BUSKEISMUS

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Bericht

Pressekammer LG Hamburg
Verkündung, Montag, den 03. April 2006 (Terminrolle)

Schröder vs. Westerwelle

Rolf Schälike - 03.-09.04.2006

Auch für diesen Bericht gilt,  wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

Die Verkündung fand statt am Montag um 14:00 in Raum 833, dem Sitzungsraum der Pressekammer. Es gab nur die eine Verkündung: Schröder gegen Westerwelle in Sachen 324 O 213/06.  Die Verhandlung wurde geführt am 31.03.2006.  Wir berichteten..

Üblicherweise finden die Verkündungen statt am Dienstag in  Raum 822, der Geschäftsstelle der Pressekammer.

Draußen standen ca. 20 Journalisten und fast ein Dutzend Fernsehteams. Die Kameras waren gerichtet aufs Treppenhaus, die Journalisten erwarteten die Anwälte. Ich wusste, die Anwälte würden nicht kommen. Kein Journalist wollte diesbezüglich gegen mich 1:10 wetten.

Um 13:56 wurde das Publikum in den Saal gelassen,  Kamerateams hatten draußen zu bleiben.

Um 13:58 die ersten Worte des Vorsitzenden: "zwei Minuten müssen wir schon  warten."

Dann pünktlich um 14:00: Kommen wir zu Sache.

Folgendes Urteil wurde gefällt:

Erstens. Die Einstweilige Verfügung vom 21.03.2006 wird bestätigt.

Zweitens. Der Antragsgegner [Westerwelle] hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Zu Höhe des Streitwerts sagte der Vorsitzende Richter, Andras Buske nichts.

Jetzt hätten alle nach Hause gehen können.
Aber bei uns im Lande sind nicht alle gleich. Schröder und Westerwelle sind gleicher, als z.B. Diekmann und der Spiegel.

Der Vorsitzende Richter erläuterte zwar, dass normalerweise .. aber .. weil Sie gekommen sind, haben wir eine paar Sätze vorbereitet.

Dann las er folgendes vor [es ist kein Zitat, ich beherrsche kein Steno, es sind lediglich meine Notizen]:

Verboten ist die Äußerung, Schröder hätte [als Bundeskanzler] der Firma Gasprom einen Auftrag gegeben.

Dieses Verbot bleibt selbstverständlich unbenommen vom Recht des Antragsgegners, Schröder scharf und pointiert zu kritisieren. So etwas ergibt sich aus dem Recht der Meinungsfreiheit. Setze aber voraus, dass es sich wirklich um eine Meinungsäußerung handelt.

Mit der Äußerung, Schröder habe der Firma Gasprom einen Auftrag gegeben, handle es sich jedoch um eine Tatsachenbehauptung, bei der eine Beweiserhebung möglich sei.

Bei der Auslegung der Äußerung müssen wir von einem Durchschnittsleser ausgehen und nicht von einem Leser, der alle Einzelheiten kennt und unter Auftrag auch eine allgemeine politische Unterstützung des Projekts versteht.

Der Durchschnittsleser geht davon aus, dass der Kanzler als Einzelperson das Geschäft in seiner Eigenschaft als Bundeskanzler abgeschlossen habe.

Dass es einen solchen Auftrag gegeben habe, behauptet auch nicht der Antragsgegner [Westerwelle].

Wir haben für Sie eine Pressemitteilung in der Geschäftsstelle vorbereitet.

Das war´s.

Von mir persönlich verabschiedeten sich die drei Richter heute nicht, obwohl ich den Saal als letzter verließ und diesen Freundschaftsdienst niemand gehört hätte.

Die Journalisten verliefen sich, ich ging in die Kantine. Nach dem Essen habe ich ein kurzes Erlebnis mit der Presse.

Zwanzig Minuten nach der Verkündung standen noch drei Kameraleute vor der Tür, der Richter und zwei Journalisten.

Für welches Fernsehen sie filmen, wollte ich wissen. Höfliches Schweigen.

Überhaupt nicht fürs Fernsehen. Dann hörte ich RTL.

Ich blieb hartnäckig. Wolle endlich ein Bild vom Vorsitzenden Richter, Andreas Buske. Das gäbe es noch nicht.

Sie ist vom NDR und ich von Reuter, bei uns kann jeder kaufen, jeder Sender wird heute senden.

"Für wen filmen Sie?" fragte ich den dritten Kameramann.
Statt einer Antwort Schweigen.

Wir werden heute um 19:30 bei NDR Andreas Buske womöglich sehen.

Bin gespannt.

Zehn Minuten Selbstzensur habe ich jedoch schon erlebt.

Anmerkung: In keiner Sendung war Richter Andreas Buske zu sehen.

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Im Internet :

http://www1.ndr.de/ndr_pages_std/0,2570,OID2463750,00.html

Westerwelle: "Ich bleibe bei meiner Wertung"

Westerwelle sagte nach der Entscheidung des Gerichts: "Ich bleibe bei meiner Wertung, dass die Seitenwechsel Gerhard Schröders nach seinem Ausscheiden aus dem Amt unappetitlich und fragwürdig sind." Das Gericht habe eine konkrete Formulierung beanstandet, nicht aber über seine Kritik am Verhalten des Altkanzlers entschieden. "Formaljuristisch mag Gerhard Schröder heute Recht bekommen haben, politisch und moralisch ist das Urteil über sein instinktloses Gebaren längst gefallen", so der FDP-Chef weiter. Er wolle nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, ob er Rechtsmittel einlegen werde.

Unser Kommentar (Rolf Schälike):

Wir sagen voraus: Guido Westerwelle sieht sich die Urteilsbegründung an, begreift den Zeitgeist und wird die Einstweilige Verfügung anerkennen.

Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass Guido Westerwelle sich mit dem Verfassungsgericht anlegt und sonst bereit ist, Geschichte in der Rechtssprechung zu schreiben.

Guido Westerwelle soll gesagt haben, formaljuristisch möge Schröder Recht bekommen haben. Sollte diese Äußerung von Westerwelle gefallen sein, so ist er beteiligt an der schleichenden Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland.

Weit wirtschaftlicher ist es für ihn, sich dem Zug der Zeit anzupassen, bei Schröder zu lernen.

Maulkorb hin, Maulkorb her. Damit wird Guido Westerwelle leben können.

Die schon sichtbaren Katastrophen wird auch ein Guido Westerwelle überleben. Diese treten aller Voraussicht nicht mehr zu seinen Lebzeiten ein.

Sollten diese früher eintreten, kann heute niemand voraussagen, wen diese treffen werden: Schröder oder Westerwelle, beide oder keinen von beiden.

Schröder hat einen wichtige Sieg errungen. Gazprom kann sich auf ihn verlassen und nach dem gleichen Schema in Deutschland klagen. Richter Andreas Buske schaufelt den Weg dafür frei.

Deutsche dürfen weiterhin von Richtern als dumm angesehen werden, denn juristisch gesehen verstehen die Michels nicht, dass politische Entscheidungen auch Aufträge sein können und dass eine Äußerung nicht wörtlich zu nehmen ist.

Wenn ein Durchschnittdeutscher nicht einmal weiß, wie Aufträge in dieser Größenordnung zustande kommen, und welche persönliche Rolle die Kanzler dabei spielen, warum dürfen diese dann überhaupt wählen?

Zu juristischen Seite des Themas:

Laut Angaben der FDP hatte Westerwelle gesagt: «Natürlich gönne ich auch Gerhard Schröder jeden Rubel.» Er fände es allerdings «problematisch, dass er als Bundeskanzler einer Firma einen Auftrag gegeben hat und dann wenige Wochen nach Amtsübergabe in die Dienste eben jener Firma tritt».

Das im Verbotstenor gefallene Wort "Gazprom" gibt es in der umstrittenen Äußerung von Guido Westerwelle nicht.

Richter Andreas Buske definiert mit Firma das Unternehmen "Gazprom". Die Pipe-Line baut aber nicht "Gazprom" und Westerwelle hat mit "Firma" kaum "Gazprom" gemeint.

Mehr als 38 % der Gazprom-Aktien gehören dem russischen Staat. weitere fast 37 % russländischen juristischen Personen. Man wird sich kaum irren zu behaupten, Gazprom gehört dem Russischen Staat.

Das Pipe-Line-Gemeinschaftsunternehmen gehört zu mehr als 50 % Gazprom, damit ebenfalls dem Russischen Staat.

Den Russischen Staat als eine Firma zu betrachten und von den Details weg zu abstrahieren, verbietet das Landgericht Hamburg.

Warum ist Guido Westerwelle der Meinung, das sei formaljuristisch möglicherweise o.k.?

Warum sagt er nicht, möglicherweise haben wir es mit einem Rechtsmissbrauch seitens Schröder zu tun?

Kann ein Rechtsmissbrauch formaljuristisch o.k. sein?

Oder kneift Westerwelle schon nach der ersten juristischen Niederlage?

- > Diskussion mit Richter Dr. Weyhe am 04.04.2006

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 15.05.08
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