Landgericht Hamburg
U R T E I L
Im Namen des Volkes
Geschäfts-Nr.: 324 O 699/03 Verkündet am:
17.12.2004
xxxx, JAe als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Sache
Günter Wallraff
- Kläger -
Prozessbevollmächtigter
Rechtsanwalt Helmuth Jipp
gegen
Springer-Verlag
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte Rechtsanwälte xxxx
erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2004 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht xxxx
den Richter xxxx
für Recht:
l. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den
Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder
einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall
höchstens 250.000,- €; Ordnungshaft höchstens zwei Jahre),
zu unterlassen,
zu behaupten und/oder zu verbreiten, behaupten und/oder verbreiten zu
lassen,
der Kläger sei Stasi-IM gewesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
54.000,-€ vorläufig vollstreckbar.
und beschließt: Der Streitwert wird auf 50.000,- € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, über den Kläger
zu behaupten oder zu verbreiten, er sei Stasi-IM (inoffizieller
Mitarbeiter des Ministeriums für Staatsicherheit der DDR) gewesen.
Der Kläger ist Journalist und Schriftsteller, der durch seine Reportagen
und Bücher, die für einen gesellschaftskritischen investigativen
Journalismus stehen, einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat; die
Beklagte ist Verlegerin. Im Verlag der Beklagten erscheint u.a. die
Tageszeitung "Die Welt". Auf der Titelseite von "Die Welt" veröffentlichte
die Beklagte am 15.08.2003 einen Beitrag mit der Überschrift "Neue
Widersprüche im Fall des Stasi-IM Wallraff". Im Innenteil der Zeitung
erschien ein Artikel, der mit den Worten "Schützte die
Birthler-Behörde Stasi-IM Wagner" überschrieben war. Für die Einzelheiten der Beiträge wird
auf die Anlagen K 3 und K 4 hingewiesen. Der Kläger mochte diese
Veröffentlichungen nicht hinnehmen und mahnte die Beklagte noch mit
Schreiben vom selben Tage ab; die Beklagte konnte sich jedoch zur Abgabe
einer Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht verstehen. Daraufhin
erwirkte der Kläger eine einstweilige Verfügung der Kammer, durch die der
Beklagten die angegriffene Äußerung verboten worden ist. Nunmehr verfolgt
der Kläger sein Begehren im Wege der Hauptsache. Zwischen den Parteien
besteht kein Streit darüber, dass es in dem hier vorgelegten
Dokumentenmaterial Hinweise auf den Kläger und das Ministerium für
Staatssicherheit der DDR gibt; streitig ist aber, ob dieses Material die
Beklagte zu der angegriffenen Äußerung berechtigt.
Der Kläger trägt vor, er habe sich zu keiner Zeit gegenüber dem
Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) zur Lieferung von
Informationen bereit erklärt oder dem MfS wissentlich und/oder willentlich
Informationen oder Material gegeben; er sei niemals angesprochen worden,
mit dem Nachrichtendienst der DDR zusammenzuarbeiten. Es gebe auch keine
Unterlagen, die die angegriffene Behauptung rechtfertigten; insbesondere
gebe es keinen IM-Vorlauf (vgl. dazu Anlagen K 6 und K 7) und keine
"Werbevorlage"; auch seien Gesprächskontakte zu engagierten Personen durch
das MfS zu IM - Kontakten umgemünzt worden (vgl. Anlagen K 8 und K 9),
zumal der Umstand, dass jemand als IM geführt worden sei, dazu geführt
habe, dass er für andere Abteilungen des MfS gesperrt gewesen sei, mit der
Folge, dass sich die registrierende Abteilung gleichsam ein
Alleinnutzungsrecht gesichert habe. Überdies sei den Unterlagen des MfS
höchste Vorsicht entgegenzubringen; bei dem Statistikbogen gemäß Anlage B
6, der der Beklagten zum Veröffentlichungszeitpunkt nicht vorgelegen habe,
und der die Registriernummer XV/485/68 aufweise, verhalte es sich zudem so, dass er den Weg
vom MfS über die CIA zum Bundesverfassungsschutz / Bundeskanzleramt
genommen habe, womit offen bleibe, ob es sich überhaupt noch um eine
authentische Urkunde handele. Auch enthalte er auf den Kläger - unstreitig
- nicht zutreffende Angaben: Wohnungsmieter, Fremdsprachen Englisch,
Besitzer eines PKW und bei den Familienstandangaben fehlten seine drei
Töchter. Außerdem habe er sehr wohl Verwandte in der DDR, und zwar in xxxx
gehabt. Und wenn die Beklagte meine, mit "A-Quelle" sei ein IM gemeint,
sei dies mehr als zweifelhaft; jedenfalls aber sei er, der Kläger, - so
denn den Unterlagen des MfS Glauben zu schenken sei -, Objekt der
Abschöpfung durch das MfS gewesen (vgl. Anlagen K 10 bis K 14).
Der Kläger bestreitet die Echtheit der F 16 und F 22 Karten (Anlagen B 4
und B 5), sie seien nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen, dass er für
das MfS gearbeitet habe. Die Anlage B 4 (F 16 Karte), die offenbar nach
der Veröffentlichung vom Bundesbeauftragten erstellt worden sei, weise
die Registriernummer XV/485/68 auf, und das, obwohl die Karte bereits im November
1967 angelegt worden sein soll - er, der Kläger, wisse nicht, dass man ihm
eine solche Registriernummer zugeordnet habe. Die Wohnanschrift "xxxx" sei
seit Dezember 1967 überholt gewesen; bei ,xxxx' sei der Kläger lediglich
freier Mitarbeiter gewesen. Die Karteikarte xxxx belege nicht, dass der
Kläger für das MfS gearbeitet habe, sie beziehe sich ausschließlich auf
die Art und Weise der Aktenführung und gebe keinen Funktionstyp von
Inoffiziellen Mitarbeitern an; die Beziehungen zwischen einer
registrierten Person und dem MfS seien grundsätzlich nur aus den Akten
direkt ersichtlich, was angesichts ihrer Vernichtung - leider - nicht mehr
möglich sei (Anlage K 21). Außerdem sei die xxxx Karte nach der Richtlinie
1/59 angelegt worden, denn es heiße dort "Art des Vorganges", wohingegen
es nach der Richtlinie 1/68 "Vorgangsart" geheißen habe. Nach der
Richtlinie 1/59 habe es sich aber bei A-Quellen um abgeschöpfte Quellen
gehandelt. Die xxxx- Datei und damit auch der Statistikbogen seien nach
Einschätzung des Bundesinnenministers lediglich ein "Findhilfsmittel",
eine Registrierung dort reiche für den Nachweis einer bewussten und
aktiven Mitarbeit als IM nicht aus (vgl. Anlage K 24). Und auch nach der
Richtlinie 2/68 (Anlage B 13) sei eben die Werbung des Klägers, für den
ausweislich der Beschreibung xxxx (Anlage B 9) eine Anwerbung als IM
ernsthaft nicht in Betracht gekommen sei, nicht abgeschlossen gewesen,
weil die dafür notwendigen operativen Ergebnisse eben nicht vorgelegen
hätten. Auch die Politiker xxxx (s. dazu Anlage K 44} xxxx (s. dazu Anlage K 28)
und xxxx (s-Anlagen K 29, K 42 (xxxx) K 43 (xxxx und K 43 a) seien mit
Decknamen und Registriernummer erfasst gewesen, ohne für die HVA
gearbeitet zu haben. Den SIRA-Dateien (vgl. Anlage B 8) könne nicht
entnommen werden, dass der Kläger Berichte abgeliefert habe; er, der
Kläger, habe keinen einzigen der dort aufgeführten Berichte verfaßt oder
geliefert. Auch die Auskunft xxxx vom xxxx (Anlage B 9) sei nicht
geeignet, den Beweis für die von der Beklagten aufgestellte Behauptung zu
liefern; die Auskunft spreche mehr dafür, dass der Kläger als IM geführt
und im übrigen als Quelle abgeschöpft worden sei. Vom MfS seien
Gesprächskontakte in IM-Kontakte umgemünzt worden; im übrigen enthalte
die Auskunft Unrichtigkeiten wie etwa zum Schulabschluß des Klägers, was
unstreitig ist. Falsch seien auch die Angaben zur Spielsucht. Spielsüchtig
sei der xxxx- Redakteur xxxx gewesen, über den, wie auch über den Redakteur
das MfS im übrigen einen direkten Zugang zur xxxx-Redaktion gehabt
habe. Eine Anwerbung und Verpflichtung des Klägers aber habe es zu keinem
Zeitpunkt gegeben, er sei nicht direkt angesprochen und zu einer
Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst der DDR geworben worden. Wäre er,
der Kläger, aktiver IM gewesen, hätte die Auskunft 1976 anders gelautet;
man hätte eine Top-Quelle unmittelbar in der Nähe des "Staatsfeindes"
Wolf Biermann (?) gehabt, die man zu nutzen versucht und nicht gegenüber der
Hauptabteilung XX aufgedeckt hätte. Stattdessen heiße es in der Auskunft:
"Keine Ergebnisse gab es auf dem Gebiet der Personenhinweise". Die
Recherchen über die "KgU" (Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit) habe er für
den "Konkret" unternommen (s. dazu Anlage K 34). Auch habe es keine mit dem
MfS abgestimmte Veröffentlichung in ,xxxx' gegeben; die, die es zur KgU
gegeben habe, sei von xxxx gewesen, der sie aufgrund eigener Recherchen
veröffentlicht habe. Soweit in der Auskunft die Beispiele "xxxx" und "xxxx"
erwähnt würden, beruhten die damaligen Informationen nicht auf
Informationen oder Unterlagen aus DDR-Archiven; recherchiert worden seien
die Beiträge von xxxx (vg!. Anlagen K 16 und K 17). Allerdings habe er,
der Kläger, in der DDR recherchiert, und zwar in den 60er Jahren über NS-Täter; über den Verlagsleiter des xxxx Verlages, xxxx sei ihm ein Kontakt
zum Pressezentrum der DDR hergestellt worden, wo er einen Mitarbeiter
namens xxxx kennen gelernt habe; zu keiner Zeit habe er aber bewusst
Kontakte zum MfS gehabt.
In der Auskunft gemäß Anlage B 9 finde der Instrukteur IM
"Friedhelm" Erwähnung,
bei dem es sich um Dr. Gundlach. den damaligen Ressortleiter Kultur bei
der Ostsee-Zeitung, gehandelt habe, der im Volkstheater Rostock eine
Lesung des Klägers organisiert habe und mit dem Theater auch in die
Bundesrepublik gereist sei, wobei es zu Kontakten gekommen sei und sich
durchaus seit 1967 freundschaftliche Beziehungen der Familien entwickelt
hätten. Gundlach sei ihm, dem Kläger, stets nur als Journalist begegnet
(s. a. Anlage K 38) und habe zu keiner Zeit auch nur den Hinweis gegeben,
dass er Kontakte zum MfS habe. Zutreffend sei, dass der Kläger sich am
17.12.1971 in Gegenwart der schwedischen Freundin Britta Edwall und seines dänischen
Verlegers xxxx getroffen habe, allerdings nicht in einer
Bahnhofsgaststätte, sondern in einem Hotel. Grundlage seien ein Interview
für die "Ostsee-Zeitung", ein geplantes Theaterstück sowie eine
Inszenierung im Rostocker Volkstheater, nicht aber die Übergabe auftragsgemäßer
besorgter Materialien gewesen. Auch erinnere er sich nunmehr daran, dass
erörtert worden sei, ob für den Kläger die Möglichkeit bestehe, in einem
DDR - Betrieb zu arbeiten, wie auch an den Umstand, dass xxxx selbst über
rechtsradikale Tendenzen in der Bundesrepublik recherchiert und mit dem
Kläger darüber gesprochen habe. Aus dem Brief eines Studenten, der sich
angeboten habe, den Kontakt zu einem Kellner herzustellen, der regelmäßig
den damaligen Verteidigungsminister Helmut Schmidt bedient habe (vgl. dazu
Anlagen K 18 und K 19), und den er, der Kläger, erst jetzt nach
Akteneinsicht zur Kenntnis bekommen habe, könne er möglicherweise zitiert
haben, übergeben habe er ihn aber nicht.
Über xxxx, den Verleger von xxxx, habe er nichts erzählt. Daß man über xxxx
gesprochen habe, könne schon sein; ihm sei aber nicht erinnerlich, das
allgemein zugängliche Grundsatzprogramm der "xxxx" dabei gehabt zu haben.
In diesem Zusammenhang komme auch der Anklageschrift xxxx (Anlage B 10),
die der Generalbundesanwalt unstreitig zurückgenommen hat, kein Beweiswert
zu. Gleiches gelte für die mit der Anlage B 11 vorgelegten Beiträge des
Klägers für "xxxx" die durchaus vom MfS zu Akte genommen worden sein
könnten, denn es habe zu den Methoden des MfS gehört, Westpublikationen
auszuwerten und zu den Unterlagen zu nehmen. Daß ein solcher Schwindel
aufgeflogen wäre, weil "xxxx" vom MfS mitfinanziert worden sei, treffe
schon deshalb nicht zu, weil die Zahlungen aus der DDR 1964 aufgehört
hätten (vgl. Anlage K 20). Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg
auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Er, der Kläger, habe
nicht die Möglichkeit gehabt, vor der Veröffentlichung inhaltlich Stellung
zu nehmen. So trügen bereits die Unterlagen gemäß der Anlagen B 5, B 6 und
B 8 ein Ausdruckdatum, das zeitlich nach dem angegriffenen Beitrag liege.
Der Kläger beantragt,
der Beklagten wird unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen
Ordnungsmittel verboten, zu behaupten und/oder zu verbreiten, behaupten
und/oder verbreiten zu lassen,
der Kläger sei Stasi-IM gewesen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, über die Rosenholz-Dateien (vgl. dazu Anlagen B 2
und B 3) und Eingangsvermerke in den xxxx Dateien sei nachzuweisen, dass
der Kläger, der unstreitig über sich selbst sagt, er habe in Archiven der
DDR recherchiert (Anlage B 1), aktiv mit dem MfS zusammengearbeitet habe.
Zu diesem Ergebnis gelange auch die Bundesbeauftragte für die Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik (Beweis: Auskunft der Bundesbeauftragten).
In den xxxx Unterlagen gebe es zürn Kläger die xxxx Karte und die xxxx
Karte (Anlagen B 4 und B 5), wobei letztere über die Registriernummer
xxxx eindeutig dem Kläger zuzuordnen sei. Zweifel an der Echtheit der
Karten bestünden nicht. In der F 16 Kartei sei der Kläger mit Klarnamen,
zutreffendem Geburtsdatum / Geburtsort, Wohnort und Beruf verzeichnet. Aus
der Karte ergebe sich, dass sie von
xxxx erstmals registriert worden sei, zunächst unter der Registriernummer
einer Sammelnummer. Ein halbes Jahr später sei die Registrierung auf die
Nummer xxxx geändert worden. Offizier ein IM-Vorgang angelegt worden sei;
dies erkläre, warum die Klarnamendatei (xxxx) bereits xxxx die Karteikarte
über den IM-Vorgang xxxx aber erst xxxx angelegt worden sei - der vom
Kläger gerügte Widerspruch sei keiner. Daß der Kläger unter der
Vorgangsnummer xxxx geführt worden sei, belege auch eine Karteikarte der
Hauptabteilung II, Abteilung 2 (vgl. Anlage B 18), die heute noch
vorhanden sei, mithin nicht gefälscht sein könne. Weitere Einzelheiten
über den Kläger enthalte die xxxx Karte. Ihr könne entnommen werden, dass
am xxxx der Vorgang in einen Personalteil - IM-Akte A Teil ! - und in
einen Berichtsteil - Teil II Bd. l aufgegliedert worden sei. Aufgrund der
Aktenvernichtung seien diese xxxx - Akten physisch nicht mehr vorhanden.
In ähnlicher Form fänden sich diese Angaben auch auf der elektronischen
xxxx Kartei der JB der xxxx - TDB 21 (Anlage B 18 a). Der Statistikbogen
(Anlage B 6) enthalte den Decknamen des Klägers Wallraff, die
Registriernummer xxxx und die Zuordnung zur Kategorie A - Quelle, womit
die Gruppe der IM bezeichnet sei und keineswegs Quellen, die ihrerseits
abgeschöpft würden (s. a. Anlage B 7). Beschrieben werde der Kläger als
"IM aus OP" (Operationsgebiet), und die Werbung basiere auf ideologischer
Basis. Darüber hinaus enthalte der Statistikbogen weitere persönliche
Angaben, Soweit der Kläger rüge, dass einzelne Angaben auf dem Bogen
unzutreffend seien, sei anzunehmen, dass Angaben ungeprüft auf den jeweils
neuen Bogen übernommen worden seien. Da die verwandtschaftlichen
Beziehungen des Klägers in die DDR nur mütterlicherseits bestanden hätten,
dürften sie unter dem Namen xxxx nicht auffällig geworden sein. Daß die
Registriernummer am und nicht xxxx laute. beruhe nach Auskunft der
Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der
ehemaligen DDR auf einem Eingabefehler (Anlage B 7), und könne daran
liegen, dass es zunächst den Vorgang xxxx gegeben habe. Und dass die
vorvorletzte Zäh! nicht eindeutig als £' zu erkennen sei, könne auf die
mehrfache Reproduktion von einer schlechten Vorlage zurückzuführen sein
{vgl. dazu Anlage B 19). Jedenfalls sei eine Verwechselung mit einem
anderen IM auszuschließen. Auch wenn man den Beweiswert des
Statistikbogens für gering
für das MfS
halte, ändere dies nichts daran, dass der Kläger als "IM registriert
gewesen sei.
Bei Eingabe der Registriernummer XV/485/68 in die
xxxx-Datei erhalte man die
Unterlagen gemäß Anlagenkonvolut B 8, aus denen sich ergebe, dass ein "IM
-Vorgang mit Arbeitsakte" bestanden habe; der IM sei durch den MfS -
Offizier xxxx geführt worden. Für den Kläger streite nicht, dass eine
Verpflichtungserklärung oder aber ein IM - Vorlauf nicht vorliege, denn
die damals geltende Richtlinie 2/68 (Anlage B 13) habe dies für Auslands -
IM nicht verlangt. Nach dieser Richtlinie sei der Kläger auch erfasst
gewesen, nicht nach der Richtlinie 1/59, wie F 22 ausdrücklich belege: "umgeschr.
it. Richtl. 2/68 IM - Akte A Teil 1". Eine im Operationsgebiet geworbene
Person sei als IM registriert und mit .einem Decknamen versehen worden,
sobald die Person bereit war, konspirativ operative Aufgaben zu erfüllen.
Demgegenüber könne der Kläger aus den Veröffentlichungen von xxxx (Anlagen
K 6 bis K 9) nichts für sich herleiten. Hinzu komme im übrigen, dass die
Hauptverwaltung Aufklärung des MfS ihren Aktenbestand fast vollständig
vernichtet habe.
Ausweislich der xxxx Datei (Anlage B 8) habe der Kläger zu fünf
Themenkomplexen Informationen geliefert, zu Themenkomplexen, über die der
Kläger 1969 auch in der Zeitschrift xxxx berichtet habe (Anlagen B 11 und
B 12}. Dabei sei auch nicht etwa aus xxxx schlicht abgeschrieben worden,
denn xxxx sei seit Anfang der 70er Jahre vom MfS mitfinanziert und über
in der Redaktion platzierte IMs gesteuert worden - ein derartiger
Schwindel eines MfS -Offiziers wäre aufgeflogen.
Bestätigung erfahre die angegriffene Äußerung auch durch einen
Auskunftsbericht der Hauptverwaltung Aufklärung, Abteilung X, zur Person
des IM xxxx vom xxxx
Auskunft die Unwahrheit geschrieben haben solle, sei nicht erkennbar.
Anlaß des durchaus differenzierenden und damit auch im Lichte einzelner
Fehler glaubwürdigen Berichts sei die Aufnahme Biermanns nach seiner
Ausbürgerung aus der DDR beim Kläger gewesen. Und dass der Kläger als
Quelle gegen den "Staatsfeind Nr. 1" nicht eingesetzt worden sei, beruhe
schlicht darauf, dass man zu diesem Zeitpunkt die Zusammenarbeit
eingestellt gewesen sei. In dem Auskunftsbericht werde als erste in
Abstimmung mit dem MfS durchgeführte Aktion die Recherche im Zusammenhang
mit der Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit geschildert. Dass
der Kläger die Recherchen nun gerade für den "xxxx" eine mit
xxxx, dem
Blatt für das der Kläger damals gearbeitet habe (vgl. Anlage B 27),
konkurrierende Zeitschrift, gemacht habe, sei äußerst unwahrscheinlich und
stimme auch mit seiner eigenen Darstellung nicht überein (vgl. Anlage B
20). Die Artikel, die dann in xxxx zur xxxx erschienen seien (Anlagen B 28
und B 29), berichteten Detailkenntnisse, die nur aus der DDR und mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur vom dortigen MfS stammten.
Auch wenn der Kläger nicht als Autor der Artikel genannt werde, so sei
faut xxxx ein Artikel mit ihm abgestimmt worden, und der Kläger selbst
habe mitgeteilt, dass das Material veröffentlicht worden sei (Anlage B
20}, womit letztlich nur die Artikel in xxxx gemeint sein könnten (s. a.
Anlage B 30). Hinzu komme, dass Lancierungstätigkeit des Klägers auf der
Grundlage ihm überlassenen Materials ab Anfang xxxx hervorgehoben werde.
Betrachte man die publizistische Tätigkeit des Klägers, so belegten die
aus den Anlagen B 12, B 31 bis B 33 ersichtlichen Beiträge in "xxxx "dass
in dieser Zeit in der Tat mindestens sechs Artikel, vom Kläger vier
gezeichnet, veröffentlicht worden seien, die die Anschuldigung der DDR
verbreiten, in der Bundesrepublik würden insgeheim B- und C-Waffen
hergestellt, und die auch in der Öffentlichkeit die von xxxx beschriebene
Wirkung entfalteten (vgl. dazu Anlage B 37). Und auch für die Beispiele
"xxxx" und "xxxx" sei der Kläger es gewesen, der die Informationen vom MfS
erhalten und verwendet habe, keinesfalls sei es so, dass er Artikel nur
formuliert habe. All dies, wie im übrigen auch die Anlagen B 38 bis B 40
(s, a. den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19. Oktober 2004), zeige,
dass es sich bei den Archivkontakten des Klägers in die DDR keineswegs
nahezu ausschließlich um NS-Recherchen gehandelt habe
Für den xxx x- einen Tag vor dem ersten
xxxx-Artikel verzeichnete
denn auch die xxxx-Teildatenbank 12 den ersten Eintrag, ein anderer
Eintrag betreffe eben die Produktion von B- und C-Waffen (Anlage B 41, s.
a. Anlage B 42). Dass es sich bei den registrierten Informationen um die
xxxx-Artikel handele, sei falsch, schon deshalb, weil die Auswertung
bundesdeutscher Presseveröffentlichungen im MfS nicht der HVA oblegen
habe (vgl. Anlage B 43). Auch hätte ein Führungsoffizier es sich nicht
gewagt, einen solchen Artikel als IM-Information einzureichen, wie es
auch nicht möglich gewesen wäre, dass ein solcher Artikel mit der
zweithöchsten Stufe im Benotungssystem (B II = wertvoll) bewertet oder aber als Vertrauliche Verschlußsache ("WS") klassifiziert worden wäre
(vgl. dazu die Dienstanweisung 1/88, Anlage B 16). Und schließlich weise
die Datenbank Titel auf, die nicht Gegenstand von Veröffentlichungen in ,
gewesen seien, schon gar nicht mit einem Umfang von 15 Seiten, wie etwa
der in der Nr. 3 der Anlage K 41 ausgewiesene Titel "Schulungsmaterial der
Offiziersschule der Bundeswehr Hamburg Wandsbek".
Auch die Anklageschrift des Generalbundesanwalts gegen Wallraff (Anlage B
10), in der beschrieben werde, wie der Kläger seinem Instrukteur Gundlach
am 17.12.1971 in einem Bahnhofsrestaurant in Kopenhagen Materialien
übergeben
habe, streite für die Beklagte. Nachdem erste Erkenntnisse bereits in die
Anklageschrift gegen Wallraff eingeflossen seien (vgl. Anlage B 23 - und
in diesem Zusammenhang das Urteil vom dd.mm.yy (Anlage B 24), habe der
Generalbundesanwalt in der später verfassten Anlageschrift xxxx -Tätigkeit
des Klägers noch näher beschrieben, nicht zuletzt aufgrund weiterer
Erkenntnisquellen wie u.a. der Vernehmung von xxxx Gegen den Kläger sei
nur deshalb kein Ermittlungsverfahren wegen Spionage eröffnet worden, weil
die Tat Anfang der 90er Jahre verjährt gewesen sei, was nichts daran
ändere, dass für den Bundesanwalt die Tätigkeit des Klägers exemplarisch
für die Arbeitsweise der Abteilung X gewesen sei. Und dass nicht gleich
xxxx gegen den Kläger ermittelt worden sei, erkläre sich aus dem Umstand,
dass man seine Überwachung im Zusammenhang mit dem xxxx-Komplex nicht
habe stören wollen (vgl. dazu Anlage B 26). Die Version des Klägers, es
sei bei dem Treffen in Kopenhagen ausschließlich um ein Interview für die
"Ostsee-Zeitung" und zwei Theaterprojekte gegangen, treffe nicht zu. Schon
der Treffpunkt - Bahnhofsrestaurant in Kopenhagen - spreche für den konspirativen
Charakter, zumal ein Zusammenkommen für xxxx, wo er ohnehin oft gewesen
sei, wegen der Grenzkontrollen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
Dänemark lange nicht so risikobehaftet gewesen wäre. Die Erklärung, warum
das Treffen in Kopenhagen stattgefunden hat, könne nur darin liegen, dass man es
vor deutschen Behörden habe verbergen wollen. Hinzu komme aber, dass
betreff der Brief des Studenten xxxx (An\Bge K 18) gefunden worden sei,
den dieser an den Kläger geschrieben habe und in dem er angeboten habe, zu
einem Kellner Kontakt herzustellen, der den damaligen
Verteidigungsminister Schmidt bedient habe. Es entspreche nicht der Wahrheit,
wenn der Kläger sage, er habe den Brief erst jetzt, nach Akteneinsicht, bei der Bundesanwaltschaft zur Kenntnis
bekommen. Er habe ihn vielmehr von dem Studenten erhalten und an xxxx weitergegeben, nachdem er zuvor den Briefkopf mit seiner Adressierung
entfernt habe. Überdies ergebe sich aus den von xxxx angefertigten
Gesprächsnotizen in dem Sonderheft 1 (Anlage B 22) zur Beiakte zu dem
Ermittlungsverfahren gegen
Rahmen der Ermittlungen gegen die xxxx - Gruppe berichtet habe,
Einladung der Arbeitsgemeinschaft xxxx zu einem Vortrag, beide Vereine mit
Sitz am Wohnort der Klägers in xxxx gefunden. Und schließlich habe sich in
den bei beschlagnahmten Unterlagen das Grundsatzprogramm der xxxx
gefunden, deren Vorsitzender der damalige Bundestagsabgeordnete gewesen
sei, der mit dem Kläger zwei Gespräche geführt habe. Ausweislich der bei
befundenen Gesprächsnotizen habe der Kläger ihm, über diese Gespräche
berichtet. Nach der Verhaftung von xxxx am xxxx im xxxx seien seitens der
bundesdeutschen Behörden keinerlei Maßnahmen gegen den Kläger getroffen
worden, wodurch das MfS eine Verbindung seines IMs zu einem feindlichen
Geheimdienst für möglich und die Zusammenarbeit beendet habe.
Das vom Kläger angeführte Beispiel xxxx streite nicht für ihn, sei
jedoch
nicht als IM sondern als KP geführt worden. Gleiches gelte für (und den
Decknamen xxxx Registrierung xxxx als IM (habe es sich um einen schlichten
Zahlendreher gehandelt, wie er auch beim MfS habe vorkommen können xxxx
sei ganz jemand anderes gewesen, im Unterschied zum Kläger sei bei xxxx
Karte nur ein Personalteil (IM-Akte A Teil 1) angelegt worden, wohingegen
für den Kläger auch ein Berichtsteil vermerkt sei, was wiederum durch die
Eintragungen in der xxxx Datei, in denen Berichte des Klägers registriert
worden seien, bestätigt werde. Bei xxxx dazu Anlage B 47) liege es nahe,
dass dieser von einem IM ausgehorcht worden sei. Der Kläger habe auch
gewusst, dass er für das MfS gearbeitet habe. Selbst wenn er nur den
Verdacht gehabt habe, mit dem MfS zu kooperieren, und diesen Verdacht
müsse er gehabt haben, so habe er billigend in Kauf genommen, mit dem MfS
zusammenzuarbeiten.
Jedenfalls könne sie, die Beklagte, sich mit Erfolg auf die Wahrnehmung
berechtigter Interessen berufen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte
gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf der
Grundlage der §§ 823 BGB, 186 StGB und 1004 BGB analog zu, denn die
angegriffene Äußerung verletzt den Kläger rechtswidrig bei bestehender
Wiederholungsgefahr in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
1. Die angegriffene Äußerung, der Kläger sei IM der Stasi gewesen, hat als
unwahr zu gelten. Die Äußerung hat zum Inhalt, dass der Kläger
als
inoffizieller Mitarbeiter und damit in bewusstem und gewolltem
Zusammenwirken mit ihm als solchen bekannten Mitarbeitern des MfS der DDR
für dieses tätig gewesen ist. Für den der Kläger, der ein exponierter
Vertreter eines engagierten investigativen Journalismus ist, wirkt sich
die Äußerung, er habe gleichsam nebenbei für die Stasi gespitzelt, als
außerordentlich ansehensmindernd aus, wird doch damit seine
Unabhängigkeit, die in besonderem Maße die Glaubwürdigkeit gerade des
Journalismus´ für den Kläger steht, ausmacht, in Abrede genommen. Damit
ist die Behauptung geeignet, den Kläger in der öffentlichen Meinung
herabzuwürdigen, mit der Folge, dass die Beklagte aufgrund der in das
Zivilrecht transformierten Beweislastregel des § 186 StGB (vgl. dazu BGH NJW 1987, 2225 (2226) - pressemäßige Sorgfalt, Hanseatisches
Oberlandesgericht Hamburg, AfP 1982, 36 (38)) darlegungungs- und
beweispflichtig dafür ist, dass die von ihr aufgestellte Behauptung wahr
ist; der Kläger mithin tatsächlich IM der Stasi war. Ihrer
Darlegungspflicht ist die Beklagte indes nicht gerecht geworden. Weder aus
den beigebrachten Dokumenten im einzelnen noch bei einer Gesamtschau
liefert das
Material eine tragfähige Grundlage für die Feststellung
der Wahrheit der angegriffenen Äußerung.
Für den Bereich des Strafrechts hat der Bundesgerichtshof entschieden,
dass Akten und Erkenntnisse des Ministeriums für Staatssicherheit der
ehemaligen DDR grundsätzlich nicht geeignet sind, als solche den für den
Erlaß eines Haftbefehls erforderlichen dringenden Tatverdacht zu belegen.
Vielmehr bedürfen die aus ihnen zu entnehmenden Informationen strenger und
besonders kritischer Überprüfung, weil Aufgabenstellung und Arbeitsweise
des MfS den Erfordernissen rechtsstaatlicher Sachverhaltsaufklärung in
keiner Weise entsprochen haben (BGH St 38, 276). Angesichts der weit
reichenden und tief greifenden Beeinträchtigung der
persönlichkeitsrechtlichen Belange des Klägers, die damit einhergehen,
wenn ihm wahrheitswidrig nachgesagt wird, er sei IM der Stasi gewesen, muß
der vom Bundesgerichtshof aufgezeigte strenge und kritische Maßstab auch
auf den hier zur Entscheidung gestellten Fall angewendet werden. Dies gilt
nun vorliegend umso mehr, als aufgrund der Aktenvernichtung durch das MfS
vollständiges Aktenmaterial in Bezug auf den Kläger nicht vorliegt. Das
von der Beklagten vorgelegte umfangreiche Material ist im Ergebnis nicht
geeignet, die Wahrheit der angegriffenen Behauptung zu belegen. Damit ist
nun aber keineswegs gesagt, dass die Beklagte nicht über dieses Material,
auch mit einer konkreten Bezugnahme auf den Kläger, berichten dürfte; die
Unterlagen sind von besonderem öffentlichen Interesse und einer
Berichterstattung nicht entzogen. So mag - was hier nicht zu entscheiden
ist - eine die Voraussetzungen zulässiger Verdachtsberichterstattung
wahrende Veröffentlichung zulässig sein, die uneingeschränkte Behauptung
ist es indes nicht. Der Beklagten ist uneingeschränkt einzuräumen, dass
der Kläger in den Unterlagen als IM geführt wurde. Dass er aber diese
Position auch ausgefüllt hätte, belegen die beigebrachten Dokumente
keineswegs zwingend:
a) Das Treffen mit Gundlach in Kopenhagen am dd.mm.1971 liefert keine tragfähige
Grundlage für eine IM-Tätigkeit des Klägers. Dabei legt die Kammer der
Entscheidung zugrunde, dass xxxx inoffizieller Mitarbeiter des MfS, IM xxxx
war. Mit der Beklagten wird man in der Tat davon ausgehen dürfen, dass
sich Gundlach etwa auf dem Politischen Frühschoppen der xxxx am dd.mm.yy in
xxxx am dd.mm.yy (vgl. Anlage K 38) nicht als
Instrukteur der Hauptverwaltung Aufklärung mit seinem Decknamen
vorgestellt hat. Es ist aber auch nicht dargetan, dass Gundlach dies gegenüber
dem Kläger tat. Das Vorbringen der Beklagten, sie bestreite, dass sich
Gundlach nicht als MfS-Mitarbeiter offenbart habe, reicht dafür nicht;
dem
insoweit angebotenen Gegenbeweis musste die Kammer nicht nachgehen. Das
Vorbringen des Klägers, ihm sei Gundlach stets als Journalist der "Ostsee-Zeitung" begegnet, ist nicht widerlegt. Auch der Treffpunkt Kopenhagen
weist nicht hinreichend auf den konspirativen Charakter der Zusammenkunft
hin, denn für eine konspirative Zusammenkunft hätte es in der Tat näher
gelegen, sich in der Bundesrepublik zu treffen. Für das Argument der
Beklagten, man habe das Treffen vor den deutschen Behörden geheim halten
wollen, sprechen keinerlei Anknüpfungspunkte, im Gegenteil: zwischen dem
Kläger und Gundlach gab es ohnehin Kontakte, die sich immerhin bis zu
einer Freundschaft entwickelten. Recht hat die Beklagte damit, dass es in
Kopenhagen nicht nur um zwei Theaterprojekte und ein in Aussicht
genommenes Interview ging. Aber wenn man befreundet ist, gemeinsame
Projekte in Angriff nehmen will und der Kläger sondiert, ob er auf einer
Werft in der DDR arbeiten könne, liegt es nahe, sich auch über andere
politische Themen auszutauschen, wie etwa die Verhaftung von xxxx oder den
Namen
und eine Einladung der Arbeitsgemeinschaft xxxx zu einem Vortrag oder aber
das Grundsatzprogramm der xxxx hatte, ist offen geblieben. Aber
selbst wenn solche frei verfügbaren Unterlagen vom Kläger herrührten, belegt
dies nicht eine Spitzeltätigkeit. Bleibt der Brief des Studenten xxxx
(Anlage K 18), geschrieben 3 1/2 Wochen vor dem Treffen in Kopenhagen mit
dem P.S.: "Um die Adresse des Kellners, der in Hamburg öfter Helmut Schmidt
bedient hat, werde ich mich bemühen." Die Geschichte bleibt mysteriös,
belegt damit aber noch nicht eine IM-Tätigkeit des Klägers. Warum
spricht das Entfernen der Adressierung für eine Spitzeltätigkeit, wenn man
sich entschlossen hat, dem MfS Informationen zu liefern? Damit soll nun
keineswegs gesagt werden, dass der Brief mit Adressierung den
hinreichenden Beleg geliefert hätte, denn der Kläger kann seinem Freund Gundlach aus vielfältigen Gründen diesen Brief gezeigt haben. Dass der
Kläger einen Brief, in dem jemand unmittelbar im Anschluß an einen Vortrag
des Klägers sein Studentenleben beschreibt, die vielen Fehler damit
entschuldigt, dass er auch dem Alkohol schon "ein wenig zugesprochen"
habe, und der den Hinweis auf gleichsam als Nachsatz enthält, aus geheimdienstlichen Erwägungen
gezeigt hat, ist nun wirklich nicht zwingend. Das Treffen des Klägers mit
vor genau 33 Jahren liefert keine Belege für die Behauptung, der Kläger
sei IM der Staatssicherheit gewesen.
b) Die xxxx-Dateien (Anlagen B 8, B 41 und B 42) sind kein Nachweis
dafür, dass der Kläger für das MfS gespitzelt hat. Auch wenn man als
Quelle über die Registrierung xxxx bzw. xxxx zum Kläger gelangt und die
angegebenen Sachverhalte (z.B. xxxx ./. xxxxxx
(s.c.)) ihm zuordnet, so belegt dies nicht eine gewollte und bewusste
Zusammenarbeit mit der Stasi. Dabei helfen der Beklagten
Veröffentlichungen und Recherchen des Klägers zu den Themen nichts, denn
damit ist nicht gesagt, dass das in den xxxx-Dateien vermerkte Material
vom Kläger in geheimdienstlicher Tätigkeit geliefert wurde. Die
ausführlichen und detailreichen Darlegungen der Beklagten bleiben auch in
ihrer Dichte Schlussfolgerungen, die in der Tat für sich genommen nicht
fern liegend sind, denn etwa einen, xxxx Artikel als "Vertrauliche
Verschlusssache" zu klassifizieren, hat nicht viel für sich; andererseits
sind sie aber nicht geeignet, den hier maßgeblichen Umstand zu beweisen,
dass es der Kläger war, der das ausgewiesene Material als IM
dem MfS zutrug. Es liegt aber auch umgekehrt keinesfalls nahe, dass der
Kläger als engagierter Journalist, von dem ja auch nach Darstellung der
Beklagten jedenfalls nicht eben viel für das MfS gekommen ist, gleichsam
den Bodensatz seiner Recherchen zu als brisant erachteten Themen in "xxxx"
veröffentlicht und das Sahnehäubchen der Stasi übergibt. Und auch in
diesem Zusammenhang kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger -
auch wenn er nach Auffassung der Beklagten als solche Quelle nicht
registriert gewesen ist - etwa über xxxx und xxxx abgeschöpft wurde - wie das
bei xxxx der Fall gewesen ist (s. dazu Anlage B 47).
c) Wenn unter der Registriernummer xxxx ein einziger Personenvorgang beim
Ministerium für Staatssicherheit registriert war, belegen bereits die xxxx
und die xxxx Karte (Anlagen B 5 und B 6, s.a. Anlage B 18), dass der
Kläger als IM geführt wurde - mehr aber auch nicht. Daß er diese Position
ausgefüllt hat, weil ausweislich der xxxx Karte auch ein Berichtsheft
angelegt wurde, ist damit schon deshalb nicht belegt, weil der Inhalt des
Berichtsheftes unbekannt ist und damit nicht daran gemessen werden kann. Dass gegenüber dem Aktenmaterial des MfS Vorsicht
geboten ist, belegt die xxxx Karte (Anlage K 43), die sich auf xxxx bezieht. Die Beklagte trägt vor, auf der Grundlage der Richtlinie 2/68
(Anlage B 13) seien Ausland-IMs als IM registriert und mit einem
Decknamen versehen worden, sobald die Person bereit gewesen sei,
konspirativ operative Aufgaben zu erfüllen. Wenn man nun wiederum unter
der Registriernummer xxxx einen Personenvorgang beim MfS begreift und auf
die Dokumentenlage schaut, so gab es ausweislich der xxxx Karte (Anlage K
42) in Verbindung mit xxxx Karte (Anlage K 43} eine IM-Akte A Teil l, obwohl xxxx, und da besteht zwischen der Parteien kein Streit, die Position
eines IM niemals ausgefüllt hat. Daran ändern auch der von der Beklagten
vorgetragene Zahlendreher und der Hinweis darauf, xxxx sei jemand ganz
anderes gewesen, nichts. Nach der Dokumentenlage, und hier ist es nur die,
die gegen den Kläger ins Feld geführt wird, gab es im Rahmen eines IM-Vorgangs
für xxxx jedenfalls einen A-Teil, obwohl xxxx nie als IM für das MfS
tätig war. Dann kann das aber auch für den Kläger gelten. Daran ändert nun
auch der Hinweis auf den B-Teil auf seiner Karte nichts, denn daraus
kann für sich genommen nicht geschlossen werden, dass er tatsächlich als
IM Berichte für die Stasi geliefert hat, genauso wenig wie sicher gesagt
werden kann, dass er dann gleichsam zumindest von der Staatsicherheit
geworben worden war, weil beim Kläger zudem der Personalteil, IM-Akts A
Teil l, vermerkt sei.
Nimmt man nun den Statistikbogen (Anlage B 6) hinzu,
nehmen die Zweifel zu, nicht ab. Unstreitig enthält der Statistikbogen
eine Reihe unzutreffender Angaben über den Kläger, die jedenfalls nicht
alle damit erklärt werden können, dass sie ungeprüft von vorherigen Bögen
übernommen worden seien: der Kläger wird die englische Sprache nicht
verlernt haben. Und wenn es auf dem einseitigen Papier für so wichtig
erachtet wird, dass unter der Überschrift "Zuverlässigkeit und
Sicherheitsprobleme" verwandtschaftliche Beziehungen in die DDR oder aber
andere sozialistische Länder verneint werden, obwohl der Kläger
mütterlicherseits durchaus Verwandte in xxxx hatte, so spricht die Erklärung
der Beklagten, diese Verwandten seien wegen des Familiennamens nicht
auffällig geworden, jedenfalls dafür, dass die Angaben nicht sorgfältig
erstellt wurden, mit der Folge, dass ein weiterer Umstand vorliegt, der
Zurückhaltung gebietet, aus derartigen Unterlagen den Schluß zu ziehen,
der Kläger habe wissentlich und willentlich als IM für die Staatsicherheit
der DDR gearbeitet.
Deutlich mehr Gewicht im Sinne des Vertrags der Beklagten kommt
xxxx-Auskunft vom xxxx (Anlage B 9) zu. Das beginnt damit, dass unter
der Rubrik "Zur Person" die Bezeichnung xxxx fraglos dem Kläger zugeordnet
wird. Unter der Überschrift "Bekanntwerden und bisherige Ergebnisse der
Zusammenarbeit" wird die Vorbereitung der Werbung angesprochen, sodann
heißt
es:
"Als im April 1968 eine operativ günstige Situation vorhanden war, wurde
xxxx direkt angesprochen und zu einer Zusammenarbeit mit dem
Nachrichtendienst der DDR geworben.
Xxxx hatte sich mit Materialien der xxxx beschäftigt und eine Reihe neuer,
nicht uninteressanter Aspekte erarbeitet. Von selten des MfS wurde das
Interesse an der xxxx etwas hochgespielt und xxxx übernahm im Auftrag eine
Reise zum ehemaligen KgU-Agenten xxxx nach xxxx. Auf der Grundlage des
erarbeiteten Materials erfolgte dann eine Veröffentlichung in "xxxx", die
vorher mit dem MfS abgestimmt war. Mit Abschluß dieser Sache wurde auch
die Werbekombination von "xxxx " zu Ende geführt.
Infolge eines eigenen Hinweises von "xxxx" wurde xxxx dem Vorgang wieder
zugeordnet, der ihn bis zu dessen Festnahme n(sic) der BRD im xxxx als
Instrukteur steuerte.
(sic) der Zusammenarbeit bis xxxx der Schwerpunkt (sic) der
Lancierungstätigkeit. Durch seine Initiativen trug er wesentlich dazu bei,
dem Kampf gegen die B- und C-Waffen-Rüstung in WD - vor allem unter der
studentischen Jugend - Richtung und Inhalt zu geben. Von uns übergebene
Materialien wurden seit Anfang xxxx vielfältigen publizistischen
Maßnahmen, eigenen Recherchen, wo neue Beweise erbracht wurden, die im
Falle xxxx und xxxx zu neuen beweiskräftigen Aktionen führten, genutzt.
Auf diese Weise wurde ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung und
Orientierung der Protestaktionen in der BRD geleistet, die mehrfach
Dementis und Erklärungen der Bundesregierung (BMVtdg.) und des xxxx-Konzerns
(Pressekonferenz) erzwangen.
Auf dem Gebiet der Informationstätigkeit konnten einige brauchbare
Ergebnisse erzielt werden, standen jedoch zu den Möglichkeiten des IM in
keinem Verhältnis. Keine Ergebnisse gab es auf dem Gebiet der
Personenhinweise."
Diese Dokument für sich genommen spricht nun in der Tat dafür, dass der
Kläger über die schlichte Registrierung hinaus doch wissentlich und
willentlich IM der Staatsicherheit der DDR geworden war. Ein anderer Sinngehalt lässt sich
der dort beschriebenen Werbung kaum beimessen. Der Kläger hat aber hierzu
ausdrücklich erklärt, er sei nicht zu einer Zusammenarbeit mit dem
Nachrichtendienst der DDR angesprochen worden, wie es in der Auskunft
beschrieben wird, weder von xxxx noch von einem anderen. Angesichts
dessen, dass der Kläger weiter vorträgt, er habe die xxxx-Recherchen nicht
im Auftrage des MfS, sondern für den xxxx durchgeführt, kann die
Kernaussage der Auskunft xxxx, der Kläger sei zu einer Zusammenarbeit mit
dem Nachrichtendienst der DDR geworben worden, der hier zu treffenden
Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Sie kann ebenso wie die
unstreitig unrichtige Auskunft zum Schulabschluß des Klägers schlicht
falsch sein. Damit können aber auch die weiteren Angaben in dem xxxx-Bericht keine tragfähige Grundlage für die angegriffene Behauptung bilden.
Auch wenn man den Vortrag der Beklagten zur publizistischen Tätigkeit des
Klägers, die vorgetragenen Recherchen und Veröffentlichungen etwa zu den
B- und C - Waffen, zugrunde legt, und das im einzelnen entgegengesetzte
Vorbringen des Klägers außer acht lässt, dringt die Beklagte mit ihrem
Vorbringen nicht durch, denn es beweist nicht, dass der Kläger damit die
Position eines informellen Mitarbeiters ausfüllte. Vielmehr ist auch auf
der Grundlage des Beklagtenvorbringens durchaus denkbar, dass dem Kläger,
der sicherlich für das MfS aufgrund seiner kritischen Haltung gegenüber
der Bundesrepublik interessant gewesen sein mag, das Material, das die
Beklagte dem Kläger zuschreibt, und von dem sie sagt, dass es nur aus der
DDR und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur vom dortigen
MfS stammen könne, zugespielt wurde.
d) Können die Dokumente für sich genommen nicht den Nachweis einer IM-Tätigkeit des Klägers erbringen, so können sie es auch nicht in ihrer
Gesamtheit. Auch wenn man die Dokumente zueinander in Beziehung setzt,
genügen sie nicht den Anforderungen, die an die der Beklagten obliegenden
Darlegungslast zu stellen sind; dies gilt auch, wenn man darüber hinaus
Faktoren hinzunimmt, die der Entscheidung zugrunde gelegt werden können:
das Treffen in Kopenhagen, die Recherchen des Klägers in der DDR, die
Anklageschrift xxxx (Anlage B 10), die für sich genommen auch nicht den
notwendigen Beweis erbringt. Maßgeblich ist dabei nicht allein die
gebotene Zurückhaltung, mit der man den Dokumenten des MfS nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu begegnen hat, sondern bereits die nicht hinreichende Aussagekraft der vorgelegten Dokumente für
die Behauptung, der Kläger sei IM der Stasi gewesen. Das vorgelegte
Material fügt sich eben nicht wie einzelne Mosaiksteine zu einem
einheitlichen Ganzen zusammen, das dann die angegriffene Aussage
rechtfertigt.
Auch die Einholung einer Auskunft der Bundesbeauftragten ist nicht
geeignet, die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeiten der beigebrachten
MfS-Unterlagen sicherzustellen. Die Bundesbeauftragte könnte nur
bestätigen, dass es die in Rede stehenden Dokumente gibt, was aber vom
Kläger gar nicht in Abrede genommen wird. Wenn die Bundesbeauftragte, wie
vom Kläger vorgetragen, die Auskunft erteilen würde, sie komme nach
Überprüfung des bekannten Materials unzweifelhaft zu der Auffassung, dass
dieser aktiver IM der HVA gewesen sei, so beantwortet sie keine Frage nach
einem tatsächlichen Geschehen, sondern gelangt zu einer Schlussfolgerung
und damit einer eigenen Bewertung, die nicht die Frage nach der Wahrheit
oder Unwahrheit beantwortet.
e) Soweit die Beklagte vorträgt, der Kläger müsse jedenfalls den Verdacht
gehabt haben, mit dem MfS zu kooperieren, mit der Folge, dass er eine
Zusammenarbeit billigend in Kauf genommen habe, vermag dieser
Gesichtspunkt die angegriffene Äußerung nicht zu rechtfertigen. Nach
Auffassung der Kammer konnte man auf die von der Beklagten beschriebenen
Weise nicht gleichsam mit bedingtem Vorsatz zum informellen Mitarbeiter
der Staatssicherheit werden. Maßgeblich für den Begriff des IMs ist nicht
das Selbstverständnis des einzelnen, sondern die Rolle, die ihm durch das
Ministerium für Staatsicherheit zugewiesen wurde.
Man konnte sich nicht
als Mitglied dieser Organisation fühlen, man musste schon Mitglied werden,
um IM zu sein.
2. Die angegriffene Äußerung, die als unwahr zu gelten hat, verletzt den
Kläger gravierend in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Auf die
Wahrnehmung berechtigter Interessen kann sich die Beklagte nicht mit
Erfolg berufen. Wie im einzelnen dargelegt, rechtfertigt das zugrunde
liegende Recherchematerial die Behauptung, der Kläger sei IM der Stasi
gewesen, nicht. Die Wiederholungsgefahr besteht angesichts der
rechtswidrigen Erstveröffentlichung fort.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre
Rechtsgrundlage in S 709 Satz 1 ZPO.
Buske
xxxxx
xxxx
Ausgefertigt:
JAe
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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Rolf Schälike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 13.11.05
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