Buskeismus


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Verhandlungsbericht

Landgericht Hamburg

URTEIL

Im Namen des Volkes

Geschäfts-Nr.:
324 O 214/07
 

Verkündet am:
27.04.2007

In der Sache

Florian Silbereisen

 
  - Kläger -
 
Prozessbevollmächtigte RA Prof. Dr. Prinz pp.
RA Vledders
 
gegen
 
Heinrich Bauer Zeitschriften Verlag  
  - Beklagte -
 
Prozessbevollmächtigte RA Lovells pp.
RA Dr. Neben

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24, auf die mündliche Verhandlung vom 27.04.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske, den Richter am Landgericht Dr. Korte, den Richter Zink

für Recht:

Tenor

I. Die einstweilige Verfügung vom 20.3.2007 wird aufgehoben und der ihr zugrundeliegende Antrag zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Kostenvollstreckung durch die Antragsgegnerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Antragsteller – ein Fernsehmoderator – hat eine einstweilige Verfügung der Kammer vom 20.3.2007 erwirkt, mit der der Antragsgegnerin auferlegt worden ist, in der von ihr verlegten Zeitschrift „N. P.“ eine Gegendarstellung folgenden Wortlauts abzudrucken:
Gegendarstellung
In „N. P.“ Nr. ... vom ….2007, Seite 6, ist in einem Artikel unter der Überschrift „M. M.s Hilferuf 'Lass mich nicht allein, denn ich liebe dich'“ veröffentlicht [sic] von einer „Romanze“ zwischen mir und M. M. die Rede. Hierzu heißt es:
„F. S. war frei – er hatte sich gerade von seiner Freundin M. (22) getrennt – und M. M. war es auch. Und ehe die beiden sich versahen, hat sich die Liebe schon in ihre Herzen geschlichen und begann zu wachsen und zu blühen. Das Ergebnis waren die schönsten Fernseh-Küsse seit langem… .“
Hierzu stelle ich fest:
M. M. und mich verbindet eine Freundschaft, aber keine Liebesbeziehung. Im Fernsehen gezeigte Küsse waren daher auch nicht deren Ergebnis.
Berlin, den 10.3.07                          F. S.

Dagegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Sie trägt u.a. vor, die Gegendarstellung sei irreführend. M. M. habe sich im Jahr 2006 in der Presse wie folgt geäußert:

- F. S. hat mein Herz im Sturm erobert.
- F. und ich sind in Deutschland auf den Titelseiten erschienen. Ich verrate nicht, was zwischen uns passiert ist, aber alle sollen wissen, dass ich ihn sehr mag.

Ferner sei sie in der Presse in Bezug auf ein Drittinterview wie folgt zitiert worden:

Ich bin in F. verliebt. Er ist ein außergewöhnlicher Mann, den ich unendlich gern habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den ihr zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass hinter dem Wort „Artikel“ in der ersten Zeile und hinter dem Wort „veröffentlicht“ in der dritten Zeile jeweils ein Komma eingefügt wird.

Er erklärt, selbst wenn M. M. die oben mit Spiegelstrichen aufgeführten Äußerungen getan haben sollte, habe sie damit nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass sie ihn – den Antragsteller – liebe. Ob die von der Antragsgegnerin angeführten Zitate M. zutreffend seien, könne er nicht erklären, weil er mit M. M. insoweit bisher keine Rücksprache habe nehmen können. Das Management von M. M. habe ihm mitgeteilt, dass diese sich nicht in der wiedergegebenen Weise geäußert habe.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 27.4.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die einstweilige Verfügung ist aufzuheben, denn nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung ist sie zu Unrecht ergangen. Dem Antragsteller steht gemäß § 11 HambPresseG der Anspruch auf Abdruck der begehrten Gegendarstellung nicht zu.

Die Gegendarstellung ist irreführend.

1.) Es ist als unstreitig anzusehen, dass sich M. M. der Presse gegenüber wie folgt geäußert hat:

- F. S. hat mein Herz im Sturm erobert.
- F. und ich sind in Deutschland auf den Titelseiten erschienen. Ich verrate nicht, was zwischen uns passiert ist, aber alle sollen wissen, dass ich ihn sehr mag.
- Ich bin in F. verliebt. Er ist ein außergewöhnlicher Mann, den ich unendlich gern habe.

Dies hat die Antragsgegnerin vorgetragen, denn auch der Vortrag, M. M. sei in der Presse in Bezug auf ein Drittinterview mit der Äußerung zu Spiegelstrich 3 zitiert worden, lässt sich nicht anders verstehen, als dass behauptet werden soll, dass M. M. diese Äußerung auch tatsächlich von sich gegeben habe.

Diesen Vortrag der Antragsgegnerin hat der Antragsteller nicht wirksam bestritten. Sein Vortrag, er könne nicht erklären, ob die von der Antragsgegnerin angeführten Zitate M. zutreffend seien, weil er mit M. M. insoweit bisher keine Rücksprache habe nehmen können, mag zwar als ein Bestreiten mit Nichtwissen anzusehen sein. Dieses ist vorliegend jedoch gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Zwar kann sich M. M. in Abwesenheit des Antragstellers gegenüber der Presse in der von der Antragsgegnerin vorgetragenen Weise geäußert haben. Vorliegend ist aber zu berücksichtigen, dass die vom Antragsteller begehrte Gegendarstellung nicht nur eine innere Tatsachenbehauptung über seine Gefühle für M. M. enthält, sondern auch die Behauptung, M. M. empfinde für ihn – den Antragsteller – ebenfalls keine Liebe, sondern nur Freundschaft („M. M. und mich verbindet eine Freundschaft, aber keine Liebesbeziehung“ – Hervorhebung durch die Kammer). Wenn aber in einer Gegendarstellung Behauptungen über innere Befindlichkeiten eines Dritten aufgestellt werden, kann sich der Antragsteller im Prozess insoweit nicht auf § 138 Abs. 4 ZPO berufen können, denn in diesem Fall muss er sich die in Rede stehenden Befindlichkeiten des Dritten der eigenen Sphäre zurechnen lassen.

Ein wirksames Bestreiten liegt auch nicht in dem Vortrag, das Management von M. M. habe ihm – dem Antragsteller – mitgeteilt, dass diese sich nicht in der wiedergegebenen Weise geäußert habe. Es ist bereits unklar, ob damit möglicherweise nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass das Management von den in Rede stehenden Äußerungen keine Kenntnis habe. Darauf kommt es allerdings schon gar nicht an, denn der Antragsteller hat sich die von ihm referierte Aussage des Managements von M. M. in der öffentlichen Sitzung vom 27.4.2007 gerade nicht zu Eigen gemacht. Für ein wirksames Bestreiten bedarf es aber einer eigenen Erklärung der Partei, der bloße Verweis auf die Erklärung eines Dritten reicht nicht aus.

2.) Wer in der begehrten Gegendarstellung liest, dass den Antragsteller und M. M. keine Liebesbeziehung, sondern nur eine Freundschaft verbinde, muss nicht nur annehmen, dass es eine Liebesbeziehung niemals gab. Er muss vielmehr auch davon ausgehen, dass weder der Antragsteller noch M. M. öffentliche Erklärungen abgegeben haben, die – ungeachtet ihrer tatsächlichen Gemütslage – nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Rezipienten auf eine über Freundschaft hinausgehende Beziehung hindeuten. Die ersten beiden der oben zitierten Aussagen M. M.s legen aber zumindest überaus nahe, dass sie – jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt – für den Antragsteller mehr als Freundschaft empfand. Und mit der dritten der oben wiedergegebenen Äußerungen erklärte M. M. sogar ausdrücklich, in den Antragsteller verliebt zu sein.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Buske                                           Dr. Korte                                       Zink

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 09.05.08
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