Die zulässige Klage ist
begründet.Dem
Kläger, der unstreitig identifizierbar ist, obwohl sein
Vorname nicht auch noch genannt wird, steht der geltend
gemachte Unterlassungsanspruch zu aus §§ 823 Als. 1, 1004
Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2
Abs. 1 GG, denn die angegriffene Berichterstattung verletzt
bei fortbestehender Wiederholungsgefahr sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht.
Die Kammer hat hierzu im
Urteil vom 23.03.2007 (Az: 324 0 783/06) zu einem ähnlich
gelagerten Sachverhalt ausgeführt:
„1. Die angegriffenen
Artikel verletzen das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die
Berichterstattung bei voller Namensnennung berührt den
Schutzbereich seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Das Recht auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde sichern
jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater
Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln
und wahren kann. hierzu gehört auch das Recht, in diesem
Bereich "für sich zu sein", "sich selber zu gehören" (so
schon Arndt, Bespr. v. BGH, NJW 1966, S. 2353, in NJW 1967,
S. 1845 ff., 1846) und ein Eindringen oder einen Einblick
durch andere auszuschließen (BVerfG, Urt. v. 5. 6. 1973,
BVerfGE 35, S. 202 ff., 233 ff. - Lebach I, m.w.N.). Es
umfasst damit das Darstellungen der eigenen Person (BVerfG
aa0. – Lebach I.), das auch dann beeinträchtigt ist, wenn -
und sei es wahrheitsgemäß – öffentlich darüber berichtet
wird, dass der Betroffene in der Vergangenheit eine Straftat
begangen hat. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere in
Darstellungen, die die Resozialisierung, mithin die
Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesellschaft nach
Verbüßung der Strafe wesentlich zu erschweren drohen (vgl.
BVerfG aa0. - Lebach I; BVerfG, Beschl. v. 25. 11. 1999, NJW
2000, S. 1859 ff., 1860 f. - Lebach II). Gerade bei einer
Berichterstattung unter voller Namensnennung, wie sie die
Beklagte vorgenommen hat liegt diese Gefahr nahe.
Die Beklagte hat den
Kläger durch die angegriffenen Artikel in Bezug zu der Tat
gesetzt wegen der er verurteilt worden ist; dies erfolgte
zudem öffentlich. Unstreitig hat die Beklagte die in Rede
stehenden Artikel, in denen er als Täter des Mordes an ...
namentlich genannt wird, in ihrem Online-Archiv in der Weise
zum Abruf vorgehalten, dass Nutzer diese lesen konnten. Bei
einer derartigen „Archivierung" handelt es gerade nicht um
ein lediglich internes Archiv der Beklagten, denn diese
Artikel waren für jedermann über das Internet öffentlich
zugänglich. Hierdurch wurde die Täterschaft des Klägers für
die Öffentlichkeit ständig aktualisiert, indem die Artikel
jederzeit abrufbar waren.
Für die Beklagte streitet
zwar vorliegend die Freiheit der Meinungsäußerung aus 5
Abs.1 GG. Dieses Grundrecht ist schlechthin konstituierend
für die freiheitlich-demokratische Grundordnung (BVerfG aa0.
- Lebach I, m.w.N.). Unter Berücksichtigung der besonderen
Umstände dieses Einzelfalles hat das Interesse der
Öffentlichkeit, etwas über die Person des Klägers zu
erfahren, indessen hinter seinem Individualinteresse, mit
seiner Tat „in Ruhe gelassen" zu werden und so eine
Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen (a.),
im Rahmen der erforderlichen Abwägung (b.) zurückzutreten.
a. Die angegriffene
Berichterstattung gefährdet die Resozialisierung des
Klägers, weil sie ihn mit seiner Tat erneut an das Licht der
Öffentlichkeit zerrt und sich so bereits in der
Haftsituation schädliche Wirkungen ergeben können, die eine
spätere Wiedereingliederung erschweren. Dem steht nicht
entgegen, dass für die Zeit nach Ablauf der lebenslangen
Freiheitsstrafe (aa.) eine Sicherungsverwahrung des Klägers
angeordnet ist (bb.) und eine unklare relative zeitliche
Nähe zu Haftentlassung besteht (cc.). Gemäß § 2 des
Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) dient der Vollzug der
Freiheitsstrafe schließlich der Resozialisierung und dem
Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten (§ 2 Satz
1, 2 StVollzG). Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist
entgegenzuwirken (§ 3 Abs. 2 StVollzG).
aa. Das allgemeine
Vollzugsziel der Resozialisierung gilt auch für die
Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Für den ...
zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Kläger ergibt
sich ein Resozialisierungsinteresse aus Art. 2 Abs. 1 GG in
Verbindung mit Art. 1 GG, denn auch der verurteilte Mörder
muss nach deutschem Recht grundsätzlich die Chance haben,
nach Verbüßung einer gewissen Strafzeit - in der Regt nach
Verbüßung des gesetzlich angeordneten Mindestmaßes von 15
Jahren, § 57a Abs. 1 StGB - wieder in die Freiheit zu
gelangen; bei diesem Grundsatz handelt es sich mithin um ein
Gebot mit Verfassungsrang (BVerfG, Beschl. v. 3. 6. 1992,
NJW 1992, S. 2947 ff., 2948 - Lebenslange Freiheitsstrafe).
Schon nach systematischer Betrachtung des
Strafvollzugsgesetzes - und des in § 2 normierten
Vollzugszieles für die Freiheitsentziehung - bezieht dieses
auch die lebenslange Freiheitsstrafe mit ein. Aber auch nach
dem Sinn und Zweck der Vorschriften wirkt sich das im
Strafvollzugsgesetz gesicherte Resozialisierungsziel für
diese Täter aus. Es wird so sichergestellt, dass sie bei
eher späterer Entlassung noch lebenstüchtig und wieder
eingliederungsfähig sind (BVerfG aaO. - Lebenslange
Freiheitsstrafe). Die Vollzugsanstalten sind so auch bei den
zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen
verpflichtet, auf deren Resozialisierung hinzuwirken und
schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs und damit auch
und vor allem deformierenden Persönlichkeitsveränderungen
entgegenzuwirken (BVerfG aaO. - Lebenslange Freiheitsstrafe,
m.w.N.). Der verurteilte Straftäter muss die Chance
erhalten, sich nach Verbüßung seiner Strafe wieder in die
Gemeinschaft einzuordnen (BVerfG aaO. - Lebach I).
Folgerichtig steht auch dem zu lebenslanger Haft
verurteilten Mörder ein Anspruch auf Resozialisierung zu,
der stets aktuell ist, mag für den Verurteilten auch erst
nach langer Strafverbüßung die Aussicht bestehen, sich auf
das Leben in Freiheit einrichten zu dürfen (vgl. BVerfG aaO.
- Lebenslange Freiheitsstrafe).
bb. Das allgemeine
Vollzugsziel der Resozialisierung gilt auch für den Fall,
dass gegen den Verurteilten nach § 66 StGB die anschließende
Sicherungsverwahrung angeordnet wird, da es sich bei der
Sicherungsverwahrung nicht lediglich um einen Verwahrvollzug
des gefährlichen Täters im Sinne eines „Wegsperren für
immer" handelt. Denn auch im Rahmen der Sicherungsverwahrung
ist auf eine Resozialisierung des Untergebrachten
hinzuwirken (BVerfG, Urt. v. 5. 2. 2004, NJW 2004, S. 739
ff., 740 - Sicherungsverwahrung ist normativ wie tatsächlich
geradezu am Resozialisierungsgedanken ausgerichtet (BVerfG
aaO., S. 740 – Sicherungsverwahrung): ...
cc. Auch ohne eine
relative zeitliche Nähe zur Haftentlassung können die
möglichen Folgen eines Berichts über die Straftat eines
Verurteilten für sein Grundrecht auf freie Entfaltung der
Persönlichkeit gravierend sein, indem sie zu
Stigmatisierung, sozialer Isolierung und einer darauf
beruhenden grundlegenden Verunsicherung führen (dazu vgl.
BVerfG aaO. – Lebach II). Mit dem Anspruch des Betroffenen,
mit seiner Tat „in Ruhe gelassen" zu werden, gewinnt es mit
zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafverfahren
zunehmende Bedeutung, einer Reaktualisierung seiner
Verfehlung verschont zu bleiben (vgl. jüngst BVerfG, Beschl.
v. 13.6.2006, NJW 2006, S. 2835 f. m.w.N.). Die Grenze
zwischen dem Zeitraum, in dem eine den Täter nennende
Berichterstattung als aktuelle Berichterstattung über ein
Ereignis von öffentlichem Interesse grundsätzlich zulässig
ist, und dem Zeitraum, zu dem wegen Zurücktretens des
berechtigten öffentlichen Interesses eine spätere
Darstellung oder Erörterung unzulässig geworden ist lässt
sich nicht allgemein, jedenfalls nicht mit einer nach
Monaten und Jahren für alle Fälle fest umrissenen Frist
fixieren (so schon BVerfG aa0. - Lebach I; nach den
Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann bereits nach einem
Zeitraum von nur sechs Monaten nach Rechtskraft des
Strafurteils die Namensnennung unzulässig geworden sein, s.
etwa BGH, Urt. v. 9. 6. 1965, - Spielgefährtin I). Der
maßgebende Zeitpunkt für eine die gefährdende, unzulässige
Berichterstattung unter Namensnennung ist aber jedenfalls
erheblich früher anzusetzen, als auf das Ende der
Strafverbüßung. § 2 StVollzG gebietet es, vom Beginn der
Strafzeit an auf das Vollzugsziel der Resozialisierung
hinzuarbeiten. Dem Gefangenen sollen Fähigkeit und Willen zu
verantwortlicher Lebensführung vermittelt werden. Er soll es
lernen, sich unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft
ohne Rechtsbruch zu behaupten, ihre Chancen wahrzunehmen und
ihre Risiken zu bestehen (BVerfG aaO. - Lebach I). Eine
Gefährdung der Resozialisierung ist durch eine
Berichterstattung auch dann zu befürchten, wenn die Tat
bereits lange Zeit zurückliegt. Gerade ein Mord ist derart
persönlichkeitsbestimmend, dass der Mörder mit der Tat
praktisch lebenslang identifiziert wird (BVerfG aaO. -
Lebach II). Bezogen auf den Kläger bedeutet dies, dass in
der besonderen Situation der Haft, die seine derzeitige
Umwelt darstellt, sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt
schädliche Wirkungen für ihn ergeben können. So ist es
jedenfalls nicht a priori auszuschließen, dass sich der
Kläger durch eine mediale Reaktualisierung aus Furcht vor
Missachtung und Ablehnung isolieren wird. In einer
Situation, die ohnehin von Isolation geprägt ist kann ein
innerer und äußerer Rückzug des Betroffenen - z.B. durch
Einrichtung von Einzelfreistunde, Aufgabe einer Teilnahme an
Gruppenveranstaltungen - dazu führen, dass die
Resozialisierung scheitert. Das aber widerspräche den oben
dargelegten Vollzugszielen, wonach auch ein Straftäter wie
der Kläger ein Recht darauf haben soll, schon während seiner
Haftzeit die Erfahrung machen zu können, dass ihn seine
Umwelt vorurteilslos wieder aufnimmt.
b. Es besteht auch kein
vorrangiges, die Interessen des Klägers überwiegendes
Interesse der Öffentlichkeit an einer Aufrechterhaltung
einer Berichterstattung die nunmehr mehr als zehn Jahre
zurückliegende Straftat bzw. die nahezu zehn Jahre
zurückliegende Verurteilung unter Nennung des Namens des
Klägers.
aa. Die Bereithaltung der
streitgegenständlichen Artikel durch die Beklagte auf ihren
Internetseiten begründet - wie ausgeführt - die Gefahr der
ständigen Reaktualisierung der
Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers, die sich durch
en Abruf der Berichterstattung erneut realisiert. Die
Unzulässigkeit einer solchen Berichterstattung beschränkt
die Beklagte in ihren Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG nur
geringfügig. Denn die Tat selbst wird dadurch nicht dem
Bereich der Gegenstände, über die öffentlich berichtet
werden darf, entzogen. Eingeschränkt wird das Recht, über
die spektakuläre Tat des Klägers zu berichten, nur dadurch,
dass er den Lesern nicht durch Nennung seines Namens ohne
weiteres erkennbar gemacht werden darf. Es ist nicht
ersichtlich, inwieweit dadurch die
Berichterstattungsfreiheit mehr als nur geringfügig begrenzt
würde. Auf der anderen Seite ist nicht ersichtlich, weshalb
es für den Kläger weniger gravierend sein soll, wenn dem
Leser einer Veröffentlichung deutlich wird, dass diese
bereits vor vielen Jahren erstmals veröffentlicht worden
war; die stigmatisierende Wirkung, die mit einer Verknüpfung
seines Namens mit seinen schrecklichen Taten einhergeht,
wird durch alte Artikel genauso perpetuiert wie durch
solche, die aktuell veröffentlicht wurden. Auch ist der
Aufmerksamkeitswert für die Öffentlichkeit zwar zweifellos
höher, wenn eine derartige Berichterstattung im aktuellen
Teil einer Online-Veröffentlichung erfolgt, denn nur dieser
Bereich wird vom Leser ähnlich einer Zeitung „durchgelesen",
während der Zugriff auf ältere Veröffentlichungen regelmäßig
ein gezieltes Tätigwerden des Lesers - in der Regel durch
Eingabe von Suchbegriffen - erfordert. Damit sind derartige
Artikel aber nicht gänzlich aus dem Blickfeld der
Öffentlichkeit verschwunden, durch die heute weit
verbreitete Verwendung von Suchmaschinen sind Artikel, die
seit Jahren im Internet stehen, in genau der gleichen Weise
erreichbar, wie der Artikel vom Vortage, der soeben erst in
den „Archivbereich" verschoben wurde. Für den vorliegenden
Fall bedeutet dies, dass jeder Internetnutzer, der den Namen
des Mordopfers ... in eine Suchmaschine eingibt, in
Bruchteilen von Sekunden Artikel wie die
streitgegenständlichen auffinden kann, die den Namen des
Klägers mit dieser Tat verknüpfen. Mit anderen Worten:
Zwar ist zutreffend, dass
„archivierte" Artikel in der Regel nicht „zufällig" gelesen
werden, die durch den Einsatz hocheffizienter Suchmaschinen
ermöglichte einfache und blitzschnelle Auffindbarkeit
befördert aber alle älteren Artikel gleichberechtigt auf
eine Ebene der Wahrnehmbarkeit und Reichweite, die nur knapp
unterhalb der einer Veröffentlichung im „aktuellen" Teil
einer Internetplattform liegt. Demnach stellt es für den
Kläger keine Erleichterung dar, dass ihn betreffende Artikel
„nur" über Suchmaschinen auffindbar sind, sondern die
Möglichkeit einer derartigen Auffindbarkeit begründet gerade
ein gegenüber anderen Formen der Publikation erheblich
intensiviertes und ganz eigenes Maß perpetuierter
Beeinträchtigung.
bb. Auch der von der
Beklagten angeführte Grundgedanke eines „.Archivprivilegs"
vermag zu keiner abweichenden Beurteilung zu führen,
jedenfalls soweit es um so genannte „online-Archive" der
vorliegend streitgegenständlichen Art geht.
(a) Es erscheint schon
als zweifelhaft, ob es sich bei dem Bereich des
Internetauftritts der Beklagten, an dem sich die
beanstandete Veröffentlichung fand, um ein „Archiv" handelt.
Denn für den Internetnutzer handelt es sich bei diesem
Bereich letztlich um nichts anderes als einen der Bereiche,
unter denen Meldungen aufzufinden sind; der Unterschied zu
den Meldungen anderer Bereiche ist lediglich der, dass es
sich unter den hier vorgehaltenen Meldungen um solche
älteren Datums handelt. Weshalb aber das schlichte Alter
einer Meldung als solches ein taugliches Kriterium sein
soll, um das Verbreiten der einen Meldung gegenüber dem
einer anderen zu privilegieren, ist nicht einzusehen. Aber
auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus, erscheint der
Archivgedanke nicht als tragfähig:
(b) Auf ein
Archivprivileg, das analog dem des § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG
gestaltet wäre, kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg
berufen. Insoweit kann es für die Abwägung der Interessen
zwischen der von der Berichterstattung betroffenen Person
und dem Verbreiter der Berichterstattung nicht darauf
ankommen, ob letzterer der Inhaber eines ausschließlichen
Nutzungsrechtes im Sinne des Urhebergesetzes an den
betreffenden Artikeln ist. Gegen eine analoge Anwendung der
urheberrechtlichen Archivregelung spricht zudem, dass für
eine solche Privilegierung deshalb kein Raum besteht, weil
ein Zugriff auf das Archiv der Beklagten jedermann möglich
ist. Die Regelung in § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG, die den
„Archivar" von Ansprüchen des Urhebers freistellt, wenn zur
Aufnahme in sein Archiv fremde Werkstücke vervielfältigt
werden, findet nicht für jedes Archiv Anwendung. Nach § 53
Abs. 5 UrhG ist das Archivprivileg insbesondere auf solche
Datenbanken beschränkt, die nicht mit elektronischen Mitteln
zugänglich sind. Diese Ausnahmevorschrift kommt bereits dann
nicht zum Tragen, wenn das Archiv auch nur von einer
Mehrzahl von Unternehmensangehörigen genutzt werden kann
(BGH, Urt. v. 10. 12. 1998, GRUR 1999, S. 325 ff, 327
m.w.N.). Erst Recht findet sie keine Anwendung, wenn
außenstehenden Dritten Zugriff auf das Archiv gewährt wird
(BGH, Urt. v. 16. 1. 1997, GRUR 1999, S. 459 ff., 463 -
CB-Infodatenbank I). Das hat seinen Grund darin, dass eine
Multiplikatorfunktion mit der bezweckten Beschränkung auf
bloße Bestandssicherung nicht zu vereinbaren ist, weshalb
auch eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des § 153 Abs.
2 Nr. 2 UrhG nicht angängig ist (vgl. BGH, Urt. v. 10. 12.
1998, GRUR 1999, S. 325 ff., 327 m.w.N. - elektronische
Pressearchive).
Diese für das
Urheberrecht entwickelten Grundsätze sind es, die gerade
dafür sprechen, dass es ein „Archivprivileg" für in das
Internet eingestellte ehemals aktuelle Meldungen nicht geben
kann, sondern dass jedenfalls ein Medienunternehmen, das
sein Archiv gerade durch Gewährung des Zugangs über das
Internet auch für dritte Nutzer zugänglich macht, dafür
Sorge zu tragen hat, dass Beiträge, deren Verbreitung nicht
oder nicht mehr zulässig ist, gelöscht oder so archiviert
werden, dass ihre weitere Verbreitung ausgeschlossen ist.
Denn der technische Fortschritt, der die Speicherung und
Zugänglichmachung von Daten in immer weiterem Umfang
zulässt, darf nicht dazu führen, dass
Persönlichkeitsrechtsverletzungen eher hinzunehmen sind
(BGH, Urt. v. 16. 9. 1966, NJW 1966, S. 2353 ff., 2354;
BVerfG, Beschl. v. 9. 10. 2002, NJW 2002, S. 3619 ff., 3621;
s. auch BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1983, BVerfGE 65, S. 1 ff. =
NJW 1984, S. 419 ff- 421 f. - Volkszählung).
(c) Im Übrigen wird auch
aus den gesetzlichen Regelungen über die Verwaltung von
Archivgut deutlich, dass nach gesetzgeberischer Wertung
zeitliche Schutzfristen für archivierte Beiträge zu beachten
sind, die den Schutz der Persönlichkeitsrechte der von dem
Archivgut betroffenen Personen dienen, und dass solche
Schutzfristen geradezu zum Wesen des Archivrechts gehören.
So darf etwa nach § 5 Abs. 2 BArchG Archivgut, das sich auf
natürliche Personen bezieht, erst 30 Jahre nach dem Tode der
betroffenen Person durch Dritte benutzt werden; ist das
Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand
festzustellen, endet die Schutzfrist erst 110 Jahre nach der
Geburt des Betroffenen. Entsprechende Regelungen enthalten
auch die Archivgesetze der Länder (s. z.B. § 5 des
Hamburgischen Archivgesetzes v. 21. 1. 1991). Mit derartigen
Schutzfristen wird ein angemessener Ausgleich zwischen den
Interessen der von den Inhalten des zu archivierenden
Schrift- oder Bildguts betroffenen Personen und der
Notwendigkeit, kulturell bedeutsames Mediengut dauerhaft zu
erhalten und der Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung zu
stellen, geschaffen. Schon zuvor darf Archivgut genutzt
werden, ggf. sind aber die von ihm betroffenen Personen
unkenntlich zu machen (s. z.B. auch § 12 Abs. 4 und 5
Stasi-Unterlagen-Gesetz, § 30 BDSG). Auch dies zeigt, dass
der Gesetzgeber es als durchaus zumutbar ansieht, wenn ggf.
eine nur unter Anonymisierung (§ 3 Abs. 6 BDSG) der
betreffenden Person erfolgende Verbreitung von Informationen
zugelassen wird.
Einen allgemeinen
Rechtsgedanken, wonach die Verbreitung archivierter
Materialien gegenüber der von aktuellen Meldungen in
weiterem Umfange generell zulässig wäre, solange die von den
Inhalten des Materials betroffenen Personen noch am Leben
sind gibt es damit nicht.
c. Damit schuldet die
Beklagte als Störerin Unterlassung. Das Eingreifen von
Rechtsfertigungsgründen - etwa wegen eines überwiegenden
Interesses der Öffentlichkeit an der Führung gerade des
streitgegenständlichen Archivs - ist weder dargelegt noch
ersichtlich. Wie ausgeführt, erfüllt die hier praktizierte
schlichte öffentliche Bereithaltung älterer
Veröffentlichungen bereits nicht die spezifischen Funktionen
eines Archivs, das an dem grundsätzlich berechtigten
Interesse ausgerichtet ist, publizistische Erzeugnisse „dem
wissenschaftlich und kulturell Interessierten möglichst
geschlossen zugänglich zu machen und künftigen Generationen
einen umfassenden Eindruck vom geistigen Schaffen früherer
Epochen zu vermitteln" (BVerfG, B. v. 14. 7. 1981, NJW 1982,
S. 633 ff., 634 - zu Pflichtexemplaren)."
Diese Erwägungen gelten
hier im noch stärkeren Maße, weil der Kläger nicht im
Anschluss an die lebenslange Freiheitsstrafe, von der er
bereits über 14 Jahre verbüßt hat, noch Sicherungsverwahrung
zu vergegenwärtigen hat.
Es wird außerdem
ergänzend auf das Urteil des Hans. OLG Hamburg vom
09.10.2007 (Az.: 7 U 53/07) verwiesen, in welcher das OLG
ausführt, es obliege dem Betreiber eines online gestellten
Pressearchivs als Verbreiter, zuvor die Zulässigkeit des
Dritten zur Verfügung gestellten archivierten Materials zu
prüfen.
Die Nebenentscheidungen
folgen aus §§ 3, 92 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 709 ZPO.