Fall
spickmich.de I
Quelle:
www.olg-koeln.nrw.de pdf
Oberlandesgericht Köln
Im Namen des Volkes
Urteil
15 O 142/07
28 O 263/07 LG Köln
verkündet am
27.11.2007
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
der Frau ...
Verfügungsklägerin und Berufungsklägerin,
g e g e n
1) Herrn W,
2) Herrn K,
3) Herrn PW,
4) die Spickmich GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer W, K und PW,
ebenda,
Verfügungsbeklagte und Berufungsbeklagte,
hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts
Köln auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2007 durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jährig,
den Richter am Oberlandesgericht Grommes und
die Richterin am Landgericht Dr. Grobecker
für Recht erkannt:
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das
Urteil des Landgerichts Köln vom 11.07.2007 - 28 O 263/07 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die
Verfügungsklägerin.
Dieses urteil wird mit seiner Verkündung
rechtskräftig
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Nennung und Bewertung
der Verfügungsklägerin in ihrer Eigenschaft als Lehrerin auf der
Homepage der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsklägerin ist Lehrerin am
K-T-Gymnasium in O-W und unterrichtet dort die Fächer Deutsch und
Religion. Die Verfügungsbeklagte zu 4), deren Geschäftsführer und
Gesellschafter die Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3) sind, betreibt die
Homepage www.spickmich.de. Bis zur Eintragung der Gesellschaft in das
Handelsregister wurde die Homepage von der "T GmbH iG" betrieben, deren
Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls die Verfügungsbeklagten zu
1) bis 3) waren. Bei der Homepage www.spickmich.de handelt es sich um ein sog.
Community-Portal, bei welchem die Inhalte des Dienstes - auch - durch
die Nutzer gestaltet werden. Angemeldete Benutzer tragen ihre Daten in
ein Profil ein, sie können ein Profil über sich anlegen, Gruppen und
Clubs bilden und mit anderen Mitgliedern des Netzwerkes kommunizieren.
Bei der als Schüler-Portal konzipierten Homepage der
Verfügungsbeklagten, die derzeit über circa 200.0000 angemeldete
Mitglieder verfügt, können angemeldete Nutzer Informationen über sich
selbst zur Verfügung stellen, über das Portal Nachrichten an andere
Nutzer senden oder eigene soziale Kontaktnetze, bestehend aus
"Freunden", "Mitgliedern einer Stufe" und "Clubs" aufbauen. Bestandteil
des jeweiligen Schülerprofils ist neben den Rubriken "Meine Seite",
"Meine Freunde", "Nachrichten", "Meine Stadt" u. ä. die Rubrik "Meine
Schule". In dieser Rubrik kann der Schüler allgemein Meinungen über die
Schule in vielerlei Aspekten in Form einer Notengebung äußern. So werden
die Ausstattung der Schule, das Schulgebäude und auch Faktoren wie der
"Flirt-Faktor" bewertet. Auf dieser Schulseite existiert auch ein
"Lehrerzimmer", in dem die Namen einzelner Lehrer, die an der Schule
unterrichten, verzeichnet sind. Diese Namen werden von den Schülern
eingetragen, was nur möglich ist, wenn der Eintragende als Schüler der
betreffenden Schule bei www.spickmich.de registriert ist. Um als Schüler eine
Registrierung zu der Homepage www.spickmich.de zu erhalten, muss der exakte
Namen der Schule, ein Benutzername und eine E-Mail-Adresse angegeben
werden. An die E-Mail Adresse wird ein Passwort versandt, mit dem sich
der Nutzer jeweils anmelden kann. Ferner ist es möglich, sich als
"Interessierter" anzumelden, worunter die Verfügungsbeklagten Lehrer
oder Eltern verstehen. Dies erfordert ebenfalls die Angabe eines
Benutzernamens und einer E-Mail-Adresse. Bewertungen der Lehrer kann nur
eine bei T als Schüler registrierte Person und auch nur für die Lehrer
der angegebenen eigenen Schule vornehmen. Einsehbar ist die
Bewertungsseite für alle als Schüler oder Interessierte registrierten
Benutzer.
Im "Lehrerzimmer" ist der Nachname der Lehrerin oder des Lehrers
aufgeführt. Klickt man die zu einem Lehrer gehörende Schaltfläche an, so
gelangt man zu einer Unterseite, aus der der Zuname, die unterrichteten
Fächer und die Schule, an der der Lehrer oder die Lehrerin unterrichtet,
hervorgehen. Darüber hinaus wurden auch die mit Schulnoten von 1 - 6 zu
bewertenden Kriterien "sexy", "cool und witzig", "beliebt", "motiviert",
"menschlich", "gelassen", "guter Unterricht", "leichte Prüfungen" und
"faire Noten" angezeigt. Im September 2007 haben die Verfügungsbeklagten
die Kriterien "sexy", "gelassen" und "leichte Prüfungen" aus dem
Lehrerbewertungsmodul herausgenommen und durch die Kriterien "fachlich
kompetent", "gut vorbereitet", "faire Prüfungen" und "vorbildliches
Auftreten" ersetzt. Aus dem Durchschnitt der für den jeweiligen Lehrer
abgegebenen Bewertungen wird auf der Bewertungsseite eine
Gesamtbewertung errechnet, wobei auch die Zahl der abgegebenen
Bewertungen genannt wird. Bewertungsergebnisse werden auf dem
Bewertungsmodul erst angezeigt, wenn mindestens vier Schüler einen
Lehrer bewertet haben. Bewertungen, die ausschließlich aus dem Wert
"1"oder dem Wert "6"bestehen, fließen nicht in das Bewertungsergebnis
ein. Das Bewertungsergebnis kann auch als "Zeugnis" ausgedruckt werden.
Auch hier werden der Name des zu bewertenden Lehrers, die Schule, an der
er unterrichtet, die Noten in den einzelnen Bewertungskategorien und die
Gesamtnote ausgedruckt. Ferner können die als Schüler der Schule
angemeldeten Nutzer in einer Zitatsektion angebliche Zitate der
bewerteten Lehrer auf die Homepage einstellen, die sodann ebenfalls von
angemeldeten Nutzern auf der Homepage abgerufen werden können.
Nachdem die Verfügungsklägerin Anfang Mai 2007 davon erfahren hat, dass
sie mit Namen, Schule, an der sie unterrichtet, und dem Fach Deutsch auf
der Domain www.spickmich.de genannt worden ist und mit vier Schülerbewertungen
in den oben genannten Einzelkategorien mit einer Gesamtnote von 4,3
bewertet worden ist, hat sie vor dem Landgericht Köln den Erlass einer
Unterlassungsverfügung beantragt. Mit Beschluss vom 15.05.2007 hat das
Landgericht den Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3) unter Androhung der
gesetzlichen Ordnungsmittel entsprechend dem damaligen Antrag der
Verfügungsklägerin verboten, auf der Internetseite www.spickmich.de Daten
betreffend die Verfügungsklägerin bestehend aus Vor- und Zunamen,
Schule, an der die Verfügungsklägerin unterrichtet und ihre
unterrichteten Fächer zu veröffentlichen. Wegen der Einzelheiten der
einstweiligen Verfügung wird auf Bl. 21 f. d. A. verwiesen. Auf den
Widerspruch der Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3) hat das Landgericht
Köln mit Urteil vom 11.07.2007 - 28 O 263/07 - die einstweilige
Verfügung vom 15.05.2007 aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten
Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der
Verfügungsklägerin der geltend gemachte Anspruch auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung weder unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung
ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch wegen Verletzung
datenschutzrechtlicher Vorschriften zustehe. Eine Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts liege nicht vor, weil die Daten der
Verfügungsklägerin - die von den Verfügungsbeklagten unstreitig korrekt
wiedergegeben worden seien - aus allgemein zugänglichen Quellen
entnommen worden seien. Auch aus dem Zusammenhang der Veröffentlichung
der Daten mit den Bewertungskriterien des Lehrerbewertungsmoduls folge
kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, weil die
beanstandete Bewertung vom Grundrecht auf Meinungsäußerung umfasst sei.
Die Bewertung der Verfügungsklägerin als Lehrerin in dem Portal der
Verfügungsbeklagten stelle keine unwahre Tatsachenbehauptung dar und sei
auch nicht als unzulässige Schmähkritik anzusehen. Die Bewertungen
stellten keine bloßen Diffamierungen dar und entbehrten auch nicht eines
erforderlichen Sachbezuges, da sich die jeweiligen Schüler mit dem
Verhalten und Auftreten der Lehrer auseinandersetzten. Schließlich könne
die Verfügungsklägerin Unterlassungsansprüche auch nicht aus dem
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) herleiten. Zwar handele es sich bei den
Angaben zur Person der Verfügungsklägerin um Daten im Sinne des § 3 BDSG.
Die Speicherung und Veröffentlichung der Daten der Verfügungsklägerin in
ihrer konkreten Ausgestaltung sei jedoch durch § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG
gestattet.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der landgerichtlichen Entscheidung
sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts
Köln, Bl. 247 bis Bl. 257 d. A. Bezug genommen.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die
Verfügungsklägerin ihr Unterlassungsbegehren weiter. Sie macht geltend,
das Landgericht habe die vorzunehmende Abwägung zwischen der
Meinungsfreiheit der Verfügungsbeklagten und dem Persönlichkeitsrecht
der Verfügungsklägerin unzutreffend und unvollständig vorgenommen.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei durch die auf der
Internetseite www.spickmich.de enthaltene Bewertungsmöglichkeit die Privatsphäre
der Verfügungsklägerin betroffen. Indem die Verfügungsklägerin per
Notengebung bewertet werde, ob sie "sexy", "cool und witzig",
"menschlich" und "gelassen" sei, seien private Charaktereigenschaften
und ihre sexuelle Identität betroffen. Gerade sexuelle Äußerungen würden
auch dann dem Bereich der Privatsphäre zugerechnet, wenn solche
Äußerungen sich auf den Arbeitsplatz bezögen. Soweit die
Bewertungskriterien von den Verfügungsbeklagten nunmehr geändert worden
seien, führe dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die nach wie
vor im Bewertungsmodul enthaltenen Kriterien "cool und witzig",
"menschlich" und "beliebt" bezögen sich ausschließlich auf
Charaktereigenschaften der zu bewertenden Verfügungsklägerin und wiesen
keinerlei Bezug zu ihrer Berufsausübung auf. Bei allen weiteren
Kriterien sei jedenfalls die Sozialsphäre der Verfügungsklägerin
betroffen. Alle Bewertungen verletzten aufgrund der gleichzeitigen
Nennung persönlicher Daten der Verfügungsklägerin deren Recht auf
informationelle Selbstbestimmung. Durch die auf der Website enthaltene
Rubrik "Zitate" werde zudem das Recht der Verfügungsklägerin am
gesprochenen Wort gemäß Artikel 2 GG tangiert. Hierzu gehöre auch die
Befugnis, selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem
Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit
zugänglich sein solle, wobei es nicht darauf ankomme, ob es sich bei den
ausgetauschten Informationen um besonders persönlichkeitssensible
Kommunikationsinhalte handele. Entgegen der Auffassung des Landgerichts
handele es sich bei den auf der Website enthaltenen Informationen auch
nicht in erster Linie um Werturteile, sondern um Tatsachen. Grundlage
der Internetseite sei die Tatsachenbehauptung, dass Schüler ihre Lehrer
bewertet hätten. Diese Behauptung, die einem Beweis offen stehe, sei von
der Verfügungsklägerin bereits erstinstanzlich bestritten worden. So
könne sich jedermann unter Angabe eines frei gewählten Vor- und
Nachnamens und lediglich korrekter Bezeichnung der Schule auf der
Internetseite der Verfügungsbeklagten als Schüler anmelden und
Bewertungen abgeben. Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht eine
Verletzung datenschutzrechtlicher Normen verneint. Eine
Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 BDSG stehe der
Verfügungsklägerin schon deshalb zu, weil sie in die Veröffentlichung
ihrer personenbezogenen Daten nicht eingewilligt habe.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
1.
Den Verfügungsbeklagten aufzugeben, es zu unterlassen, die persönlichen
Daten der Verfügungsklägerin bestehend aus Name, Schule, an der sie
unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit der
Gesamt- und Einzelbewertung der Verfügungsklägerin durch Notengebung von
1 bis 6, ob sie cool und witzig, beliebt, motiviert, menschlich,
fachlich kompetent, gut vorbereitet sei, ob sie guten Unterricht mache,
faire Prüfungen und faire Noten erteile und ein vorbildliches Auftreten
habe, auf der Internetseite www.spickmich.de zu veröffentlichen.
2.
Den Verfügungsbeklagten aufzugeben, es zu unterlassen, die persönlichen
Daten der Verfügungsklägerin bestehend aus Name, Schule, an der sie
unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit der
Rubrik Zitate: "Alles, was Frau Dr. D schon so vom Stapel gelassen hat
(Lustiges, Fieses...)"auf der Internetseite www.spickmich.de zu veröffentlichen.
3.
Den Verfügungsbeklagten zu untersagen, die persönlichen Daten der
Verfügungsklägerin bestehend aus Name, Schule, an der sie unterrichtet
und ihre unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit einem mit T.de
unterzeichneten Zeugnis, in dem Einzelbenotungen und eine Gesamtbenotung
angegeben sind durch Notengebung von 1 bis 6, ob sie cool und witzig,
beliebt, motiviert, menschlich, fachlich kompetent, gut vorbereitet sei,
ob sie guten Unterricht mache, faire Prüfungen und faire Noten erteile
und ein vorbildliches Auftreten habe, auf der Internetseite
www.spickmich.de zu
veröffentlichen.
4.
Den Verfügungsbeklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die
vorstehenden Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 250.0000,00 € und
für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft
oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen.
Hilfsweise beantragt die Verfügungsklägerin,
die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 15.05.2007 - 28 O
263/07 - zu bestätigen und wie folgt neu zu fassen:
Den Verfügungsbeklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, für jeden
Fall der Zuwiderhandlung verboten, auf der Internetseite
www.spickmich.de Daten
betreffend die Verfügungsklägerin bestehend aus Name, Schule, an der die
Verfügungsklägerin unterrichtet und ihre unterrichteten Fächer zu
veröffentlichen.
Die Verfügungsbeklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Die
Berufung der Verfügungsklägerin sei bereits unzulässig, weil sie mit
ihrer Berufungsbegründung und mit Schriftsatz vom 10.08.2007
Berufungsanträge gestellt habe, die in ihrer wesentlichen Substanz vom
Verfügungsantrag abwichen. Mit ihren neuen Anträgen ändere die
Verfügungsklägerin den Streitgegenstand und führe zusätzliche
Sachverhaltselemente, deren Prüfung für den ursprünglichen Antrag nicht
erforderlich gewesen sei, in den Rechtsstreit ein. In Bezug auf die
Zitatfunktion und die Zeugnisfunktion des Lehrerbewertungsmoduls fehle
es darüber hinaus an einem Verfügungsgrund. So hätten die
Verfügungsbeklagten bereits mit Widerspruchsbegründung vorgetragen und
belegt, dass beide Eigenschaften am 13.06.2007 auf der
streitgegenständlichen Internetseite enthalten gewesen seien. Spätestens
seit Zustellung dieses Schriftsatzes habe die Verfügungsklägerin auch
Kenntnis beider Funktionen gehabt. Zutreffend habe das Landgericht einen
Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin verneint, weil die im
Internetdienst T.de enthaltenen Äußerungen aufgrund der Meinungsfreiheit
zulässig seien. Zu Unrecht gehe die Verfügungsklägerin davon aus, dass
eine zulässige Meinungsäußerung nur bei Vorliegen eines "berechtigten"
oder "öffentlichen" Interesses an der Äußerung dem Schutz des Artikel 5
GG unterfalle. Dass auch Schüler, die in Bezug auf das
Unterrichtsverhalten von Lehrern im Übrigen die einzige tatsächliche
Quelle darstellten, von ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung
Gebrauch machen dürften, stehe außer Frage. Die Artikulation der eigenen
Meinung über das Internetangebot eines Dritten erleichtere den Schülern
die Ausübung der Meinungsfreiheit, da keine technischen Kenntnisse
erforderlich seien und - so zumindest beim Angebot der
Verfügungsbeklagten - keine Kosten für die Ausübung des Grundrechts auf
Meinungsfreiheit anfielen. Der Umstand, dass nur Schüler über das
dienstliche Verhalten von Lehrern Auskunft geben könnten, mache das
dienstliche Verhalten der Lehrer auch nicht zu deren Privatsache. Für
einen Schutz durch Artikel 5 GG komme es auch nicht darauf an, ob die
Äußerung wertvoll oder wertlos, rational oder emotional, begründet oder
grundlos sei und ob sie für nützlich oder schädlich gehalten werde.
Gerade in der Möglichkeit einer kollektiven Meinungsäußerung, die erst
durch das Erreichen einer gewissen kritischen Masse ihre
Durchschlagskraft erhalte, bestehe der Mehrwert für den
Meinungsbildungsprozess, den der Dienst T.de gegenüber den Schülern und
der Gesellschaft erbringe. Sämtliche Bewertungskriterien seien auch
allein dem beruflichen Verhalten der jeweiligen Pädagogen zugeordnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf
den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
waren.
II.
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere liegt in der von der
Verfügungsklägerin mit Einlegung der Berufung vorgenommenen Neufassung
ihrer Anträge keine Klageänderung gemäß §§ 263, 533 ZPO. Vielmehr
handelt es sich bei der Neufassung der Anträge lediglich um eine
Klarstellung bzw. Konkretisierung des ursprünglichen Verfügungsantrages.
Bereits in ihrer Antragsschrift vom 11.05.2007 hat die
Verfügungsklägerin im Einzelnen dargelegt, dass die Nennung ihrer
persönlichen Daten in Zusammenhang mit den von den Verfügungsbeklagten
entworfenen Bewertungskriterien und der Zitatfunktion ihr allgemeines
Persönlichkeitsrecht verletze. Der dem ursprünglichen Verfügungsantrag
und jetzigem Hilfsantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt betraf
daher auch gerade die Nennung der persönlichen Daten der
Verfügungsklägerin im Zusammenhang mit dem Bewertungsmodul. Dürften die
persönlichen Daten, bestehend aus Zuname, Schule und unterrichteten
Fächern, auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten nicht mehr
erscheinen, entfiele damit automatisch auch eine Bewertungsmöglichkeit
der Verfügungsklägerin.
Bei der Einbeziehung der Verfügungsbeklagten zu 4) in den Rechtsstreit
handelt es sich um eine subjektive Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO
(vgl. Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 263 Rdnrn. 3, 9), die gemäß § 533
ZPO zulässig ist. Unstreitig ist die Verfügungsbeklagte zu 4) jetzt
Anbieterin und Betreiberin der Website www.spickmich.de und im Impressum als
solche angegeben. Eine Sachdienlichkeit im Sinne von § 533 Nr. 1 ZPO ist
gegeben, weil die Zulassung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des
anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und einem weiteren Rechtsstreit
vorzubeugen. Auch muss durch die Einbeziehung der Verfügungsbeklagten zu
4) über keinerlei neue oder andere Tatsachen entschieden werden, als in
dem Rechtsstreit gegen die Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3), § 533 Nr. 2
ZPO. Das gesamte erstinstanzliche Vorbringen der Verfügungsbeklagten zu
1) - 3), auf das sich die Verfügungsbeklagte zu 4) in ihrem Schriftsatz
vom 05.11.2007 auch bezieht, gilt gleichermaßen für die
Verfügungsbeklagte zu 4), so dass durch die jetzige Einbeziehung ein
Verlust einer Instanz nicht gegeben ist.
In der Sache ist die Berufung jedoch nicht begründet. Zwar fehlt es
entgegen dem Vorbringen der Verfügungsbeklagten nicht an einem
Verfügungsgrund. In Bezug auf die Verfügungsbeklagte zu 4) hat die
Verfügungsklägerin vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass sie am
20.09.2007 von einer Änderung des Impressums der Website Kenntnis
erlangt hat. Erweitert worden ist der Antrag auf die Verfügungsbeklagte
zu 4) mit Schriftsatz vom 11.10.2007, so dass eine Dringlichkeit gegeben
ist. In Bezug auf die "Zitatfunktion"und "Zeugnisfunktion"kann offen
bleiben, zu welchen Zeitpunkten die Verfügungsklägerin hiervon Kenntnis
erlangt hat, weil diese bereits von ihrem ursprünglichen Antrag, für den
eine Dringlichkeit vorlag, umfasst waren.
Der Verfügungsklägerin steht jedoch kein Verfügungsanspruch zu. Ein
Unterlassungsanspruch ergibt sich weder unter dem Gesichtspunkt einer
Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch wegen Verletzung
datenschutzrechtlicher Bestimmungen.
1.
In der Bewertung der Verfügungsklägerin auf der Internetseite
www.spickmich.de
liegt keine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß
Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. §§ 823, 1004 BGB analog.
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass es sich bei dem Namen
der Verfügungsklägerin, ihrer beruflichen Tätigkeit und der von ihr
unterrichteten Fächer, um - wahre - Tatsachenbehauptungen handelt. Die
vorgenommenen bzw. vorzunehmenden Bewertungen der Verfügungsklägerin
sind vom Landgericht zutreffend als Meinungsäußerung bzw. Werturteil
angesehen worden. Ob eine Äußerung ein Werturteil oder eine
Tatsachenbehauptung darstellt, ist nach ihrem Inhalt, so wie sie in
ihrem Gesamtzusammenhang von den angesprochenen Verkehrskreisen
verstanden wird, zu bestimmen (BGH NJW 1988, 1589). Vom Überwiegen des
tatsächlichen Charakters wird ausgegangen, wenn die Wertung sich als
zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt und damit
eine Beweisaufnahme über die Wahrheit der behaupteten tatsächlichen
Umstände möglich ist (BVerfG, AfP 2003, 43, 45). Ist die Äußerung
hingegen durch die Elemente der Stellungnahme, der Beurteilung und der
Wertung geprägt, ist von einer Meinungsäußerung auszugehen (BVerfG NJW
1985, 3303; OLG Hamburg, AfP 1992, 165; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der
Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 4, Rdn. 48). Ebenso ist
von einer Meinungsäußerung auszugehen, wenn der tatsächliche Gehalt der
Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in
den Hintergrund tritt (BGH NJW 1992, 1439, 1440; BGH NJW-RR 2001, 411).
Nach diesen Grundsätzen stellen alle Kriterien des Bewertungsmoduls und
auch der Zeugnisfunktion im Zusammenhang mit der Nennung der
personenbezogenen Daten der Verfügungsklägerin, die allerdings insoweit
lediglich den Bezugspunkt bilden, Werturteile dar. Keines der Kriterien
wäre auch soweit es sich um ein unterrichtsbezogenes Kriterium handelt -
einem Beweis zugänglich, so dass insgesamt eine Meinungsäußerung
vorliegt. Das Bewertungsforum des Schülerportals T.de fällt daher in den
Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs.
1 GG.
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gilt allerdings nicht vorbehaltlos.
Es findet in Artikel 5 Abs. 2 GG seine Schranken u. a. in den
allgemeinen Gesetzen und dem Recht der persönlichen Ehre. Kollidiert das
allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Artikel 2 Abs. 1 GG bzw. ein auf
dieser Grundlage in Betracht kommendes Unterlassungsbegehren gemäß §§
823, 1004 BGB mit dem Recht der Freiheit auf Meinungsäußerung nach
Artikel 5 Abs. 1 GG, ist tatrichterlich eine Abwägung zwischen den
beiderseitigen Grundrechtspositionen im Rahmen der Tatbestandsmerkmale
der einschlägigen zivilrechtlichen Normen vorzunehmen (BVerfG NJW 1999,
2358, 2359; BVerfG NJW 1999, 1322, 1323; BVerfG NJW 1998, 2889, 2890).
Einzubeziehen in diese Abwägung ist die Schwere der
Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und die
Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der Äußerung
andererseits, wobei grundsätzlich die besonderen Umstände des
Einzelfalles zu berücksichtigen sind (BVerfG NJW 1999, 1322, 1323,
BVerfG NJW 1999, 2358, 2359). So findet auch eine wertende Kritik
regelmäßig ihre Grenze dort, wo es sich um eine reine Schmähkritik oder
eine Formalbeleidigung handelt oder sich die Äußerung als Angriff auf
die Menschenwürde darstellt (BVerfG NJW 1999, 2358, 2359; BVerfG NJW
1999, 1322, 1324; BGH NJW 2002, 1192, 1193).
Unter Abwägung dieser Kriterien stellen die Bewertungsmöglichkeiten im
Schülerportal der Verfügungsbeklagten einen unzulässigen Eingriff in das
allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin nicht dar. Soweit
die Bewertung unter den Kriterien "guter Unterricht", "fachlich
kompetent", "motiviert", "faire Noten", "faire Prüfungen" und "gut
vorbereitet" sowohl im Bewertungsmodul als auch im Zeugnis stattfindet,
sind nicht das Erscheinungsbild oder die allgemeine Persönlichkeit der
Verfügungsklägerin betroffen, sondern die konkrete Ausübung ihrer
beruflichen Tätigkeit und damit ihre Sozialsphäre. Auch die Erklärungen
und Kommentare, die auf der Homepage als Orientierung zu den einzelnen
Kriterien des Bewertungsmoduls vorgegeben werden, stellen rein sach- und
unterrichtsbezogene Kriterien dar. So werden "fairen Prüfungen", "fairen
Noten" und "gut vorbereitet", die als Bestnote mit einer "1"zu bewerten
sind, die Kriterien "unfaire Prüfungen", "unfaire Noten" und " schlecht
vorbereitet" entgegengesetzt. Das Gegenteil von "gutem Unterricht" wird
als "schlechter Unterricht" und das Gegenteil von "motiviert" als
"unmotiviert" definiert. Eine Schmähkritik oder auch ein
An-den-Pranger-Stellen der Verfügungsklägerin ist durch die Möglichkeit
dieser Schülerbewertung und den Umstand, dass ihr Name im Zusammenhang
mit den Bewertungskriterien genannt wird, nicht gegeben. Dabei ist im
Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu berücksichtigen, dass eine Bewertung
unter den genannten Kriterien durchaus für eine Orientierung von
Schülern und Eltern dienlich und zu einer wünschenswerten Kommunikation,
Interaktion und erhöhter Transparenz führen kann. Gerade der schulische
Bereich und die konkrete berufliche Tätigkeit von Lehrern sind durch
Bewertungen gekennzeichnet, so dass es - auch vor dem Hintergrund eines
Feedbacks - nahe liegt, diese im Rahmen einer Evaluation zurückzugeben.
Vergleichbar mit Zeugnisbewertungen von Schülern, denen kontinuierliche
mündliche und schriftliche Leistungskontrollen zugrunde liegen und die
unter bestimmten Vorrausetzungen auch rechtlich nachprüfbar sind, sind
diese Bewertungen nicht. Sie stellen, obwohl in Notenstufen angegeben,
eher gegriffene, subjektive Einschätzungen widerspiegelnde Wertungen
dar, die dennoch geeignet sein können, Schülern und Lehrern eine gewisse
Orientierung in der Einschätzung der bewerteten Kriterien zu
ermöglichen. Hier verhält es sich ähnlich wie bei Bewertungen in
Schülerzeitungen, die als solche ebenfalls vermehrt ins Internet
gestellt werden. Einzubeziehen in die Abwägung ist auch der Umstand,
dass die Bewertung nicht erscheint, wenn der Name der Verfügungsklägerin
in Internet-Suchmaschinen eingegeben wird, sondern lediglich nach
erfolgter Anmeldung auf der Homepage www.spickmich.de. Auch auf dem
Schülerportal www.spickmich.de ist es nicht möglich, nach dem Namen eines
einzelnen Lehrers zu suchen. Eingegeben werden kann lediglich die
konkrete, exakt zu bezeichnende Schule und erst dann kann das
Lehrerzimmer mit den dort genannten Lehrern angeklickt werden. Insoweit
ist gerade kein uneingeschränkt "öffentliches" Bewerten der Lehrerinnen
und Lehrer und kein uneingeschränkter Zugang im Internet zu diesen
Bewertungen gegeben, sondern diese werden lediglich unter den einzelnen
Schulen aufgeführt, die im Wesentlichen von interessierten Schülern oder
Eltern eingegeben und aufgesucht werden dürften. Ferner haben die
Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
vorgetragen, dass Bewertungen nach 12 Monaten gelöscht werden, wenn
zwischenzeitlich keine neuen Bewertungen erfolgt sind, was zwischen den
Parteien unstreitig ist.
Vor diesem Hintergrund vermag die Schwere einer eventuellen
Persönlichkeitsbeeinträchtigung der Verfügungsklägerin durch die
Bewertung eine Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung der
Bewertung nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch für die
Bewertungsmöglichkeiten "cool und witzig", "menschlich", "beliebt" und
"vorbildliches Auftreten". Diese Bewertungsmöglichkeiten knüpfen zwar an
ein Auftreten innerhalb des schulischen Wirkungskreises an, der
bewertete Lehrer wird jedoch auch in seiner allgemeinen Persönlichkeit
beurteilt, so dass jedenfalls auch die Privatsphäre des Beurteilten
betroffen ist. Werden nicht nur ein berufliches Wirken, sondern auch
private Attribute, die sicherlich im Rahmen dieses beruflichen Wirkens
eine Rolle spielen mögen, herangezogen, ist zu berücksichtigen, welche
Rückwirkungen eine Äußerung auf die persönliche Integrität des
Betroffenen hat und ob vor dem Hintergrund des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts nach Artikel 2 Abs. 1 GG tatsächlich eine Pflicht
zur Duldung der Äußerung besteht ( BVerfG NJW 1999, 2358, 2359).
Gemessen an diesen Maßstäben begegnen diejenigen Bewertungen der
Verfügungsklägerin, die - jedenfalls auch - auf die Bewertung ihrer
allgemeinen Persönlichkeit abzielen, ebenfalls keinen Bedenken. Dabei
kann offen bleiben, ob auch die Bewertung der Verfügungsklägerin unter
dem Kriterium "sexy", dem auf der Homepage www.spickmich.de als Negativkriterium
"hässlich" gegenüber gestellt wird, zulässig wäre. Dieses
Bewertungskriterium ist inzwischen von den Verfügungsbeklagten aus dem
Bewertungsmodul entfernt worden und von den jetzigen Anträgen der
Verfügungsklägerin ausdrücklich nicht erfasst. Alle noch genannten
Kriterien sind auch im Zusammenhang mit der namentlichen Nennung der
Verfügungsklägerin weder als Angriff auf die Menschenwürde, noch als
Schmähung einzustufen. Im Vordergrund steht nicht eine Diffamierung oder
Herabsetzung der Person als Ziel der Äußerung, sondern die Bewertung von
Eigenschaften, die sich jedenfalls auch im schulischen Wirkungskreis
spiegeln. Dabei ist bei der Diktion und Formulierung der Kriterien auch
auf den Sprachgebrauch von Schülern und Jugendlichen abzustellen, so
dass auch Begriffe wie "cool", dem der Begriff "peinlich"
gegenübergestellt wird, eine Grenze zur Schmähung oder Diffamierung
nicht überschreiten und eine Prangerwirkung, hinter der die
Meinungsfreiheit zurückzutreten hätte, von ihnen nicht auszugehen
vermag. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt die Meinungskundgabe
unabhängig davon, ob die Äußerung rational oder emotional, begründet
oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich,
wertvoll oder wertlos gehalten wird (BVerfG NJW 2001, 3613; BVerfG NJW
1972, 811). Auch eine polemische oder verletzende Formulierung der
Aussage entzieht sie nicht seinem Schutzbereich (BVerfG NJW 2001, 2613;
BVerfG NJW 2002, 1192, 1193); insbesondere reicht der Schutz des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Artikel 2 Abs. 1 GG nicht so
weit, dass er dem Einzelnen einen Anspruch darauf verleiht, in der
Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht
oder von anderen gesehen werden möchte (BVerfG NJW 1999, 1322, 1323).
Ohne Erfolg macht die Verfügungsklägerin geltend, dass die Bewertung
schon deshalb unzulässig sei, weil sie anonym erfolge. Dass im Medium
des Internets User nicht mit ihrem vollen Namen und Adresse auftreten,
ist dem Internet immanent. Auch Meinungen, die lediglich unter einer
E-Mail-Adresse oder auch anonym im Internet abgegeben werden, genießen
jedoch den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG (vgl. die
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.03.2007, VI ZR 101/06).
Darüber hinaus erfolgen Evaluationen im Hochschul- oder Schulbereich
regelmäßig nicht unter voller namentlicher Nennung der Studenten oder
Schüler, wodurch auch einer gewissen Furcht vor möglichen Sanktionen
Rechnung getragen werden kann.
Ähnliches gilt für den Umstand, dass sich im Forum der
Verfügungsbeklagten Manipulationsmöglichkeiten dadurch ergeben könnten,
dass sich Dritte oder auch ein Schüler mehrfach unter verschiedenen
Namen einloggen, um eine Bewertung zu manipulieren, oder sich jemand als
Schüler ausgibt, bei dem es sich tatsächlich nicht um einen solchen
handelt. Auch dies kann von einem Betreiber eines Meinungsforums nicht
ausgeschlossen werden, da die tatsächliche Identität der Personen, die
Beiträge in dieses Forum einstellen, nicht überprüfbar ist. Andererseits
ist gerade dies auch für die Teilnehmer eines Meinungsforums wie dem
Forum T.de erkennbar. Ferner wird auf der Bewertungsseite des
Schülerportals T.de die Zahl der Bewertenden exakt genannt, so dass sich
der Leser auch insoweit ein Bild machen kann. Bewertungen werden erst ab
einer Zahl von vier Bewertenden in die Seite eingestellt und
Bewertungen, die vorwiegend oder ausschließlich die Noten 1 und 6
enthalten, werden herausgenommen, um Manipulationen zu vermeiden.
Schließlich ergibt sich ein Korrektiv möglicher Manipulationen dadurch,
dass die Schüler einer Schule die Bewertungsseite im Allgemeinen gut
verfolgen und - wie von den Verfügungsbeklagten im Rahmen der mündlichen
Verhandlung im Einzelnen dargelegt und auch zwischen den Parteien
unstreitig - sich mit Rückmeldungen an die Verfügungsbeklagten wenden,
sofern sie durch eine größere Zahl unbekannter Bewertender, die
offensichtlich nicht zu ihrem Jahrgang oder zu ihrer Stufe gehören, eine
Manipulation vermuten. Hierfür ist auf der Lehrerseite eine Schaltfläche
" Hier stimmt was nicht" vorgesehen, welche jeder Nutzer anklicken und
den Betreiber auf Unstimmigkeiten einer Lehrerbewertung aufmerksam
machen kann.
2.
Auch in der im Bewertungsmodul enthaltenen Zitatfunktion liegt keine
Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Verfügungsklägerin
nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Das durch Art. 2 Abs. 1 i.
V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete
Persönlichkeitsrecht schützt zwar auch davor, dass jemandem Äußerungen
in den Mund gelegt werden, die er nicht getätigt hat und die seinen von
ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen (BVerfG
NJW 1980, 2070, 2071). Ein falsches Zitat kann daher gegen Art. 2 Abs. 1
i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verstoßen. Dass ein Falschzitat in die
Zitatfunktion des Bewertungsmoduls eingestellt worden sei, wird jedoch
von der Verfügungsklägerin nicht behauptet. Eine Wiederholungsgefahr ist
daher für ein falsches Zitat nicht gegeben. Eine Erstbegehungsgefahr
ergibt sich auch nicht unter dem von der Verfügungsklägerin genannten
Gesichtspunkt, dass die einzustellenden Äußerungen gegenüber einem
geschlossen Klassen- oder Kursverband getätigt worden sind.
Einzustellende Zitate der bewerteten Lehrer werden in dienstlicher
Funktion und im Rahmen ihrer Berufsausübung Dritten gegenüber getätigt.
Es handelt sich daher um Äußerungen, die nicht etwa dem Privatbereich
unterfallen, sondern im Rahmen des beruflichen Wirkungskreises der
Sozialsphäre zuzuordnen sind. Werden Äußerungen eines Unterrichtenden in
seiner Funktion wiedergegeben, ist das korrekte Zitieren dieser
Äußerungen erlaubt. Hier verhält es sich ähnlich wie bei Zitaten von
Lehrern in Schülerzeitungen oder auch in der Tagespresse, die ebenfalls
einem großen Publikum zur Kenntnis gebracht werden können, was zulässig
ist. Auch insoweit erfolgt nach den zwischen den Parteien unstreitigen
Angaben der Verfügungsbeklagten eine Löschung der Zitate, wenn in einem
Zeitraum von 12 Monaten keine neue Bewertung erfolgt ist.
3.
Die Nennung von persönlichen Daten der Verfügungsklägerin in Form ihres
Zunamens, der Schule, an der sie unterrichtet und der unterrichteten
Fächer verstößt auch nicht gegen das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung. Das in Art. 2 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG
gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst die Befugnis
jedes Einzelnen, die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten
selbst zu bestimmen (BVerfG NJW 1984, 419, 422; BVerfG NJW 1988, 2031;
BGH NJW 1991, 1532, 1533). Das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Der
Einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine"
Daten, denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen
Gemeinschaft. In dieser stellt aber die Information, auch soweit sie
personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht
ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr
ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne
der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu
entscheiden. Deshalb muss der Einzelne grundsätzlich auch
Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen bei einer
Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der
diesen rechtfertigenden Gründe gerechtfertigt sind (BVerfG NJW 1984,
419, 422; BVerfG NJW 1988, 2031; BGH NJW 1991, 1532, 1533). Der Name der
Verfügungsklägerin, ihre berufliche Tätigkeit und die von ihr
unterrichteten Fächer sind mit ihrem Einverständnis auf der Homepage
ihrer Schule bereits ins Internet eingestellt worden. Sie sind daher
ohne Mühe aus einer allgemein zugänglichen Quelle zu entnehmen und im
Schülerportal www.spickmich.de unstreitig korrekt wiedergegeben worden. Zudem
handelt es sich um keine "sensiblen" Informationen. Werden jedoch
personenbezogene Daten wie der Name und die berufliche Tätigkeit einer
Person aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen und im gleichen oder
in einem anderem Medium wiedergegeben, liegt aufgrund der freiwilligen
Einstellung der Daten in ein Medium eine nicht hinzunehmende Belastung
nicht vor und eine Verletzung des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung ist nicht gegeben (BGH NJW 1991, 1532, 1533). Etwas
anderes ergibt sich vorliegend auch nicht unter Heranziehung des
Umstandes, dass zusätzlich zur Nennung der personenbezogenen Daten der
Verfügungsklägerin eine Bewertung im Schülerportal www.spickmich.de erfolgt. Bei
den Bewertungskriterien handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht
um Tatsachen, sondern um reine Wertungen, die vom Grundrecht auf
Meinungsfreiheit gedeckt sind, weil weder von der Form noch vom Inhalt
der Meinungsäußerung eine Prangerwirkung ausgeht, die die Grenze zur
Schmähkritik überschreitet.
4.
Schließlich ergibt sich der von der Verfügungsklägerin geltend gemachte
Unterlassungsanspruch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 BDSG. Zwar
handelt es sich bei den veröffentlichten Daten der Verfügungsklägerin um
Daten i. S. d. § 3 BDSG, deren Veröffentlichung die Verfügungsklägerin
nicht gem. § 4 Abs. 1 BDSG zugestimmt hat (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 9.
Aufl., § 3 Rdn. 3). Gemäß § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erhebung, Verbreitung
und Nutzung personenbezogener Daten jedoch unabhängig von einer
Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn diese durch das BDSG oder
eine andere Vorschrift erlaubt ist. Als solche Rechtsvorschrift greift
vorliegend § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG ein, die eine Rechtsvorschrift im
Sinne von § 4 Abs. 1 BDSG darstellt (Gola/Schomerus, a. a. O., § 4 Rdn.
14). Danach ist die Übermittlung und Speicherung von Daten zur Erfüllung
eines Geschäftszweckes aus allgemein zugänglichen Quellen zulässig, es
sei denn, dass ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der
Verbreitung oder Nutzung überwiegt. Die Verfügungsbeklagten verfolgen
mit der von ihnen betriebenen Homepage ein geschäftliches Interesse,
nämlich das durch Werbung u. ä. wirtschaftliche Betreiben eines
Internetportals. Hierzu verwenden sie Daten der Verfügungsklägerin, die
der sich im Internet befindenden Homepage ihres Gymnasiums, einer
allgemein zugänglichen Quelle im Sinne von § 28 BDSG, entnommen sind.
Ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Verfügungsklägerin an dem
Ausschluss der Verbreitung oder der Nutzung besteht nicht. Hier ist -
auch unter Berücksichtigung der Bewertungen der Verfügungsklägerin, die
als Werturteile durchaus selbst personenbezogene Daten i.S.d. § 3 BDSG
darstellen mögen (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, 2007, § 3
Rdn. 31) - eine Interessenabwägung vorzunehmen. So ist das allgemeine
Persönlichkeitsrecht und das schutzwürdige Interesse der
Verfügungsklägerin den Interessen der Verfügungsbeklagten
gegenüberzustellen (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Rdn. 36). Bei der
insoweit erneut vorzunehmenden Interessenabwägung sind die oben unter
Ziffer 1. genannten Kriterien einzustellen und das allgemeine
Persönlichkeitsrecht dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gegenüber
zustellen (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Rdn. 36). Bei § 28 BDSG
handelt es sich um ein allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG. Zwar
findet das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 2 GG
seine Schranke in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Doch müssen
diese Schranken im Lichte der Bedeutung des Grundrechts auf
Meinungsfreiheit gesehen werden, sie sind ihrerseits aus der Erkenntnis
der weitreichenden Bedeutung des Grundrechts auszulegen und in ihrer das
Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken (BVerfG
NJW 1976, 1680, 1681). Danach führt die vorzunehmende Abwägung zu einem
Ziffer 1) dieser Entscheidung gleichlaufenden Ergebnis und es ist der
Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG der Vorrang zu geben.
Diesem Ergebnis steht auch die "Lindquist"-Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofes vom 06. November 2003 - Rs C 101/101, abgedruckt in AfP
2004, 248ff., nicht entgegen. In dieser Entscheidung, die die Auslegung
der Richtlinie 95/46 EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum
Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
zum Gegenstand hat, stellt der Europäische Gerichtshof ausdrücklich
darauf ab, dass die Bestimmungen der Richtlinie 95/46 als solche keine
Beschränkungen enthalten, die im Widerspruch zu allgemeinen Grundsätzen
der Meinungsfreiheit stehen und es Aufgabe der Behörden und Gerichte der
Mitgliedsstaaten sei, die Richtlinie nicht in einer mit durch die
Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten kollidierenden Weise
auszulegen (EuGH, AfP, 2004, 248, 252).
Da der Hauptantrag der Verfügungsklägerin nicht begründet ist, bleibt
aus den genannten Erwägungen auch ihr auf Unterlassung der Nennung
personenbezogener Daten gerichteter Hilfsantrag ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Zulassung der Revision war nicht
veranlasst, da das Urteil kraft Gesetzes nicht revisibel ist, § 542 Abs.
2 ZPO.
Wert des Berufungsverfahrens: 24.000,00 € (4 x 6.000,00 €)
Dr. Jährig
Grommes
Dr. Grobecker
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Rolf Schäike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 09.01.08
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