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HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Geschäftszeichen: 7 U 106/05 / 324 O 219/05

Verkündet am: 22. November 2005

Davis
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin/ter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit
...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: ...

gegen
...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtsanwalt Prof. Dr. Schweizer & Kollegen, Arabellastr. 21, 81925 München
(2226/05UB10 dn)
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat, durch die Richter
Dr. Raben,
Klettel,
Lemcke

nach der am 22. November 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 29. Juli 2005 - 324 0 219/05 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO:

I. Die Klägerin begehrt mit der Klage von der Beklagten Unterlassung der neuerlichen Verbreitung von sechs sie betreffenden, in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift ... vom 5. Februar 2005 enthaltenen Textpassagen (Anlage K 1).

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt.
Mit der form- und fristgemäß eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klagabweisung weiter.

Sie trägt unter Einreichung umfangreicher Unterlagen vor:

Die Klägerin habe über Jahre intimste Details aus ihrem Privatleben als Dauerbegleiterin von ... in die Öffentlichkeit getragen und vermarktet. Wenn dann über die Folgen eines öffentlich ausgetragenen Dissenses zwischen ihrem Lebenspartner und ihrem Vater über dessen politisches Engagement im Wahlkampf in Schleswig-Holstein, vorüber in den Medien zutreffend berichtet worden sei, in der tatsächlich erfolgten Weise spekuliert würde, so müsse dies die Klägerin angesichts der für die Beklagte streitenden Pressefreiheit hinnehmen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Klagabweisung.

Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen kann nicht angenommen werden, dass der Klägerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen der geltend gemachte, ggf. auf §§ 823, 1004 Abs. 1 BGB, Artikel 1, 2 GG zu stützende Unterlassungsanspruch zusteht. Durch die Verbreitung der Textpassagen wird nämlich nicht rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen.

Zwar ist mit dem Landgericht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die angegriffene Berichterstattung das durch Artikel 2 GG garantierte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin beeinträchtigt. Indem in der erfolgten Weise über die Auswirkungen eines Streites zwischen dem Lebensgefährten der Klägerin ... und deren Vater ... wegen dessen politischen Engagement im Wahlkampf in Schleswig-Holstein auf die Beziehung der Klägerin zu ... berichtet bzw. spekuliert wird, wird in der Tat in den inneren Bereich ihrer Privatsphäre eingegriffen. Dieser ohne Einwilligung der Klägerin erfolgte Eingriff ist indes, wie eine alle Umstände dieses konkreten Falles berücksichtigende Abwägung mit der für die Beklagte streitenden, ebenfalls grundgesetzlich durch Artikel 5 GG garantierten Äußerungs- und Pressefreiheit ergibt, nicht als rechtswidrig einzustufen. Im Rahmen dieser Abwägung ist zunächst zu bedenken, dass sich die Berichterstattung auf eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Lebensgefährten und dem Vater der Klägerin bezog, die diese beiden ausweislich der eingereichten Anlagen willentlich öffentlich ausgetragen haben und über den demgemäß die Medien berichten durften. Insbesondere ist durch den Bericht der ... vom 26. Januar 2005 mit Willen des Lebenspartners der Klägerin öffentlich gemacht worden, dass dieser das politische Engagement des ... nicht billige. Die mit dieser Veröffentlichung zusammenhängenden, im Wesentlichen über die Auswirkungen des Streites spekulierenden Äußerungen sind inhaltlich harmlos und haben für die Klägerin keinen herabsetzenden oder kränkenden Inhalt. Daneben ist zu bedenken, dass sich die Klägerin, wie sich aus den von der Beklagten eingereichten Anlagen ergibt, über Jahre öffentlich im Rahmen von Interviews und ähnlichem teilweise allein, teilweise zusammen mit ihrem Lebensgefährten über Einzelheiten ihrer Beziehung, ihres Zusammenlebens und ihrer Lebensplanung geäußert und sich dabei - wie auch ihr Lebensgefährte ... (vgl. etwa BK 3) - zum Teil auch über intime Details ausgelassen hat. Insoweit verweist der Senat auf den Inhalt der eingereichten Anlagen, wonach schon am 10. Oktober 2001 ein gemeinsames Interview in ... veröffentlicht wurde (vgl. Anlage BK 3: "... - ... ist meine kleine Königin") und in der Folgezeit zahlreiche Veröffentlichungen erfolgten, die Interviews der Klägerin zum Teil unter Mitwirkung von ... betreffend deren Beziehungen enthielten (Anlage BK 4 f.). Soweit die Klägerin, die nicht in Abrede stellt, sich jahrelang über die Beziehungen zu ... öffentlich geäußert zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, von solchen Veröffentlichungen in letzter Zeit Abstand genommen zu haben, ist dem entgegen zu halten, dass ausgehend von Anlage BK 21 jedenfalls am 26. August 2004 in der ... ein Interview mit der Klägerin unter dem Titel "... - ohne ... kann ich nicht leben", an welchem auch ... mitgewirkt hat, veröffentlicht worden ist.

Bei einer solchen Konstellation kann sich dann aber die Klägerin, die aus welchen Gründen auch immer über Jahre - zulässigerweise - ihr Privatleben, insbesondere Einzelheiten ihrer Beziehung mit ..., in die Öffentlichkeit getragen hat, jedenfalls hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen nicht auf den Privatsphärenschutz berufen. Zwar hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich in der Tat nicht öffentlich über die Auswirkungen der Meinungsverschiedenheit zwischen ... und ... auf ihre Beziehung zu ihrem Lebensgefährten geäußert hat. Mit Rücksicht darauf, dass sich die Klägerin in der Vergangenheit viel konkreter und auch weitergehend über die Beziehung zu ihrem Lebenspartner öffentlich ausgelassen hat und auch mit diesbezüglichen Veröffentlichungen von ... einverstanden war, muss sie dennoch die hier erfolgten harmlosen, sie nicht weiter verletzenden Spekulationen hinnehmen, welche wiederum auf einen Vorgang Bezug nehmen, den der Lebenspartner der Klägerin selbst öffentlich gemacht hat.

Mangels rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin steht dieser nach allem der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor ( § 543 Abs. 2 ZPO).

Leitsätze:

Keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts wegen eigener Vermarktung

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 16.07.05
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