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Atze Schröder
Landgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
27 O 72/07
14.03.2007
In dem Rechtsstreit
…
hat die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg,
Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom
06.03.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Mauck, den
Richter Bömer und den Richter am Landgericht von Bresinsky
für Recht erkannt:
1. Die einstweilige Verfügung vom 18. Januar 2007 wird bestätigt.
2. Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Der Antragsteller wehrt sich im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen
die Nennung seines bürgerlichen Namens.
Der Antragsteller tritt seit geraumer Zeit in einer Maskerade mit
Perücke und Sonnenbrille als Comedian „Atze Schröder" in Fernsehshows
und Bühnenveranstaltungen auf. Er hat zu keinem Zeitpunkt sein
tatsächliches Äußeres oder seinen bürgerlichen Namen offen gelegt und
sich erfolgreich im Verfahren 27 O 26/05 dagegen gewehrt, dass in der „Bild"-Zeitung
sein Foto ohne die im Fernsehen zur Schau getragene Maske gezeigt wird.
Die Antragsgegnerin verlegt den „Weserkurier", in dessen Ausgabe vom 20.
Dezember 2006 unter der Überschrift „Künstler, Kunstfigur und Prolet im
Wunderland - Der erstaunliche Bremer Publikumserfolg von Atze Schröder
wird derzeit nur noch von Comedian Mario Barth in den Schatten gestellt"
ein Artikel erschien, der sich mit dem Antragsteller befasst und in dem
der bürgerliche Name des Antragstellers genannt wird. Wegen der
Einzelheiten wird auf den in Fotokopie eingereichten Artikel (AST 3)
verwiesen.
Der Antragsteller sieht in der Veröffentlichung seines Namens einen
unzulässigen Eingriff in seine Privatsphäre. Auch wenn er eine
Kunstfigur mit Maske spiele, gehe es die Öffentlichkeit nichts an, wie
er tatsächlich heiße.
Der Antragsteller hat die einstweilige Verfügung vom 18. Januar 2007
erwirkt, durch die der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlich
vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist,
den bürgerlichen Namen des Antragstellers zu veröffentlichen und/oder zu
verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.
Gegen die ihr am 30. Januar 2007 zwecks Vollziehung zugestellte
einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin.
Sie meint, der Künstlername und damit auch der bürgerliche Name gehörten
zu einer Person der Zeitgeschichte wie dem Antragsteller, über die
berichtet werden dürfe. Mit der Nennung des Namens sei keine Enttarnung
des Antragstellers verbunden, durch die die Leser in der Lage wären,
weitere Lebensumstände des Antragstellers zu erfahren. Der bürgerliche
Name des Antragstellers sei auch ohne weiteres über das Internet zu
recherchieren; wegen der Einzelheiten wird auf Seite 3 f. der
Widerspruchsbegründung verwiesen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass
zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Er macht geltend, sich gegen die Internetveröffentlichungen erfolgreich
gewehrt zu haben bzw. dagegen gerichtlich vorzugehen. Wegen der
Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19. Februar 2007 Bezug
genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den
vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, weil sie zu Recht ergangen
ist (§§ 936, 925 ZPO). Denn dem Antragsteller steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch wegen der Veröffentlichung seines bürgerlichen
Namens im „Weserkurier'' vom 20. Dezember 2006 gegen die Antragsgegnerin
als dessen Verlegerin aus §§ 823, analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m.
Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Denn mit der Veröffentlichung seines
richtigen Namens hat die Antragsgegnerin rechtswidrig das
Persönlichkeitsrecht des Antragstellers verletzt.
Die Nennung und Darstellung einer Person in einer Druckschrift und die
dann damit erfolgte Mitteilung von Umständen über sie an die
Öffentlichkeit ist ohne ihre Einwilligung grundsätzlich eine
widerrechtliche Verletzung ihres durch Art. 2 GG geschützten
Persönlichkeitsrechtes. Dieses jedermann schützende Recht beinhaltet
auch, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in
der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen. Dabei kommt es nicht darauf an,
ob der mitzuteilende Umstand den Tatsachen entspricht, weil das
Persönlichkeitsrecht auch eine solche Mitteilung der Disposition der
betroffenen Person unterstellt. Deshalb liegt eine rechtswidrige
Verletzung der Person durch ihre Darstellung in der Öffentlichkeit nur
dann nicht vor, wenn für die Mitteilung über die Person ein berechtigtes
Interesse besteht, das dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes vorgeht
(Kammergericht NJW 1989, 397, 398).
Die danach zu treffende Güterabwägung fällt zugunsten des Antragstellers
aus. Zwar lässt sich ein Interesse der Öffentlichkeit, zu erfahren, wer
eigentlich hinter dem Comedian „Atze Schröder" steckt, d. h. wie sein
richtiger Name ist und wie er tatsächlich (ohne Maske) aussieht, nicht
verkennen. Dieser reinen Neugier steht aber ein berechtigtes Interesse
des Antragstellers entgegen, außerhalb seiner Auftritte unerkannt zu
bleiben. Der Antragsteller verfolgt dieses Anliegen konsequent dadurch,
dass er sein Aussehen auf der Bühne oder im Fernsehen so verändert, dass
er ohne die dort getragene Perücke und Brille auf den ersten Blick nicht
wieder zu erkennen ist. Er verwendet weiter bei seinen Auftritten ein
Pseudonym und hat von sich aus seinen bürgerlichen Namen nicht
öffentlich gemacht. Der Antragsteller trennt damit konsequent sein
Berufs- und Privatleben in dem Bestreben, außerhalb seiner Rolle in der
Weltgeschichte unerkannt und unbehelligt zu bleiben. Dieses berechtigte
Anliegen des Antragstellers hat die Antragsgegnerin zu respektieren, da
die Öffentlichkeit keinen Anspruch darauf hat, Einblick in das
Privatleben eines bekannten Künstlers zu bekommen, solange dieser seine
Privatsphäre nicht öffnet. Das hat der Antragsteller nie getan. Auch
wenn keine weiteren privaten Umstände des Lebens des Antragstellers
mitgeteilt worden sind, wird ihm durch die Nennung seines Namens in der
Öffentlichkeit die Möglichkeit genommen, in der von ihm gewählten
Anonymität zu verweilen.
Die beanstandete Veröffentlichung wird nicht dadurch gerechtfertigt,
dass auch von anderer Seite der Name des Antragstellers öffentlich
gemacht wurde, zumal der Antragsteller hiergegen vorgegangen ist bzw.
noch vorgeht.
Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der bereits erfolgten
Rechtsverletzung zu vermuten und hätte nur durch Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH NJW
1994, 1281), an der es fehlt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Mauck
Becker
von Bresinsky
Gegen diese Entscheidung des Landgerichts Berlin wurde am
03.04.2007 Berufung eingelegt. Der 10. Zivilsenat des Kammergerichts
entschied im Januar 2008, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg
habe und wies sie durch Beschluss zurück (Gesch.-Nr. 10 U 92/07).
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am28.04.08
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