Verhandlungsbericht
Landgericht Hamburg
URTEIL
Im Namen des Volkes
Geschäfts-Nr.:
324 O 225/07
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Verkündet am:
25.05.2007 |
In der Sache
Michael Ballack |
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- Kläger -
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Prozessbevollmächtigte |
RA Buse pp.
RA Michael Nesselhauf |
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gegen
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Axel Springer AG |
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- Beklagte -
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Prozessbevollmächtigte |
RA Damm pp.
RA Dr. Holger Nieland |
erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24, auf die
mündliche Verhandlung vom 25.05.2007 durch den Vorsitzenden
Richter am Landgericht Buske, den Richter am Landgericht Dr.
Korte, den Richter Zink
für Recht:
Tenor
I.) Die einstweilige Verfügung vom 27.03.2007 wird
bestätigt.II.) Die Antragsgegnerin hat auch
die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Bestand der
einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin eine Äußerung
über den Antragsteller untersagt worden ist.
Der Antragsteller ist Profifußballer
beim „FC Chelsea“. Zuvor spielte er beim „FC Bayern München“. Die
Antragsgegnerin ist Verlegerin der Zeitschrift „Bild am Sonntag“.
In der Ausgabe vom 11.3.2007 hieß es in einem
Interview mit dem Präsidenten des „FC Bayern München“, F. B.
(Frage:) Warum holen sie … nicht zurück? Der
ist doch unglücklich bei Chelsea.
(Antwort:) Das würd` er nicht machen, das
wäre eine Niederlage für ihn. Da wäre er auch schlecht
beraten.
(Frage:) Aber er kommt bei Chelsea nur
sehr schwer in Tritt.
(Antwort:) Ich weiß auch gar nicht, welche
Position er so genau spielt. (…)
Der Antragsteller hat eine einstweilige Verfügung der
Kammer vom 27.3.2007 erwirkt, mit der der Antragsgegnerin untersagt
worden ist zu verbreiten:
Warum holen Sie (F. B.) … nicht zurück?
Der ist doch
unglücklich bei Chelsea .
Dagegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch
eingelegt. Sie vertritt die Ansicht, die angegriffene Äußerung sei –
auf der Grundlage verschiedener Pressezitate über die Tätigkeit des
Antragstellers beim „FC Chelsea“ – ein zulässiges Werturteil. Sie
sei im Zusammenhang mit den im Interview enthaltenen humorvollen,
wertenden Kurzstatements zu den übrigen „FC Bayern“- Protagonisten
zu sehen. Es handle sich um eine provozierende und ironisierende
Zuspitzung der in der weiteren Interviewfrage zum Ausdruck
gebrachten Wertung, dass B. „bei Chelsea nur sehr schwer in Tritt“
komme.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung des Landgerichts
Hamburg (Az: 324 O 225/07) vom 27.03.2007 aufzuheben und den
zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Er versichert mit Erklärung vom 13.3.2007 an Eides
statt, er sei beim „FC Chelsea“ nicht unglücklich (Anlage K3).
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die
zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, denn
sie ist auch nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung zu Recht
ergangen. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB
analog in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 1, 1Abs. 1 GG zu.
1.) Die angegriffene Äußerung versteht
der Durchschnittsleser zwingen als innere Tatsachenbehauptung über
den Gemütszustand des Antragstellers, so dass es auf die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu mehrdeutigen
Äußerungen (vgl. etwa: BVerfG, 1 BvR 49/00 vom 24.5.2006, www.
Bverfg.de, Leitsätze 6 bis 6d – „Babycaust I“) bereits nicht
ankommt. Die apodiktische Feststellung „Der ist doch unglücklich bei
Chelsea“ bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass damit
lediglich eine Bewertung äußerer Faktoren vorgenommen werden soll,
etwa von Äußerungen Dritter über die Tätigkeit des Antragstellers
beim „FC Chelsea“. Sie lässt vielmehr keinen Raum für Diskussionen
und liest sich im Sinne von: „Der ist doch, wie jeder weiß,…“. Aus
dem Kontext des Interviews folgt nichts anderes. Allein aus dem
Umstand, dass in dem Interview in der Tat auch wertende
Stellungnahmen zu verschiedenen Angestellten des „FC Bayern München“
enthalten sind, kann der Durchschnittsleser nicht folgern, dass auch
die als innere Tatsachenbehauptung formulierte Aussage über den
Antragsteller, er sei unglücklich beim „FC Chelsea“, in Wahrheit als
bloße Bewertung gemeint sei. Nichts anderes gilt für den sich
anschließenden Kommentar „Aber er kommt bei Chelsea nur sehr schwer
in Tritt“. Auch daraus kann der Durchschnittsleser nicht – quasi
rückwirkend – folgern, dass die Aussage, der Antragsteller sei bei
Chelsea unglücklich, als Wertung gemein gewesen sein müsse. Im
Gegenteil: Die Bewertung, der Antragsteller komme bei Chelsea nur
„sehr schwer in Tritt“ liefert dem Leser gerade ein Motiv für den
zuvor behaupteten angeblichen Gemütszustand des Antragstellers.
2.) Die Behauptung, der Antragsteller
sei unglücklich beim „FC Chelsea“ hat als unwahr zu gelten, denn
diesem Vortrag des Antragstellers ist die Antragsgegnerin bereits
nicht entgegengetreten.
3.) Die Wiederholungsgefahr ist durch die
rechtswidrige Erstbegehung indiziert (vgl. dazu: BGH, NJW 1994,
1281, 1283).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Buske
Dr. Korte
Zink
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 09.05.08
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