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Bericht
Pressekammer LG Hamburg
Sitzung, Freitag, den 09. Juni 2006 (Terminrolle)

Rolf Schälike - 12.06.2006

Auch für diesen Bericht gilt, wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht,  ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

Öffentlichkeit

Die Besucherbänke waren an diesem Freitag so gut wie wie zu keinem Zeitpunkt leer.

Journalisten interessieren sich für die Verfahren, dachte ich zunächst.

Nein, es waren fast ausschließlich Anwälte der anstehenden Verhandlungen. Diese blieben auch nach Abschluss der eigenen Sitzungen im Saal.

Ein Novum; Grund unbekannt.

 

Verkündungen

Günter Jauch verlor gegen den SUPERillu Verlag (Az.: 324 O 868/05).

Die Verhandlung war am 03.03.2006. Drei Monate benötigte die Pressekammer zur Entscheidungsfindung.

In einer Rätselzeitschrift der SUPERillu Verlag GmbH erschienen Bilder von Thomas Gottschalk und Günter Jauch, als diese gemeinsam bei Gottschalk auftraten.

Ob Gottschalk ebenfalls versuchte, aus der Veröffentlichung immaterielle Lizenzgebühren zu erhalten, ist mir unbekannt.

Günter Jauch hat es jedenfalls über seinen Prozessbevollmächtigten, Promianwalt Dr. Schertz, versucht mit der Begründung, die Rätselzeitschrift sei keine Textzeitschrift und das Bild sei reine Werbung.

Schwierig für die Pressekammer. Drei Monate dauerte die Entscheidungsfindung. Die Klage von Günter Jauch wurde abgewiesen.

Die Pressekammer hat einen weiteren Teilaspekt des Webemarktes erschlossen.

 

Friedrich Günter Raab (Lindner) und Michael Ballack (Az.: 324 O 271; 275/06 und Az.: 324 O 197/06)

Die Details dieses Prominententratsches möchte ich dem Leser ersparen.

In Sachen 324 O 271/06 ging es um das Veröffentlichungsverbot eines Dreierbildes mit Daniel, dem Adaptivsohn von Patrick Lindner (eigentlich Friedrich Günther Raab).
Diese Einstweilige Verfügung wurde am 13.06.06 bestätigt. Es geht um die Seele eines Kindes.

In Sachen 324 O 275/06 ging es um das Veröffentlichungsverbot eines Dreierbildes mit der Großmutter von Patrick Lindner (eigentlich Friedrich Günther Raab).
Diese Einstweilige Verfügung wurde aufgehoben. Die Seele der Großmutter ist nicht geschützt.

Nur soviel zum Hintergrund:

Jahrelang gaben Patrick Lindner und sein Ex-Partner Michael Link ihrem Adoptivsohn Daniel ein behütetes Zuhause. Aber die kleine, ehemals glückliche Familie zerbrach.
Daniel wird jetzt von Patrick Lindners Mutter versorgt.
Rein rechtlich ist Michael Link nicht der Vater, auch wenn er sich so fühlt.

Es waren Sitzungen unter dem Vorzeichen der Fußball-Weltmeisterschaft.

Am Mikrofon des Vorsitzenden hing ein Inter-Wimpel.

Der Vorsitzende zum Fall Raab [keine wörtlichen Zitate - RS]:

Finde, dass die Einzelheiten starke Argumente liefern.
Erreichen die Ziellinie nicht.
Dafür reicht der Vortrag [des Beklagtenvertreters] nicht.

Der Vorsitzende zum Fall Ballack [keine wörtlichen Zitate - RS]:

Für diesen Fall habe wir uns eine Besonderheit ausgedacht [und meinte den Inter-Wimpel].
....
Es sei keine Schande, zu InterMailand zu gehen.

Ballack soll anständig spielen.
Nicht dass ihn das jetzt belastet.

Der Klägervertreter:

Kostenaufhebung geht auch.

Der Vorsitzende:

Wir sammeln für beide.

Auf dringendes Anraten des Gerichts kam es zu einem Vergleich:

Die Beklagte verpflichtet sich zur Unterlassung.

Die Kosten des Hauptsacheverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfügungsverfahrens bleibt bestehen.

Der Streitwert beträgt 40.000,00 EUR. Der Streitwert des Vergleichs übersteigt den Wert der Hauptsache nicht.

 

Zwei Eltern vs. Springer (Az. 324 O 170/06; 324 O 171/06)

Was macht ein Fußballspieler, wenn die Mannschaft nach dem Spiel vor Freude oder Enttäuschung weint, und mit Foto in "Bild" zu sehen ist? Nichts.

Was macht aber ein Fußballer, der nicht mitweint?

Er kann bei der Pressekammer Hamburg klagen und erklären, dass er nicht mitgeweint hat und auf Richtigstellung bestehen. Eine Geldentschädigung steht ihm nicht zu.

Was machen Eltern von zwei gut behüteten Kindern, die am organisierten Mittagstisch mit warmen Essen für Kinder aus armen Familien sitzen und mit Erlaubnis der Mittagstisch-Betreiber wird in "Bild" ein Foto mit allen Kindern gezeigt?

Die Eltern klagen gegen "Bild" und auf Entschädigung.

10.000,00 EUR ist "Bild" bereit zu zahlen, der Klägervertreter möchte mindestens 15.000,00 EUR [kann mich in den Zahlen verhört haben - RS].

Das Ergebnis werden wir hören am 18.08.2006, 9:55, Saal 833.

Vorab werden noch Schreiben ausgetauscht.

War das wirklich die Idee der Eltern oder ein neues Geschäftsfeld für kluge Anwälte?

 

Bundesrepublik Deutschland  vs. Focus Verlag (324 O 932/05)

Hintergrund [aus dem Internet - keine Gewähr für die Richtigkeit]:

Beamte des BKA, unterstützt von der Polizei, haben am 12. September 2005 Hausdurchsuchungen in der Redaktion des CICERO und in den Privaträumen von Autor Bruno Schirra durchgeführt. Beschuldigung: Mithilfe zum Geheimnisverrat. Beihilfe geleistet haben sollen Bruno Schirra und CICERO durch die Veröffentlichung eines Artikels in der April-Ausgabe des CICERO, in der Schirra die Verbindung des Top-Terroristen al Zarqawi zum Iran und dessen Pläne für ein Chemieattentat belegt. Er zitierte aus einem streng vertraulichen BKA-Dokument über Zarqawi, welches die Staatsanwaltschaft übrigens weder in der Redaktion noch in der Privatwohnung fand. Verletzt wurde durch die Durchsuchung das Recht freie Berichterstattung und das auf Quellenschutz. Mitgenommen haben die Beamten aber etliche Akten und Daten über die investigativen Recherchen des Journalisten über Max Strauß, Spürpanzer-Geschäfte, Leuna-Machenschaften und Waffenlobbyisten-Details. Diese wurden im Beschlagnahmeprotokoll als "Zufallsfunde" ausgewiesen.

Die gegen die Pressefreiheit gerichtete Durchsuchungsaktion hatte bereits Folgen:

Nach einem Bericht im "FOCUS" und in "FOCUS online" erwirkte das BKA beim Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung gegen den Verlag: Das Magazin habe angeblich fälschlicherweise behauptet, das BKA habe zur internen Ermittlung des Falls manipulierte Terrorismusakten in Umlauf gebracht.

FOCUS-Sprecher Uwe Barfknecht teilte nunmehr mit, das Nachrichtenmagazin bleibe jedoch bei seiner Darstellung der Vorgänge und gehe gegen die einstweilige Verfügung vor: Offensichtlich ist man seitens des FOCUS der Meinung, das BKA habe sehr wohl manipulierte Akten in Umlauf gebracht. Und ebenso scheint man sich beim FOCUS sicher zu sein, dies belegen zu können. Eine Einstweilige Verfügung ergeht in aller Regel ohne Hörung desjenigen, gegen den verfügt wird.

Es war wohl an diesem Freitag die Verhandlung im Hauptsachverfahren wegen der o.g. Einstweiligen Verfügung.

Der Vorsitzende zu Beginn [keine wörtlichen Zitate - keine Garantie für die Richtigkeit]:

Hat sich tatsächlich nicht so viel getan.
Wir müssen uns auseinandersetzen über unsere Entscheidung vom Mai 2002.
Grundsätzlich wollen wir diese beibehalten.
Aber, müssen ausländische Stellen Lockmittel verwenden und vertrauliche Daten veröffentlichen?
Es geht um Geheimnisverrat.
....
Was da Frau Schröder-Köpf benutzt hat oder nicht.

In den fünfzehn Minuten der Sitzung wurde die Sach- und Rechtslage umfassend sowie ausführlich erörtert.

Die Entscheidung hören wir am 21.07.2006, 9:55, Saal 833.

21.07.06: Aussetzungsbeschluss auf den 01.09.06.

01.09.06: Urteil  - Focus hat verloren.

BGH bestätigt Richtigstellungsanspruch des Bundeskriminalamtes gegen das Nachrichtenmagazin FOCUS

Die Bundesrepublik Deutschland hat das Nachrichtenmagazin FOCUS wegen eines Presseartikels auf Unterlassung und Richtigstellung verklagt. Gegenstand des Revisionsverfahrens war nur noch die Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung einer Richtigstellung.

Die Bundesrepublik Deutschland hat das Nachrichtenmagazin FOCUS wegen eines Presseartikels auf Unterlassung und Richtigstellung verklagt. Gegenstand des Revisionsverfahrens war nur noch die Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung einer Richtigstellung.

Das Politmagazin CICERO veröffentlichte im April 2005 einen Artikel des Journalisten S. über den Terroristen al-Sarkawi, durch den Detailinformationen aus einem geheimen Bericht des BKA bekannt wurden. Nachdem das BKA deshalb Strafanzeige erstattet hatte und es zu Durchsuchungen der Redaktion und des Privathauses des Journalisten gekommen war (vgl. BVerfGE 117, 224), erschien in dem von der Beklagten verlegten Nachrichtenmagazin FOCUS ein Artikel, in dem u. a. berichtet wird, auf der verzweifelten Suche nach einer undichten Stelle habe das BKA offenbar streng geheime Dossiers manipuliert, um eine undichte Stelle in der eigenen Behörde aufzuspüren. Zu diesem Zweck seien vor Verteilung des Dossiers an verschiedene Referate des BKA u. a. Telefonnummern mit unauffälligen Zahlendrehern versehen worden.

Die Klägerin hat geltend gemacht, in dem Artikel würden unwahre Tatsachen über den Umgang des BKA mit dieser Akte behauptet, die geheime Informationen ausländischer Geheimdienste enthalte. Diese Behauptung sei geeignet, das Ansehen des BKA in der Öffentlichkeit herabzumindern, weil der Eindruck vermittelt werde, das BKA setze Geheiminformationen zweckwidrig ein und lasse zu, dass sie durch Veröffentlichung entwertet würden.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung und Richtigstellung verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, dass eBay aufgrund der erfolgten Hinweise eine Pflicht trifft, derartige Verletzungen des Namensrechts des Klägers im Rahmen des Zumutbaren zu verhindern.

Der u. a. für das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat hat das Berufungsurteil bestätigt und entschieden, dass auch einer Behörde ein Richtigstellungsanspruch zustehen kann, wenn die konkrete Äußerung geeignet ist, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen. Der BGH hat auch die Voraussetzungen eines Richtigstellungsanspruchs bejaht, weil das Berufungsgericht aus prozessualen Gründen von der Unrichtigkeit der Behauptung ausgehen konnte. Da die Beklagte die Tatsachen als wahr hingestellt hatte, konnte der BGH offen lassen, ob die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung vorgelegen hätten.

Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 22. April 2008 – VI ZR 83/07

Vorinstanzen:
Landgericht Hamburg (LG Hamburg) – Urteil vom 1. September 2006 - 324 O 932/05 Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg) - Urteil vom 27. Februar 2007 – 7 U 121/06

Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 22. April 2008

Mzoudi vs. Ullstein GmbH (Az.: 324 O 709/05)

Im Internet lesen wir:

Unmittelbar nach der Rückkehr in seine Heimat hat der vom Terrorverdacht freigesprochene Marokkaner Abdelghani Mzoudi angekündigt, den deutschen Staat auf Entschädigung verklagen zu wollen. Für den "materiellen und moralischen Schaden", der ihm in Deutschland zugefügt worden sei, verlange er Entschädigung, sagte Mzoudi der unabhängigen marokkanischen Tageszeitung "Assabah". Dabei bezog sich der 32-Jährige auf die Tatsache, dass es ihm verwehrt wurde, sein Studium der Elektrotechnik in Hamburg abzuschließen.

Außerdem verlangte er Entschädigung für "das seelische Leid", das ihm und seiner Familie durch seine Inhaftierung zugefügt worden sei, sagte Mzoudi. Auch die regierungsnahe marokkanische Zeitung "Assahra el Maghribia" berichtete, Mzoudi erwäge eine Klage gegen die deutschen Behörden. Er bereite dies gemeinsam mit seinem Anwalt Michael Rosenthal vor. Mzoudi wolle nicht mehr nach Deutschland zurückkehren, bedauere aber sehr, dass er sein Universitätsexamen nicht ablegen konnte.

Mzoudi war am Dienstag nach Marokko zurückgekehrt und so einer drohenden Abschiebung durch die Hamburger Behörden entgangen. Mzoudi war vom Hamburger Oberlandesgericht (OLG) aus Mangel an Beweisen von dem Vorwurf freigesprochen worden, die Attentäter vom 11. September 2001 unterstützt zu haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte den Freispruch am 9. Juni 2005 bestätigt.

Wir kennen nicht den Stand der Klagen zur Entschädigung des "seelischen Leids".

Wir haben jedoch erfahren, dass Abdelghani Mzoudi Erfolg haben wird auf Entschädigung wegen schwerer Persönlichkeits-Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung.

Der Vorsitzende [keine wörtlichen Zitate - RS]:

Haben schon zu erkennen gegeben, dass wir zum Schluss gekommen sind, dass wir eine schwere Persönlichkeits-Rechtsverletzung für möglich halten.
Man muss viel Wohlwollen haben, dies als Wertung zu sehen.
Es war eine Prangersetzung.

Brauchen nicht wahnsinnig lange über hinreichende Schreiben zu verhandeln.

Was noch nicht klar ist, wie steht der Kläger selbst zum Anschlag [vom 11. September]?

Die Äußerungen des Klägers im Strafverfahren:

- aus kleinen Juden werden auch große

- würde persönlich Salman Rushdie umbringen

interessiert uns schon, wie der Kläger dazu steht.

Klägeranwalt Jan Mohr:

Im Urteil geht es um Äußerungen Dritter. Der Kläger macht sich die Äußerungen nicht zu eigen. Davon können wir ausgehen.

Richter Zink:

Der Kläger hat ja Kontakt zu den Tätern gehabt.
Die Äußerungen betreffen die geistige Nähe.
Ist nicht verurteilt worden.

Für das, was hier zu entscheiden ist, müssen wir sehen, wie er zu diesen Äußerungen steht.

Klägeranwalt Jan Mohr:

Hat sich distanziert.
Ist aber nicht nach außen getreten.

Der Vorsitzende:

Wenn er beim Anschlag ein Genugtuungsinteresse besitzt, spielt das eine Rolle für die Höhe der Entschädigung.

 Klägeranwalt Jan Mohr:

Dass es keine Genugtuung gibt, ist klar.

Beklagtenanwalt Jörg Thomas

Der Kläger hat den Mund nicht aufgemacht bei der Abschiebung.

Der Klägeranwalt Jan Mohr:

Es gibt keine Verpflichtung meines Mandanten, sich dazu zu äußern.

Es geht um die Höhe der Entschädigung.

Der Vorsitzende:

Zur Einschätzung der Höhe ist zu berücksichtigen:

- Reisepläne zu den Kams
- Ist selbst hingereist

Die Kammer weist darauf hin, dass es jedenfalls bezüglich der geltend gemachten Höhe  ankommen könnte auf: Äußerungen bezüglich
- Salman Rushdie
und Äußerungen aus dem Strafverfahren
- über Lockerbie
- ob er die Wohnung 1999 von den Attentätern übernahm
- ob er dort war
- ob der Name Atta am Briefkasten hing
- ob er über die Reisepläne der Täter zu Al-kaida informiert war
- ob er selbst im Jahre 2000 zu einem solchen Camp gereist war
- ob er den Namen T. gekannt habe

Außerdem könnte in Bezug auf das Genugtuungsinteresse von Bedeutung sein, wie der Kläger die Anschläge vom 11.September einschätzt.

Danach wurde über die Höhe der Entschädigung gestritten.

120.000,00 wollte wohl der Kläger. 30.000,00 bot das Gericht. Anwalt Jörg Thomas widersprach.

Dann gab es die Hanseatische Lösung die Hälfte: 15.000,00 EUR

Anwalt Mohr: 20.000,00 EUR mit Rücktrittsvorbehalt.

Anwalt Jörg Thomas:

Meine Idee war 15.000,00

Ich gehe jetzt raus, rufe den Justiziar an und wenn der sagt, .... dann ist es o.k.

Kleine Pause

Kein Vergleich!

Bis zum 15.08.06 muss der Kläger vortragen, der Beklagte kann erwidern.

Vor Ende 2006 wird nichts entscheiden.

Die Verhandlung wurde am 24.11.2006 fortgeführt und endete mit einem Vergleich. Wir berichteten.

Gerd von Paczensky vs. NDR

oder "Giftspinne im Äther"

Geschichtsschreibung durch die Pressekammer (Az. 324 O 175/06)

Im Internet lesen wir:

Am 24. Juni 2005 wurde im Hamburger NDR-Funkhaus die Studie "Giftspinne im Äther" von den Historikerinnen Rahel Frank und Sandra Pingel-Schliemann über den Einfluss des DDR-Staatssicherheitsdienstes auf den Norddeutschen Rundfunk vorgestellt.

Agenten wurden wohl keine entlarvt aber "nützliche Idioten" von SED und Stasi soll es viele gegeben haben.

Blieb natürlich nicht ohne Folgen: Klageandrohungen und bitterböse Briefe an die Intendanz.

NDR-Redakteur Wolfgang Meisenkothen, Reporter des NDR-Magazins "Panorama", Lutz Lehmann, Peter Merseburger und Gert von Paczensky beschwerten sich.

Die "Schmähschrift" sollte wegen Rufmord aus dem Verkehr gezogen werden.

Mit Meisenkothen einigte sich der NDR inzwischen in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht darauf, dass die ihn betreffenden Passagen in der Studie überarbeitet werden. Gleiches wurden den drei früheren "Panorama"-Redakteuren zugesichert. Lehmann erhielt sogar eine Unterlassungserklärung des Senders, in dem sich der NDR verpflichtet, zehn Textstellen über den Ex-Reporter zu streichen.

Die knapp 500 Seiten lange Untersuchung liegt unter Verschluss. Diese muss von den Autorinnen überarbeitet werden.

An der Überarbeitung ist die Pressekammer Hamburg beteiligt.

Wie?

Das haben wir an diesem Freitag erlebt und erfahren:

Der Vorsitzende [keine wörtlichen Zitate - RS]:

Behauptet werde: Die Rolle Herrn von Paczenskys ist undurchsichtig.
Der Kläger hat sich zur Desinformation durch die Hauptabteilung Aufklärung (HVA) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) missbrauchen lassen.

Die Regeln der Verdachtsberichterstattung sind nicht eingehalten. Die angegriffenen Äußerungen greifen den Kläger an.
Die politische und  sachliche Unabhängigkeit eines Journalisten wird angegriffen.

Bohnsacks Äußerungen sind irrelevant.
In keinem konkreten Fall wird auf einen Kontakt hingewiesen.
Auch keine Zitate.
Die Kontakte liefen über den Pressechef.
Der Kläger habe sich von dem MfS instrumentalisieren lassen.
Die Verweigerung der Einsicht in die MfS-Unterlagen ist bedeutugslos.

Dies ist die Einschätzung der Kammer

Wir erfuhren, dass das Werk "Giftspinne im Äther" - NDR stellt Studie über Stasis Einfluss auf den Sender vor auf einer Pressekonferenz des NDR vorgestellt wurde. Zweiunddreißig Journalisten haben die Veröffentlichung erhalten.

Vom Kläger erfuhren wir, dass er bis 1980 ein bedeutender Journalist gewesen war, und die Behauptung, dass er von der Stasi gelenkt worden sei, fände er unerträglich.

Der NDR-Anwalt Fricke meinte, man solle versuchen, eine einvernehmliche Lösung  zu finden. Es gab Folgeberichte, die das richtig gestellt hätten.

Rüdiger, linke Ausrichtung, Brandt, Bahr - alles im Einvernehmen, alles Bausteine einer Verschwörung.
Das ginge zu weit, meinte der Kläger.

Der NDR-Anwalt sagte, dass an einer Neufassung gearbeitet wird. Der NDR sei auch zu einer Unterlassungserklärung bereit .

Der Vorsitzende meinte, man könne doch die zweiunddreißig Journalisten finden, welche die Veröffentlichung erhalten haben.

Weiß ich nicht, antwortete NDR-Anwalt Fricke. Die Studie sei von Historikern erarbeitet, wir als NDR wollten nicht eingreifen.

Danach wurde um die Prozesskosten gefeilscht.

Der Klägervertreter meinte, hier stehe ein einzelner Journalist und auf der anderen Seite die Macht, der NDR.

Der Vorsitzende lächelnd:

Der NDR ist doch immer verlässlich.

Der NDR verpflichtet sich, die zweiunddreißig Teilnehmer zu informieren und übernimmt die Kosten.

Die Kosten des Vergleichs werden geteilt.

Ist doch eine gute Idee?

NDR-Anwalt Herr Fricke: Ich sehe immer Gesprächsbereitschaft.

Danach wurde der Verbotstext formuliert:

Der Beklagtenvertreter erklärt, dass er das Verbot anerkennt.

Die Entscheidung wird verkündet am 23.06.2006, 9:55, Saal 833.

23.06.2006: Anerkenntnisurteil

 

Deutsche Sprache

Signal oder Entscheidung

Der Vorsitzende definierte den Unterschied:

Wir werden jetzt auch nur Signale verkünden und keine Entscheidungen.
Es sei ein hochinteressanter Fall.

Er vergaß, dass auch Gerichtsentscheidungen Signalwirkungen haben und dass Signale, z.B. bei der Bundesbahn, Entscheidungscharakter tragen und Züge dirigieren.

Wehe dem, welcher in einem Signal eine Entscheidung sieht.

In diesem konkreten Fall berichtete die Springerpresse (in Sachen Ballack, Az.: 324 O 197/06) von einer Entscheidung. Danach stellte sich heraus, dass die Erstübersetzung, auf welcher der Springerbericht basierte, möglicherweise falsch war, es hätte "Signal" heißen müssen.

In der Meldung wurde von "deadline" gesprochen, da sei im Kontext ein "Signal" auch eine "Entscheidung", meinte der Springer-Justiziar.

Die Pressekammer war diesmal Übersetzer und Sprachmittler zugleich.

"Gesellschafter bestehlen" oder "in die Kasse greifen"

Bestiehlt ein Gesellschafter die anderen bzw. die Gesellschaft, so darf nicht behauptet werden, er habe in die Kasse der Gesellschaft gegriffen. Die "Kasse" sei ein buchhalterischer Begriff und ist journalistisch nur so zu verwenden (Az.: 324 O 128/06: 324 O 128/06  WAZ  vs. Hans Dichand).

Vermögungsverschiebungen (wirtschaftliche Schädigung) sind keine offenen Drohungen

Vermögensverschiebungen (wirtschaftliche Schädigungen) dürfen nicht als offene Drohungen bezeichnet werden (Az.: 324 O 128/06: 324 O 128/06  WAZ  vs. Hans Dichand).

Reduziert zwar den Streitwert, ist jedoch trotzdem unzulässig.

 

Während der Sitzung herausgehörte interessante Leitsätze

Bestiehlt ein Gesellschafter die anderen bzw. die Gesellschaft, so darf nicht behauptet werden, er habe in die Kasse der Gesellschaft gegriffen. "Kasse" ist ein feststehender Begriff.

Die Höhe einer Entschädigung für schwere Persönlichkeits-Rechtsverletzungen hängt von innerer Haltung sowie den Äußerungen des Antragstellers ab.

 

Was fehlte?

Die Stolpe-Entscheidung spielte an diesem Freitag keine Rolle.

 

Was fiel auf?

Hatte Herr Gerd von Paczensky wirklich lediglich sein Hörgerät, an dem er des öfteren hantierte oder hat er mitgeschnitten? Diesen Verdacht wurden wir bei diesem bedeutenden Journalisten nicht los.
Gute Journalisten bleiben bis zum Tode Journalisten mit Ihren ausgefeilten Methoden.

Auf der Zuschauerbank blieb eine Schale liegen. Er gehöre Frau Anwältin Dr. Stephanie Vendt, sagte ich dem Gericht.

Sehr gut, geben Sie diesen, ich treffe mich mit Frau Vendt [noch heute], sagte fröhlich-freundlich Herr Richter Dr. Weyhe.

Frau Dr. Stephanie Vendt vertrat heute Michael Ballack und die Bundesrepublik Deutschland zu Berichterstattung über die Cicero-Affäre.

 

Der Vorsitzende Richter an diesem Freitag im Gerichtssaal [keine wörtlichen Zitate; lediglich Wiedergaben meiner Notizen]

Disput
Der Vorsitzende: "Ist nicht schon die Luft raus?"
Anwalt: "Wir haben den Streit nicht angefangen."

"Wieviel wollen Sie geben, bevor wir anfangen, darüber nachzudenken?"

"Am nächsten kommt man ran, aber nicht nahe genug."

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 18.05.08
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