unterlagen des MfS ermitteln lässt. Dennoch ist davon auszugehen, dass die vorgelegten Dokumente nicht ohne jeglichen Beweiswert sind, sondern vielmehr den Verdacht stützen, dass der Kläger IM des MfS war.

Zumindest besteht kein Zweifel daran, dass er in den Unterlagen des MfS als IM registriert war. Sämtliche Dokumente erbringen aber keinen Beweis für die subjektive Seite des Ge-

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schehens, aus ihrem Inhalt folgt nämlich nicht zwingend, dass der Kläger willentlich und wissentlich als IM mit dem MfS zusammengearbeitet hat.

a)        Die vorgelegten Ausdrucke aus den SIRA-Datenbanken (Anlagen B 8, B 41, B 42) ergeben - wenn man über die Registrierung XV/4S5/68 bzw. 485R68 zur Akte des Klägers gelangt - dass die im Block „Text (Referat)" vermerkten Sachverhalte bzw. Materialien dem Kläger als Quelle zugeordnet wurden. Die „Art der Information" wird auf Seite 1 des Ausdrucks aus der Teildatenbank 12, SE69Q1261, mit „Berichtsform", auf den Seiten 2, 3 und 4 mit „dokumentarisch" benannt. Diese Eintragungen lassen jedoch nicht erkennen, aus welchem konkreten Grund die Informationen oder Dokumente dem Kläger als Quelle zugeordnet wurden. Es bleibt also die Frage offen, wie und von wem das MfS das Material tatsächlich erhielt. Es fehlt auch ein überzeugender Aufschluss darüber, wie der Begriff Quelle im konkreten Zusammenhang gemeint war. Möglich erscheint eine Information aus einer Quelle nicht nur im Rahmen einer bewussten Zusammenarbeit zwischen Quelle und MfS, sondern auch im Kontakt unter einer Legende oder durch „Abschöpfung" der Quelle. Der Umstand, dass die mit den Eingangsdaten 1. Oktober 1969,27. Februar 1970, 24. Juni 1970 und 13. Mai 1971 in den SIRA-Dateien erfassten Sachverhalte teilweise inhaltliche Übereinstimmungen mit den Themen der im Jahr 1969 und bis Juli 1970 vom Kläger in der Zeitschrift „Konkret" veröffentlichen Artikel aufweisen, ist zwar nicht ohne Interesse, besagt aber nichts darüber, wie die Informationen zum MfS gelangt sind. Von Spekulationen darüber, über welche Kanäle Material des Klägers etwa an das MfS geliefert worden sein kann, soll hier Abstand genommen werden. Wesentlich ist hingegen, dass die Eintragungen in den SIRA-Dateien jedenfalls nicht den sicheren Schluss zulassen, dass der Kläger das ausgewiesene Material als IM dem MfS zugetragen hat. In Betracht zu ziehen sind vielmehr Möglichkeiten der Ausspähung oder Abschöpfung des Klägers, sei es im Kontakt mit dem Zeugen Dr. Gundlach, dessen IM-Tätigkeit prozessual weiterhin außer Streit steht, oder im Kontakt mit Dornberger unter der Legende des Dokumentationszentrums des Mdl der DDR und dem alias-Namen Gebhard.

Dem Beweisantritt der Beklagten, für ihre Behauptung, das in den genannten SIRA-Dateien registrierte Material stamme vom Kläger, ein sachkundiges Zeugnis der BStU einzuholen, ist nicht nachzugehen. Denn auch ein sachverständiger Zeuge (§414 ZPO) ist echter Zeuge, der seine besondere Sachkunde zur Wahrnehmung der bekundeten Tatsachen verwendet (vgl. Zöller/G reg er, ZPO, 25. Auflage, § 373, Rn. 1, § 414, Rn. 1; BGH MDR 74, 382); die benannte Bundesbeauftragte kann im vorliegenden Zusammenhang indes keine Zeugin sein, weil nicht ersichtlich oder dargetan ist, dass sie eine eigene Wahrnehmung von den hier relevanten tatsächlichen Vorgängen hat, nämlich von der Lieferung des betroffenen Ma-

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terials an das MfS. Wenn sie diese Vorgänge nicht selbst wahrgenommen hat, kann sie sie nicht aus sachkundiger Sicht bezeugen und nicht als sachverständige Zeugin vernommen werden.

Der mit der Berufungsbegründung vorgetragene - unstreitige - Umstand, dass sich eine Abschrift der Richtlinien Gesamtmetall in den Unterlagen der BStU (Anlage BK 1} gefunden hat, von denen die Beklagte unter Bezugnahme auf den Ausdruck aus der SIRA Teildatenbank 12 (Anlage B 8 Blatt 7, SE7005151) behauptet, der Kläger habe sie dem MfS zugeliefert, zeigt zwar, dass das MfS in diesem Fall tatsächlich Informationen erhalten hat. Auch hier gibt der SIRA-Ausdruck - wie oben für die anderen vorgelegten SIRA-Ausdrucke ausgeführt - jedoch keinen Aufschluss darüber, welche tatsächlichen Vorgänge dafür maßgebend waren, dass die Information der dem Kläger zugeteilten Registriernummer zugeordnet wurden, kann also - isoliert betrachtet - nicht beweisen, dass der Kläger ein Exemplar oder eine Abschrift der Richtlinie Gesamtmetall als IM seinem MfS-Kontakt, wie die Beklagte annimmt, wahrscheinlich Dr. Gundlach, übergeben hat. Die Beklagte hat zudem, wie unten - zu 3. e) - ausgeführt wird, nicht bewiesen, dass Dr. Gundlach gegenüber dem Kläger seine IM-Funktion offenbart hat.

Der Beweis für die Behauptung der Beklagten, aus der Abschrift mit der Registriernummer 1070/70 (Anlage BK 1) und der dazu passenden SIRA-Eintragung, die auf die Quelle des Klägers verweist, lasse sich belegen, dass das der Abschrift zu Grunde liegende Originaldokument von dem Kläger stamme, kann nicht durch die beantragte Auskunft der BStU geführt werden. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei einer solchen Auskunft der BStU um eine Darstellung und Bewertung der bei der BStU archivierten Unterlagen handelt, die für den Zivilprozess keine Beweiskraft hat, weil ein Gericht an die vorgenommene Bewertung nicht gebunden ist (vgl. Urteil vom 25. Mai 2004, 7 U 23/04; Urteil vom 12. Dezember 1995; 7 U 110/95; Urteil vom 22. August 1995, 7 U 66/95). Die in der Berufungsbegründung für die davon abweichende Auffassung der Beklagten zitierte Entscheidung das Bundesgerichtshofs (NJW 1989, 29-48) betrifft das Abweichen von einem Sachverständigengutachten und ist deshalb für die Beurteilung des hier vorliegenden Beweisantrags nicht maßgebend.

b)        Ausgehend von der Annahme, dass unter der Registriernummer XV/485/68 nur ein Personenvorgang beim MfS erfasst war, belegen die mit dieser Registriernummer versehenen Karteikarten F 16 aus der sogenannten Klamamenkartei und F 22 aus der sogenannten Vorgangskartei des MfS (Anlagen B 4 und B 5), dass der Kläger als IM der Hauptverwaltung Aufklärung (folgend NVA) geführt wurde. Die Zeile der F 22 Karte, die für die Eintragung des

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Decknamens vorgesehen ist, ist leer, woraus bei Annahme üblicherweise vollständiger Ausfüllung der Karteikarte geschlossen werden könnte, dass dem Kläger bis zum 13. April 1971 ein Deckname nicht erteilt worden war.

Ferner ist aus der F 22 Karte zu ersehen, welche Veränderungen der nicht mehr vorhandenen Akte registriert wurden, insbesondere ist mit Datum vom 13. April 1971 vermerkt, dass der Vorgang laut Richtlinie 2/68, eine Richtlinie aus dem Januar 1968 für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im Operationsgebiet (Müller-Enbergs, Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, 3. Auflage, S. 18), umgeschrieben wurde. Die Eintragung lautet „IM-Akte A Teil l Teil II Bd. l angelegt HVA/X/3/535 Dornberger, Heinz". Weiteren Aufschluss über den Inhalt der nicht mehr vorhandenen IM-Akte ergibt die F 22 Karte, isoliert betrachtet, nicht. Auf den Akteninhalt kann lediglich in Verbindung mit den vorgelegten Eintragungen in die SIRA-Datenbank (Anlage B 8, B 41 und B 42) und dem Auskunftsbericht des MfS-Mitarbeiters Dornberger vom 25. November 1976 (Anlage B 9) zurückgeschlossen werden. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 3. a) und c) verwiesen.

Der Statistikbogen (Anlage B 6) weist in der vorgelegten Kopie des Ausdrucks der elektronischen Faksimile-Kopie den Decknamen „Wagner" für den IM mit der -  teilweise schlecht leserlichen - Registriernummer XV/485/63, XV/483/63 oder XV/489/63 aus. Er wird im Zusammenhang mit der Auskunft des HVA-Offiziers Dornberger vom 25, November 1976 (Anlage B 9), der den Kläger ebenfalls als IM „Wagner" benennt, als Statistikbogen für den Kläger angesehen, weil auch andere Angaben übereinstimmen (IM aus OP = Operationsgebiet = Bundesrepublik Deutschland, Werbung 1968, Geburtsjahr 1942, Beruf und geographische Angaben) und die Angabe des Jahres 1968 für den Zeitpunkt der Werbung dafür spricht, dass die letzte Ziffer der Registriernummer auf einen Eingabefehler zurückgeht. Im Übrigen enthält der Statistikbogen in der Tat mehrere veraltete sowie unzutreffende An­gaben über den Kläger, die Zurückhaltung bei der Beurteilung nahe legen, welche Indizwirkung für eine IM-Tätigkeit des Klägers den vorgelegten Karteikarten und anderen Sekundärdokumenten, aus denen die Beklagte Rückschlüsse auf den Inhalt der vernichteten Akte des Klägers zieht, zukommt. Es handelt sich nicht nur um veraltete Angaben: Die verwandtschaftlichen Verbindungen des Klägers in die DDR, die im Statistikbogen verneint werden, waren nicht neu entstanden. Veraltet oder ungenau sind das Fehlen der drei Töchter bei Angabe des Familienstands, die Beschreibung seiner Vermögenslage. Ungenau oder unzutreffend ist die Bezeichnung der Sprachkenntnisse.

Auch die ungeprüfte Übernahme veralteter persönlicher Daten spricht zumindest dafür, dass man sich bei der Ausfüllung des Statistikbogens mit den damaligen persönlichen Verhältnissen des Klägers nicht sorgfältig befasst hat.

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Der Argumentation der Beklagten, die die ungenaue Bearbeitung des Statistikbogens durch das MfS für die Beweiswürdigung als zu vernachlässigenden Randgesichtspunkt einordnet, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie der in demselben Dokument vorgenommenen Kategorisierung des Klägers als A-Quelle erheblichen Beweiswert beimisst und die Diskussion über die Bedeutung des Begriffs A-Quelle in zweiter Instanz vertieft. Die Beklagte bezieht sich nunmehr auf eine interne Anweisung der HVA vom 31. August 1984 zur Ausfüllung der nach ihrer Darstellung erst Mitte der 80er Jahre eingeführten Statistikbögen mit der Überschrift „Struktur zur IM-Statistik" (Anlage BK 6). Dort wird eine A-Quelle in Teil A l 4 b) mit den Sätzen beschrieben:

"Hat über eine zweite Person Verbindung zum Objekt. Personen aus dem Objekt werden durch A-Quelle abgeschöpft."

Der Kläger tritt dem unter Hinweis auf die Definition in der Richtlinie 1/59 entgegen, nach der es sich bei A-Quellen um „abgeschöpfte" Personen handele, die über einen längeren Zeitraum „sehr intern" Informationen gaben, ohne sich über den „eigentlichen Charakter" dieser Tätigkeit bewusst zu sein. Auf der Grundlage dieser Begriffsbestimmung sei der ihn betreffende Vorgang XV/485/68 am 24. Mai 1968 angelegt worden. Die veralteten persönlichen Angaben in dem als Anlage B 6 vorgelegten Statistikbogen würden darauf schließen lassen, dass sie wahrscheinlich 1968 in Form einer Lochkarte festgehalten und ab 1971/1972 nicht mehr verändert worden seien. Dementsprechend sei auf der Grundlage der Definition in der Richtlinie 1/59 ebenso unverändert mit dem Begriff A-Quelle eine „abgeschöpfte" Person zu verstehen.

Angesichts dessen, dass die Eintragungen in der F 22 Karte - isoliert betrachtet und erst recht im Zusammenhang mit der Dornberger-Auskunft {Anlage B 9) - bereits ergeben, dass der Kläger ab dem 13. April 1971 als IM mit Arbeitsakte registriert war, kommt der Frage, welche Bedeutung der im Statistikbogen verwendete Begriff A-Quelle hat, keine wesentliche Bedeutung zu:

Wenn nämlich im Statistikbogen mit A-Quelle noch „abgeschöpfte Quelle" nach der alten Begriffsbestimmung aus den Anfängen der Registrierung des Klägers gemeint war, stünde dies im Widerspruch mit der Fassung der F 22 Karte seit dem 13.4.1971 und der Dornberger-Auskunft, hätte aber kaum eine entlastende Wirkung gegenüber der auf der F 22 Karte vorgenommenen Registrierung, sondern könnte als Hinweis darauf gedeutet werden, dass das MfS bei der Erfassung der Daten des Klägers auf dem Statistikbogen nicht sorgfältig gearbeitet hat, was allerdings schon die ungenauen und unzutreffenden persönlichen Angaben erkennen lassen.

Wenn im Statistikbogen mit A-Quel!e nach der neueren Definition der „Struktur zur IM-Statistik" vom 31. August 1984 eine abschöpfende Quelle gemeint war, „die Personen aus

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dem Objekt" abschöpfte, würde dies formal bestätigen, dass der Kläger als IM mit Arbeitsakte registriert war, was bereits die F 22 Karte ergibt, und zeigen, dass man dies im Statistikbogen in die nach der „Struktur zur IM-Statistik" vorn 31. August 1984 definierte Kategorie A-Quelle umgesetzt hat.

Irn Zusammenhang mit der angeführten Dornberger-Auskunft vom 25. November 1976 (Anlage B 9) fällt schließlich auf, dass die Begriffsbestimmung einer A-Quelle vom 31. August 1984 als eine Personen abschöpfende Quelle inhaltlich nicht mit den dort beschriebenen „bishehge(n) Ergebnisse(n) der Zusammenarbeit" in Einklang zu bringen ist. Danach soll der Schwerpunkt in der Lancierungstätigkeit des Klägers gelegen haben und sollen auf dem Gebiet der Informationstätigkeit einige brauchbare Ergebnisse erzielt worden sein, „Keine Ergebnisse" jedoch „auf dem Gebiet der Personenhinweisbearbeitung". In diesem Sinne betont die Beklagte in der Berufungsbegründung nachdrücklich, dass eine Spitzeltätigkeit des Klägers, bei der Personen ausgespäht werden, „... gerade nicht der wesentliche Inhalt seiner Zusammenarbeit mit dem MfS ... „ gewesen sei. Der Kläger sei vielmehr Einflussagent gewesen, über den das MfS politische Botschaften in die westdeutschen Medien habe transportieren können.

Insgesamt belegen die vorgelegten SIRA-Dateien und Karteikarten sowie der Statistikbogen auch unter Berücksichtigung der eingereichten „Struktur zur IM-Statistik" beweiskräftig nur, dass der Kläger in diesen Unterlagen des MfS als IM mit Arbeitsakte registriert war und dass ihm stichwortartig Informationen als Quelle zugeschrieben wurden, von denen lediglich die Richtlinien Gesamtmetall in Gestalt einer Abschrift im Rahmen einer Information des MfS belegt sind. Die genannten Unterlagen beweisen, für sich betrachtet nicht, dass den registrierten Informationen eine ihm bewusste konspirative Zusammenarbeit des Klägers mit dem MfS, das heißt eine vom Kläger gewollte IM-Tätigkeit zu Grunde lag.

c)        Mehr Aussagekraft für die Annahme einer bewussten IM-Tätigkeit des Klägers hat hingegen - zumal im Zusammenhang mit den erörterten Unterlagen - die Auskunft des Offiziers der NVA Heinz Dornberger vom 25. November 1976 (Anlage B 9), in der über eine Werbung des Klägers im April 1968 zu einer Zusammenarbeit mit dem MfS berichtet wird. Diese Auskunft ist jedoch wie andere Unterlagen des MfS einer strengen und kritischen Prüfung zu unterziehen. Das gilt hier umso mehr, als Dornberger den Kläger im Widerspruch dazu in seiner am 8. Juni 1995 im Bundeskriminalamt protokollierten Zeugenaussage von dem Verdacht entlastet hat, wissentlich mit dem MfS zusammengearbeitet zu haben.

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Auf Blatt 7 der Auskunft vom 25. November 1976 heißt es: „... Als im April 1968 eine operativ günstige Situation vorhanden war, wurde W. direkt angesprochen und zu einer Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst der DDR geworben. ... „ In diesem für die Werbung als IM entscheidenden Satz wird nicht erklärt, welcher Mitarbeiter des MfS die Werbung vorgenommen hat. In Betracht kommen dafür die im Vorsatz genannten OibE „Oster" und IM „Richter", denen der Kläger "... zur weiteren Bearbeitung und Vorbereitung der Werbung übergeben ... „ wurde. Die beiden folgenden Absätze können durchaus so gemeint gewesen sein, dass der Kläger die Recherchen in Schweden zur Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit im Auftrag des MfS durchgeführt hat und die aus dem recherchierten Material erarbeitete Veröffentlichung in der Zeitschrift „Konkret" mit dem MfS vorher abgestimmt hatte. Dass der Kläger diese ihm zugeschriebene operative Leistung tatsächlich bewusst für das MfS erbracht hat, ist dadurch aber noch nicht bewiesen.

Der Kläger trägt vielmehr unwiderlegt substantiiert vor, im Auftrag des Magazins „Spiegel" mit dem beim „Spiegel" angestellten Fotografen Zint in Schweden recherchiert zu haben und bestreitet, überhaupt einen Beitrag zu diesem Thema in der Zeitschrift „Konkret" veröffentlicht, geschweige denn mit dem MfS vorher abgestimmt zu haben.

Bei genauer Betrachtung der Formulierungen im dritten Absatz auf Blatt 7 der Auskunft vom 25. November 1976 wird dies nicht einmal zum Ausdruck gebracht, sondern umschrieben durch die unbestimmte Wendung „... erfolgte dann eine Veröffentlichung in „Konkret", ... „ und die Verwendung des Passivs.... die vorher mit dem MfS abgestimmt war...." Dies mag die Beklagte als Präzision der Dornberger-Auskunft ansehen, soweit es darum geht, dass der Artikel nicht vom Kläger, sondern von einem anderen Journalisten veröffentlicht wurde, wirft aber zugleich die Frage auf, ob auch hinter der Darstellung der Abstimmung mit dem MfS, die nicht ausdrücklich auf den Kläger bezogen ist, der Grund steht, dass sie tatsächlich nicht mit dem Kläger persönlich vorgenommen wurde.

Nach dem Sinnzusammenhang des Berichts über die Werbekombination ist davon auszugehen, dass beim Leser der Eindruck erweckt werden sollte, es habe sich bei der abgestimmten Veröffentlichung um eine operative Leistung des Klägers, nämlich um dessen erste Zusammenarbeit mit dem MfS gehandelt. Wenn dann diese Leistung aber nicht konkret dem Kläger zugeschrieben wird, erscheint der Bericht über die Werbung und Werbekombination eher unklar und unbestimmt als konkret und präzise. Obwohl nicht auszuschließen ist, dass diese Besonderheit innergeheimdienstliche Gründe haben kann, dass nämlich Dornberger die Einzelheiten des Werbevorgangs gerade nicht gegenüber dem Hauptabteilungsleiter der Hauptabteilung XX oder sogar gegenüber seinem Abteilungsleiter offen legen wollte, stellt sich die Frage, ob die Umschreibung der Details stattdessen darin begründet ist, dass der erweckte Eindruck nicht ganz der Realität entspricht und dies verschleiert werden sollte.

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Denkbar ist zum Beispiel, dass Dornberger schon bei der Vorbereitung der Werbung und in der Hoffnung, diese würde zur Anwerbung des Klägers als IM führen, diesen der erhofften Entwicklung vorgreifend, als IM registriert hatte und die entsprechende Aktenlage in der Auskunft rechtfertigen wollte, um sich selbst nicht bloßzustelien. Einen Hinweis auf diese Möglichkeit sieht der Senat in der Zeugenaussage Dornbergers vom 8. Juni 1995 (Anlage BB 1, Blatt 11), in der er erklärt hat, eine versuchte Instrukteurverbindung zu Wallraff herzustellen, sei an der Festnahme des Dr. Gundlach, gescheitert.

Soweit sich die Auskunft (Anlage B 9) im vierten Absatz auf Blatt 7 mit der als Schwerpunkt der Zusammenarbeit bezeichneten Lancierungstätigkeit befasst, fällt auf, dass die beschriebenen publizistischen Aktivitäten des Klägers, die dort dem MfS („... Von uns übergebene Materialien ... „) zugeschrieben werden, auch ohne eine bewusste Zusammenarbeit des Klägers mit dem MfS hätten ausgeführt werden können, wie Dornberger in seiner Zeugenaussage beschreibt: Danach hat Dornberger dem Kläger unter der Legende eines Mitarbeiters des Dokumentationszentrums Material und Berichte zur Verfügung gestellt, ohne ihn darüber aufzuklären, dass er eine Verbindung zur HVA unterhielt (Anlage BB 1, Blatt 11f).

Annähernd nichts sagend ist die Auskunft schließlich bezüglich der Ergebnisse auf dem Gebiet der Informationstätigkeit (Anlage B 9, Blatt 7, vorletzter Satz). Erwähnt werden lediglich „einige brauchbare Ergebnisse", die jedoch zu den Möglichkeiten des Klägers in keinem Verhältnis standen. Diese Bewertung lässt sich zudem nicht mit der in der Berufungsbegründung vertretenen Annahme in Einklang bringen, die Quellenangabe in den SIRA-Dateien (Anlage B 8, Blatt 7} für den Eingang der Richtlinie Gesamtmetall beweise, dass der Kläger dem MFS diese Richtlinie als IM geliefert habe. Wenn nämlich Dornbergers Bericht über die Ergebnisse der - bestrittenen - Zusammenarbeit mit dem Kläger ernst genommen werden soll und die Quellenzuordnung in der SiRA-Datei als aussagekräftig angesehen werden soll, ist nicht zu verstehen, weshalb eine Information wie die Richtlinie Gesamtmetall bei dem Ergebnisbericht keine Erwähnung findet oder nur als „brauchbar" abgetan wird. Denn nach Darstellung der Beklagten war diese Information dem MfS so wichtig, dass es eine Abschrift der Richtlinie Gesamtmetall an die Führungsspitze der SED weitergeleitet hat. Dieser Umstand gibt zu Zweifeln Anlass sowohl an der Verlässlichkeit der von Dornberger berichteten Ergebnisse, als auch an der Richtigkeit der Quellenangabe in der SIRA-Datei.

Über die beschriebenen Auffälligkeiten der Dornberger-Auskunft hinaus sieht der Senat einen weiteren Anhaltspunkt für Zweifel, ob die dort berichtete Werbung des Klägers und dessen bewusste IM-Tätigkeit der Realität entsprechen, darin, dass Dornberger im Jahr 1995 bei seiner Zeugenvernehmung im Bundeskriminalamt (Anlage BB 1) genau diese Angaben

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nicht bestätigte. Im Gegenteil bezeichnete er den Versuch, eine Instrukteurbeziehung zum Kläger herzustellen, als gescheitert und bestätigte im Gegenteil die Darstellung des Klägers, dass er, Dornberger, dem Kläger gegenüber als Mitarbeiter des Dokumentationszentrums des Mdl aufgetreten sei und den Kläger nicht darüber aufgeklärt habe, dass er eine Verbindung zur HVA unterhalten habe.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass ehemalige HVA-Mitarbeiter häufig die geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Personen aus der Bundesrepublik, die der IM-Tätigkeit verdächtigt wurden, Mitte der 90er Jahre geleugnet haben. Diese Erfahrung schließt dennoch nicht aus, dass derartige entlastende Angaben im Einzelfall der Wahrheit entsprechen, so dass die Zeugenaussage Dornbergers nicht von vornherein ungeeignet ist, den Beweiswert der gegen den Kläger sprechenden Indizien zu entkräften. Für eine solche entlastende Wirkung spricht im Fall des Klägers, dass Dornberger in der Zeugenaussage ähnlich wie in seiner Auskunft vom 25. November 1976 Gründe genannt hat, die bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der HVA gegen eine Offenlegung der Kontakte zum MfS gegenüber dem Kläger sprachen und diese Offenbarung sogar riskant erscheinen ließen.

In der Zeugenaussage schätzte Dornberger den Kläger generell als schwierigen Menschen ein, der immer Sympathien für Oppositionelle hatte und massiv auf Dornberger und Wagenbreth eingeredet hatte, damit sie ihren Einfluss geltend machten, um Oppositionelle in der DDR vor weiteren Repressalien zu bewahren.
In der Einschätzung auf Seite 5 der Auskunft vom 25. November 1976 hatte Dornberger geschrieben, dass eine gewisse positive Entwicklung des Klägers bis 1972 durch anarchistisches Verhalten unterbrochen worden sei und gewisse wirre Vorstellungen über gesellschaftliche Entwicklungen nie hätten beseitigt werden können, ausgehend davon, dass sich der Kläger nicht vom marxistisch-leninistischen Standpunkt habe leiten lassen. Dabei wird nicht übersehen, dass die darauf folgende, deutlich positivere Einschätzung des Klägers durch den IM „Friedhelm" (Dr. Gundlach) aus dem Jahre 1970 zu Dornbergers Beurteilung im Widerspruch steht, im Rahmen der Würdigung der Zeugenaussage Dornbergers aus dem Jahr 1995 geht es jedoch vorrangig darum, dass dessen kritische Betrachtung des Klägers sich bereits in der Auskunft aus dem Jahr 1976 in ähnlicher Weise wieder findet.

Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Dornberger bekannten und von ihm (auf Seite 4 der Auskunft im vorletzten Absatz) so bezeichneten „eigenwilligen Art und Weise von Informationsbeschaffung" des Klägers bei seinen Recherchen konnte die als schwierig, kritisch und oppositionsfreundlich eingeschätzte Persönlichkeit des Klägers bei einer offenen Zusammenarbeit mit der HVA durchaus Probleme erwarten lassen und für Dornberger und seine Mitarbeiter Zurückhaltung geboten sein lassen, gegenüber dem Kläger seine Verbindung zur HVA offen zu legen. Denn mit Sicherheit hatten Dornberger und das MfS ein erhebliches

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Interesse daran, nicht selbst zum Objekt der eigenwilligen Inforrnationsbeschaffung und kritischen journalistischen Tätigkeit des Klägers zu werden, den man in der NVA überdies als raffiniert und mutig einschätzte.

Dass Anlass zu derartigen Befürchtungen bestand, zeigt sich auch darin, dass der Kläger, wie Dr. Gundlach nach eigenem Bekunden bekannt war, damals unter anderem plante, verdeckt in einem Großbetrieb der DDR zu arbeiten. Hierzu hat der Zeuge Dr. Gundlach erklärt, nach seiner Kenntnis habe der Parteisekretär einer großen Werft in Rostock befürchtet, dass der Kläger Missstände aufdecken könnte, wenn er dort in dieser Weise recherchieren würde. Schließlich kann die Überlegung nicht außer Acht gelassen werden, dass auch die verdeckten Kontakte zum Kläger, solange sie zu Lancierungszwecken genutzt werden konnten, für die HVA von einigem Interesse waren und wahrscheinlich nicht gefährdet werden sollten.

Zu Unrecht wirft die Beklagte dem Kläger vor, die Erklärung seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 30. Juli 2004, der Kläger sei nicht angesprochen worden zu einer Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst der DDR, so wie in der Domberger-Auskunft auf Seite 7 beschrieben, widerspreche schon den - unstreitigen - eigenen Angaben des Klägers in einem Interview, das in der „taz" vom 13. Februar 1992 veröffentlicht worden sei. Denn aus dem Wortlaut der Interview-Äußerungen geht hervor, dass der Kläger dort Situationen beschrieb, in denen er angesprochen wurde oder der Gesprächspartner mit seinem Stasi-Hintergrund herausrückte, ohne dass von einer möglichen Zusammenarbeit mit dem MfS die Rede war. Im Übrigen unterscheiden sich die im Interview erwähnten Gesprächskontakte wesentlich von dem in der Dornberger-Auskunft bezeichneten Ansprechen auf eine Zusammenarbeit, weil der Kläger die erstgenannten Kontakte zurückgewiesen hat, während ihm in der Auskunft zugeschrieben wird, angesprochen und zu einer Zusammenarbeit geworben worden zu sein.

d)        Ein den Kläger belastendes, obgleich nicht in jeder Hinsicht eindeutiges Indiz sieht der Senat in dem vorgelegten Vermerk des MfS-Hauptmanns Voigt vom 24. Januar 1979 (Anlage BK 4, BL 1, vorletzter Absatz). Dieser berichtete, aus einer Aussprache mit zwei anderen MfS-Mitarbeitern sei ihm bekannt geworden, dass Rechtsanwalt Wolf-Dieter Reinhard im Zusammenhang mit der Inhaftierung eines Kuriers des MfS in Hamburg für eine Person in der BRD, die diesem Kurier Material übergeben habe, bei der HVA um Unterstützung gebeten habe, Weder das Datum der Inhaftierung des Kuriers, noch der Zeitpunkt, zu dem Reinhard sich hilfesuchend an das MfS wandte, sind angegeben. Der Name dieser Person ist handschriftlich mit Wolhrab (oder ähnlich) eingesetzt und mit einem Fragezeichen versehen, wobei die Vokale des Namens nicht eindeutig als o oder a zu erkennen sind, zumindest aber

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bei dem zweiten Buchstaben Zweifel bestehen, und, ausgehend von einer phonetischen Schreibweise, nicht wahrscheinlich ist, dass der Buchstabe nach dem I ein h sein soll, so dass der Name auch Wollrab oder Wallrab lauten kann.

Da auch in der Dornberger-Auskunft (Anlage B 9, Bi. 9, 2. Absatz) mitgeteilt wird, der Kläger habe nach der Festnahme Dr. Gundlachs zu einer Kontaktperson „Wolf der Abteilung IV der HVA, einem Rechtsanwalt, der Personen aus Kreisen der Baader-Meinhof-Gruppe verteidigt habe, Kontakt aufgenommen, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass der Vermerk vom 24. Januar 1979 in der zitierten Passage den Kläger betrifft. Die maßgeblichen Fakten - Festnahme des IM Friedhelm einerseits, eines Kuriers des MfS andererseits, jeweils in Hamburg; Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt, der Personen aus dem Kreis der Baader-Meinhof-Gruppe verteidigte; Offenbarung des Kontakts zum MfS einerseits, Unterrichtung des Anwalts von der Verhaftung des MfS-Kuriers andererseits - stimmen so weitgehend überein, dass dies nicht ernstlich damit begründet werden kann, es handele sich um zwei unterschiedliche Geschehensabläufe, die sich zufällig gleichen. Hinzu kommt die phonetische Ähnlichkeit der Namen Wollrab und Wallraff.

Der in Rede stehende Absatz im Voigt-Vermerk lässt indes nicht erkennen, wer den Inhaftierten - mit einiger Wahrscheinlichkeit also Dr. Gundlach - als Kurier des MfS bezeichnet hat. Rechtsanwalt Reinhard kann es getan haben; ihn hatte der Kläger über die Verhaftung Dr. Gundlachs und den Umstand informiert, dass dieser einen falschen Pass benutzt hatte. Beides hatte die Ehefrau Dr. Gundlachs dem Kläger in einem Telefongespräch berichtet. Es kann aber auch der von Rechtsanwalt Reinhard angesprochene Mitarbeiter des MfS gewesen sein, wenn dieser auf anderem Wege von der Inhaftierung des IM Dr. Gundlach, die kein alltägliches Geschehen im Betrieb des MfS gewesen sein dürfte, erfahren hatte. Jedenfalls ergibt sich aus dem in Rede stehenden Satz des Vermerks nicht zwingend, dass bereits der Kläger im Gespräch mit Rechtsanwalt Reinhard Dr. Gundlach als Kurier des MfS bezeichnet hatte, obwohl auch diese Schlussfolgerung nicht fern liegt. Wenn dies so gewesen sein sollte, ist die weitere Folgerung, der Kläger habe bereits bei seinem Treffen mit Dr. Gundlach in Kopenhagen von dessen IM- und Kurier-Funktion gewusst, allerdings wieder nicht zwingend. Vielmehr mag dem Kläger nämlich erst im Zusammenhang mit der späteren Information, dass Dr, Gundlach mit einem falschen Pass gereist war, klar geworden sein, dass dieser ein IM des MfS war.

Als Grund für die Kontaktaufnahme zu Rechtsanwalt Reinhardt gibt der Kläger unwiderlegt an, er habe den Hintergrund öffentlicher Spekulationen dazu, dass die in der Nähe seiner Wohnung festgenommene Marianne Herzog vor ihrer Festnahme von seiner Wohnung oder zu seiner Wohnung unterwegs gewesen sei, aufklären wollen und sich deshalb an die An-

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waltskanzlei Groenewold/Degenhardt/Reinhard gewendet, die Marianne Herzog vertreten habe. In dem darauf folgenden Gespräch mit Rechtsanwalt Reinhard sei auch die Verhaftung Dr. Gundlachs zur Sprache gekommen.

Der den Kläger wesentlich belastende Aspekt des Voigt-Vermerks liegt schließlich darin, dass erwähnt wird, die westdeutsche Person, also mit einiger Wahrscheinlichkeit der Kläger, habe dem MfS-Kurier Material übergeben. Der Kläger hat hierfür keine Erklärung. Die Annahme, der Kläger habe Dr. Gundlach in Kopenhagen Material übergeben, wird zusätzlich dadurch gestützt, dass Dr. Gundlach bei seiner Zeugenaussage vor dem Senat auf die Frage, woher das Material gestammt habe, das bei seiner Festnahme bei ihm gefunden wurde - wenn auch zögernd, nach Ausflüchten und auf Nachfragen - eingeräumt hat, es könne sein, dass ein Teil vom Kläger stamme und dass er einen Teil auf dem Weg über Westberlin und Hamburg nach Kopenhagen „aufgesammelt" habe. Die demgemäß begründete Überzeugung, dass der Kläger entgegen seinem Vortrag Dr. Gundlach in Kopenhagen Material übergeben hat, einen Teil oder, was wahrscheinlicher erscheint, sogar alle Unterlagen, die bei der Festnahme Dr. Gundlachs bei diesem gefunden wurden, beschränkt sich jedoch auf den objektiven Umstand der Übergabe von Material. Für die entscheidende Frage, ob zugleich bewiesen ist, dass der Kläger die Unterlagen wissentlich einem Mitarbeiter des MfS übergeben und damit bewusst konspirativ mit dem MfS zusammengearbeitet hat, wird auf die folgende Beweiswürdigung (unter 3. e) und f)) verwiesen.

e)        Die Umstände des Treffens des Klägers mit Dr. Gundlach am 17. Dezember 1971 in Kopenhagen stützen im Zusammenhang mit dem erörterten Vermerk des Hauptmanns Voigt - mehr als alle anderen Indizien - den Verdacht, dass der Kläger als IM mit dem IM Dr. Gundlach konspirativ zusammengearbeitet hat, reichen aber dennoch nicht aus, auch die subjektive Seite dieser Zusammenarbeit auf Seiten des Klägers zu beweisen. Belastend sind insbesondere die Tatsachen,

dass der Kläger einen Brief mit dem Hinweis auf einen Kellner, der Helmut Schmidt bedient hatte, dorthin mitnahm und
dass Dr. Gundlach diesen Brief auf der Rückreise bei sich hatte,

sowie der den Brief betreffende wechselnde Vortrag des Klägers.

Der Kläger kann zwar grundsätzlich mit Verständnis dafür rechnen, dass er mehr als dreißig Jahre nach dem Treffen die Gesprächsinhalte ohne Gedächtnisstütze nicht mehr vollständig erinnerte und seinen Vortrag nach Wiederauffrischen der Erinnerung durch den in der Ostsee-Zeitung vom 27./28. März 2004 erschienenen Artikel (Anlage K 33) ergänzt hat. Verdächtig im Sinne des gegen den Kläger erhobenen Vorwurfs der IM-Tätigkeit erscheint hin-

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gegen, dass er geleugnet hat, dass der Brief des Studenten Schreiber an ihn gerichtet gewesen sei, bevor die Zeugenaussage des Schreiber vorgelegt wurde. Dieses Leugnen begründet eher den Verdacht - aber auch nicht mehr -, dass der Kläger einen im Zusammenhang mit der Verhaftung Dr. Gundlachs belastenden Umstand verschweigen wollte, als dass plausibel erschiene, dass der Kläger die Existenz des an ihn gerichteten Briefs vergessen hätte. Denn für letzteres lässt sich nicht überzeugend anführen, dass der Brief und das Treffen in Kopenhagen keine Bedeutung für den Kläger gehabt hätte. Auch wenn es sich nur um eine von mehreren Zusammenkünften der seit 1966 miteinander bekannten Journalisten handelte, zeichnete sie sich doch nachhaltig und negativ dadurch aus, dass Dr. Gundlach auf der Rückreise mit dem Brief und den übergebenen Unterlagen zum Rechtsradikalismus in der Tasche und mit einem falschen Pass in Hamburg festgenommen wurde. Damit erhielt der Brief des Schreiber für den Kläger, der aus dem Telefongespräch mit Frau Gundlach von der Festnahme ihres Ehemannes wegen des falschen Passes erfuhr, nämlich eine - recht unangenehme - Bedeutung, die der Anlass dafür gewesen sein wird, dass er Rechtsanwalt Reinhard von diesem Vorgang berichtete, den er allerdings aus anderen Gründen aufgesucht haben mag.

Allein der Umstand, dass der Brief des Studenten Schreiber, als er bei der Festnahme des Dr. Gundlach gefunden wurde, weder eine Anschrift noch einen Namen in der Anrede aufwies, kann nicht als ein konspiratives Verhalten des Klägers gedeutet werden. Denn es ist offen geblieben, wer die Anschrift und den Namen aus der Anrede entfernt hat, in Betracht kommen der Kläger oder Dr. Gundlach. Ausgehend davon, dass eine bewusste IM-Tätigkeit des Klägers nicht nachgewiesen ist, kommt folgende Überlegung hinzu: Auch wenn man einen Brief als harmlos einstufte und keine Erfahrung mit den Regeln der Konspiration hatte, war es gerade für eine Person, die wie der Kläger gelegentlich in die DDR reiste, sinnvoll, Vorsorge dagegen zu treffen, dass ein derartiges Schriftstück, dessen Inhalt westdeutsche politische Verhältnissen betraf, wenn es in die DDR mitgenommen wurde, beim Grenzübertritt oder bei anderer Gelegenheit von staatlichen Stellen beschlagnahmt würde und zu lästigen Nachfragen führen könnte.

Gestützt wird ein Verdacht der Konspiration hingegen durch den im Post Scriptum des Briefs enthaltenen Hinweis auf einen möglichen Kontakt zu einem Kellner, der öfter Helmut Schmidt bedient hat; denn schon nach allgemeiner Lebenserfahrung war anzunehmen, dass eine derartige Kontaktmöglichkeit in das soziale Umfeld des damaligen Verteidigungsministers der Bundesrepublik den Geheimdienst der DDR interessieren würde. Andererseits kann nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Kläger den Brief Dr. Gundlach aus anderen Gründen gezeigt und wohl auch übergeben hat, etwa weil sich der

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Absender mit seiner journalistischen Arbeitsweise befasste und seine Bewunderung für die Arbeit des Klägers offenbarte, weil die Wirkung der Veröffentlichungen des Klägers die Ehefrau Dr. Gundlachs in Bezug auf ihre Dissertation, in der ein Kapitel der Arbeit des Klägers gewidmet war, interessieren konnte oder weil sich daraus ein Ansatz für Dr. Gundlachs journalistische Tätigkeit ergeben konnte. Im Hinblick auf diese nicht-geheimdienstlichen Aspekte können die Vorgänge um den belastenden Brief auch nach Auffassung des Senats den vollen Beweis einer bewussten Konspiration des Klägers mit dem MfS nicht erbringen.

Kaum belastend in Richtung auf eine bewusste IM-Tätigkeit des Klägers ist demgegenüber, dass er mit Dr. Gundlach vereinbart hatte, sich in Kopenhagen zu treffen. Auch wenn die Wahl des Treffpunktes für das MfS und Dr. Gundlach konspirative Gründe gehabt hat, kann dies aus der Sicht des Klägers anders gewesen sein. Da er Dr. Gundlach bereits seit 1966 kannte und wusste, dass er als Reisekader der SED aus der DDR ausreisen konnte, musste ihm ein nachrichtendienstlicher Grund für das Treffen in Kopenhagen nicht deutlich werden. Vielmehr kommen für den Kläger andere plausible Gründe für die Verabredung in Kopenhagen in Betracht, insbesondere sein Wunsch, seine schwedische Freundin und seinen dänischen Verleger dort zu treffen. Auch ein Zusammenhang zwischen einer - von ihm bestrittenen - Ahnung des Klägers, in der Bundesrepublik beschattet zu werden, und der Wahl des Treffpunktes im Ausland ist nicht zwingend.

Ebenfalls ohne maßgebliche Indizwirkung für die subjektiven Aspekte auf Seiten des Klägers sind die aus den Notizen des Dr. Gundlach zu ersehenden Gesprächsthemen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich zwei politisch interessierte Journalisten begegneten, die sich seit fünf Jahren kannten. Deshalb lag es nahe, dass sie sich nicht nur über zukünftige Projekte, sondern auch über andere politische Themen und gesellschaftliche Strömungen auszutauschen. Gleichermaßen unverdächtig ist, dass der Kläger über die Verhaftung der Marianne Herzog in der Nähe seiner Wohnung berichtete. Jedenfalls die daran anknüpfenden öffentlichen Spekulationen betrafen ihn so persönlich, dass eine Mitteilung an Dr. Gundlach nicht fern lag.

Da es nicht darum geht, Dr. Gundlach eine IM-Tätigkeit und „Abschöpfung" des Klägers nachzuweisen, wird von einer Bewertung seiner Notizen abgesehen.

Im Zusammenhang mit einer möglichen Indizwirkung des Prozessverhaltens des Klägers ist darauf einzugehen, dass der Kläger behauptet hat, an dem Gespräch mit Dr. Gundlach in Kopenhagen hätten sein dänischer Verleger und seine schwedische Freundin teilgenommen, während der Zeuge Dr. Gundlach ausgesagt hat, an dem Gespräch habe keine weitere Person teilgenommen. Wie viel Gewicht diesen Zweifeln beigemessen wird, hängt von der

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Glaubwürdigkeit des Zeugen ab. Diese ist indes kritisch zu betrachten, schon weil der Zeuge auf der Grundlage des unstreitigen Parteivortrags und der Dornberger-Auskunft, er sei IM „Friedheim" des MfS gewesen, in dieser Hinsicht nicht die Wahrheit gesagt hat. Die Beweiskraft seiner Aussage steht deshalb unter dem Vorbehalt, die einzelnen Angaben darauf hin zu prüfen, ob sie im Zusammenhang mit dem Bestreben stehen, seine Darstellung, kein IM gewesen zu sein, zu stützen.

Ein Hinweis auf dieses Bestreben des Zeugen war zum Beispiel in seinem Bemühen zu erkennen, dem Senat nahe zu bringen, er habe die bei seiner Festnahme in seinem Besitz befindlichen Unterlagen auf dem Flughafen oder im Hotel aufgesammelt. Erst auf den Vorhalt, es sei doch gänzlich unwahrscheinlich, dass Unterlagen der Art, wie sie bei ihm gefunden worden seien, in dieser Weise öffentlich ausgelegen hätten, räumte der Zeuge ein, wahrscheinlich einen Teil der Unterlagen vom Kläger erhalten zu haben.

Andererseits zeigt die Aussage in beiden angeführten Punkten (Vier-Augen-Gespräch und Unterlagen-Herkunft), dass der Zeuge nicht über den diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers informiert war oder jedenfalls seine Aussage nicht darauf ausgerichtet hat. Denn der Kläger hat (schon in erster Instanz) wenigstens die Möglichkeit eingeräumt, dass er in Kopenhagen Unterlagen zum Thema Rechtsradikalismus bei sich gehabt und Dr. Gundlach gezeigt habe. Auch über die vom Kläger vorgetragene Möglichkeit, den Schreiber-Brief Dr. Gundlach im Hinblick auf die Dissertation von dessen Ehefrau gezeigt zu haben, hat der Zeuge nichts berichtet.

Letztlich ist nicht auszuschließen, dass der Zeuge nach mehr als dreißig Jahren einzelne Umstände, möglicherweise sogar die Gegenwart weiterer Personen, sei es zeitweise oder während der gesamten Dauer des Gesprächs mit dem Kläger, nicht mehr erinnert oder dass ihm bei dem Versuch, die Erinnerung zu rekonstruieren, Irrtümer unterlaufen sind. Insgesamt hält der Senat deshalb Zurückhaltung für angebracht, wenn es darum geht, einem Widerspruch zwischen dem Klägervortrag und der Zeugenaussage indizielle Wirkung zu Lasten des Klägers beizumessen.

Eine Betrachtung der Aussage des Zeugen Dr. Gundlach im Hinblick auf den von der Beklagten zu führenden Beweis einer Offenbarung des Zeugen als IM des MfS ergibt, dass er nicht einmal im Ansatz bestätigt hat, dem Kläger jemals offenbart zu haben, dass er IM des MfS gewesen sei.

Aus den oben angeführten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Hinsicht auf die mit seiner IM-Täligkeit zusammenhängenden Umstände folgt allerdings nicht, dass sich

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daraus wiederum Folgerungen ergeben für die Richtigkeit des dem Kläger gemachten Vorwurfs, Stasi-IM gewesen zu sein. Im konkreten Bezug bedeutet das: Unabhängig von der Frage, ob dem Zeugen geglaubt werden kann, dass er kein IM gewesen ist, kann seine Aussage nicht zum Beweis dafür beitragen, dass Dr. Gundlach dem Kläger seine IM-Funktion offenbart hat. Für die schon wegen der fehlenden Bestätigung durch den Zeugen gescheiterte Beweisführung durch den Zeugenbeweis kommt es nicht mehr darauf an, ob er hinsichtlich anderer Passagen seiner Aussage glaubwürdig ist. Soweit sie im Zusammenhang mit anderen Indizien Bedeutung haben kann, ist die Glaubwürdigkeit - oben - bewertet worden.

In gewissem Umfang spricht die Aussage Dr. Gundlachs sogar dafür, dass der Kläger ihm die Unterlagen zum Thema des westdeutschen Rechtsradikalismus im kollegialen Austausch zwischen miteinander gut bekannten Journalisten überlassen hat. Denn der Zeuge hat erklärt, dass der Kläger über ihn einen Kontakt zu Helene Weigel habe aufbauen wollen, weil er erhebliches Interesse gehabt habe, dass ein Stück von ihm im „berühmtesten Theater Deutschlands" gespielt würde; außerdem habe der Kläger vorgehabt habe, in einem Großbetrieb in der DDR verdeckt zu arbeiten. Wenn der Kläger aber wegen dieser beiden Projekte an einer Unterstützung durch den Zeugen interessiert war, kann schon dies ein Grund für ihn gewesen sein, seinerseits den Zeugen mit Material über rechtsradikale Strömungen zu un­terstützen, weil dieser - nach seinen Bekundungen - journalistisch etwas zu Stande bringen wollte, was üblicherweise so nicht in einer ostdeutschen Zeitung stand, und sich für den Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik interessierte. Gleichzeitig konnte nach dieser Darstellung des Zeugen jedenfalls dem Kläger gegenüber Dr. Gundlachs journalistischer Ehrgeiz sein Interesse an allen vom Kläger mitgebrachten Unterlagen begründen, und es liegt nicht einmal fern, dass auch der Brief des Studenten Schreiber zu einem in einer ostdeutschen Zeitung ungewöhnlichen Artikel hätte verarbeitet werden können.

f)          Bei einer Gesamtbetrachtung ist festzustellen, dass die Beweisführung der Beklagten dadurch geprägt ist, dass die Aussage des Zeugen Dr. Gundlach das Beweisthema nicht bestätigt hat, die Aussage des MfS-Offiziers Dornberger vor dem BKA, die als Urkunde und Parteivortrag eingeführt worden ist, den Kläger entlastet hat und die für den Kläger in der HVA angelegte Akte bzw. der IM-Vorgang nicht zur Verfügung steht. Eine Gesamtschau der den Kläger belastenden Indizien ergibt zwar, dass auf Grund der F 16 Karte, der F 22 Karte, des Statistikbogens und der Dornberger-Auskunft von einer Registrierung des Klägers als IM mit Arbeitsakte auszugehen ist und in den SIRA-Datenbanken ihm als Quelle zugeordnete Informationen registriert sind. Aus dem Vermerk des Hauptrnanns Voigt kann ferner im Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen Dr. Gundlach entnommen werden, dass der Kläger in Kopenhagen Dr. Gundlach Material übergeben hat, das

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dieser an die HVA weitergegeben hätte, wenn er nicht in Hamburg verhaftet worden wäre. Die vorgelegten Dokumente und die anderen belastenden Umstände haben jedoch, selbst wenn sie im Zusammenspiel gesehen werden, keine hinreichend beweiskräftige Aussage dafür, dass der Kläger bewusst als IM tätig geworden und mit dem MfS konspirativ zusammengearbeitet hat Sie greifen in ihrer belastenden Wirkung nicht so lückenlos ineinander, dass die Möglichkeit, der Kläger habe nicht gewusst, dass Dr. Gundlach und Dornberger für das MfS tätig waren, nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden könnte. Die fehlende Erwähnung einer angeblichen Lieferung der Richtlinien Gesamtmetall in der Dornberger-Auskunft zeigt, dass deren Inhalt mit der Registrierung in den SIRA-Dateien nicht völlig im Einklang steht. Die Aufnahme des Klägers in die Kategorie einer A-Quelle im Statistikbogen stimmt nicht überein mit dem Bericht über die angeblichen Ergebnisse in der Dornberger-Auskunft. Die von Dornberger abgegebene Beurteilung des Klägers als eine Persönlichkeit mit gewissen wirren Vorstellungen über gesellschaftliche Entwicklungen bis zu anarchistischen Zügen spricht eher für eine von Seiten der HVA verdeckte Zusammenarbeit mit ihm als für eine offene Anwerbung und Leitung als IM.

Wahrscheinlich gestaltete sich diese Zusammenarbeit so, dass der Kläger von Dornberger, der ihm unter dem Namen Gebhard als Mitarbeiter des Dokumentationszentrums des Mdl gegenübertrat, Informationen erhielt und für Artikel benutzte, die er in der Zeitschrift „Konkret" veröffentlichte, ohne dass für den Kläger deutlich wurde, dass ihn auf diese Weise das MfS für die Lancierung der jeweiligen Themen benutzte. Dass es bei diesen Kontakten Gespräche über politische Entwicklungen in der Bundesrepublik gab, zumal wenn sie einen Bezug zu dem vom Kläger gewünschten beziehungsweise vom MfS über Dornberger/Gebhard zur Verfügung gestellten Material gab, erscheint als unvermeidliche Begleiterscheinung. Wenn der Kläger diese von ihm zur Recherche genutzte Möglichkeit weiterhin wahrnehmen wollte, konnte er sich solchen Gesprächen nicht verschließen. Die Annahme, durch einen Mitarbeiter des MfS ausgehorcht zu werden, drängte sich allein deshalb nicht auf.

Auf eine IM-Tätigkeit des Klägers deutet - wie ausgeführt - eher hin, dass nach der Indizienlage davon auszugehen ist, dass er Dr. Gundlach in Kopenhagen die Unterlagen übergeben hat, die bei dessen Festnahme gefunden wurden. Dennoch gelangt der Senat unter Berücksichtigung der weiteren belastenden Umstände, auch in Anbetracht dessen, dass der Kläger teilweise wahrheitswidrig vorgetragen hat, nicht zu der Überzeugung, dass er bewusst als IM für das MfS tätig geworden ist. Neben den bereits angeführten Gründen ist dafür maßgeblich, dass es sich bei den bei Dr, Gundlach gefundenen Unterlagen weder um geheime Informationen noch um Material handelt, von dem offensichtlich war, dass es für einen Geheimdienst Bedeutung hat,

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Selbst der Brief mit dem Hinweis auf den Kellner, der Helmut Schmidt bedient hatte, enthielt keine geheimen Informationen und keine bedeutenden Ermittlungsansätze; denn es gab keine Hinweise, dass der Kellner Helmut Schmidt jemals wieder bedienen würde. Das wusste auch der Kläger, denn ausweislich der kriminalpolizeilichen Aussage Schreibers hatte dieser dem Kläger mitgeteilt, dass er den früheren Kellner als Zeitschriftenwerber in Lemgo kennen gelernt hatte (Anlage B 22, Sonderheft Dr. Gundlach, Bl. 53 oder 71). Anhaltspunkte dafür, dass der genannte Kellner Beobachtungen von besonderem geheimdienstlichen Interesse gemacht hätte, sind weder dem Schreiben noch der Aussage Schreibers zu entnehmen.

Die Rundschreiben des Vereins zur Wiedereinführung der Todesstrafe, die Einladung der „Arbeitsgemeinschaft Res Publica" zu einem Vortrag, das Grundsatzprogramm der Deutschen Union und die auf dem Gründungsparteitag der Deutschen Union gehaltene Ansprache waren vielmehr für die interessierte Öffentlichkeit in der Bundesrepublik frei zugänglich, so dass es für den Kläger nicht auf der Hand gelegen haben muss, dass daran ein geheimdienstliches Interesse bestand.

Dass der Kläger eine Übergabe dieser unspektakulären Unterlagen unter den beschriebenen Vorzeichen leugnet, mag verschiedene Gründe haben. Vorstellbar ist etwa, dass er nicht wagt, von seiner dahingehenden ersten Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen IM-Vorwürfen abzurücken, weil er fürchtet, dadurch unglaubwürdig zu werden. Auch dies beweist jedoch nicht, dass die streitgegenständliche Äußerung wahr ist.

Insgesamt sieht der Senat keinen überzeugenden Grund dafür, nicht ernstlich in Betracht zu ziehen, dass der Kläger die Unterlagen in Kopenhagen Dr. Gundlach lediglich als seinem Journalistenkollegen, also von Journalist zu Journalist, und nicht von IM zu IM überlassen hat.

4.        Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht - wie mit der Berufung geltend gemacht - im Hinblick auf die Frage, ob die Beweiswürdigung unter dem Vorsatzmaßstab des bedingten Vorsatzes hätte durchgeführt werden müssen; denn diese Frage ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nach den Ausführungen unter II. 1. auf der Grundlage des zitierten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nicht erheblich.

Raben                                                         Kleffel                                               Lemcke

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 18.01.06
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