Buskeismus


Home    Sitemap

Verhandkungsbericht - 26.01.07

Landgericht Hamburg

URTEIL

Im Namen des Volkes

Geschäfts-Nr.
324 O 892/06
Verkündet am:
13.04.2007
In der Sache

Oberloher

 
  - Antragsteller -
 
Prozessbevollmächtigte RA Schertz pp.
RA Dominik Höch
 
gegen
 
M.I.G. Medien Innovation GmbH  
  - Antragsgegnerin -
 
Prozessbevollmächtigte RA Schweizer pp.
RA Marcus M. Herrmann
   

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24,
im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze eingereicht werden konnten
bis zum 26.01.2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Zink,
den Richter am Landgericht Dr. Weyhe

für Recht:
 

l. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 15.997,37 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2006 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 20.997,37 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner der Beklagten am 14. Dezember 2006 zugestellten Klage von der Beklagten die Erstattung von Rechtsanwaltskosten und die Zahlung einer Geldentschädigung wegen schwerwiegender Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Presseveröffentlichung.

Der Kläger ist Sänger der Schlagergruppe "…". Bis 1999 war er mit der Schlagersängerin …, bekannt unter dem Künstlernamen "…", verheiratet.

Beide haben eine gemeinsame neun Jahre alte Tochter, aus einer anderen Beziehung hat … eine weitere Tochter. Nach der Scheidung von …, heiratete der Kläger …, mit der er zwei Kinder hat. In diversen Printmedien erfolgte im März 2006 (Anlagen B 1 ff.) eine Berichterstattung darüber, dass der Kläger sich von seiner Ehefrau getrennt habe, die Ehe im März geschieden werde und nun wieder … seine Lebensgefährtin sei. In der Ausgabe der Zeitschrift "B." vom 16. März 2006 wurde ein Interview des Klägers, welches dieser zusammen mit … gegeben hatte, veröffentlicht (Anlage B 5). Darin äußerte der Kläger u.a.:

"F: Wie fanden Sie wieder zueinander?
A: Als meine Ehe in der Krise war. Ich habe mir bei … Rat geholt.
F: Hat … Ihre Ehe zerstört?
A: Nein, das kann ich definitiv ausschließen. Wir haben uns getrennt. weil meine Ex-Frau mit meinem Leben als Künstler, der dauernd unterwegs ist, nicht zurechtkam.
Ich habe gekämpft, aber im Dezember haben wir beide gemerkt, dass unsere Ehe nicht mehr zu kitten ist.
F: Wussten Sie von … Gefühlen?
A: Ja, ich habe das schon gespürt, hätte aber deshalb nie meine Frau verlassen.
Es tut mir weh, dass ich meine beiden Kinder mit … nicht so nah aufwachsen sehe, wie ich mir das immer vorgestellt habe. Ich hoffe aber, dass meine Ex-Frau weiß, wie wichtig es für die Kinder ist, auch ihren Vater zu haben.
…"   

Die Beklagte ist Verleger u.a. der Zeitschrift "…". In deren Ausgabe Nr. 13 vom 22. März 2006 (Anlage K 1) erschien auf Seite 5 ein Beitrag mit der Überschrift "Erschütternde Anklage gegen den, neuen’ Freund - Liebt … einen Kinderhasser?".

der die Trennung des Klägers von seiner Ehefrau, die Beziehung zu … und sein Verhältnis zu seinen Kindern zum Gegenstand hatte. In diesem Beitrag heißt es unter anderem:

"Fast neun Jahre waren sie geschieden. Jetzt sind sie wieder ein Paar. " Doch setzt die schöne Schlagersängerin für diese aufgewärmte Liebe das Glück ihrer Töchter aufs Spiel?
Denn die Noch-Ehefrau von A, C. (32), erhebt schwere Vorwürfe gegen den braungelockten Künstler. … A. ist ein Rabenvater.
In einem Interview beschreibt sie bedrückende Szenen: ,Es ist nun mal so, dass es Stress ist, wenn man zwei kleine Kinder hat und abends zusammen isst. Aber der Stress löst sich nicht, indem man das Haus verlässt und sagt: Ich komme in drei Stunden wieder, wenn es ruhig ist.'
Waren A. O. seine süßen Töchter A. M. (3)und L. S. (1) wirklich nur lästig? C. sagt, er habe häufig gewollt, dass sich andere um die Kleinen kümmern.
'Aber ich gebe doch nicht jedes Wochenende meine Kinder ab'. Nicht zuletzt, weil C. den Forderungen ihres Mannes nicht nachgekommen sei, scheiterte die Ehe.
Aber auch M. hat zwei Kinder. ...
Ob Ms. Kinder den Sänger auch stören?
Dazu sagt C.: 'Die beiden haben diesbezüglich die gleichen Ansichten. Auch M. hat immer ein Kindermädchen.' ...
Und jetzt?Droht M. Kindern nun dasselbe Schicksal wie der Sängerin selbst, die bei Pflegeeltern aufwuchs?"

Der Kläger mochte die beanstandete Berichterstattung der Beklagten nicht hinnehmen und ließ die Beklagte durch seine Rechtsanwälte zur Unterlassung auffordern.

Unter dem 20. November 2006 gab die Beklagte nach zunächst nur partieller Unterlassungsverpflichtungserklärung eine auf den ganzen Beitrag bezogene Unterlassungsverpflichtungserklärung ab (Anlage K 5). Gleichzeitig lehnte die Beklage die verlangte Erstattung der Kosten, die dem Kläger durch das Tätigwerden seiner Rechtsanwälte entstanden sind, in geltend gemachte Höhe von - berechnet nach einem Streitwert von EUR 25.000,00 - insgesamt EUR 997,37 ab.

Der Kläger trägt vor, dass er seinen Pflichten als Vater nachkomme und seine Kinder liebe. Zu der gemeinsamen Tochter mit T. O. habe er ein enges Verhältnis und besuche diese regelmäßig. Soweit in der beanstandeten Berichterstattung Tatsachenbehauptungen über sein Verhältnis zu seinen Kindern enthalten seien, seien diese unwahr. Er ist der Ansicht, dass die beanstandete Veröffentlichung nicht nur einen rechtswidrigen Eingriff in seine Privatsphäre darstelle, sondern eine so schwer wiegende Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts bilde, dass eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens EUR 20.000,00 geboten sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine immaterielle Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die allerdings nicht unter 20.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit liegen sollte,

2. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an den Kläger 997,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die angegriffene Berichterstattung rechtmäßig sei. Ein Privatsphärenschutz scheide aus, da der Kläger selbst mit Interviews an die Presse herangetreten sei und eine Berichterstattung initiiert habe. Zudem müsse er sich die Äußerungen von T. O. zurechnen lassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist in aus dem Tenor ersichtlicher Höhe begründet (unten 1,,2. a.), im Übrigen unbegründet und insoweit abzuweisen (unten 2. b.).

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 997,37 aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1,2 Abs. 1 GG zu, denn die beanstandete Berichterstattung mit der Mitteilung, dass der Kläger ein "Rabenvater" bzw. "Kinderhasser" sei und die Erläuterung, dass ihm die Kinder lästig seien, verletzen den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

a. Der Kläger ist von der angegriffenen Berichterstattung in seiner als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützten Privatsphäre betroffen, auf deren Achtung er einen Anspruch hat. Die Privatsphäre umfasst grundsätzlich den Bereich, zu welchem andere Menschen nach der sozialen Anschauung nur insoweit Zugang haben, als ihnen der Betroffenen Einblick gewährt (BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, S. 1021 ff., 1022 f.; vgl. auch BGH AfP 1979, 304 ff., 305). Dazu gehören Vorgänge und Lebensäußerungen innerhalb des familiären Bereichs. Die Beklagte berichtet in ihrer Veröffentlichung nicht nur über die erneute Beziehung des Klägers mit der Schlagersängerin M., sondern darüber hinaus auch über das Verhältnis des Klägers zu seinen Kindern und sein potentielles Verhältnis zu Kindern seiner Lebensgefährtinnen überhaupt. Dabei unterstellt sie dem Kläger Desinteresse an seinen Kindern und stellt ihn als schlechten und egoistischen Vater dar. Eine solche Berichterstattung bedeutet einen nicht unerheblichen Eingriff in seine Privatsphäre.

b. Dieser Eingriff ist rechtswidrig erfolgt, denn an einer solchen Berichterstattung besteht kein das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers überwiegendes berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit, vor dessen Hintergrund sich die Beklagte erfolgreich auf ihre ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen könnte. Anders als die Intimsphäre ist die Privatsphäre zwar nicht absolut geschützt, und der Beklagten ist zuzugeben, dass dem Umstand, dass der Kläger sich von seiner Ehefrau getrennt hat und zu seiner früheren Ehefrau zurückgekehrt ist, ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit bestehen dürfte. Denn der Kläger und seine frühere Ehefrau sind bekannte Persönlichkeiten, und sie selbst haben sich in der Öffentlichkeit zu dieser Thematik geäußert und nicht zuletzt damit einen Teil ihrer Privatsphäre geöffnet; das bezieht sich, wie sich aus dem in der Zeitschrift "B.“ veröffentlichten Interview ergibt, jedenfalls teilweise auch auf das Verhältnis des Klägers zu seinen Kindern aus der Ehe mit C. O., indem er sich dahingehend geäußert hat, dass er seine Kinder selten sehe und dass seine Ehe infolge seiner häufigen Abwesenheit aufgrund seiner Musikertätigkeit gescheitert sei.

Die beanstandete Berichterstattung der Beklagten geht aber über die Mitteilung dieser Umstände weit hinaus. Denn sie beschränkt sich nicht darauf, über die Trennung des Klägers von seiner jetzigen Ehefrau und seine Rückkehr zu seiner früheren Ehefrau sowie von ihm selbst veröffentlichte Einzelheiten aus seinem Familienleben zu berichten, sondern nimmt dieses Ereignis zum Anlass, in einer Weise über Vorgänge im Familienleben des Klägers zu berichten und über die innere Haltung, die der Kläger zu Kindern einnimmt, zu spekulieren, die der Kläger nicht zu dulden braucht; denn mit dieser Berichterstattung zeichnet die Beklagte ihren Lesern ein Bild von dem Kläger, das geeignet ist, ihn im öffentlichen Ansehen stark herabzusetzen. Hiervon ist der Kläger besonders getroffen, da die angegriffene Berichterstattung geeignet ist, seinen Ruf vor allem bei seinen Anhängern, auf deren Wohlwollen er als Musiker auf dem Gebiet populärer Unterhaltungsmusik angewiesen ist, schwer zu beeinträchtigen.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass die jetzige Ehefrau des Klägers über ihr Zusammenleben mit dem Kläger geäußert habe: "Es ist nun mal so, dass es Stress ist, wenn man zwei kleine Kinder hat und abends zusammen isst. Aber der Stress löst sich nicht, indem man das Haus verlässt und sagt: Ich komme in drei Stunden wieder, wenn es ruhig ist", und gesagt habe, der Kläger habe "häufig gewollt, dass sich andere um die Kleinen kümmern", während sie "nicht jedes Wochenende" ihre Kinder habe abgeben wollen, kann das ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an dem Gegenstand der Berichterstattung schon deswegen nicht begründen, weil der Kläger bestritten hat, dass die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen zutreffend seien, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten wäre; da es sich bei den behaupteten Vorgängen um Tatsachenbehauptungen handelt, die für den Kläger ehrenrührig sind, hätte es der Beklagten aus dem Rechtsgedanken des § 186 StGB heraus oblegen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass sie zutreffend sind. Dies ist indessen nicht geschehen. Dass die Ehefrau des Klägers sich möglicherweise tatsächlich so wie zitiert geäußert hat, vermag eine andere Sichtweise nicht zu rechtfertigen; denn zum einen hat die Beklagte durch die sich an die Wiedergabe der Äußerungen der Ehefrau des Klägers anschließende, eigene Behauptung "Nicht zuletzt, weil C. den Forderungen ihres Mannes nicht nachgekommen sei, scheiterte die Ehe" die vorausgehenden Äußerungen zu Eigen gemacht, und zum anderen ist ohnehin nicht allein die Aufstellung nicht zutreffender ehrenrühriger Behauptungen rechtswidrig, sondern, wie sich nicht zu letzt aus § 186 StGB oder § 824 Abs. 1 BGB ergibt, schon deren bloße Verbreitung. Im Übrigen kann weder an der Aufstellung noch an der Verbreitung nicht zutreffender Tatsachenbehauptungen ein berechtigtes öffentliches Interesse bestehen, da sie bereits im Ansatz nicht geeignet sind, Anknüpfungspunkte für die Bildung einer öffentlichen Meinung zu liefern (BVerfG, NJW 1999, 1322 ff., 1324 f.).

Auch die Veröffentlichung der weiteren den Kläger betreffenden Äußerungen in der Berichterstattung der Beklagten, bei denen es sich nicht um (eigene oder fremde) Tatsachenbehauptungen handelt, war rechtswidrig. Denn für die Fragen "Liebt M. einen Kinderhasser?", "Waren A. O. seine süßen Töchter A. M. (…)und L. S. (…) wirklich nur lästig?", "Ob M. Kinder den Sänger auch stören?" und "Und jetzt? Droht M. Kindern nun dasselbe Schicksal wie der Sängerin selbst, die bei Pflegeeltern aufwuchs?" wird in breit aufgemachter und den Kläger schwer herabsetzender Weise über das Verhältnis des Klägers zu den Kindern seiner Lebensgefährtinnen spekuliert, ohne dass für derartige Spekulationen hinreichende Anknüpfungspunkte und ein hinreichendes öffentliches Interesse bestünden.

Denn dass tatsächliche Anknüpfungspunkte für solche Äußerungen vorhanden wären, hat die Beklagte, wie ausgeführt, ebenso wenig dargelegt wie eigene öffentliche Äußerungen den Klägers, die ein berechtigtes öffentliches Interesse an einer Verbreitung derartiger Spekulationen begründen könnten.

Auch auf den Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen entsprechend § 193 StGB kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Dem steht schon entgegen, dass sie, sofern sie sich auf die Äußerungen von C. O. gestützt hat, keine ausreichende Recherche durchgeführt hat, indem sie diese wiedergegeben hat, ohne sie zu hinterfragen. dem Kläger die Möglichkeit zu einer Stellungnahme einzuräumen und zu prüfen, ob an der Verbreitung der angegriffenen Äußerungen überhaupt ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht.

c. Schon aufgrund der mangelhaften Recherche und der unterbliebenen Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Klägers hat die Beklagte hinsichtlich der beanstandeten Berichterstattung auch schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne von §§ 823 Abs. 1,276 Abs. 2 BGB gehandelt.

d. Der Schaden in Form der Abmahnkosten in - zutreffend berechneter und im Einzelnen auch nicht bestrittener - Höhe von EUR 997,37 ergibt sich als Folge der Rechtsverletzung, denn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bildet eine durch die Rechtsverletzung adäquat verursachte Folge.

e. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291,288 Abs. 1 Satz 28GB, 261 Abs. 1 ZPO.

2. Dem Kläger steht weiter aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mir Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von EUR 15.000,00 zu, denn die angegriffene Presseveröffentlichung stellt eine schwere Persönlichkeitsverletzung dar, deren Ausgleich auf andere Weise nicht möglich ist Ein solcher Anspruch beruht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, BGHZ 128, S. 1 ff. = NJW 1995, S. 861 ff., 864 f.) auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Danach steht dem Opfer einer schuldhaften Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zu, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann, wobei die Beurteilung, ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens abhängt.

a. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

aa. Eine schuldhafte rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers liegt, wie ausgeführt, vor. Diese war von erheblicher Bedeutung und Tragweite; denn in dem angegriffenen Beitrag wird der Kläger nicht nur als überaus schlechter Vater dargestellt, sondern den Lesern schlechthin als "Kinderhasser" präsentiert.

Die auf die Angemessenheit einer solchen Bezeichnung in der Überschrift des Beitrags gehende Frage wird im Fließtext des Beitrags unmissverständlich dahingehend beantwortet, dass sie einen Charakterzug des Klägers zutreffend beschreibe.

Um dies ihren Lesern nahe zu bringen, bedient die Beklagte sich in der beanstandeten Berichterstattung einer Auflistung ausschließlich negativer Äußerungen - ungeprüfter Tatsachenbehauptungen wie in Frageform gekleideter Spekulationen - über das Verhalten des Klägers gegenüber seinen Kindern und sein Verhältnis zu diesen. Die Ansicht der Beklagten, bei der in der Überschrift enthaltenen Frage handle es sich um eine echte, "offene" Frage, findet damit in dem Gesamtzusammenhang ihrer eigenen Berichterstattung keine Grundlage. Eine solche Berichterstattung ist für den Kläger als Musiker, der in der Öffentlichkeit steht und davon seinen Unterhalt bestreitet, schwer herabsetzend. Obwohl er mit Äußerungen zu dem Ende seiner Ehe und der neuen Partnerschaft mit seiner früheren Ehefrau, die eine bekannte Schlagersängerin ist, an die Öffentlichkeit gegangen ist, hat er zu einer solchen Berichterstattung über das Verhältnis zu seinen Kindern keinen Anlass gegeben.

Auch das Verschulden der Beklagten wiegt schwer. Die Beklagte hat nicht allein dadurch gegen die Grundsätze der publizistischen Sorgfalt verstoßen, dass sie die Behauptungen der Ehefrau des Klägers unhinterfragt publiziert hat, ohne eigene Maßnahmen zur Überprüfung der Behauptungen zu unternehmen oder dem Kläger die Möglichkeit zu einer Stellungnahme einzuräumen, sondern auch dadurch, dass sie es unterlassen hat, die Grenzen des berechtigten Interesses der Öffentlichkeit an den privaten Verhältnissen des Klägers zu prüfen.

Ein befriedigender Ausgleich der Rechtsverletzung auf andere Weise ist nicht möglich.

Dem Kläger konnte insbesondere nicht angesonnen werden, gegen die in der beanstandeten Berichterstattung enthaltenen Tatsachenbehauptungen mit der Geltendmachung von Gegendarstellungs- oder Richtigstellungsansprüchen vorzugehen, da er damit erneut Gegenstände seiner Privatsphäre an die Öffentlichkeit hätte bringen müssen, die zu einer Vergrößerung der Spannungen zu seiner Ehefrau und zu einer Beeinträchtigung des Verhältnisses zu seinen Kindern hätten führen können.

bb. Bei Bemessung der Höhe der Geldentschädigung sind die Gesichtspunkte der Genugtuung des Opfers und der Präventionsgedanke sowie die Intensität der Rechtsverletzung zu berücksichtigen. Dabei gebieten insbesondere der Genugtuungsgedanke und die Intensität der Rechtsverletzung die Zuerkennung eines nicht geringen Betrages. Denn der Beitrag war groß aufgemacht, und der Kern der Berichterstattung, die Darstellung des Klägers als "Kinderhasser" findet sich bereits in der Überschrift des beanstandeten Beitrags, dessen gesamte Tendenz dahin geht, den Kläger in den Augen der Öffentlichkeit herabzusetzen. Mindernd auf den Betrag der Geldentschädigung wirkt sich dagegen der Umstand aus, dass der Kläger selbst mit dem Interview in der Zeitschrift "B." einen Anlass gegeben hat, öffentlich über die Trennung von seiner Ehefrau und deren Auswirkung auf seine Kinder zu berichten.

Der Kläger ist damit von der beanstandeten Berichterstattung weniger schwer betroffen, als dies bei einer Person der Fall gewesen wäre, die ohne jedes eigene Zutun zum Objekt einer herabsetzenden Berichterstattung gemacht wird. Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheint daher eine Geldentschädigung in Höhe von EUR 15.000,00 als erforderlich, aber auch als ausreichend, um die geschehene Rechtsverletzung angemessen auszugleichen.

cc. Der Zinsanspruch folgt wiederum aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, 261 Abs. 1 ZPO.

b. Soweit der Kläger eine Geldentschädigung in einer den Betrag von EUR 15.000,00 übersteigenden Höhe gefordert hat, war die Klage aus den genannten Gründen abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 2 bzw. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 2 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO.

     Buske                                          Zink                                               Dr. Weyhe

Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 10.05.08
Impressum