Siehe auch
Zurückverweisung:
Landgericht
Hamburg
U R T E I L
Im Namen des Volkes
Geschäfts-Nr.: 324 O 521/98
Verkündet am: 5.4.2002
Feuerhahn, JAe als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der
Sache
Prinz Ernst
August von Hannover
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte:
...
gegen Focus
Magazin Verlag GmbH
- Beklagte
-
Prozessbevollmächtigte:
...
erkennt das
Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24 auf die mündliche
Verhandlung vom 1.2.2002 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Zink
den Richter am Landgericht Dr. Weyhe
für Recht:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger
begehrt von der Beklagten, es zu unterlassen, eine ihn
zeigende Fotografie erneut zu verbreiten.
Der Kläger
ist Angehöriger des Hauses Hannover. Im Verlag der
Beklagten erscheint die Zeitschrift „Focus”. In deren
Ausgabe Nr. 33/98 veröffentlichte die Beklagte einen
Beitrag (Anlage K 1) mit der Überschrift „Das zahlt er aus
der Portokasse”, der sich mit dem Kläger und der
Einstellung eines gegen ihn gerichteten
Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der
Körperverletzung befasst. Die Einstellung des
Ermittlungsverfahrens erfolgte gegen Zahlung einer
Geldbuße nach § 153 a StPO. Dem Kläger war, wie in dem
Fließtext der Berichterstattung ausgeführt wird,
vorgeworfen worden, auf dem Heimweg von einer Benefizgala
einen Reporter tätlich angegriffen zu haben. Zur
Illustrierung des Beitrages war eine im Zusammenhang mit
dem Geschehnis angefertigte, den Kläger zeigende
Fotografie abgedruckt. Im Rahmen dieses Beitrags wurde
neben einem u.a. den Kläger zeigenden Bild auch eine
Fotografie veröffentlicht, welche die ganze Person des
Klägers im Smoking zeigt.
Der Kläger
mochte die Veröffentlichung dieses Bildnisses nicht
hinnehmen und ließ die Antragsgegnerin mit anwaltlichem
Schreiben vom 18. August 1998 (Anlage K 2, K 3) zur Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung
auffordern, die die Beklagte mit Schreiben vom 20. August
1998 (Anlage K 4) ablehnen ließ. Daraufhin stellte der
Kläger einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung, den die Kammer mit Beschluss vom 24. August
1998 (324 O 454/98) zurückwies; auf die Beschwerde des
Antragstellers erließ das Hanseatische Oberlandesgericht
Hamburg am 7. September 1998 die begehrte Verbotsverfügung
(Az.: 7 W 92/98). Auf Antrag der Beklagten wurde dem
Kläger eine Frist zur Erhebung der Klage zur Hauptsache
gesetzt. Die Kammer hat die Beklagten mit Urteil vom 19.
Februar 1999 zur Unterlassung der erneuten Verbreitung der
angegriffenen Fotografie verurteilt, die gegen dieses
Urteil eingelegte Berufung der Beklagten ist von
Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg vom 26. Oktober
1999 (Az. 7 U 48/99) zurückgewiesen worden. Diese Urteile
sind auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten durch
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. April 2001
(Az. 1 BvR 2109/99) aufgehoben und die Sache ist an das
Landgericht zurückverwiesen worden.
Der Kläger
trägt vor, er habe nicht in die streitgegenständliche
Veröffentlichung eingewilligt. Die Veröffentlichung des
Fotos stelle einen rechtswidrigen Eingriff in sein
allgemeines Persönlichkeitsrecht bzw. sein Recht am
eigenen Bild dar. Ein schutzwürdiges Interesse der
Allgemeinheit an der Fotografie sei nicht zu erkennen.
Selbst dann, wenn man in dem Gegenstand der illustrierten
Berichterstattung ein zeitgeschichtliches Ereignis sehen
wollte, läge ein solches nunmehr nicht mehr vor, weil die
damals angeklagte Tat im Januar 1998 begangen worden sein
soll und damit jetzt schon einige Zeit zurückliege.
Der Kläger
beantragt,
die Beklagte zu
verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes
und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden
kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens DM
500.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei
Jahre), zu unterlassen, das in FOCUS Nr. 33/98 im Rahmen
des Artikels „Das zahlt er aus der Portokasse” auf Seite
35 in der Mitte abgedruckte Foto, das Prinz Ernst August
von Hannover im Smoking zeigt, erneut zu
veröffentlichen.
Die
Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die
Beklagte sieht sich nicht zur Unterlassung verpflichtet.
Sie ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung der
Aufnahme rechtmäßig erfolgt sei. Der Kläger habe in die
Veröffentlichung eingewilligt: Die Fotografie sei am Abend
des 19. November 1997 entstanden, als der Kläger das „Gala
Concert at the Festival Hall for the Queen & Duke of
Edinburgh” besucht habe. Bereits bei Betrachtung der
Fotografie, die die Vorlage der Veröffentlichung gewesen
sei (Anlage B 1), sei auf den ersten Blick zu erkennen,
dass der Kläger den Fotografen bemerkt und ausdrücklich in
die Aufnahme eingewilligt habe. Der Fotograf habe zudem
gegenüber dem Geschäftsführer der Agentur „UK Press”, J.
Parker, bestätigt, dass das Einverständnis des Klägers
hinsichtlich der Veröffentlichung nicht auf eine
Berichterstattung über das genannte Galakonzert beschränkt
worden sei, sondern dass der Kläger eine uneingeschränkte
Einwilligung hinsichtlich der Veröffentlichung des Fotos
abgegeben habe, also mit einer Veröffentlichung des Fotos
in jedem redaktionellen Zusammenhang einverstanden gewesen
sei (Beweis: Zeugnis Parker). Im übrigen habe es einer
Einwilligung des Klägers nicht bedurft, denn ihr, der
Beklagten, stehe der Rechtfertigungsgrund gemäß § 23 Abs.
1 Nr. 1 KUG zur Seite. Der Kläger sei eine sogenannte
absolute Person der Zeitgeschichte (vgl. Gutachten Anlagen
B 3, B 4). Seitdem der Kläger der ständige Begleiter von
Prinzessin Caroline von Monaco sei, sei er Gegenstand
eines besonders großen öffentlichen Interesses (Beweis:
Repräsentative Sachverhaltsermittlung). Auch vor dieser
Zeit sei er in vielerlei Hinsicht in die Öffentlichkeit
getreten; z.B. habe er unstreitig - auch schon während
seiner Ehe mit Chantal von Hannover - die Medien für eine
sogenannte „HomeStory” eingeladen und darüber hinaus -
unstreitig - repräsentative Funktionen wie z.B. im Rahmen
der Weltausstellung „Expo 2000” in Hannover wahrgenommen.
Auch deshalb bestehe ein besonderes Interesse der
Bevölkerung am Schicksal und an der Person des Klägers
(Beweis: Sachverständigengutachten). Jedenfalls ergebe
sich die Zulässigkeit der Veröffentlichung daraus, dass
der von der Beklagten veröffentlichte Artikel sich mit
einem Ereignis aus dem Bereich der Zeitgeschichte befasst
habe. Sowohl über den Sachverhalt, der dem Kläger den
Beinamen „Prügelprinz” eingebracht habe, als auch über das
sich anschließende Ermittlungsverfahren sei in den Medien
monatelang berichtet worden. Dies habe zur Folge, dass der
Kläger in diesem Zusammenhang als sogenannte relative
Person der Zeitgeschichte einzustufen sei und im Bild
gezeigt werden dürfe. Dabei könne es nicht darauf
ankommen, ob auf dem Bildnis nur der Kopf oder die gesamte
Person erkennbar sei.
Wegen der
Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die
zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht aus
§§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in
Verbindung mit §§ 22, 23 KUG kein Anspruch auf
Unterlassung der erneuten Verbreitung der angegriffenen
Aufnahme zu. Die Veröffentlichung der angegriffenen
Aufnahme durch die Beklagte stellte keine rechtswidrige
Verletzung des Bildnisrechts des Klägers dar. Die Beklagte
hat zwar nicht substantiiert vorgetragen, dass der Kläger
im Sinne von § 22 KUG in die Veröffentlichung seines
Bildnisses eingewilligt hätte, indem es an hinreichend
konkretem Vortrag dazu fehlt, wie es zu der behaupteten
Einwilligungserklärung gekommen und was im einzelnen
zwischen dem Kläger und dem Fotografen besprochen worden
sein soll.
Die
angegriffene Bildnisveröffentlichung war aber aus § 23
Abs. 1 Nr. 1 KUG gerechtfertigt, denn bei der
veröffentlichten Fotografie handelte es sich um ein
Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne dieser
Norm. Die Kammer hält allerdings an ihrer Auffassung fest,
dass der Kläger keine sogenannte „absolute Person der
Zeitgeschichte” ist, die es grundsätzlich hinzunehmen
hätte, dass ihr Bildnis verbreitet wird; dies braucht
indessen nicht vertieft zu werden, weil der Kläger es als
„relative Person der Zeitgeschichte” hinzunehmen hatte,
dass die streitige Aufnahme im Zusammenhang mit der
Berichterstattung durch die Beklagte verbreitet worden
ist. Das zeitgeschichtliche Ereignis, das den Gegenstand
der mit der angegriffenen Aufnahme illustrierten
Berichterstattung bildete, war die Einstellung des gegen
den Kläger geführten Ermittlungsverfahrens, das aufgrund
der Stellung des Klägers in der Gesellschaft und des gegen
ihn erhobenen Tatvorwurfes, er habe einen Journalisten
tätlich angegriffen, einiges öffentliches Interesse
gefunden hatte. Der Bereich der Zeitgeschichte ist im
weitesten Sinne zu verstehen und umfasst nicht nur das
eigentlich politische, sondern auch das soziale,
wirtschaftliche und kulturelle Leben, so dass in den
Bereich der Zeitgeschichte alles gehört, was in der
Öffentlichkeit sei es auch nur regional - beachtet wird
(LG Saarbrücken, Urt. v. 19. 5. 2000, NJW-RR 2000, S. 1571
ff., 1571). Der Veröffentlichung der streitigen Aufnahme
steht nicht entgegen, dass es sich bei dieser weder um
eine bei dem zeitgeschichtlichen Ereignis entstandene
Fotografie noch um eine neutrale Porträtaufnahme handelt.
Die Kammer hält an der in ihrem Urteil vom 19. Februar
1999 vertretenen Auffassung, dass § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
nicht anwendbar sei, weil die Beklagte zur Illustrierung
ihrer Berichterstattung eine nicht im Zusammenhang mit dem
berichteten Ereignis entstandene Fotografie des Klägers
benutzt hat, die diesen in ganzer Person mit einem
Gesellschaftsanzug bekleidet zeigt, nicht mehr fest. Dem
lag die Auffassung zugrunde, dass § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
die Veröffentlichung nur von solchen Bildnissen lediglich
im Zusammenhang mit einem bestimmten Ereignis
zeitgeschichtlich bedeutsamer Personen zulasse, die die
Abgebildeten im Augenblick des zeitgeschichtlichen
Ereignisses oder eines mit diesem im Zusammenhang
stehenden Geschehens zeigen oder durch die die an dem
Ereignis beteiligten Personen dem Leser durch ein
neutrales Porträtfoto im Bild vorgestellt werden (so schon
Neumann-Duesberg, Bildberichterstattung über absolute und
relative Personen der Zeitgeschichte, JZ 1960, S. 114 ff.,
114 in Fußn. 7: „neutrale Abbildungen, z.B. früher
aufgenommene Paßbilder”). Diese Auffassung erscheint nach
nochmaliger Überprüfung im Lichte der Erwägungen des
Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 26. April
2001 als zu eng. Dies folgt nicht allein aus den in dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts angeführten, auf
Art. 5 Abs. 1 GG und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
gestützten Bedenken an der sogenannten
„Porträtrechtsprechung”, sondern auch aus der Bestimmung
des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG selbst:
Der
Wortlaut von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG steht seiner Anwendung
zur Rechtfertigung der Verbreitung eines Bildnisses, das
eine an einem zeitgeschichtlichen Ereignis beteiligte
Person, nicht aber das zeitgeschichtliche Ereignis selbst
abbildet, nicht entgegen; denn die Norm spricht nicht von
„Bildem von Ereignissen der Zeitgeschichte”, sondern nur
von „Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte”. Da
das KUG, wie sich aus § 22 KUG ergibt, unter „Bildnis” die
Abbildung einer Person versteht, kommt es mithin nur
darauf an, ob die Person, deren Bild verbreitet wird, eine
Person der Zeitgeschichte ist. Unter welchen Umständen die
sie zeigende Aufnahme entstanden ist, ist nach dem
Wortlaut des Gesetzes daher nicht entscheidend (vgl.
Neumann-Duesberg aaO. S. 114 unter I.). Wenn der
Verbreiter zur Illustrierung seiner Berichterstattung ein
Bildnis wählt, das auf eine solche Art und Weise nicht zu
dem zeitgeschichtlichen Ereignis „passt”, dass seine
Verbreitung nicht als rechtmäßig angesehen werden kann, so
gilt hierfür § 23 Abs. 2 KUG (Neumann-Duesberg aaO. S. 117
f. unter VI. u. VII.). Für dieses Ergebnis spricht auch
der Zweck der Norm, der es der Presse im Rahmen der
Freiheit ihrer Berichterstattung (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
bzw. § 1 des im Zeitpunkt des Erlasses des KUG geltenden
Reichspressegesetzes vom 7. 5.1874, RGBI. S. 65)
ermöglichen sollte und soll, ihre Berichterstattung
angemessen zu bebildern; da bei vielen zeitgeschichtlichen
Ereignissen ein Bildberichterstatter nicht vor Ort ist,
der die beteiligten Personen in dem zeitgeschichtlichen
Ereignis selbst aufnehmen könnte, und neutrale
Porträtfotos gerade von Personen, die nur mehr oder
weniger zufällig zu Personen der Zeitgeschichte werden,
häufig nicht zeitnah zu erlangen sind, wäre der
Anwendungsbereich der Norm übermäßig eingeschränkt, wenn
die Presse zur Illustrierung nur auf derartige neutrale
Porträtfotos zurückgreifen dürfte (Gass in Möhring/Nicolini,
Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 60 Anh., § 23 KUG Rdnr.
11). Schließlich ergibt auch die Entstehungsgeschichte der
Norm, dass hinsichtlich der Art des Bildnisses, das zur
Illustrierung der Berichterstattung über ein
zeitgeschichtliches Ereignis herangezogen werden darf,
keine zu engen Grenzen gezogen werden dürfen: Geschaffen
worden ist die in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorgesehene
Ausnahme von dem Grundsatz des § 22 KUG im Hinblick auf
„die Bildnisse von Personen, die im öffentlichen Leben
stehen oder in Kunst und Wissenschaft ein allgemeines
Interesse wachrufen” (so die Materialien zum KUG,
Reichstagsdrucksachen, 11. Leg.-Per., II. Session,
1905/06, Nr. 30, hier zitiert nach KG, 4. StS., Urt. v.
26. 1. 1928, JW 1928, S. 421 f., 421 li. Sp. Mi.), mithin
die Bildnisse solcher Personen, für die Neumann-Duesberg
1960 (aaO.) die Bezeichnung „absolute Personen der
Zeitgeschichte” eingeführt hat und bei denen eine
Verbreitung ihres Bildnisses auch dann zulässig sein
sollte, wenn dieses nicht im Zusammenhang mit dem Ereignis
entstanden war, das den Gegenstand der zu illustrierenden
Berichterstattung bildete. Nachdem erkannt worden war,
dass außer der Art von Personen, an die der Gesetzgeber
bei Schaffung der Regelung in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
gedacht hatte, auch andere Personen - Neumann-Duesberg (aaO.)
folgend seit 1960 als „relative Personen der
Zeitgeschichte” bezeichnet - aufgrund besonderer
Ereignisse eine nur in Beziehung auf diese Ereignisse
bestehende zeitgeschichtliche Bedeutung erlangen können,
hat der zuletzt genannte Gesichtspunkt dazu geführt, dass
in der Rechtsprechung zunächst nicht vorausgesetzt wurde,
dass die Verbreitung eines eine solche Person zeigenden
Bildnisses davon abhinge, dass es die betreffende Person
in dem zeitgeschichtlichen Ereignis selbst abbilden würde.
Als bis an die Grenzen des § 23 Abs. 2 KUG zulässig
angesehen wurde vielmehr grundsätzlich die Verbreitung
jeden Bildnisses einer solchen Person, sofern es nur dazu
diente, eine Berichterstattung über das zeitgeschichtliche
Ereignis zu illustrieren (so z.B. OLG Stuttgart, Urt. v.
19. 12. 1958, JZ 1960, S. 126 ff. m. Anm. v.
Neumann-Duesberg aaO., worin nicht als problematisch
angesehen wurde, dass es
sich bei den zur Illustrierung einer Berichterstattung
über die Vorgänge bei einer Verhaftung verwendeten
Fotografien der beteiligten Polizeibeamten um einen
Ausschnitt aus einer Gruppenaufnahme bzw. um ein
Privatfoto handelte). Erst später hat sich die Auffassung
zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dahingehend verengt, dass außer
der Verbreitung von in dem zeitgeschichtlichen Ereignis
entstandenen Aufnahmen nur die Verbreitung neutraler
Porträtfotos zulässig sei (vgl. z.B. Ricker, Handbuch des
Presserechts, 4. Aufl., Kap. 49 Rdnr. 14 m.w.N.).
Da, wie
ausgeführt, die Berichterstattung, in deren Rahmen die
angegriffene Bildveröffentlichung erschienen ist, ein
zeitgeschichtliches Ereignis betraf, an dem der Kläger
beteiligt war, könnte nur § 23 Abs. 2 KUG, wonach die
Verbreitung eines Bildnisses nicht rechtmäßig ist, wenn
durch diese ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten
verletzt wird, der Zulässigkeit der
Bildnisveröffentlichung entgegengestanden haben. Das war,
wie eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter
Berücksichtigung der aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 bzw. 5
Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten Positionen
ergibt, indessen nicht der Fall; denn bei der von der
Beklagten verwendeten Aufnahme handelte es sich um ein
kontextgerechtes Bildnis des Klägers, durch die keine über
die zulässige Berichterstattung hinausgehende
Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers
bewirkt worden ist:
Die von der
Beklagten verwendete Aufnahme war kontextgerecht. Da der
Betroffene aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einen
Anspruch darauf hat, vor Darstellungen in der Presse
geschützt zu werden, durch die sein Persönlichkeitsbild in
der Öffentlichkeit verfälscht wird, darf die zur
Illustrierung einer Berichterstattung verwendete Aufnahme
den Inhalt des Ereignisses, um das es in der
Berichterstattung geht, und die Rolle, die der Betroffene
im Zusammenhang mit diesem Ereignis spielt, nicht
verfälschen. Das Ereignis, dem die Berichterstattung der
Beklagten gilt, ist durch die Wahl eines Bildnisses, das
den Kläger in einem Smoking zeigt, nicht verfälscht
worden; denn zwischen der Darstellung des Klägers in einem
Gesellschaftsanzug, wie er zu festlichen Anlässen getragen
wird, und dem berichteten Ereignis bestand ein
gedanklicher Zusammenhang, weil - worauf das
Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 26. April
2001 (unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die
Fotografie bereits einige Zeit vor dem Ereignis
aufgenommen worden war) hingewiesen hat - auch der dem
Kläger vorgeworfene Angriff auf den Reporter, der
Gegenstand des gegen den Kläger geführten
Ermittlungsverfahrens gewesen war, im Anschluss an ein
festliches Ereignis stattgefunden haben soll, an dem der
Kläger
teilgenommen hatte. Durch die Veröffentlichung des
angegriffenen Bildnisses ist das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Klägers auch nicht
schwerwiegender beeinträchtigt worden als dies bei
Verwendung eines das zeitgeschichtliche Ereignis
darstellenden Bildnisses oder einer neutralen
Porträtaufnahme der Fall gewesen wäre. Die Fotografie ist,
wie es im Beschluss des Bundesverfassungsgericht
umschrieben wird, „nicht unvorteilhaft”, indem sie den
Kläger nicht in einer Situation oder Haltung zeigt, die
geeignet wäre, sein Ansehen in der Öffentlichkeit
herabzusetzen. Eine Herabsetzung der Persönlichkeit des
Klägers ergibt sich auch nicht, wie der Kläger meint, aus
dem Kontrast, der zwischen der ihn im Gesellschaftsanzug
zeigenden Aufnahme und dem Gegenstand der
Berichterstattung, der Einstellung eines Strafverfahrens
wegen Körperverletzung, bestehen mag; denn da die Aufnahme
den Kläger in einer Situation zeigt, in der ihm nichts
Bedrohliches anhaftet, ist ihre Verwendung zur
Illustrierung der Textberichterstattung viel eher dazu
geeignet, den Eindruck, den der Leser aufgrund dieser von
dem Kläger möglicherweise gewinnen mag, zugunsten des
Klägers zu relativieren, so dass dessen
Persönlichkeitsrecht durch die Verwendung der
angegriffenen Aufnahme sicherlich weniger beeinträchtigt
wird, als dies bei der - zulässigen - Veröffentlichung der
Aufnahme der Fall ist, die den Kläger im Zeitpunkt des ihm
vorgeworfenen Angriffes auf den Fotografen zeigt. Eine zur
Unzulässigkeit der Bildnisverbreitung in diesem konkreten
Zusammenhang führende Persönlichkeitsbeeinträchtigung
ergibt sich auch nicht aus der Größe, in der die Aufnahme
zum Abdruck gebracht worden ist; denn da der Kläger
gleichsam die „Hauptperson” des geschilderten Ereignisses
war, durfte seine Person auch in der Illustrierung des
Beitrages entsprechend herausgestellt werden. Aus dem
gleichen Grund kann eine Unzulässigkeit der angegriffenen
Bildberichterstattung auch nicht daraus gefolgert werden,
dass die Beklagte den Beitrag außer mit dem hier
streitgegenständlichen Bildnis noch mit mehreren weiteren
Bildnissen des Klägers illustriert hat. Die Kammer hat des
weiteren erwogen, ob sich die Unzulässigkeit der
Verbreitung der streitigen Aufnahme daraus ergeben kann,
dass der Kläger, wenn er die angegriffene
Bildnisveröffentlichung hinzunehmen hat, einer allgemeinen
Verfügbarkeit seiner Person durch Presseveröffentlichungen
anheimfiele, indem er auch dann, wenn er sich dazu
entschließt, sein Privatleben öffentlicher Erörterung in
den Medien zu entziehen, in weitem Umfang die
Veröffentlichung von Bildnissen hinzunehmen hätte (vgl.
dazu schon KG JW 1928, S. 421 f., 421 re. Sp. oben). Auch
dieser Gesichtspunkt vermag jedoch in dem hier zu
entscheidenden Fall nicht dazu zu
führen, die angegriffene Bildberichterstattung als
unzulässig anzusehen; denn die Veröffentlichung des
Bildnisses des Klägers erfolgte gerade nicht im Rahmen
einer beliebigen, die Person des Klägers ohne konkreten
Anlass zum Gegenstand öffentlicher Erörterung machenden
Berichterstattung, sondern zur Illustrierung einer
Berichterstattung über ein bestimmtes, im Zeitpunkt der
Veröffentlichung aktuelles zeitgeschichtliches Ereignis,
so dass die Person des Klägers durch diese
Veröffentlichung gerade nicht einer allgemeinen
Verfügbarkeit durch die Presse unterworfen worden ist. Aus
diesem Grund vermag der Kläger seinen
Unterlassungsanspruch auch nicht auf den Gesichtspunkt zu
stützen, dass nunmehr, im Zeitpunkt des Schlusses der
mündlichen Verhandlung, so 'geraume Zeit seit dem
berichteten Ereignis vergangen ist, dass eine jetzt
erfolgende erneute Verbreitung des Bildnisses auch im
Zusammenhang mit einer Berichterstattung über dieses
Ereignis wohl rechtswidrig wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v.
5. 6.1973, BVerfGE 35, S. 202 ff - „Lebach”). Denn der
Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog
setzt eine Wiederholungsgefahr nach vorangegangener
Rechtsverletzung voraus, wird also grundsätzlich erst
dadurch ausgelöst, dass das dem Kläger zustehende Recht in
rechtswidriger Weise beeinträchtigt worden ist. An dieser
Voraussetzung fehlt es unabhängig vom Zeitablauf deswegen,
weil die Veröffentlichung der angegriffenen Fotografie zu
dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgte, deswegen rechtmäßig
war, weil die mit ihr illustrierte Berichterstattung der
Beklagten zeitnah zur Bekanntgabe der Einstellung des
gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahrens erschien.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über
die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1
und 2 ZPO n.F.
Buske
Zink
Weyhe |