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Fliegender Gerichtstand
Lurusa Gross 2008

Stürzt der fliegende Gerichtsstand - Telepolis, Markus Kompa

Bundesministerium der Justiz befragt die Fachgremien - BJM-Schreiben vom 04.11.08

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Bericht

Zensurkammer LG Berlin (ZK 27)

Dienstag 02. Dezember 2008

Schälike; Sander - 04.12.08

 

Auch für diesen Bericht gilt, wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis der Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meine während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben Besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht. Es handelt sich um Verschwörungstheorien.

Terminrolle  02.12.08

Vadafone D2 GmbH vs. Okatan              

10:30 In der Sache 27 O 760/08  gingt es um eine Forderung der Vodafone D2 GmbH, mit der der Beklagte vier (Handy-) Verträge abgeschlossen hat: Normal-, Partner-, Home- und Daten-Karte, dabei auch im DSL-Leistungs-Bereich. Der Beklagte wollte bei diesem Anbieter in einen billigeren Vertrag wechseln. Dabei dachte der Beklagte / der Kunde, dass er eine Fairflat-Rate für zuhause erhält, bei der er von Vertrag A mit Kosten von € 44,80 mtl. zu Vertrag B, mit Kosten von € 14,90 mtl. wechselt, was ihm speziell das Surfen im Internet vom heimischen Anschluss vergünstigen sollte. Hierbei entstand auf Seiten von Vodafone D2 GmbH aber eine Forderung von rund € 3.000,- die zwischen den Parteien strittig ist.

Richterin:
Einzelrichterin: Frau Becker

Klägerseite: RA Hr. Krüger
Dr. Dohr, Bartsch, Kemmerich, Finsterer

Beklagtenseite: RA'in Frau Bressel

Richterin Frau Becker: Inkasso-Kosten gibt es hier nicht. Solange die Forderung von € 3.000,- nicht geklärt ist, gibt es auch keinen Verzugsschaden. Das etwas aber offen ist an Zahlungen ist auch klar. Der Kläger muss dies noch einmal ausrechnen und darstellen. Ist eine gütliche Einigung möglich?

Beklagtenanwalt Frau Bressel: Ein Negativmerkmal [eine schufaähnliche Eintragung säumiger Zahler] gehört zurückgezogen.

Klägeranwalt Herr Krüger: Für eine Gütevereinbarung habe ich keine Vollmacht unseres Mandanten.

Richterin Frau Becker: Vielleicht reicht es, wenn sie sich in ihrer Kanzlei beraten.

Klägeranwalt Herr Krüger: Nein, auch unsere Kanzlei hat in dieser Hinsicht keinen Spielraum.

Richterin Frau Becker: Ein Verzugsschaden ist nicht aufrechtzuerhalten.

Klägeranwalt Herr Krüger: Es liegen als eigentliche Forderung € 1.242,07 vor, zu denen Nebenkosten nebst Zinsen kommen. Weitere Kosten in Form von Inkasso-Gebühren würden wir zurücknehmen.

Richterin Frau Becker: Der Beklagte war nicht in Verzug. Eine Zahlung im Rahmen einer Gütevereinbarung würde sich im Rahmen von € 500 bis € 1.000,- bewegen. Vielleicht lässt sich eine Gütevereinbarung auf Widerruf treffen?

Klägeranwalt Herr Krüger: Ich habe strikte Anweisung vom Kläger selbst, dass eine Gütevereinbarung nicht angestrebt wird.

Richterin Frau Becker: Es wird festgestellt, dass eine Güteverhandlung gescheitert ist. Es wird darauf hingewiesen, dass nicht nachvollziehbar ist, warum sich nach März 2007 der Tarif für die Karte … geändert hat. Der Klägervertreter nimmt Bezug auf  Antrag aus Schriftsatz … mit der Maßgabe, dass die Geltendmachung der Inkassokosten in Höhe von € 527,- zurückgenommen werden. Die Beklagtenvertreterin nimmt Bezug auf Schriftsatz … Erklärungsfrist bis zum 16.12.2008.

Klägeranwalt Herr Krüger: Ich werde das so weitergeben.

AS (Kommentar): Auf Klägerseite war nur der Klägeranwalt erschienen, auf der Gegenseite der Beklagte selbst mit seiner Anwältin, die sich beherzt in dieser „David-Goliath-Konstellation“ engagierte. Ihr gewissenhaftes Insistieren auf  Rücknahme eines Negativeintrags zu Lasten ihres Mandanten traf den Kollegen der Gegenseite offensichtlich unvorbereitet und war ein Grund für das Scheitern einer gütlichen Vereinbarung an Ort und Stelle. Der Klägeranwalt war allgemein zu bedauern, da aus dem Verhandlungsverlauf offenbar wurde, dass sein Verhandlungsspielraum, den er Seitens seines Mandanten, einem der Big-Player der Telekom-Branche, zugestanden bekam, offensichtlich gegen Null tendierte. Ein Gütetermin vor einem solchen Hintergrund erscheint wenig sinnvoll.

Es hatte den Anschein, dass der Richterin die Komplexität der Rechnungslegung unangemessen stark erschien. Gleichwohl hob sie eine gewisse Mindestsumme, die nachzuzahlen sei hervor, was in angenehm unaufgeregter Art von der Beklagtenseite auch sofort eingeräumt wurde.

Von allgemeiner Bedeutung in diesem Fall war, dass ein Ingangsetzen eines Inkassoverfahrens bei noch strittiger Forderung als nicht statthaft erklärt wurde. Gerade vor diesem Hintergrund machten die Richterin und die Beklagtenvertreterin den Eindruck, als hätten sie diese Verhandlung auch gern vor größerem Publikum geführt.

Schröder-Christmann vs. Frick               

10:30 In der Sache 27 O 846/08 Schröder-Christmann vs. Frick ging es um vertragliche Schadensansprüche. Herr Frick, Herausgeber des „Börsenbriefs“ hatte bestimmte Aktien empfohlen, die alle in den Keller gegangen sind. Schröder-Christmann klagte auf Schadensersatz für falsche Beratung. Angeblich soll Herr Frick manipuliert haben, ein Strafverfahren sei aktuell am Laufen.

http://www.google.de/search?hl=de&q=frick+strafverfahren&btnG=Suche&meta=

Richter:
Vorsitz Herr Mauck
Herr von Bresinsky
Frau Becker

Klägerseite: RA Herr Dr. Rohde

Beklagtenseite: RA Herr von Arnim

Richter Mauck Zusammenfassung: ...wir hatten ja schon ein Verfahren, welches abgewiesen wurde... hatte der Kläger denn überhaupt Ahnung... dass er abonniert hatte... bei dem anderen hatten wir ja wenigstens eine längere Entwicklung... Aussetzungsantrag?...

Klägeranwalt Herr Dr. Rohde: ....oder vergleichen?

Richter Mauck: ....6,5 ist ja nicht so viel...

Beklagtenanwalt Herr von Arnim: .... [spricht sehr leise]... einige Verfahren in der Tat verglichen... hat an Reputation wieder zugewonnen... empfiehlt seit ½ Jahr... keine Aktien zu kaufen... das Problem, wenn es immer wieder zu Werbezwecken verwendet wird...

Richter Mauck: ....18%?

Richter von Bresinsky: ....wären Sie für 2-2 und Kostenpauschale?

Richter Mauck: ....also 6.500...

Klägeranwalt Herr Dr. Rohde: ....22. Kammer... an dem Tag... Härtefall.. erledigt worden... hatten uns auf 35% geeinigt... vielleicht doch Aussetzung beantragen...

Richter Mauck: ....heute noch fertig kriegen... also x,x .... Rechtslage wurde erörtert...  Parteien schließen auf dringendes Anraten des Gerichts den folgenden Vergleich: ... xxxx ... Rücktrittsrecht ... bis 16.12.2008 Mitteilung an Gericht, dass xxxx erfolgt ...

Beklagtenanwalt Herr von Arnim: ....hinzunehmen, dass Parteien diesem Vergleich vertrauen...

Richter Mauck: ....bei Parteien besteht Einigkeit, dass über diesen Vergleich Vertraulichkeit gewahrt werden muss... bis Ausgang des Ermittlungsverfahrens auszusetzen...

ES [Kommentar]: Kurz und bündig... ohne Diskussion kam es gleich zum Geld verhandeln und xxxx wurden durch die Anwälte als Vergleich vereinbart ... .

Kommentar                                                                                                           

Gegen diesen Bericht erging am 07.05.09 eine einstweilige Verfügung 27 O 504/09, mit der verboten wurde:

''den Inhalt der vergleichsweisen Einigung des Antragstellers mit der Gegenseite in dem Verfahren Landgericht Berlin, AZ. 27 O 846/08 wiederzugeben und/oder weitergeben zu lassen, wie auf der [http://www.buskeismus.de/berichte/bericht_081202_lg_bln.htm#Top Internetseite] www.buskeismus.de unter der Überschrift "Bericht Zensurkammer LG Berlin (ZK 27) Dienstag, 02. Dezember 2008" geschehen''

Widerspruchsverhandlung gegen die o.g  einstweilige Verfügung 27 O 504/09 ist am 11.09.09, Landgericht Berlin, Tegeler Weg,11:00, Saal 143.

11.08.09: Es kam zu keinem Urteil, denn es wurde vom Antragsgegner der Antrag gestellt, den Richter Herr Mauck und die Richterinnen Frau Kuhner und Haßfeld wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Verhandlungsbericht

10.06.10: Wiedereröffnung der Verhandlung - Verhandlungsbericht Urteil

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Bloß gut, dass wir in Deutschland leben. Uns droht nur Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandkung bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.

So schlimm wie in Guatemala geht es uns nicht.

'''07.07.2009''': Im [http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,634694,00.html SPON] finden wir: '''Fünf Jahre Haft für einen Tweet'''

Jean Anleu droht 5 Jahre Gefängnis. Per Twitter hatte der Guatemalteke gegen Korruption protestiert. Seine 96-Zeichen-Nachricht hat nun ein Nachspiel vor Gericht: Anleu wird vorgeworfen, er habe das Vertrauen in das Bankensystem erschüttert.

Unter seinem Internet-Pseudonym "jeanfer" forderte er die Menschen auf, ihr Geld von der in einen politischen Skandal verwickelten guatemaltekischen Bank für landwirtschaftliche Entwicklung (Banrural) abzuziehen. "Die erste konkrete Aktion sollte es sein, Geld von der Banrural abzuziehen und die Bank der Korrupten bankrott gehen zu lassen", hieß es in seiner Twitter-Mitteilung.
Und mit diesen Worten hat er nach Ansicht von Staatsanwalt Genaro Pacheco das öffentliche Vertrauen in das Bankensystem Guatemalas untergraben.

Den Behörden gelang es nachzuweisen, dass Anleu diese Nachricht von seiner Wohnung in Guatemala-Stadt aus verschickte. Dann saß er erst einmal zusammen mit Kidnappern, Erpressern und anderen Kriminellen eineinhalb Tage im Gefängnis, bevor er gegen Kaution freikam. Sein Anwalt Jose Toledo glaubt, dass die Regierung ein Exempel statuieren will. "Die Botschaft ist doch klar: passt auf, wenn ihr Nachrichten verbreiten wollt. Das kann jedem von euch passieren. Es ist eine Abschreckungsmaßnahme."

M.I.G. Medien Innovation vs. Gabi Köster               

12:00: In der Sache 27 O 852/08 M.I.G. Medien Innovation GmbH vs,  Köster ging es um die ethische Frage von Veröffentlichung von Krankheiten prominenter Personen in der Presse.

3.440 Treffer in Google zum Thema Köster und Ixxxxxx:

Richter:
Vorsitz Herr Mauck
Herr von Bresinsky
Frau Becker

Klägerseite: RA Herr Herrmann

Beklagtenseite: RA Herr Reich

Richter Mauck Zusammenfassung: ...Abschriften... negative Feststellungsklage... veröffentlicht im... Verstoßen nicht gegen Unterlassungsverbot... Gericht hat sich eindeutig positioniert...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...BGH ... Schuldner nicht darum geht, ob Berichterstattung verstoßen hat, es reicht, wenn verstoßen werden würde ... gleiche Soße ... ständig auseinandersetzen ... Klägerin Feststellungsinteresse...

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....BGH... Feststellungsinteresse besteht nicht... Bericht bereits veröffentlicht...

Richter Mauck: ....protokollsicher... Erklärung zu protokollieren... „die Klägerin beabsichtigt, auch künftig über Beklagte zu berichten und dabei auch Artikel aus Anhang 1, in dieser oder geringfügig geänderter Form zu veröffentlichen... weil die Beklagte... per Ordnungseintrag... Klägerin besitzt rechtliches Interesse.... dass eine solche Verfügungsberichtigung nicht gegen den Verfahrenstenor... verstößt...“  

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...Beklagtenvertreter bestreitet...

Richterin Becker: ....Schlaganfall...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...jeder fragt sich, was ist los mit Frau Köster.... man muss zur Zeit so berichten, wie in den beiden Artikeln, die gerügt worden sind... kann doch nicht jedes mal in ein Ordnungsmittelverfahren hineinrennen...

Richterin Becker: ....Sie planen... und fragen nun, ob Sie es veröffentlichen dürfen...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...sonst hätte es doch kein Ordnungsmittelverfahren gegeben... grundsätzliche Frage.... beschäftigen mit Tenor in Berichtserstattung... grundsätzliche Klärung... sonst wäre ich doch nicht auf die Idee gekommen... ich weiß, dass Kammergericht das anders gesehen hat.... Beklagte hat konkrete Wortpassage zum Anlass genommen... solche Passagen außen vor gelassen.... Worte, um die es jetzt geht... versucht, jede weitere Berichterstattung zu erschlagen...

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....gängige übliche Tenorierung... das macht auch 9. und 10. Senat des Kammergerichts so... genau das wird wiederholt, was damals schon mitgeteilt wurde...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...Senat... ein Verstoß der Gläubigerin kann nur dann gegeben sein, wenn... verallgemeinert... auch ein Kammergericht kann sich mal irren... finde Handhabung im Ordnungsmittelverfahren falsch.... wenn man sich nur auf konkrete Wortpassage beschränkt, dann...

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....Kerntheorie... Wettbewerbsrecht...

Richter Mauck: ....man hat damals gewusst... nicht über aktuelle Krankheiten zu berichten...

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....[nuschelt, spricht sehr leise]... jetzt heißt es... muss es plötzlich... über sie berichtet... zig bekannte Menschen... niemand traut sich, der Öffentlichkeit Diagnose mitzuteilen...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...ich wage es zu bezweifeln... Erwähnung eines Ixxxxxxs... medizinische Diagnose... Vorfall hat sich ereignet... man hat darüber berichtet... keine medizinischen Details... nicht, dass Hxxxxxxx gxxxxxxx wurde, oder ähnliches... lediglich berichtet, dass es einen Unfall gab... Krankenhaus... befriedigt Sachinteresse der Öffentlichkeit... man kann doch nicht einfach schreiben „Köster ist krank“...

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...wenn Bundeskanzlerin einen Ixxxxxx hätte, dann dürfte man darüber auch nicht berichten? Ereignisbezogenheit... Köster ist nicht mehr in der Lage, ihren Job auszuüben...

Richterin Becker: ....wenn es Krebs gewesen wäre, hätten´s Sie nicht geschrieben... wenn´s  Aids gewesen wäre, auch nicht...

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....kenne Berichte nicht... fast intime Berichterstattung... wir reden heute konkret über diese Veröffentlichung...

Richter Mauck: ....Kläger... will Entscheidung von ganz oben... Kostenfrage... letzte Veröffentlichung... Bericht vom 23.11.... Abmahnung war vor Erlass der einstweiligen Verfügung...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ..ist nochmal nachgefordert worden ... Gegenseite sagt ja selbst, es bestand kein Unterlassungsanspruch....

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....stimmt nicht...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...Sie hätten sonst Ordnungsgeldantrag stellen müssen...

Beklagtenanwalt Herr Reich: ....na wie denn ?!?...

Klägeranwalt Herr Herrmann: ...Ansprüche nebeneinander bestehen... jeder Verstoß wird einzeln abgerechnet... das kann doch nicht sein... wenn Sie keinen Verfügungsantrag... und denken, der andere reicht aus...

Richter Mauck: ....Klägervertreter nimmt Bezug auf Anträge... Beklagtenvertreter... da müssen wir mal ernsthaft darüber nachdenken... Wir entscheiden am Schluss der Sitzung.

Am Schluss der Sitzung:  Feststellungsklage wird abgewiesen. Widerklage auf Unterlassung wird stattgegeben. Urteil

 

Das Stille Leid und die plötzliche Wut unserer Justizpfleger               

Kpmmentar von A. Sander

Es begab sich aber zu der Zeit, im dritten Jahrtausend nach der Geburt des Herrn, just als es wieder Weihnacht werden wollte …

Wem von uns Normalbürgern ist eigentlich bewusst, unter welch großer Belastung das Justizpersonal unseres Gemeinwesens steht?

Angefangen bei Richtern, die teilweise im Halbstundentakt sich topfit in der Materie von abstrusesten Fällen zurechtfinden müssen, die quasi wie Edelgalopper auf den Punkt genau in Höchstform am Start sein müssen. Solche Richter werden vielleicht noch ab und an gewürdigt.

Wer verschwendet aber noch einen Gedanken an z. B. die Schriftführer, an die Protokollanten?

Etwas weiter ausgeholt, besagter Normalbürger wird wohl kaum wissen, dass bei __________-Gerichten seit den 1970er Jahren das komplette Protokollieren von Verhandlungen aufgehoben wurde.

Warum?

Es sind schlicht zuviel der Worte vor Gericht, darum.

Wer sich der Verworrenheit etlicher Verhandlungen als unvoreingenommener und uneingeweihter Dritter nähert, der wird schnell die Waffen strecken, angesichts verzwickter Faktenlage, juristischer statt Alltagslogik, der Fülle von Vortrag, Replik, Einlassung, Zwischenfrage, Gegenrede oder auch mal einem einfachen Verweis auf Schriftstück xy aus dem Jahr z – und das alles von Rednern, denen die rettende Klarheit des finiten Verbums im juristendeutschen Satzbau manchmal nicht leuchtend vor Augen zu stehen scheint. Auch viele, viele Halbsätze, die nie durch ein erlösendes Abschlusswort gerettet werden machen jeden Kopf schnell voll, ja übervoll.

Wohl nur noch im Bundestag wird mitstenografiert, von den stillen Stars einer Zunft, die nur im Schatten steht und auch dort werden die Schreiber alle zehn Minuten (!) abgelöst oder besser: erlöst.

Was soll / was kann da eine einzige Schreibkraft an einem ganzen, langen, turbulenten Gerichtstag leisten?

Dabei gibt es wohl manches Mal haarsträubende Szenen.

So soll es vorgekommen sein, dass eine entnervte Schriftführerin nach der Formulierung einer zweiten oder dritten „Gütlichen Einigung“ die Tastatur von sich stößt - mit Tränen der Verzweiflung oder Wut, je nach Naturell, und dann der eine oder andere jüngere und / oder mitleidensfähige Richter auch schon mal seinen Platz verlässt, verlassen muss, und die EDV mit Kunst von eigener Hand wieder aufs rechte Gleis setzt („sehn se ma, et jeht doch … es sind doch Leute hier …“), nicht ohne einen leichten Ansatz von Zerknirschtheit.

Als dann noch mal kurzer Beratungsbedarf bei einer der Parteien auftritt, zieht er sich aus der Heiligen Halle kurz zurück, vielleicht, um auch seiner Schreibkraft etwas mehr Entspannung zu gönnen. Dann sind die Parteien wieder komplett – wer fehlt ist ER, der Richter. Alles ist etwas ratlos und späht auf dem Gang aus. Ein unerwarteter, weiterer Verzug in einem schon übervollen Verhandlungstag. Unsere Heldin des Schreibdienstes ist aber schon zu keiner temperierten Empfindung mehr fähig, und in einem Anfall von Beißwut, so würde man wohl in der Jägersprache sagen, bricht es aus ihr heraus: „Wo ist der denn jetzt hin! … Raucht der etwa jetzt noch?!“ Vielleicht ist unsere Justizmitarbeiterin selbst Raucherin, schrecklich muss es in ihr wühlen – nur Gott, die Geister der Hohen See und Justitia mögen es wissen.

Zwei anwesende Praktikanten murmeln aus sicherer Deckung etwas von „… vielleicht mal kurz in sein Zimmer nach oben gegangen …“, was ein blutrünstiges „na warte, den ruf ich runter! …“ auslöst. Abgang unserer Protagonistin in ein Hinterzimmer, wohl zum Feldtelefon.

Und nur das nämliche Erscheinen unseres erschöpften Richters erspart dem Publikum die sich angebahnt habende Standpauke für den Richter – was uns lehrt: In jedem System hat jede Gewalt auch immer irgendwo ihre Gegengewalt.

Dies alles eine Momentaufnahme nur, willkürlich, womöglich erdacht in den hohen Hallen der 27. Kammer des Landgerichts Berlin… Worum ging es uns doch gleich? Ja richtig! Die große Last der vielen Worte, die kein Protokoll(ant) mehr zu fassen vermag und deren gequälte Seele sich Erleichterung verschafft.

Müssen Alle so sein?

Wir jedenfalls wünschen uns eine - gewissermaßen gewaltfreie Justiz, in produktiver Harmonie - und das nicht nur zur Weihnachtszeit.

Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schälike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 29.06.
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