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Bericht
LG Berlin, Zivilkammer 27
Sitzung, 22. August 2006

Auch für diesen Bericht gilt wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es sind bloß Verschwörungstheorien.

 

Bank Oppenheim klagt gegen "Der Bankier" - Bericht von Werner Rügemer

27 O 683/06 Oppenheim  vs. Rügemer; 27 O 653/06 Oppenheim  vs. Nexus Verlag;

NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung

Beitrag des Online-Flyers Nr.61 vom 12.09.2006

"Openheims Graf von Krockow "wohl falsch beraten"

Der Schertz-Anwalt

Werner Rügemer

22. August 2006, Landgericht Berlin, Zivilkammer 27, Saal 143. Zur Verhandlung mit jeweils 15 Minuten sind die Einsprüche des Nomen-Verlags und von mir gegen drei Einstweilige Verfügungen angesetzt, die die Bank Oppenheim gegen mein Buch „Der Bankier. Ungebetener Nachruf auf Alfred Freiherr von Oppenheim“ erwirkt hat.
 
In dem kleinen Raum steht hinten an der Rückseite eine Reihe aus einfachen, alten Holzbänken. So hatte ich mir die bekannte Pressekammer des Landgerichts Berlin nicht vorgestellt. Etwa ein Dutzend Berliner Freunde und Bekannte sitzen schon da, erwartungsvoll. Wir begrüßen uns. Auch einige Journalisten sind gekommen, sie haben ihre Schreibblöcke gezückt. Die drei Richter sitzen schon hinter ihrem etwas erhöhten Tresen. Daneben, etwas zurückgesetzt, die Gerichtsschreiberin vor einem Bildschirm und einer Tastatur. In der anderen Ecke zwei junge Leute, vielleicht sind es Studenten oder Referendare.
 
Ein junger Mann in schwarzer Robe und vielen Schriftstücken in der Hand steht vor dem Richtertisch und redet eifrig auf die Richter ein. Sie hören ihm aufmerksam zu. Das muss der Anwalt der Bank Oppenheim sein. Ich wundere mich: Hat die Verhandlung denn schon begonnen? Es ist doch noch gar nicht die angesetzte Uhrzeit? Mein Anwalt Harro Schultze und ich treten ebenfalls vor.
 
Der Vorsitzende Richter nickt uns freundlich zu. Das Buch „Der Bankier“ liegt vor ihm, neben aufgeschlagenen Schriftstücken und einem hohen Aktenstapel. „Dann sind Sie sicher der Herr Rügemeier?“ fragt er mich formlos und freundlich. „Ich heiße Rügemer. Das steht auf dem Buch drauf. Also wenn Sie schon meinen Namen nicht genau gelesen haben…“ werfe ich ein. Ich bin unsicher, ob ich leichte Kritik anklingen lassen soll. „Ach so“, sagt der gleichgültig. Aber da regt sich die spitze Stimme des Oppenheim-Anwalts. Das muss  Dominik Höch sein, der für die Berliner Medien-Kanzlei Schertz Bergmann in unseren Fällen die Schriftsätze verfasst hat. Er ist kleiner, als ich ihn mir vorgestellt habe, vielleicht Mitte dreißig, blonde Schmalzlocke, baby face, unter der schwarzen Robe drängt ein heftiges Bäuchlein nach vorne. „Aha, die Verschwörung…“ versucht er mich höhnisch anzublecken. Ich blicke in sein weichliches Gesicht. Seine Arroganz wirkt unsicher.

Prozessgegenstand - Werner Rügemers Buch in der noch nicht zensierten Fassung
Foto: Nomen Verlag

Die Verhandlung dauert unerwartet zwei Stunden. Die Fenster des Verhandlungsraumes müssen gleich anfangs wegen des Straßenlärms geschlossen werden. Es ist ein schwüler Tag, schon morgens. Schnell wird es warm im kleinen Raum. Die Luft wird stickig. Ich schwitze ordentlich. Mein Rechtsanwalt und ich wechseln uns bei der Beantwortung der Richterfragen ab, das klappt sehr schön. Der Schertz-Anwalt unterbricht uns ständig. Die Richter rügen ihn nicht. Herr Höch wendet sich immer wieder, wenn er dran ist oder sich die Freiheit nimmt, dran zu sein, dem Saal zu. Er erfreut die Richter mit seiner Rückseite und doziert weit hinten in den Raum hinein, als wäre es ein großer Saal. Vielleicht bewegt ihn die Vorstellung, als wäre er in einem amerikanischen Gerichtssaal und als wollte er die Geschworenen beeindrucken. Vielleicht blickt er in imaginäre Filmkameras. Die Zuschauer in der hinteren Reihe blickt er nicht an.
 
Herr Höch macht anfangs große Armbewegungen. Zwischendurch stopft er beide Hände tief in die Hosentaschen und reckt seine dickliche Figur aufrecht. Dann legt er jedes Mal seinen kurzen, dicken Bauch frei, der unter seinem modischen Jackett und seinem vielleicht sehr teuren hellgrünen Hemd hervorquillt. Was will uns der Medienanwalt mit seinem Bauch sagen? Es bleibt unklar, wahrscheinlich auch ihm selbst. Wie kann der Anwalt einer sogenannten renommierten Kanzlei, die mit den Oppenheims, mit Jürgen Schrempp von DaimlerChrysler, mit Sabine Christiansen, Günter Jauch und dergleichen Personal die Spitzen der so genannten Gesellschaft vertritt, so schmierenkomödiantisch auftreten? Oder passt das eben doch genau so zusammen? Schertz-Anwalt Höch jedenfalls wirkt, als hätte er seinen Anfängerkurs in Imponiergehabe noch nicht beendet.
 
Zudem scheint Herr Höch im Laufe der Verhandlung sein noch unverdaut Gelerntes zu vergessen. Nach etwa einer Stunde sinkt er schrittweise in sich zusammen. Er schwitzt, aber das tun wir auch. Er überreicht den Richtern ständig neue Schriftsätze, als würde er aus einem Zauberkasten schöpfen. „Eigentlich hätten wir uns das nicht bieten lassen sollen“, wird mein Anwalt nach der Verhandlung sagen. „Das ist doch eine Unverschämtheit, noch in der Verhandlung ständig neue Schriftsätze vorzulegen. Wir hätten wenigstens eine Unterbrechung beantragen sollen.“ Haben wir aber nicht. Warum eigentlich nicht? Wieso haben wir uns das gefallen lassen? Die Richter hätten von sich aus eine Unterbrechung ansetzen können. Aber sie haben es nicht getan. Vielleicht weil sie dann länger hätten arbeiten müssen?

Wer das im "Daimler-Chrysler" unseres Cartoonisten Kostas sitzen könnte - Rechtsanwalt Schertz oder sein Kollege Höch -, überlassen wir der Phantasie unserer Leser. Schertz jedenfalls mochte auf Anfrage eine eindruckvolles Homepage-Foto zu Werner Rüdigers Glosse nicht freigeben. "Wir widersprechen ausdrücklich jedweder Nutzung von Bildnissen von Herrn Höch und meiner Person. Sollten sie hiergegen verstoßen, werden wir gegenständliche rechtliche Schritte einleiten. Wir weisen darauf hin, dass wir unlängst andere Medienunternehmen die Veröffentlichung von Bildnissen unsererseits verboten haben", mailte Schertz einige Stunden, nachdem sein Mandantenberater Höch uns bereits geschrieben hatte: "Bezug nehmend auf Ihre E-Mai an den Kollegen Dr. Schertz teile ich Ihnen mit, dass wir natürlich keine Einwilligung in irgendeine Fotoveröffentlichung erteilen. Sollten Sie derartiges dennoch veröffentlichen, werden wir dagegen aus eigenem Recht genauso wie ggf. wegen der dem Fotografen zustehenden Rechte vorgehen." - Doppelt genäht hält besser. Also müssen wir noch einmal auf den Cartoon aus unserem Schertz-Artikel in NRhZ 60 zurückgreifen. Die Redaktion
Karikatur: Kostas Koufogiorgos www.koufogiorgos.de/  

Bei einem Punkt werden die Richter lebendig. Auch die zwei Beisitzenden Richter äußern sich, nachdem bisher fast nur der Vorsitzende geredet hat. Es geht um einen Beschluss des Rates der Stadt Köln. Ich hatte auf Seite 72 von „Der Bankier“ geschrieben, der Stadtrat habe am 18.12.2003 beschlossen, dass der Investor der Messehallen die Kosten der Altlastensanierung zu bezahlen habe. Ich habe den Satz aus dem Rats-Beschluss zitiert: „Die Altlastensanierung soll für die zur Bebauung heranzuziehenden Flächen und Nebenflächen vom Investor auf dessen Kosten durchgeführt werden.“ Dann hatte ich geschrieben, dass entgegen dem Ratsbeschluss die Stadt Köln die Kosten übernommen hat. Dagegen hatte Matthias Graf von Krockow namens der Bank Oppenheim in Kenntnis der Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung an Eides statt versichert: „Einen solchen Ratsbeschluss gibt es nicht.“
 
Natürlich gibt es diesen Ratsbeschluss. Ich habe ihn dem Gericht in Kopie vorgelegt. Die Richter, die sonst sehr unbeeindruckt wirken, sind verwundert. Sie schütteln den Kopf. Sie sehen den Oppenheim-Anwalt an. Herr Höch versucht, den routinierten Wirtschaftskenner zu spielen: Das sei doch alles sonnenklar, natürlich habe der Stadtrat das beschlossen. Aber das sei natürlich wie immer in solchen Fällen keine verbindliche Bedingung für den Investor gewesen, sondern eben nur ein Ratsbeschluss. Was die Stadtverwaltung dann mit dem Investor aushandle, sei eine andere Sache. Und es sei eben auch hier bei den Messehallen anders verhandelt worden.
 
Der Schertz-Anwalt hat vermutlich ganz im Sinne der Bank Oppenheim argumentiert. Aber er hat seine Belehrung über die geschäftsstörende Funktion der parlamentarischen Demokratie, so finde ich, doch eine Nuance zu schüchtern vorgetragen. Er hat längst aufgehört, sich mit großen Armbewegungen den imaginären Geschworenen und Filmkameras zuzuwenden. Sein Bäuchlein bleibt schüchtern unter der schwarzen, etwas ausgebeulten Robe versteckt. Herr Höch steht jetzt einigermassen gerade und brav vor dem Richtertisch. Er blättert eifrig und etwas nervös in seinen Schriftsätzen wie ein Einserstreber im katholischen Elitegymnasium. Er findet jetzt offensichtlich keinen Schriftsatz mehr, der noch irgendwie passen würde. „Wir haben bereits mehrmals vorgetragen…“ wiederholt er. Von der Bank der Zuschauer und Journalisten ist gedämpftes Lachen zu hören. Die Richter blicken fragend auf Herrn Höch. „Da haben Sie Ihren Mandanten wohl falsch beraten“, sagt der Vorsitzende mild und mitfühlend, aber auch sachlich eindeutig zu dem abgematteten Streber.
 
Die Richter lassen erkennen, dass sie das Verbot der Buchpassage mit dem Ratsbeschluss aufheben werden. Den Ratsbeschluss gibt es, das halten die Richter fest. Am nächsten Tag berichtet die Kölnische Rundschau über die Verhandlung. Die Sache mit der eidesstattlichen Versicherung des gräflichen Bankiers und der Ausspruch des Richters werden hervorgehoben. Offensichtlich werden im Bankhaus und in der Kanzlei die kleinsten Veröffentlichungen nervös verfolgt. Wahrscheinlich, so könnte ich mir vorstellen, haben Kanzlei-Chef  Christian Schertz und der Bankchef ihrem kleinen, dicklichen Versager kräftig den Kopf gewaschen. Die Kölnische Rundschau soll sofort am nächsten Tag eine Gegendarstellung veröffentlichen. Das kann die Redaktion leicht abbügeln. Herr Höch darf lediglich einen popligen Leserbrief schreiben. Darin behauptet er, der Richter habe den Ausspruch nicht getan. Das kann noch richtig spannend werden, finde ich.

Kommentar

Dieser Bericht wurde veröffentlicht in der Neuen Rheinischen Zeitung - http://www.nrhz.de/flyer/ .

Prompt hagelte es Einstweilige Verfügungen gegen Werner Rügemer.

27 O 1028/06 - Einstweilige Verfügungen gegen Herrn Werner Rügemer. Antragsteller Anwalt  Höch. Rot markiert sind die verbotenen Passagen.

27 O 1038/06 - Einstweilige Verfügungen gegen die NRhZ. Antragsteller Anwalt Höch.

27 O 1188/06 - Klage auf Schadensersatz über 15.000,00 EUR durch Anwalt Höch gegen Werner Rüdiger und Peter Kleinert. Die Klage wurde am 13.03.07 zurückgewiesen.

27 O 1342/06  - Klage gegen Passagen aus der oben aufgeführten Glosse.
Am 13.03.07 wurde diese Klage im Hauptsacheverfahren
vor dem Landgericht Berlin verhandelt. Die Klage wurde nur zum Teil bestätigt. In welchen Teilen wissen wir nicht. Jede Partei muss die eigenen Kosten tragen (wurden gegeneinander aufgehoben). Wie berichteten.

Es wird empfohlen, den obigen Bericht durchzulesen, um die Grenzen für einen zulässige, satirisch bissige Berichterstattung zu erkennen. Nach Erhalt des Urteils werden wir die verbotenen Stellen gesondert markieren.

Gegenwärtig ist alles rot Markierte verboten und wir distanzieren uns ausdrücklich von diesen Schmähungen.

Ob die Kanzlei Dr. Schertz in Berufung geht, ist unbekannt.

Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schälike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 04.09.07
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