Norddeutscher Rundfunk, Anstalt des
öffentlichen Rechts
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigte
RA Hasche pp.
gegen
TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH
- Antragsgegnerin -
Prozessbevollmächtigte
RA Eisenberg pp.
erkennt das Landgericht
Hamburg, Zivilkammer 24,
im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze eingereicht
werden konnten
bis zum 20.04.07
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Dr. Weyhe,
den Richter am Landgericht Dr. Korte
für Recht:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das
Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 17.10.2006, Geschäfts-Nr.:
36A C 193/06, wird – nachdem die Klägerin die Klage
teilweise zurückgenommen hat – mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass der Tenor lautet:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
EUR 1.132,87 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 13.5.2006 zu zahlen.
II. Von den Kosten erster Instanz haben
die Klägerin 25 % und die Beklagte 75 %, von den Kosten des
Berufungsverfahrens haben die Klägerin 38 % und die Beklagte
62 % zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar. Beide Parteien können die gegen sie
gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Revision wird zugelassen.
V. Der Streitwert für die Berufung wird
auf EUR 997,47 festgesetzt.
Tatbestand
A.
Die Beklagte wendet sich im Wege der
Teilberufung gegen ein Urteil, mit dem sie zur Zahlung von
1.507,65 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Hinsichtlich der tatsächlichen
Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). In
der öffentlichen Sitzung vom 20.4.2007 hat die Klägerin auf
den Hinweis der Kammer, wonach für ein Abschlussschreiben
lediglich eine 0,8-Geschäftsgebühr verlangt werden könne,
die Klage in Höhe von 374,78 EUR zurückgenommen.
Die Beklagte trägt vor, zwischen der
vorgerichtlichen Abmahnung und dem Abschlussschreiben
bestehe gebührenrechtliche Identität. Das Abmahnschreiben
ziele darauf ab, durch das Zustandebringen eines
Unterlassungsvertrages eine endgültige Streitbeilegung zu
bewirken; genau diesem Ziel diene auch das spätere
Abschlussschreiben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des AG Hamburg vom
3.8.2006 zum Aktenzeichen 36A C 193/06 abzuändern
und die Klage in Höhe von 622,69 EUR einschließlich
Zinsen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den Bestand des
amtsgerichtlichen Urteils in dem nach teilweiser
Klagrücknahme verbleibenden Umfang.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf
die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen
verwiesen.
Entscheidungsgründe
B.
Die zulässige Berufung hat – nachdem die
Klägerin ihre Klage in Höhe von 374,78 EUR zurückgenommen
hat – in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht und mit
zutreffender Begründung hat das Amtsgericht festgestellt,
dass die Klägerin von der Beklagten die Erstattung von
Abmahnkosten in Höhe von 510,28 EUR verlangen kann. Das wird
mit der Berufung auch nicht angegriffen.
Das Amtsgericht hat
jedoch ebenfalls zu Recht angenommen, dass der Klägerin
kumulativ ein Kostenerstattungsanspruch für ihr
Abschlussschreiben zusteht, denn Abmahnung und
Abschlussschreiben betreffen „verschiedene Angelegenheiten“
im Sinne des § 17 RVG. Dies folgt – wie das Amtsgericht zu
Recht und mit zutreffenden Gründen festgestellt hat – aus §
17 Nr. 4 Lit. b RVG, wonach das Verfahren in der Hauptsache
und ein Verfahren über einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung als verschiedene Angelegenheiten
anzusehen sind: Das Abschlussschreiben gehört zum
Hauptsacheverfahren (vgl. dazu BGH, NJW 1973, 901). Die
Abmahnung war hingegen im vorliegenden Fall dem Eilverfahren
zuzurechnen. Zwar kann nicht ohne Weiteres unterstellt
werden, dass bereits zum Zeitpunkt der Abmahnung feststand,
was die Klägerin tun würde, wenn die verlangte
Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht abgegeben würde,
insbesondere ob sie in diesem Fall ein Eilverfahren oder ein
Hauptsacheverfahren einleiten oder gar nichts veranlassen
würde. Spätestens aber indem sie den Verfügungsantrag
stellte, ordnete sie die Abmahnung dem Verfügungsverfahren
zu.
Dass Abmahnung und
Abschlussschreiben kumulative Erstattungsansprüche auslösen
können, folgt im Übrigen auch aus § 17 Nr. 2 RVG, wonach
„das Mahnverfahren und das streitige Verfahren“
gebührenrechtlich als verschiedene Angelegenheiten anzusehen
sind, denn auch die Aufforderung zur Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung (Abmahnung
) ist als Einleitung eines Mahnverfahrens im Sinne dieser
Vorschrift anzusehen. Dies folgt jedenfalls aus einer
analogen Anwendung des § 17 Nr. 2 RVG, denn sofern diese
Vorschrift ausschließlich auf gesetzlich geregelte
Mahnverfahren anzuwenden wäre, wäre dies im Hinblick auf die
Unterlassungsabmahnung als planwidrige Regelungslücke
anzusehen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum etwa
ein Mahnverfahren gemäß § 688 ff. ZPO gebührenrechtlich als
eigene Angelegenheit angesehen werden sollte, die
äußerungsrechtliche Abmahnung aber nicht. Beide Vorgänge
sind vielmehr in gebührenrechtlicher Hinsicht durchweg
vergleichbar.
Dass sowohl die Abmahnung
als auch das Abschlussschreiben dem Ziel dienen,
hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs eine endgültige
Streitbeilegung herbeizuführen, steht diesem Ergebnis nicht
entgegen, denn nicht anders verhält es sich bei einem
Zahlungsanspruch, wenn zunächst ein Mahnverfahren gemäß §§
688 ff. ZPO und sodann ein Hauptsacheverfahren betrieben
wird. Im Übrigen unterscheiden sich bei einem
Unterlassungsbegehren Abmahnung und Abschlussschreiben
hinsichtlich ihrer Zielrichtung darin, dass erstere auf den
Abschluss eines Vertrages und letzteres auf die Erlangung
eines endgültigen gerichtlichen Titels gerichtet ist.
Dem Umstand, dass sich
der Rechtsanwalt für das Verfassen des Abschlussschreibens
in den Streitstand nicht neu einarbeiten muss, trägt die
Kammer Rechnung, indem sie dafür – in Übereinstimmung mit
den Kammern für Wettbewerbssachen des Landgerichts Hamburg –
nur eine 0,8-Geschäftsgebühr zubilligt. Der Klägerin stand
demnach für das Abschlussschreiben ein Erstattungsanspruch
lediglich in folgender Höhe zu:
0,8-Geschäftsgebühr (nach
einem Gegenstandswert
von 20.000,- EUR
516,80 EUR
Auslagenpauschale
20,00 EUR
16 % MWSt.
85,89 EUR
Gesamt
622,69 EUR
C.
Die Nebenentscheidungen
beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2,
708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gemäß §
543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zugelassen. Eine Entscheidung
des Revisionsgerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erforderlich, da das Kammergericht für
Abmahn- und Abschlussschreiben nur eine einheitliche
Geschäftsgebühr zuspricht (vgl. hierzu das von der Beklagten
mit Schriftsatz vom 20.4.2007 zur Akte gereichten Urteil des
Kammergerichts vom 13.6.2006 zur Geschäftsnummer 9 U 251/05,
dort S. 9 ff.).
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 4. März 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den
Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge
und Zoll
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts
Hamburg vom 18. Mai 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung von
Rechtsanwaltsgebühren, welche ihr im Zusammenhang mit der Abmahnung
wegen einer Veröffentlichung in der von der Beklagten verlegten Zeitung
entstanden sind. Mit Schreiben vom 15. März 2006 forderten die
anwaltlichen Vertreter der Klägerin die Beklagte auf, eine strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich eines von der Beklagten in der "taz"-Ausgabe
vom 6. März 2006 publizierten Artikels "Diese Woche wird wichtig für J.
Sch." abzugeben. Nachdem die Beklagte hierauf nicht reagierte, erwirkte
die Klägerin eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung.
Drei Wochen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung forderte die
Klägerin mit anwaltlichem Abschlussschreiben die Beklagte zur Abgabe
einer Abschlusserklärung und Erstattung der Kosten der Abmahnung und des
Abschlussschreibens auf. Die Beklagte gab die Abschlusserklärung ab, die
geltend gemachten Kosten zahlte sie jedoch nicht.
Mit der Klage machte die Klägerin aus einem Gegenstandswert von 20.000
EUR die Hälfte der Abmahnkosten in Höhe einer 0,65 Geschäftsgebühr nach
RVG VV 2300 und die Kosten des Abschlussschreibens in Höhe einer 1,3
Geschäftsgebühr nach RVG VV 2300 sowie jeweils eine Auslagenpauschale
nach RVG VV 7002 und die auf die Gebühren entfallende gesetzliche
Umsatzsteuer von 16 % (RVG VV 7008) geltend. Das Amtsgericht hat die
Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der Berufung hat sich die Beklagte
gegen die Verurteilung zur Zahlung der Kosten für das Abschlussschreiben
gewandt. Auf Hinweis des Gerichts nahm die Klägerin die Klage insoweit
in Höhe einer 0,5 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und
Umsatzsteuer zurück, hielt aber ihr Begehren auf Erstattung einer 0,8
Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ...
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 10.05.08 Impressum