Namensnennung von anwaltlichen
Parteivertretern in im Internet veröffentliсhten Urteilen erlaubt
Leitsatz:
Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen im Internet mit
voller Nennung der anwaltlichen Parteivertreter verletzt die
Rechtsanwälte weder in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht noch in
ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
Oberlandesgericht Hamm
Urteil v. 11.12.2007 - Az.:
4 U 132/07
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das am 31. Juli 2007 verkündete Urteil
der VI. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird
zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Sachverhalt
s. Entscheidungsgründe
Entscheidungsgründe
Die Kläger, die in zwei Verfahren (LG Bielefeld) Prozessbevollmächtigte
der C GmbH waren, nehmen die Beklagten wegen Veröffentlichung der
ungeschwärzten Urteile und eines die Berufung zurücknehmenden
Schriftsatzes im Internet auf Unterlassung (insoweit noch in Bezug auf
den Beklagten zu 3), auf Auskunftserteilung über den Umfang der Nutzung,
auf Veröffentlichung des Urteils aus dem hiesigen Verfahren, auf Zahlung
ihrer Abmahnkosten und im Wege der Feststellung auf Schadensersatz in
Anspruch. Zuvor hatten der Beklagte zu 1) am 21.08.2006 und "die (…), vertreten
durch den GF (…), sowie Herr (…) persönlich, … gesamtschuldnerisch"
am 22.08.2006 auf die Abmahnungen der Kläger vom 18.08.2006 bereits
diesbezügliche strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben.
Auf die Berichterstattung vom 07.08.2006, die Abmahnschreiben vom
18.08.2006 und die genannten Unterlassungserklärungen wird auch
hinsichtlich der konkreten Art ihrer Gestaltung Bezug genommen. Die Kläger haben geltend gemacht, dass die Beklagten durch die
Veröffentlichung der Urteile und des Schriftsatzes über die
Berufungsrücknahme in ungeschwärzter Form ihre Persönlichkeits- bzw.
informationellen Selbstbestimmungsrechte verletzt hätten. Die Veröffentlichung mit ihren Namen sei völlig überflüssig und von
daher unzulässig gewesen. Sie seien hierdurch, ohne dass schützenswerte
Interessen der Beklagten vorlägen, in nicht zu rechtfertigender Weise in
ein schlechtes Licht gerückt worden. Die Beklagten haben ein fehlendes Rechtsschutzinteresse der Kläger,
einen Rechtsmissbrauch wegen einer unnötigen Aufspaltung der Verfahren
und in der Sache geltend gemacht, dass die der Sache nach wahre
Berichterstattung bzw. Verlinkung zulässig gewesen sei. Eine öffentliche
Anprangerung der Kläger sei nicht erfolgt. Nennenswerte Nachteile seien
ihnen hierdurch nicht entstanden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts in erster
Instanz, der beiderseitigen Parteienvorträge und der Anträge wird auf
das angefochtene Urteil (S. 2 ff.) verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die
Veröffentlichung der ungeschwärzten Urteile und des ungeschwärzten
Schriftsatzes der Kläger betreffend die Rücknahme der Berufung nicht zu
beanstanden sei. Ansprüche aus UWG bestünden, weil die Kläger nicht Mitbewerber der
Beklagten seien, nicht. Die erhobenen Ansprüche könnten auch nicht aus §
823 I BGB unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetriebs hergeleitet werden, da es an dem dafür erforderlichen
unmittelbaren, betriebsbezogenen Eingriff fehle. Ferner verhelfe das Persönlichkeitsrecht der Kläger der Klage nicht zum
Erfolg. Denn die vorzunehmende Abwägung ergebe, dass in
Persönlichkeitsrechte der Kläger nicht in erheblicher Weise eingegriffen
sei. Weder sei ihre Intim- noch ihre Privatsphäre tangiert, sondern
lediglich ihre Individualsphäre, bei der der Persönlichkeitsschutz
schwerwiegende Eingriffe wie Ausgrenzung und Stigmatisierung verbiete.
Diese Eingriffsintensität sei indes, zumal im Ausgangspunkt lediglich
wahre Tatsachen verbreitet worden seien, nicht erreicht. Eine besondere
Anprangerung der Kläger sei nicht erfolgt. Der in den
"kommentierenden Wertungen" des Beklagten zu 1) enthaltene Angriff,
der eine vorsätzliche Täuschung der Verbraucher zum Gegenstand habe,
richte sich allein an die (…), wobei insbesondere auch ins Gewicht
falle, dass es sich hinsichtlich der Angaben über die Kläger keineswegs
um "sensible" Informationen handele. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe
des erstinstanzlichen Urteils (S. 7 ff.) Bezug genommen.
Die Kläger greifen das Urteil mit ihrer Berufung an. Sie verfechten
zunächst weiterhin die Auffassung, dass der Beklagte zu 3) die mit
Schreiben vom 18.08.2006 geforderte Unterlassungserklärung selbst nicht
wirksam abgegeben habe. Sie meinen sodann, die Veröffentlichung der ungeschwärzten Urteile und
ihres Schriftsatzes sei als ein Verstoß gegen den eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB
zu werten. Die Veröffentlichung habe, auch wenn die Hauptintention die
Bloßstellung und die öffentliche Vorführung der (…) gewesen sei, auch
Auswirkungen auf ihr Bild im Kreise der vorhandenen und potentiellen
Mandanten. Insofern müsse aufgrund ihrer Nennung ein unmittelbarer Eingriff bejaht
werden. Die Nennung der Kläger in dem vorliegenden Kontext ohne jede
Zustimmung beeinflusse ihr Bild in der maßgeblichen Öffentlichkeit
beträchtlich und gehe weit über das Übliche hinaus. Eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts sei anzunehmen, weil das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht ihre schutzwürdigen
Interesse an der Wahrung ihres Persönlichkeitsrechts überwogen habe.
Gerade weil es in den veröffentlichten Dokumenten um das Handeln ihrer
Mandantin im Wettbewerb gehe, sei die Nennung der
Prozessbevollmächtigten für die Öffentlichkeit ohne jedwedes Interesse.
Im Übrigen hätte das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch durch
eine Berichterstattung in anonymisierter Form befriedigt werden können,
ohne entsprechend die (…) und deren Prozessbevollmächtigte zu nennen.
Auch sei durch diese Art der Veröffentlichung von einer Prangerwirkung
auszugehen. Es sei den Beklagten ersichtlich darauf angekommen, die
(...) zu diskreditieren. Das hierdurch erzeugte schlechte Licht der
Mandantin falle gleichzeitig auch auf die in diesem Zusammenhang
genannten Prozessvertreter.
Die Kläger beantragen, unter Abänderung des Urteils des LG Bielefeld vom
31.07.2007, Az.: 15 O 52/07,
1. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, den Klägern schriftlich Auskunft
darüber zu erteilen, 1. a. seit wann und in welchem Umfang die Handlungen, die gemäß der strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung des Beklagten
zu 1. vom 21.08.2006 mit dem Inhalt "es zu unterlassen, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, als Unternehmer,
insbesondere unter den Internetadressen (...) und (...) oder in
sonstiger Weise die Urteile des LG Bielefeld, Az. (…), sowie den
Schriftsatz der Rücknahme der Berufung vom 13.04.2006 zu veröffentlichen
und/oder zum Download zur Verfügung zu stellen, bei dem nicht jegliche
Hinweise auf die Kläger und ihre Kanzlei geschwärzt sind."
beschrieben werden, von diesem mittelbar und/oder unmittelbar im
geschäftlichen Verkehr genutzt worden sind; 1. b. wie viele Besucher seit Einstellen des Berichts über die Urteile
des LG Bielefeld Az. (…) und den damit verbundenen Links, die Urteile
und den Schriftsatz der Kläger vom 13.04.2006 auf den Internetseiten
unter (...) und (...) aufgerufen haben, 1. c. wie viele der Artikel über die oben angegebenen Internetseiten
weiter versendet wurden, insbesondere über die von dem Beklagten
angebotene Funktion "Artikel verschicken";
2. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, auf eigene Kosten und binnen
einer Frist von 4 Wochen nach Rechtskraft des Urteils im vorliegenden
Verfahren, und zwar über einen Zeitraum von 60 Tagen, das vollständige
Urteil dieses Verfahrens über die Internetseiten (...) und (...) in
gleichem Umfang und gleicher Platzierung zu veröffentlichen, wie der
Beklagte zu 1. dies bzgl. der hier zu unterlassenden Handlungen getan
hat. Er muss hierbei die Funktionen wie "Artikel drucken" und
"Artikel verschicken" ebenfalls vollumfänglich ermöglichen;
3. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, den Klägern Auskunft über den
Umfang der bisherigen Benutzung folgender im Unterlassungsantrag
beschriebener Handlung "die Urteile des LG Bielefeld, Az. (…), sowie
den Schriftsatz der Rücknahme der Berufung der Kanzlei (...) vom
13.04.2006 zum Az. (…) zu veröffentlichen und/oder zum Download zur
Verfügung zu stellen, bei dem nicht jegliche Hinweise auf die o.a.
Anwälte und die Kanzlei geschwärzt sind." zu erteilen,
hilfsweise
durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Beklagten zu 3.;
4. den Beklagten zu 3. zu verurteilen, bei Meidung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250 000,00 EUR,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu
insgesamt 2 Jahren, es zu unterlassen, die Urteile des LG Bielefeld, Az.
(…), sowie den Schriftsatz zur Rücknahme der Berufung der Kanzlei (...)
vom 13.04.2006 zum Az. (…) zu veröffentlichen und/oder zum Download zu
Verfügung zu stellen, bei dem nicht jegliche Hinweise auf die o.a.
Kanzlei und die Anwälte geschwärzt sind; 5. die Beklagten zu 2. und 3. zu verpflichten,
5. a. die Veröffentlichung des vollständigen Urteils durch den Beklagten
zu 1. auf dessen Internetseiten (...) und (...), wie unter 2. beantragt,
zu dulden und 5. b. auf eigene Kosten, binnen einer Frist von 4 Wochen nach
Rechtskraft des Urteils im vorliegenden Verfahren, und zwar über einen
Zeitraum von 60 Tagen, das vollständige Urteil dieses Verfahrens über
die Internetseite (...) der Beklagten zu 2. in gleichem Umfang und in
gleicher Platzierung zu veröffentlichen, wie die Beklagten zu 2. und 3.
dies bzgl. der hier zu unterlassenden Handlung getan haben;
6. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, den Klägern einen Betrag in Höhe
von 239,70 EUR zu zahlen;
7. die Beklagten zu 2. und 3. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den
Klägern einen Betrag in Höhe von 239,70 EUR zu zahlen;
8. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet
sind, den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesen aus den in
den Unterlassungsanträgen beschriebenen, und unter den Punkten 1a) und
3. des Klageantrags zitierten Handlungen bereits entstanden sind, oder
entstehen werden. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und
Vertiefung ihres Vortrags.
Der Beklagte zu 1) meint, die Kläger seien
durch das angegriffene Verhalten weder an den Pranger gestellt worden
noch sonst in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt worden. Dazu
verweist er unter Vorlage seiner Startseite auf die gestaffelte
Wahrnehmung bei der Benutzung des Internets. Zu den Klägern komme man
danach erst auf der dritten Ebene, die von dramatisch weniger Usern
besucht würden, als dies bei der ersten und auch noch der zweiten Ebene
der Fall sei. Die Kläger seien nach ihrer eigenen Einschätzung eine sehr bekannte
Medienrechts-Kanzlei. Das bedeute aber, dass die Kläger ständig mit
ihren Namen und ihren Kanzleidaten an eine Vielzahl von Personen
heranträten. Hier sei durch die Veröffentlichung demgegenüber nur die
Individualsphäre betroffen. Das Recht einer Privatperson auf
informationelle Selbstbestimmung sei nicht betroffen.
Die Beklagten zu 2) und zu 3) meinen, dass hier nur die allgemeine
Individualsphäre der Kläger betroffen sei und dass eine Abwägung der
maßgeblichen Umstände zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gelangt
sei, dass keine Persönlichkeitsverletzung der Kläger vorliege. Das
Landgericht habe in zutreffender Weise hervorgehoben, dass die Kläger
gar keinem schwerwiegenden Eingriff ausgesetzt gewesen seien. Irgendein
Werturteil oder gar eine Schmähkritik hinsichtlich der Kläger sei nicht
erfolgt. Ihre bloße Erkennbarkeit in den ungeschwärzten Urteilen und dem
Briefkopf stelle eine denkbar neutrale Erwähnung dar, die nicht zu
beanstanden sei. Weder seien inhaltlich unzutreffende Informationen noch herabsetzende
Wertungen in Bezug auf die Kläger veröffentlicht worden. Eine Haftung
der Beklagten zu 2) und zu 3) sei auch deshalb nicht begründet, weil sie
lediglich zutreffende Informationen an die Presse weitergeleitet und
keinen Anlass gehabt hätten anzunehmen, dass der Beklagte zu 1) die
Urteile ungeschwärzt veröffentlichen würde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Sie haben gegen die Beklagten nicht aus §§ 823 I, 1004 BGB oder aus
anderen Rechtsgründen die geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts-,
Veröffentlichungs-, Zahlungs- und Feststellungsansprüche. Es fehlt
bereits an einer relevanten Rechtsverletzung zu Lasten Kläger.
Fehlendes Rechtsschutzinteresse wegen eines Zuwartens von rund 6 Monaten
bis zur gerichtlichen Geltendmachung steht der Anspruchsdurchsetzung
zunächst nicht entgegen. Entsprechendes gilt für den Gesichtspunkt einer
rechtsmissbräuchlichen Klagenaufspaltung. Insoweit wird auf die
zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils unter Ziff. 1 (S. 7)
Bezug genommen.
Ansprüche aus UWG, so aus §§ 8 I, III Nr. 1; 3; 4 Nr. 7, wie dies vom
Landgericht erörtert worden ist, scheiden von vornherein aus, weil
zwischen den Parteien kein Wettbewerbsverhältnis besteht.
Es besteht keine Haftung der Beklagten aus §§ 823 I, 1004 BGB unter dem
Gesichtspunkt eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb der Kläger. Ein solcher Anspruch setzt einen
betriebsbezogenen Eingriff, d.h. eine unmittelbare Beeinträchtigung des
Gewerbebetriebes als solchem voraus. Der Eingriff muss sich spezifisch
gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische
Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder
sozial übliche Behinderung hinausgehen (BGH NJW 2003, 1040; 2004, 356;
Palandt-Sprau, 66. Aufl. 2007, § 823 Rn. 128 f.m.w.N.). Bloß mittelbare
Beeinträchtigungen oder auch allgemeine Kritik sind hierfür
grundsätzlich nicht ausreichend. Vorliegend richteten sich die Kritik und die Veröffentlichung von Seiten
der Beklagten jedoch allein gegen die vertretene und unterlegene Partei,
nämlich die (...), der unlautere Praktiken vorgeworfen wurden. Die
Namensnennung der klägerischen Anwälte in den verlinkten Urteilen und
ihrem Rücknahmeschriftsatz ist dabei, zumal auch in dem diesbezüglichen
Bericht (Anl. B 1) von ihnen keinerlei Rede ist, allenfalls
nebensächlich erfolgt. Die Veröffentlichungen trafen die Kläger insoweit
in nicht relevanter Weise allenfalls mittelbar. Von einem
zielgerichteten Eingriff gegen ihren "Betrieb" kann keine Rede
sein.
Die Kläger sind durch die ungeschwärzten Veröffentlichungen ebenfalls
nicht in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Eine solche Verletzung
ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils zu verneinen.
Es fehlt bereits an dem entsprechenden Eingriffstatbestand.
Es mag zwar allenfalls mittelbar wiederum zutreffen, dass die Kläger als
Prozessbevollmächtigte der (...), der vorsätzliche Täuschungen der
Verbraucher (Verfahren LG Bielefeld (...)) und eine Irreführung über die
Qualität ihrer Lieferungen (Verfahren LG Bielefeld (...)) vorgeworfen
wurden, mit der Veröffentlichung der verloren gegangenen Verfahren und
des Rücknahmeschriftsatzes mit in ein schlechtes Licht gerückt werden
könnten, weil es sich zweifelsohne insbesondere gegenüber potentiellen
Mandanten günstiger darstellt, wenn gewonnene Prozesse publik gemacht
werden, und umgekehrt negative Ergebnisse jedenfalls unreflektiert auf
die Beurteilung auch der Leistungen der Anwälte durchschlagen könnten.
Indes kann eine derartige "Beeinträchtigung", die im Rahmen einer
üblichen Interessenwahrnehmung erfolgt ist, keineswegs als ausreichend
angesehen werden, um eine erhebliche Verletzung der
Persönlichkeitsrechte der Kläger bejahen zu können. Dies gilt für alle 3
hier verklagten Störer, nämlich für die Beklagten zu 2) und zu 3), die
die fraglichen Dokumente an den Beklagten zu 1) weitergegeben haben, wie
auch für letzteren, der den beanstandeten Bericht gefertigt und die
Verlinkung hierzu geschaffen hat.
Der Schutzumfang des Persönlichkeitsrechts hängt maßgeblich von der Art
der beeinträchtigten Persönlichkeitssphäre ab. Die Intim- oder
Privatsphäre der Kläger war hier ersichtlich nicht betroffen, sondern
vielmehr allein die sog. Individualsphäre in ihren beruflichen
Ausprägungen. Diese schützt das Selbstbestimmungsrecht und bewahrt die
persönliche Eigenart des Menschen in seinen Beziehungen zur Umwelt
(Sozialsphäre), seinem öffentlichen, wirtschaftlichen, beruflichen
Wirken. Der Persönlichkeitsschutz verbietet hier jedenfalls
schwerwiegende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht, insbesondere durch
Stigmatisierung und Ausgrenzung (BGH NJW 2005, 592; Palandt-Sprau, a.a.O.,
§ 823 Rn. 87, 118 m.w.N.). Betroffen war in diesem Zusammenhang allein das berufliche Umfeld der
Kläger, also ein Bereich, in dem sich ihre persönliche Entfaltung von
vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht, und zwar zudem nur in
einem Bereich, der ohnehin in einem bestimmten Rahmen ohnehin mit einem
öffentlichen Auftreten als Rechtsvertreter der Partei verbunden ist.
Eine derartig schwerwiegende Auswirkung vergleichbar mit einer
Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung ist im vorliegenden Fall
insofern nicht gegeben. a) Eine Anprangerung der Kläger selbst, eine Schmähkritik diesen
gegenüber o.ä. liegt gerade nicht vor.
Die bloße Nennung in den Urteilen
und nicht zuletzt in dem Briefkopf des Rücknahmeschriftsatzes gestaltet
sich bei nüchterner Betrachtung als überaus neutral. Die Mitteilung der
klägerischen Personen erfolgt in einer Art und Weise, wie Anwälte
laufend nach außen hin in Erscheinung treten. Auch wenn es, wie von den Klägern gerügt, überflüssig gewesen sein mag,
die ungeschwärzten Dokumente mit ihren Namen zu offenbaren, um über die
zugrunde liegenden Geschehnisse zu berichten und gegebenenfalls auf
diese Weise die Mandantin (deren Beeinträchtigung von der der Anwälte
deutlich zu trennen ist) bloßzustellen, und auch wenn die Kläger als die
Anwälte erscheinen, die in diesen Entscheidungen auf der Verliererseite
stehen, stellt sich diese allein mittelbare, letztlich nur beiläufige
und der Gewichtung nach geringfügige Beeinträchtigung nicht als im
obigen Sinne ausreichend und erheblich dar. Bei den veröffentlichten
Urteilen und dem Schriftsatzes handelte es sich nämlich gerade um die
Mitteilung wahrer Tatsachen, die sich jedenfalls in Bezug auf die Kläger
jedenfalls nicht als ehrenrührig darstellte. Ihnen gegenüber wurde durch die Nennung ihrer Namen und Daten überhaupt
kein Vorwurf eines fehlerhaften, verwerflichen oder sonst
missbräuchlichen Verhaltens erhoben. Der zugehörige Bericht über die
diesbezüglichen "Wettbewerbsprozesse unter Tintenhändlern" und
die erwähnten Täuschungsvorwürfe betrafen allein die Mandantschaft,
weder direkt noch mittelbar daneben die Anwälte. Der weitere Umstand,
dass die Anwälte möglicherweise mit als Verlierer dastehen, was ihrer
Reputation aus Sicht Dritter nicht unbedingt förderlich sein mag, ist im
Übrigen nichts Ungewöhnliches und Ehrenrühriges, zumal in
Anwaltsprozessen in Zivilsachen immer 50 % der Parteien, vertreten durch
ihre Anwälte, verlieren und ein verlorener Prozess nicht gleichzeitig
auch eine Bloßstellung oder Diffamierung des Anwalts bedeutet. Die ungeschwärzte Mitteilung über die - zutreffenden -Entscheidungen
über die beanstandete Verlinkung ist von der Mitteilungs- und
Meinungsfreiheit der Mitteilenden, Art. 5 I GG, noch gedeckt. Dabei ist
nicht vonnöten, dass ausschließlich sachlich begründete Äußerungen
getätigt werden.
Eine Verpflichtung, überflüssige Umstände nicht zu
offenbaren, ist nicht begründet. b) Alsdann kann das Recht der Kläger an der Wahrung ihrer Persönlichkeit
im Rahmen einer Abwägung auch nicht höher bewertet werden als das
grundsätzlich ebenso bestehende Informationsinteresse der Öffentlichkeit
an der Mitteilung einschlägiger Gerichtsentscheidungen, so dass
jedenfalls die Kläger als die prozessvertretenden Anwälte aus eigenem
Recht keine entsprechenden Unterlassungs- und Folgeansprüche gegen die
Beklagten haben. Als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist
zwar jedenfalls innerhalb der eigenen Privatsphäre das Recht auf
Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen
Lebenssachverhalten anerkannt. Dieses Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" stellt sich
als die Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu
entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen
Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. BVerfGE 65, 1, 41ff;
72, 155, 170; 78, 77, 84). Auch dieses Recht ist aber nicht schrankenlos
gewährleistet. Der einzelne hat, weil er seine Persönlichkeit innerhalb
der sozialen Gemeinschaft entfaltet, keine absolute, uneingeschränkte
Herrschaft über "seine" Daten. In dieser stellt aber die
Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der
sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein
zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft
im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu
entscheiden. Deshalb muss der einzelne grundsätzlich auch
Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden
Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung
zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn
rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl.
BVerfGE 65, 1, 43 ff.; 78, 77, 85 ff.; BGH NJW 1991, 1532). Vorliegend aber ist, wie oben bereits ausgeführt wurde, nicht die engere
Privatsphäre der Kläger berührt, sondern allenfalls ihre berufliche
Sphäre, mit der sie, zumindest im Rahmen der Rechtsvertretung, der
zugrunde liegenden Gerichtsverhandlungen und in den Urteilsdokumenten
bereits öffentlich in Erscheinung getreten sind. Die in Betracht
kommenden Beeinträchtigungen für die Kläger stellen sich dabei aus
objektiver Sicht als derart gering dar, dass die zudem wahre Darstellung
der Sachverhalte von einer berechtigten Meinungsäußerung der Beklagten
als gedeckt anzusehen und unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände
noch als zumutbar hinzunehmen ist. c) Die von den Klägern für ihre Auffassung angeführte Entscheidung KG,
Urt.v. 30.01.2007, Az. 9 U 131/06, gebietet demgegenüber keine andere
Beurteilung, und zwar schon deshalb, weil es dort um einen nicht
vergleichbaren Fall ging, nämlich einerseits um die Mitteilung der
Prozessparteien (und nicht bloß der beteiligten Anwälte) und
andererseits gerade um eine Auseinandersetzung aus dem Bereich der
Privatsphäre, bei der entsprechend höhere Anforderungen an die
Rechtfertigung etwaiger Eingriffe zu stellen sind. Ebenso wenig ist hierdurch die Berufsfreiheit der Kläger in einer nicht
zu rechtfertigenden Weise tangiert. Es ist in keiner Weise ersichtlich,
dass die Beklagten im Streitfall störend in die Funktion oder
Organisation der klägerischen Kanzlei eingegriffen haben.
Mangels maßgeblicher Verletzung der Rechtsgüter der Kläger scheiden die
weitergehend geltend gemachten Unterlassungsansprüche (gegen den
Beklagten zu 3) wie auch die hieraus hergeleiteten Folgeansprüche, die
Gegenstand der Anträge zu 1) bis 8) sind, aus. Auf die weiteren, hier in
Streit stehenden Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich der verschiedenen
Klageansprüche kommt es nicht mehr an.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10
ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 I ZPO.
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 28.01.08
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