Bericht Rolf Schälike - 14.01.2007
Auch für diesen Bericht gilt wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es sind bloß Verschwörungstheorien.
Die Parteien erschienen auch bei dieser Verhandlung in voller Besetzung. Für den Kläger erschienen neben dem Anwalt Herrn Dr. Bruhnbier Frau Dr. Roewer von der medizinischen Abteilung und Frau Jörn von der Rechtsabteilung. Für die Beklagten kamen neben dem Anwalt Herrn Fricke die Autoren des Beitrages: Journalist Herr Dr. Jörg Heimbrecht und WDR-Redakteur Herr Klaus Schmidt. Herr Dr. Heimbrecht hat in Bonn physikalische Chemie studiert. Seine Promotion befasste sich u.a. mit dem Thema Reaktor- und Kernchemie. Er ist also Fachmann. Die Vorsitzende Frau Dr. Raben begann: Es geht um drei Punkte. Das Landgericht hat diese in der Einstweiligen Verfügung bestätigt. Die beiden ersten sind nicht so kompliziert. Der erste Punkt: das Medikament sei ein frei verkäufliches Medikament. Das ist doppelsinnig. Es gibt rezeptpflichtige und apothekenpflichtige Medikamente. Dieses ist apothekenpflichtig. Apothekenpflichtig kann nach der Stolpe-Version als nicht frei verkäuflich gesehen werden. Solch ein schädigendes Medikament ist nicht frei verkäuflich. Habe ich das richtig verstanden? Ich kann es in der Apotheke ohne Rezept kaufen, jedoch, weil es apothekenpflichtig ist, darf nicht behauptet werden, es sei frei verkäuflich. Der Begriff "frei verkäuflich" darf nur nach der Begriffsbestimmung für die unterschiedliche Zulassung von Medikamenten verwendet werden. Es gibt auch Feuerzeuge oder Reinigungsbenzin. Verkauft werden dürfen diese Artikel nur an Volljährige. Müssen sich Journalisten an die Begriffsbestimmungen der Gesetze halten? Bei der zweiten Frage geht es um GeloMyrtol. Das Bild zeigt eine Tablette. Es geht darum, ob bei einer bestimmten Zahl von Zuschauern der Eindruck entsteht, es handle sich um GeloMyrtol forte. Wir haben uns den Beitrag mehrmals angesehen. Es handelt sich um eine Medikament, welches nicht unbekannt ist. Im Film ist es zu sehen. Habe mich in einer Apotheke umgesehen. Man sieht es in der ersten Reihe stehen. Im Film, auch wenn es nur kurz gezeigt wird, erkenntder, welches es schon eingenommen hat, sofort, das es GeloMyrtol ist, und nicht GeloMyrtol forte. GeloMyrtol hat eine geringere Intensität an Schadstoffen. Deshalb wurde zu Recht verboten. Nicht alle Zuschauer, doch man kann darauf kommen. Beim dritten Punkt handelt es sich um die Meinungsäußerung eines Sachverständigen: Im konkreten Fall, muss man sagen, kommen wir in eine Größenordnung, wo man bei Menschen Veränderungen gesehen hat. Es heißt nicht, es gibt ein Risiko, sondern, es könnte zu Veränderungen kommen. Ergänzend muss ich sagen, wir geraten in eine Größenordnung der einmaligen Aufnahme des Medikaments - ob, eine Tablette oder mehr, kann ich nicht sagen. Man sieht jedoch, dass nur eine eingenommen wurde. Das beeinträchtigt das Geschäftsinteresse, das Persönlichkeitsrecht als Unternehmen. Hat der Antragsgegner glaubhaft gemacht, dass die Tatsachenbehauptung richtig ist? Es ergibt sich die Frage: Dürfen Medien Produkte, welche Schadstoffe enthalten, öffentlich nennen? Denke, ja. Es gibt viele Fälle, wo nur dank der Medien [der Schaden am Menschen] offen gelegt wurde. Bei mir ergab sich die Frage, was wäre. Frau Dr. Raben würde meinen, Medien dürfen Produkte, welche Schadstoffe enthalten, öffentlich nicht nennen. Wir würden alle dieser richterlichen Entscheidung folgen. , Die Gerichte sind ja die letzte Instanz. Die nächste Frage: Der Wirkstoff ist in vielen Medikamenten enthalten. Darf da nur ein Medikament genannt werden? Wir haben Beispiele bei Formaldehyd. Ja, man darf. Bei uns ist aber strittig, ob der Wirkstoff so schädlich ist, dass es zu Schäden bei Menschen gekommen ist. Ein Einzelner ... , wenn auch bei anderen noch schlimmer. Das ist der eigentliche Kern, der schwierigste. Hat man bei Menschen Veränderungen festgestellt, welche in dieser Größenordnung das Medikament eingenommen haben? Im Urin ist die Menge feststellbar. Das haben sie glaubhaft gemacht durch den verantwortlichen Redakteur, Herrn Heimbrecht und auf Englisch .. . Das hat niemand beanstandet. Ich folge dem, was sie uns hier erklärt haben. Aber die Versuche waren nur an Ratten. Zwischenruf von Dr. Heimbrecht: Hat man auch an Menschen untersucht. Frau Dr. Raben setzt fort: Wir können dieser Untersuchung nicht entnehmen ... , Größenordnung. Die zweite Untersuchung lief über die Muttermilch. Aber die Muttermilch wurde ausgesaugt. Keine Gefahr, keine Hinweise. Dazu fehlen die Untersuchungen. Dann geht es um die postmortale Mengenuntersuchung. Mann kann auch keine Schlüsse ziehen, was mit der Aufnahme während der Schwangerschaft passiert. Eine Tablette kurz vor der Geburt, ständig? Es gibt keine Angaben über Art und Menge der jeweiligen Einnahmen. Aber bei Ihnen heißt es, die Einnahme nur einer Tablette führt zu Schädigungen bei Menschen. Dazu gibt es aber keine Ergebnisse. Wir wissen es nicht, wann, wie viel, auf welche Art. Wir wissen nichts über die Zukunft, wissen nichts über die Vergangenheit. Wir kennen die Umweltbelastung, wissen jedoch nichts über die einmalige Einnahme. Wir finden nicht, dass dieser Satz richtig ist. Man kann vom Risiko sprechen, von der Möglichkeit, aber nicht behaupten, die Einnahme nur einer Tablette führt zu Schädigungen. Wir neigen dazu, nur diesen Satz zu verbieten und möchten die Berufung abweisen. Damit war die juristisch-wissenschaftliche Analyse der vorgelegten Gutachten und wissenschaftlichen Forschungsergebnisse. Dargelegt dank der Macht einer Richterin. Die Wahrheit über ein war Verbot gefunden. Interessant wie ein anderer Jurist, der Beklagtenanwalt Herr Fricke, versucht hat, diesen Wissenschaftlerstreit zu Gunsten seines Mandanten zu lösen: Wir können nichts hinzufügen. ... . Es überrascht uns nach wie vor, dass man das als Tatsachenbehauptung sieht. Es geht ums gesundheitliche Risiko. Als ob Risikoeinschätzungen keine Tatsachenbehauptungen sein könnten. Verstehe die Juristen, wer wolle. Die WHO erkennt den Schadstoff als fruchtschädigend an. Dazu das folgende Zitat: .... Die Frage des Risikos wird erörtert. Steht diese Meinung für sich, oder wird über die Wertungen diskutiert? ... . Dieses Tor zum Meinungsstreit wird [durch die Sendung] geöffnet. Es gibt die Meinung von Prof. Jürgen Angerer: Es werden Werte festgestellt, bei welchen Veränderungen bei Menschen schon gesehen wurden. Es wird nur das Risiko angedeutet, was der Klägervertreter abstreitet. Frau Dr. Raben: Wenn sie es anders ausgedrückt hätten. Klägeranwalt: Die Werte sind hundertmal so hoch wie in unserer Studie. Frau Dr. Raben: Das Problem steht. Selbstverständlich kann und soll man kritisiert werden. Es geht lediglich um den Teil von Prof. Jürgen Angerer: Man hat Veränderungen schon gesehen. Die Sendung wird diskutiert. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Er hat nicht gesagt, wenn man das Medikament einnimmt, treten Schäden ein. Es sei lediglich eine Bereich, in dem man schon mit Schäden rechnen kann. Man legt das so auf die Goldwaage. Die Zuschauer ... . Frau Dr. Raben: Der Zuschauer kommt zu dem Eindruck, schon eine Tablette ... . Das wollte er auch. Klägeranwalt: Ja, das wollte er auch. Wir sind im Land der Autoritäten. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Darüber streiten wir. Frau Dr. Raben: Es geht nur um diesen einen Satz. Es ist bis jetzt nicht untersucht worden, wenn das Medikament nur für kurze Zeit oder nur einmal eingenommen wird. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Das besagt die Größenordnung. Könnte die Umwelt sein. Frau Dr. Raben: Aber er meint das Medikament. Ansonsten müsste er das in großen Mengen kontaminieren. Salat essen. Prof. Jürgen Angerer hat Richtiges gemeint, es aber falsch ausgedrückt. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Der Satz war nicht entscheidend. Frau Dr. Raben: Um so überflüssiger der jetzige Rechtsstreit. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Hat uns nicht überzeugt. Frau Dr. Raben: Dafür gibt es Gerichte. Klägeranwalt: Ja, dafür gibt es Gerichte. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Hier ist die Bewertung am Ende nach dem Gutachten. Klägeranwalt: Es ist keine Glaubensfrage, sondern eine wissenschaftlich belegbare Tatsache. Frau Dr. Raben zur wissenschaftlichen Methodik: Man kann nicht behaupten, man habe etwas gesehen, was nicht gesehen wurde. Es ist keine Frage der Chemie oder der Biochemie. Es geht um die Äußerung in diesem konkreten Fall. Herr Dr. Jörg Heimbrecht : Sie [Frau Dr. Raben] haben ein falsches Verständnis davon, wie Wissenschaft gemacht wird. Diese Kausalität gibt es nirgend. Es gibt die EU-Grenzwerte auf Basis von Analogieschlüssen. Aus Tatsachen wird etwas abgeleitet. Auch in der Medizin ist es so. Im Beipackzettel steht z.B. schleimlösend. Es heißt aber nicht, dass es immer so wirkt. Man hat aus Tierversuchen abgeleitet, wie das bei Menschen wirkt. Sie haben ein falsches Verständnis von Wissenschaft. Frau Dr. Raben zur wissenschaftlichen Methodik: Jedes Medikament muss für die Zulassung an Menschen getestet werden. Herr Dr. Jörg Heimbrecht : Entschuldigung, Sie haben keine Zulassung. Ein Wissenschaftsstreit entbrennt zwischen dem Chemiker Dr. Jörg Heimbrecht der Juristin Frau Dr. Raben. Es fallen Sätze wie: Selbst Arsen wird in der Medizin verwendet. Frau Dr. Raben: Zur Wissenschaft. Nur dieser Satz darf so nicht stehen. Ein Mensch versteht, es kommt zu Veränderungen. Herr Dr. Jörg Heimbrecht: Wenn bei Tierversuchen Veränderungen erkannt werden, macht man Schlüsse auf Menschen. Pränatal haben Sie das falsch gesehen. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, dass endokrine Wirkungen ... bestehen. Es gibt ein kurzes Zeitfenster, wo männliches Sexualhormon erzeugt wird. Dann wirkt dieses auf die Sexualorgane im Mutterleib. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen. Endokrine Substanz bei Testeron in kleiner Dosis, durch Muttermilch finden diese Veränderungen statt. Es herrscht Alarmstimmung. Den Analogieschluss wird man in der Wissenschaft nie belegen können. Klägeranwalt: Da muss man es auch untersuchen. Wir hatten viele Anrufe und Mails Frau Dr. Raben: Auch wenn der Satz fehlen würde, könnte es zu gleichen Reaktion kommen. Es kann auch zu Lasten eines Medikaments kommen. Es muss nur stimmen. Herr Dr. Jörg Heimbrecht: Die EU-Kommission beschäftigt sich mit unserem Beitrag. Wir sollen hier nicht die wissenschaftliche Auseinadersetzung verkürzen. Frau Dr. Raben: Es ist ein Risiko, wenn ein Stoff im Arzneimittel enthalten ist. Wir sind keine Chemiker. Es geht nur um diesen einen Satz. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Es geht ums Hauptsacheverfahren. Wir möchten raus, uns beraten. Frau Dr. Raben: Aber kurz, wir haben gleich eine Familiensache. Nach einer kurzen Pause Beklagtenanwalt Herr Fricke: Wir bitten doch um eine Entscheidung. Frau Dr. Raben: Die Formalien sind gewahrt. Anträge werden gestellt. Beschlossen und verkündet: Der Streitwert beträgt 110.000,00 EUR. Es gibt dagegen keine Bedenken. Die Entscheidung wird am Schluss der Sitzung verkündet. Wer das Ergebnis dieses wissenschaftlichen Streits wissen möchte, kann das Urteil beim Oberlandesgericht abfordern. Es ist bis jetzt keine geheime Verschlusssache.
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