Verhandlungsbericht
03.03.2006
Quelle:
Kanzlei Prof. Schweizer
Landgericht Hamburg
URTEIL
Im Namen des Volkes
Geschäfts-Nr.
324 O 868/05 |
Verkündet am:
09.06.2006 |
Andresen, JA'e
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In der Sache
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte ...
gegen
...
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte
Rechtsanwälte Schweizer pp.,
Arabellastr. 21, 81925 München,
erkennt das Landgericht Hamburg,
Zivilkammer 24
auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2006
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Zink
den Richter Dr. Korte
für Recht:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger
zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden
Betrages vorläufig vollstreckbar;
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten
Zahlung von Schadensersatz sowie einer fiktiven Lizenz wegen der
Veröffentlichung eines ihn zeigenden Bildnisses auf einer Rätselzeitung.
Der Kläger ist Journalist und
Fernsehmoderator; besondere Bekanntheit genießt hierbei die von ihm
moderierte ... . Im Verlag der Beklagten erscheinen u.a. die in
unregelmäßigen Abständen erscheinenden "... Sonderhefte" zu bestimmten
Themen. Am 9.6.2005 erschien in dieser Reihe eine Rätselzeitschrift mit
dem Titel "...". Im Innenteil dieses Magazins sind verschiedene Arten
von Rätseln und Fragespielen veröffentlicht. Auf der Titelseite dieser
Zeitschrift veröffentlichte die Beklagte ein ca. 9 cm breites und ca. 21
cm hohes Bildnis des Klägers mit folgender Bildunterschrift:
"... zeigt mit ... wie spannend Quiz sein
kann. ".
Die Veröffentlichung des Bildnisses
erfolgte ohne Einwilligung des Klägers.
Nach Aufforderung durch den Kläger gab
die Beklagte am 15.7.2005 eine strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, mit der sich die Beklagte
verpflichtete, eine Veröffentlichung dieses Bildnisses zu unterlassen,
wenn dies wie auf der Titelseite der genannten Veröffentlichung geschehe
(Anl K 5). Zur Zahlung einer Lizenz fand sich die Beklagte nicht bereit.
Der Kläger verlangt wegen dieser
Veröffentlichung von der Beklagten die Zahlung einer fiktiven
Lizenzgebühr in Höhe von mindestens € 100.000,- und die Erstattung von
Anwaltskosten für die Erwirkung der Unterlassungsverpflichtungserklärung
sowie den nicht anzurechnenden Anteil für die Aufforderung zur Zahlung
einer Lizenz in Höhe von zusammen € 2.111,78. Zur Begründung trägt er
vor, dass die die Bildveröffentlichung nicht gemäß § 23 Abs.1 , Ziffer 1
KUG unzulässig gewesen sei, da die gesamte Veröffentlichung keinen
redaktionellen Gehalt aufweise und daher die Verwendung seines
Bildnisses ausschließlich kommerziellen Werbeinteressen diene. Dies
mache zum einen die Auswahl des Bildes und zum anderen dessen Botschaft
deutlich. Durch seine - des Klägers - das Produkt präsentierende und
empfehlende Geste auf dem Bildnis, entstehe beim Leser der Eindruck,
dass er, als "Spezialist" für ..., auch für ein anderes ...produkt,
nämlich die Zeitschrift der Beklagten werbe. Ein die Veröffentlichung
rechtfertigendes allgemeines Informationsinteresse bestehe auch deshalb
nicht, weil das Bildnis keinen eigenen Informationswert habe. Durch die
Bildunterschrift werde nicht einmal im Ansatz die Erwartung an eine
redaktionelle Berichterstattung erfüllt. Mit seinen sorgfältig
ausgewählten Werbeverträgen erziele er mindestens siebenstellige
Eurobeträge.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn - den
Kläger - € 102.111,78 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, wobei die Höhe des
Schadensersatzes in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, jedoch
mindestens € 100.000,- betragen müsse.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass es sich bei
dem Foto auf der Titelseite um ein Bildnis aus dem Bereich der
Zeitgeschichte handele, dessen Veröffentlichung aufgrund eines
allgemeinen Informationsinteresses rechtmäßig gewesen sei. Der Kläger
sei eine absolute Person der Zeitgeschichte, bei der
streitgegenständlichen Veröffentlichung handele es sich um ein
Presseerzeugnis. Die Bildveröffentlichung werde von einem redaktionellen
Inhalt getragen, wobei es für die Frage der Rechtsmäßigkeit nicht darauf
ankommen könne, wo dieser Inhalt platziert sei. Der Durchschnittsleser
nehme nicht an, dass der Kläger für ihr Produkt werbe, da die Abbildung
von Prominenten auf Rätselheften branchenüblich sei und sich der Leser
daher keine weitergehenden Gedanken mache.
Wegen des weiteren Sach- und
Streitstandes wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend
gemachten Ansprüche auf Zahlung einer Lizenz und auf Erstattung von
Anwaltskosten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der Kläger hat
weder einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 BGB i.V.m. §§ 22, 23
KUG noch einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812
BGB, denn die streitgegenständliche Veröffentlichung seines Bildnisses
war zulässig.
Zwar erfolgte die Veröffentlichung auf
der Titelseite des ... ohne Einwilligung des Klägers, die
Veröffentlichung war aber gleichwohl gemäß § 23 Abs.1, Ziffer 1 KUG
zulässig, da es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte
handelt.
Ein Bildnis aus dem Bereich der
Zeitgeschichte im Sinne dieser Vorschrift kann auch ausschließlich eine
Abbildung oder Darstellung einer einzelnen Person sein. In diesem
Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen den sog. "relativen" und
"absoluten Personen der Zeitgeschichte" entwickelt worden. Muss es die
"relative Person der Zeitgeschichte" nur hinnehmen, dass ihr Bildnis im
Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet wird,
soll bei der "absoluten Person der Zeitgeschichte" ein legitimes
Informationsinteresse der Allgemeinheit um ihrer selbst willen bestehen,
mit der Folge, dass eine derartige Person die Veröffentlichung ihres
Bildnisses grundsätzlich hinzunehmen haben soll. "Absolute Person der
Zeitgeschichte" in diesem Sinne soll dabei sein, wer sich durch Geburt,
Stellung, Leistungen, Taten oder Untaten außergewöhnlich aus dem Kreis
seiner Mitmenschen heraushebt (vgl. Gerstenberg / Götting in: Schricker,
Urheberrecht, 2. Aufl., RZ.10ff zu § 23 KUG/§ 60 UrhG). Im Anbetracht
seines ganz erheblichen Bekanntheitsgrades könnte der Kläger als eine
solche "absolute Person der Zeitgeschichte" anzusehen sein. Hier kann
indes dahinstehen, ob eine solche Kategorie - insbesondere im Lichte der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte -
überhaupt generell und vor allem mit derart weitreichenden Konsequenzen
für den Betroffenen verbunden werden kann sowie ob gegebenenfalls dem
Kläger tatsächlich ein solcher Status zukommt, denn der Kläger hätte die
streitgegenständliche Veröffentlichung selbst dann hinzunehmen, wenn er
nicht als sog. "absolute Person der Zeitgeschichte" einzuordnen sein
sollte:
1. Ob eine Bildnis-Veröffentlichung
zulässig oder unzulässig ist, ist auch im Lichte der Regelung der §§ 22,
23 KUG und auch für Personen von überragendem öffentlichen Interesse
anhand einer Abwägung der widerstreitenden Interessen des
veröffentlichenden Mediums und des Betroffenen im Einzelfall zu
ermitteln. So führt die Einordnung eines Betroffenen als "relative
Person der Zeitgeschichte" nicht "automatisch" dazu, dass eine jegliche
Veröffentlichung eines Bildnisses dieser Person zulässig wäre, soweit
und solange diese nur mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis (vgl. zu
diesem Begriff: Schricker, Kommentar zum Urheberrecht, 2. Aufl., § 60
UrhG, § 23 KUG, Rz.8; OLG Frankfurt a.M., GRUR 1991, 49, 50) im
Zusammenhang steht. Vielmehr ist auch in derartigen Fällen stets
gegeneinander abzuwägen, wie groß das öffentliche Interesse an dem
jeweils in Rede stehenden Ereignis ist und mit welchem Ausmaß an
Beeinträchtigung eine Bildnis-Veröffentlichung für den Betroffenen
konkret verbunden ist, so dass sich etwa die Bedeutung des Ereignisses
für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung oder auch der
Zeitablauf (vgl. zB HansOLG, AfP 1987, 518, 519f) auf das Gewichtn des
aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit auswirken können,
ebenso wie andererseits das eigene Verhalten des Betroffenen
unmittelbaren Einfluss auf das Gewicht seines Interesses hat; wer sich
üblicherweise aus eigenem Antrieb in die Öffentlichkeit begibt, dessen
Interesse wiegt deutlich geringer, als das einer konsistent um
Zurückgezogenheit bemühten Person. Umgekehrt hätte der Kläger auch dann
keineswegs jede Veröffentlichung seines Bildnisses hinzunehmen, wenn er
tatsächlich als eine sog. "absolute Person der Zeitgeschichte" anzusehen
sein sollte. So müssen es etwa auch sog. "absolute Personen der
Zeitgeschichte" nicht dulden, wenn ihr Bildnis ohne ihre Einwilligung
zur Werbung für Waren oder gewerbliche Leistungen ausgenutzt wird (vgl.
BGH GRUR 1979, 425, 427 - Fußballkalender; AfP 1995, 495 -
Kundenzeitschrift mwN). Wiederum dahinstehen kann hierbei, ob diese
Abwägungen rechtssystematisch eine Berücksichtigung der berechtigten
Interessen des Abgebildeten gemäß § 23 Abs.2 KUG darstellen oder aber
sich schon im Rahmen der Voraussetzungen des § 23 Abs.1 Nr.1 KUG
auswirken, denn in jedem Fall ist das Ergebnis einer Güter- und
Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit
und den persönlichkeitsrechtlichen Belangen des Abgebildeten maßgeblich
(vgl. BGH GRUR 1979, 425, 427).
2. Die demnach erforderliche Abwägung
führt hier zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten, das ... in
der geschehenen Weise auf dem Titelblatt mit einem Bildnis des Klägers
versehen zu dürfen:
Im Rahmen dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass das
streitgegenständliche ... als ein Presseerzeugnis anzusehen ist, für das
die in Art.5 Abs.1 Satz 2 GG festgelegte Pressefreiheit gilt. Der
Begriff der "Presse" im Sinne dieser Vorschrift umfasst nämlich alle zur
Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckwerke und Informationsträger,
die nicht unter den Film- und den Rundfunkbegriff fallen (vgl. BVerfG
NJW 1987, 386, 387 - Werkszeitung; Starck in v. Mangoldt / Klein /
Starck, Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Art.5 Rz.59; Wendt in v. Münch /
Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., Art.5 Rz.30; vgl. auch die
Definition des Begriffs "Druckwerke" in § 7 HPG). Demnach kann es keinen
Zweifel geben, dass das ... als ein Presseorgan anzusehen ist. Dem steht
insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass ein Rätselheft vorwiegend
dem Unterhaltungsinteresse des Publikums dient, denn für die Einordnung
als ein Presseorgan sind inhaltliche Kriterien nicht maßgeblich.
Insbesondere ist bei der Frage der Anwendbarkeit des Art.5 Abs.1 Satz 2
GG kein Raum für eine Abwägung nach dem – an welchem Maßstab auch immer
ausgerichtetem - Kriterium des "Wertes" eines Druckwerkes etwa im Sinne
von dessen "Qualität" oder dessen Bedeutung für den Prozess der
öffentlichen Meinungsbildung; vielmehr ist der gesamte Inhalt eines
Presseerzeugnisses durch die Pressefreiheit geschützt (vgl. BVerfG GRUR
1974, 44, 48 - Soraya; Wendt in v. Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar,
5. Aufl., Art.5 Rz.31; mit weiteren Nachweisen).
Letztgenannte Kriterien sind allerdings
im Rahmen der Abwägung zwischen der Pressefreiheit und anderen
verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern sehr wohl, nämlich in dem
Sinne zu berücksichtigen, dass die Interessen der Medien deutlich
gewichtiger sind, wenn die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit
von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den
Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der
öffentlichen Meinung beiträgt, als wenn lediglich das Bedürfnis einer
mehr oder minder breiten Leserschicht nach oberflächlicher Unterhaltung
befriedigt wird (vgl. BVerfG GRUR 1974, 44, 48 - Soraya). Bei einem
Rätselheft wie dem vorliegenden steht nun zwar der Unterhaltungswert im
Vordergrund, dem Leser wird aber auch Tatsachenstoff vermittelt und so
in gewisser Weise zur Bildung und Wissensvermehrung der Leser
beigetragen. Dies erfolgt bei Rätseln zwar in erster Linie auf
mittelbare Weise, indem der Leser angeregt wird, sich mit den
aufgeworfenen Fragen zu beschäftigen. In dem hier in Rede stehenden Heft
wird Wissen aber darüber hinaus auch direkt vermittelt: Zum einen sind
bei einer Vielzahl von Rätseln vier Antworten zur Auswahl vorgegeben, so
dass dem Leser unmittelbar die Information gegeben wird, dass eine
dieser vier Antworten die Frage beantwortet. Zum anderen werden die
Lösungen zahlreicher Rätsel am Ende des Heftes mitgeteilt und somit
unmittelbar Wissen vermittelt. Mag dieses Wissen auch eher im Bereich
des Trivialen angesiedelt sein, so ist im Rahmen der Interessenabwägung
doch festzuhalten, dass das ... zwar nicht im Sinne eines Beitrags zum
öffentlichen Meinungsbildungsprozess zu gewichtigen Themen im
vorbezeichneten Sinne "wertvoll" sein mag, dass aber wenigstens als
"Nebeneffekt" auch eine gewisse Wissensvermittlung erfolgt; dies ist im
Rahmen der Abwägung zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, kann
aber vor allem wegen des Trivalcharakters des vermittelten Wissens für
sich genommen nicht den Ausschlag geben.
Ausschlaggebend im Rahmen der Abwägung
sind hingegen die folgenden Erwägungen: Der Kläger steht unstreitig und
gerichtsbekannt in ganz erheblichem Maße im Blickpunkt der
Öffentlichkeit, ist aus eigenem Antrieb in den Medien weithin präsent
und stellt auch sein Bildnis für verschiedene Werbekampagnen zur
Verfügung. Dies rückt den Kläger zumindest sehr in die Nähe einer sog.
"absoluten Person der Zeitgeschichte", so dass er es weit eher als
weniger bekannte Persönlichkeiten hinnehmen muss, dass ein
Presseerzeugnis mit seinem Bildnis versehen wird. Das veröffentlichte
Bildnis verletzt zudem nicht aus sich heraus berechtigte Interessen des
Klägers im Sinne des § 23 Abs.2 KUG; vielmehr erscheint der Kläger auf
dem Foto vorteilhaft, freundlich und zugewandt. Für den Kläger streitet
auch nicht die Tatsache, dass sich im Innenteil des
streitgegenständlichen Sonderheftes keinerlei redaktionelle
Berichterstattung zu seiner Person befindet. Zwar muss auch eine
überragend prominente Persönlichkeit eine Verwendung ihres Bildnisses zu
Werbezwecken nicht hinnehmen (vgl. BGH GRUR 1979, 425, 427 -
Fußballkalender; AfP 1995, 495 - Kundenzeitschrift), entgegen der
Ansicht des Klägers handelt es sich aber bei der hier erfolgten
Veröffentlichung seines Bildnisses auf der Titelseite des Sonderheftes
gerade nicht um eine ungenehmigte werbliche Vereinnahmung. Zunächst
einmal wird der Kläger entgegen seiner Ansicht durch die erfolgte
Veröffentlichung keineswegs als "Empfehler" oder "Testimonial" für das
... vereinnahmt. Zwar kann es grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung
einer Lizenz auslösen, wenn der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete
identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, er empfehle es und preise
es an (vgl. BGH NJW 2002, 2317, 2319 - Marlene Dietrich). Ein derartiger
Eindruck entsteht hier aber bereits nicht, so dass dahinstehen kann, ob
diese Grundsätze auch bei der Veröffentlichung auf einer Titelseite,
mithin auf dem zu bewerbenden "Produkt" selbst und nicht in einer von
diesem getrennten Anzeige gelten, denn zwar erscheint der Kläger in der
streitgegenständlichen Veröffentlichung dem Leser zugewandt, eine
irgendwie geartete ausdrückliche affirmative Aussage findet sich dort
aber nicht. Die Abbildung enthält auch nicht die verdeckte Aussage, dass
der Kläger dem Leser das ... empfehle, denn ein solcher inzidenter
Aussagegehalt ist mit einer Veröffentlichung auf einer Titelseite in der
Regel gerade nicht verbunden. Vielmehr wird der Leser - anders als bei
einer Werbeanzeige - bei einer Abbildung auf einer Titelseite
grundsätzlich annehmen, dass dies auf einer Entscheidung des Verlages
beruht und nicht eine Befürwortung des betreffenden Heftes durch den
Abgebildeten bedeutet. Auch die vom Kläger angeführte Gestik in der
Fotografie stellt keine eindeutige Anpreisung des Sonderheftes dar,
vielmehr stehen die grafischen Elemente unabhängig neben dem Bildnis des
Klägers.
Damit liegt hier eine schlichte
Veröffentlichung eines Bildnisses auf einer Titelseite vor. Eine solche
ist aber nicht per se eine werbliche Vereinnahmung des Betroffenen. Zwar
soll jede Titelseite eine Kaufentscheidung zugunsten des jeweiligen
Blattes befördern, sie stellt aber ihrerseits auch selbst einen
besonders wichtigen Teil des "Produkts Presseerzeugnis" dar. Das
Titelblatt einer jeden Zeitung und einer jeden Illustrierten ist nämlich
das "Aushängeschild" des Blattes (vgl. BGH AfP 1995, 411, 413 - Caroline
von Monaco I), es prägt die Identität eines Publikationsorgans, dient
dem Leser als Erkennungsmerkmal und enthält diejenigen Mitteilungen, die
den jeweiligen Verantwortlichen aus publizistischen und
werbestrategischen Gründen besonders wichtig erscheinen (BVerfG AfP
1998, 184, 186 - Gegendarstellung auf der Titelseite). Es liegt also in
der Natur der Sache, dass mit jeder Titelseite auch die Absicht verfolgt
wird, beim Publikum für den Kauf des jeweiligen Blattes zu werben; am
dargestellten Charakter des Titelblattes als wesentlicher Teil des
Presseerzeugnisses selbst ändert dies indes nichts. Die Gestaltung eines
Titelblattes nimmt daher insgesamt in besonderem Maße am Grundrecht der
Pressefreiheit teil. Die mit einer jeden Gestaltung des Titelblattes
einhergehende werbliche Wirkung läßt sich demnach nicht isoliert
bestimmen und kann daher grundsätzlich nicht - in ihrem "Wirkbereich" -
zu einer partiellen Aufhebung dieses Schutzes führen; die Garantie der
Pressefreiheit läßt es nicht zu, das Eingreifen dieses Grundrechts von
der Qualität des jeweiligen Presserzeugnisses abhängig zu machen (BGH
AfP 1995, 495, 496 - Kundenzeitschrift). Alleine der Umstand, dass aus
einer Bildnispublikation kommerzieller Nutzen gezogen wird, steht der
Berufung auf § 23 Abs.1 Nr.1 KUG also nicht entgegen, sonst würde diese
Ausnahmevorschrift weitgehend ihren Zweck verfehlen, weil es sich bei
Verlagen und Zeitungen regelmäßig um Wirtschaftsunternehmen mit
Gewinnerzielungsabsicht handelt. Maßgeblich ist vielmehr im Rahmen der
erforderlichen Abwägung, ob die Bildnisveröffentlichung ungeachtet der
dahinter stehenden wirtschaftlichen Motive auch einen (gewissen)
Informationszweck erfüllt. Dies ist namentlich dann zu bejahen, wenn das
Bildnis in ein thematisches Konzept mit informativem Gehalt einbezogen
ist, wenn also zwischen dem Abgebildeten und dem Inhalt des Presse- und
Verlagserzeugnisses ein zumindest gewisser sachlicher Zusammenhang
besteht (vgl. Schricker / Gerstenberg / Götting, Urheberrecht, 2.Aufl.,
§ 60/ § 23 KUG, Rz.7 [S.948]; Urteil der Kammer vom 12.4.2002 - Az. 324
O 647/01). So verhält es sich im vorliegenden Fall: Der
Informationsgehalt des veröffentlichten Bildnisses besteht in der
Gesamtaussage, die sich aus dem Foto, der Bildunterschrift und dem
konkreten Charakter des streitgegenständlichen Rätselmagazins ergibt.
Unterhalb der Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers als Blickfang
auf der Titelseite des Rätselmagazins wird ausdrücklich auf die
Tätigkeit des Klägers als ... hingewiesen ("..."). Diese gezogene
Verbindung zwischen der unterhaltsamen und äußerst erfolgreichen Sendung
des Klägers und den in der Zeitschrift abgedruckten Rätseln erscheint
auch nicht gänzlich hergesucht, da sich im ... zahlreiche Rätsel in
Quizform finden, bei denen dem Leser vier Antworten zur Auswahl
angeboten werden; dieses Konzept mit jeweils vier vorgegebenen möglichen
Antworten wird in der vom Kläger moderierten ... - die weitgehend mit
seiner Person identifiziert wird - ebenfalls verwendet. Auch sind die im
Rätselheft gestellten Fragen nach Themenauswahl, Formulierung und
Schwierigkeitsgrad zumindest mit den einfacheren Fragen in der Sendung
des Klägers durchaus vergleichbar. Damit erscheint der hergestellte
Bezug zur Sendung des Klägers keineswegs als gänzlich willkürlich,
sondern als Hinweis auf den Inhalt des Heftes und als unterstützendes
Beispiel für die auf dem Titelblatt getroffene Aussage der Beklagten,
dass Quizrätsel spannend seien, wodurch das Interesse des Lesers am Heft
geweckt und verstärkt werden soll. Daneben enthält die
streitgegenständliche Titelseite noch einen zwar äußerst geringfügigen,
im konkreten Fall aber doch nicht gänzlich zu vernachlässigenden
redaktionellen Inhalt, der auf den Kläger bezogen ist. Denn durch die
Bildunterschrift ... wird nicht nur im Sinne eines allgemeinen
Programmhinweises auf eben diese Quizsendung hingewiesen, sondern es
wird auch - wenn auch ebenfalls nur rudimentär - deren Qualität und
Wirkung bewertet. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb derartige
redaktionelle Bezüge nicht auf der Titelseite selbst hergestellt werden
können sollten; insbesondere aus der Entscheidung des
Bundesgerichtshofes zu einer Kundenzeitschrift ergibt sich nicht, dass
eine Berichterstattung, die eine Bildnis-Veröffentlichung auf dem
Titelblatt tragen soll, sich nicht auch auf eben diesem Titelblatt
befinden darf (BGH NJW-RR 1995, 789 - Kundenzeitschrift).
Damit liegt hier keine rein werbliche Vereinnahmung des Klägers vor, da
ein gewisser sachlicher Zusammenhang zwischen der Veröffentlichung und
dem Kläger besteht. Vor allem angesichts des überragenden
Bekanntheitsgrades des Klägers ist ein derartiger - zweifellos geringer
– sachlicher Zusammenhang mit dem Inhalt des streitgegenständlichen
Presseerzeugnisses ausreichend. Nach allem kann dahinstehen, ob der
Kläger generell ohne seine Einwilligung abgebildet werden darf, denn
jedenfalls hat er es hinzunehmen, dass sein Bildnis in der angegriffenen
Weise veröffentlicht wird. Wie ein Fall zu beurteilen wäre, in dem es um
eine weniger bekannte Persönlichkeit geht oder in dem es an jeglichem
Bezug zwischen dem Titelfoto und dem Inhalt einer Publikation fehlt, ist
damit hier nicht zu entscheiden und hat dahinzustehen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 07.11.06
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