FIDURA Vermögensbildungs- und
Absicherungsfonds GmbH & Co. KG u.a.
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigte
RA Buse pp.
RA Wüterich - Bruecker
gegen
Witt Nittel Rechtsanwälte GbR
- Antragsgegnerin -
Prozessbevollmächtigte
RA Witt & Mittel pp.
erkennt das
Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24, auf die mündliche
Verhandlung vom 02.03.2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
...,
...
für Recht:
I. Die einstweilige Verfügung vom 26. Januar
2007 wird aufgehoben und der ihr zugrundeliegende Antrag
zurückgewiesen.
II. Die
Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die
Kostenvollstreckung durch die Antragsgegner durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegner vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu
vollstreckenden Betrags leisten.
Tatbestand
Die Parteien streiten über
den Bestand der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 26.
Januar 2007, durch die den Antragsgegnern verboten worden
ist,
1. auf der von
ihnen betriebenen Internetseite die
Antragstellerinnen auf der Liste der Anlageprodukte
zu führen
2. - im Verhältnis
zur Antragstellerin zu 1. - zu verbreiten:
„W.N. RAe konnten
jetzt die erste außergerichtliche Rückabwicklung
einer Beteiligung an der F.V. GmbH & Co. KG
erreichen. Die Fondsgesellschaft entließ den
Mandanten aus der Beteiligung und erstattete den
eingezahlten Anlagebetrag."
Die Antragstellerinnen
vertreiben Fondsbeteiligungen. Die Antragsgegnerin zu 1.
betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei, die Antragsgegner zu 2.
und 3. sind in dieser tätig. Die Antragsgegnerin zu 1.
betreibt den Internetauftritt „ …“.
Auf diesem befindet sich
eine mit „Anlageprodukte" überschriebene Liste mit Namen
(Anlage Ast 3), in deren Vorspruch es heißt:
„Mit zahlreichen
Anbietern von Kapitalanlagen und deren Produkten
haben wir uns bereits für unsere Mandanten
auseinandergesetzt und verfügen über entsprechende
Informationen und Erfahrungen. Einige davon haben
wir nachfolgend aufgeführt. Die Nennung besagt dabei
nichts über die Qualität des jeweiligen Anbieters
oder Produkts.
Durch Anklicken
der einzelnen Begriffe gelangen Sie zu Seiten mit
Informationen, insbesondere über rechtlich relevante
Fragen rund um das jeweilige Anlageprodukt
beziehungsweise den Anbieter."
In dieser Liste befanden
sich die Namen der Antragstellerinnen, klickte man diese an,
wurde man zu folgendem Eintrag geleitet (Anlage Ast 4):
F. R. Fonds
F. V. fonds
Erhebliche Prospektfehler - Erste
Rückabwicklung einer Beteiligung erreicht …
Die Prospekte der F.P.
Fonds weisen nach unserer Analyse erhebliche
Prospektfehler
auf. Werden derartig fehlerhafte Prospekte im Rahmen der
Anlageberatung verwandt, haften die Anlageberater sowie die
Initiatoren, die F.C. GmbH sowie deren geschäftsführender
Gesellschafter R. den Anlegern auf Schadensersatz. W.N. RAe
konnten jetzt die erste außergerichtliche Rückabwicklung
einer Beteiligung an der F.V. GmbH & Co. KG erreichen. Die
Fondsgesellschaft entließ den Mandanten aus der Beteiligung
und erstattete den eingezahlten Anlagebetrag.
F. –Anleger sollten ihre
rechtlichen Möglichkeiten von einem erfahrenen Anwalt prüfen
lassen.
Die Fachpresse über F.
Fonds
„Nach Ansicht von
fondstelegramm
ist es vollkommen eindeutig, dass über eine
Provisionszahlung aus einer Versicherung und deren Höhe im
Prospekt aufgeklärt werden muss. Wie ein Prospektgutachter
und ein Rechtsanwalt hier eine andere Meinung vertreten
kann, ist nur sehr schwer nachvollziehbar."
(S. in
fondstelegramm am …)
„Mit der Kritik, dass ein
Teil der Weichkosten im Prospekt des F.V. fonds
nicht transparent aufgeschlüsselt sind, hatte, … die F.
bereits in der Ausgabe … konfrontiert, worauf F. Besserung
gelobte (vgl. „…“).“
Am 18. August diesen
Jahrs berichtete … G. in seinem Anlegerschutzbrief „DIREKTER
ANLEGERSCHUTZ" über F.: "Hohe, nicht prospektierte
Kick-back-Zahlungen von S. und C. an die
Konzeptionsgesellschaft des Initiators … R./Rechtliche
Untersuchung eingeleitet. /Zwei Prospektnachträge fehlen auf
der Website des Hauptvertriebes Fonds Finanz – per Nachtrag
bereits verlängerte Zeichnungsfrist …06 ist abgelaufen.
/Fonds trotzdem weiter im Vertrieb. / Die
Weichkostenstruktur ist entgegen der Vorgabe der
BGH-Rechtsprechung nicht "ohne weiteres" erkennbar. /
Interessenkonflikt-Risiko zwischen R. und der R. Ehefrau W.
nicht prospektiert."
„F: Die Grenze des
gesunden Menschenverstandes lotet F. aus. Kritik entzündete
sich an deren Direktfonds mit Kapitalsicherungskomponente.
Fondswächter wie G. N. oder L. sehen schon im Prospekt
Falschinformationen und Haftungspotentiale durch „hohe, im
Prospekt nicht ausgewiesene Kick-back-Zahlungen“ (G.) der
Versicherungen. „Der Immobilienbrief“ steht bereits der
Fondskonstruktion intellektuell hilflos gegenüber. F.
verspricht mit Private Equity Direktinvestments mit „hohen
Renditepotenzialen“ – naturgemäß also auch Risikopotentialen
– dem (Sparplan-)Anleger neben einer „attraktiven Rendite
von bis zu 14% p.a.“(!) gleichzeitig eine
Kapitalsicherungskomponente, die in Zusammenarbeit mit
renommierten britischen Versicherungsgesellschaften
realisiert wird. Wahrlich: „eine ideale Lösung für den
Vermögensaufbau!“ (Zitate …)“ (Der Immobilienbrief Nr. ….)
„DIREKTER
ANLEGERSCHUTZ" veröffentlicht in seiner Ausgabe
vom 6. Oktober eine strafrechtliche Bewertung der nicht
ausgewiesenen Provisionszahlungen, die die F. C. GmbH von
Lebensversicherungen erhält durch Rechtsanwalt J. : „Nach
unserer Rechtsmeinung wird der Initiator dann dem
Untreueverdacht nach § 266 StGB ausgesetzt sein, wenn er
keine provisionsfreien Tarife wählt stattdessen aber teure
provisionspflichtige Tarif abschließt, aus denen Provisionen
in seinen wirtschaftlichen Interessenbereich fließen, ohne
dass die Anleger darüber aufgeklärt werden.
Rechtsanwalt … T.
bestätigt gegenüber DIREKTER ANLEGERSCHUTZ
(Ausgabe …) die Anwendbarkeit des von ihm erstrittenen
kick-back-Urteils des BGH auf die verdeckten
Provisionszahlungen von Lebensversicherungen an die F. C.
GmbH. Er schreibt: „Der Emittent F. V. GmbH & Co. KG
investiere einen Teil der Fondsgelder in eine englische
Lebensversicherung. Diese sei mit einem
provisionspflichtigen Tarif ausgestaltet. Teile dieser
Provisionen würden zwar nicht an den Emittent, wohl aber an
den Anbieter (Initiator) fließen, die F. C. GmbH. Die
Richtigkeit dieses Sachverhaltes unterstellt bin ich der
festen rechtlichen Überzeugung, dass dieser Fall unter die
vom OLG Stuttgart - und vom BGH bestätigte - Fallgruppe von
kick-back fällt."
>
Prospektfehler bei F.-Fonds
Ansprechpartner N. …“
Die Antragstellerinnen
mochten die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen nicht
hinnehmen und erwirkten nach ergebnisloser Abmahnung die
einstweilige Verfügung der Kammer, gegen die sich der
Widerspruch der Antragsgegner richtet.
Die Antragsgegner sind
der Auffassung, dass der von der Kammer erlassene Beschluss
den Verfügungsanträgen nicht kongruent sei. Sie sind der
Auffassung, dass die Antragstellerinnen die Grenzen der
Eilbedürftigkeit nicht gewahrt hätten. Sie meinen weiter,
dass die Verbreitung der beanstandeten Äußerung rechtmäßig
sei.
Die Antragsgegner
beantragen,
die einstweilige
Verfügung aufzuheben und den ihr zugrunde liegenden
Antrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerinnen
beantragen,
die einstweilige
Verfügung zu bestätigen.
Die Antragsgegnerinnen
sind der Auffassung, dass die Verbreitung der angegriffenen
Äußerungen rechtswidrig sei. Die Grenzen der
Eilbedürftigkeit sehen sie als gewahrt an.
Wegen der Einzelheiten
wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen, das Protokoll des Termins zur mündlichen
Verhandlung am 2. März 2007 und die Ausführungen in den
Entscheidungsgründen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die einstweilige Verfügung war auf den von
den Antragsgegnern eingelegten Widerspruch unter
Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags
aufzuheben. Es kann aufgrund des Ergebnisses der Verhandlung
im Widerspruchsverfahren nicht davon ausgegangen werden,
dass die Voraussetzungen, unter denen nach §§ 935, 940 ZPO
eine einstweilige Verfügung erlassen werden darf, vorliegen.
Zu diesen Voraussetzungen gehört nach § 940 ZPO, dass die
begehrte Anordnung als „nötig“ erscheint. Dieses Merkmal der
gesetzlichen Regelung umfasst auch die Eilbedürftigkeit der
begehrten Regelung. An dieser fehlt es insbesondere dann,
wenn der Antragsteller – mag ursprünglich auch ein
Regelungsbedürfnis bestanden haben - lange zugewartet hat,
bevor er die einstweilige Verfügung beantragt (s. z.B. OLG
Karlsruhe, Beschl. v. 5.5.1993, GRUR 1993, S. 697;
Vollkommer in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 940 Rdnr. 4 m.w.N.).
Die Kammer geht - in Obereinstimmung mit dem 7. Zivilsenat
des Hanseatischen Oberlandesgerichts - davon aus, dass der
Zeitraum, nach dessen Ablauf eine Angelegenheit
typischerweise nicht mehr als eilbedürftig angesehen werden
kann fünf Wochen ab Kenntniserlangung des Betroffenen von
der gerügten Verletzungshandlung beträgt. Dieser Zeitraum
ist in der Regel für den Betroffenen als ausreichend
anzusehen, um sich über die Bedeutung der Verletzung klar zu
werden, Rechtsrat einzuholen, den Verletzer zur Unterlassung
seines Verhaltens aufzufordern und bei Fruchtlosigkeit
dieser Aufforderung die Hilfe des Gerichts anzurufen.
Unterbleibt dies innerhalb dieser Frist, kann für den
Regelfall davon ausgegangen werden, dass der Betroffene
selbst die Rechtsverletzung nicht als so schwer wiegend
angesehen hat, dass ein Eilverfahren statt mit den allgemein
vorgesehenen Rechtsbehelfen gegen die gerügte
Rechtsverletzung vorgegangen werden müsste. Diese Frist
haben die Antragstellerinnen nicht eingehalten.
Der Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung ist am 22. Dezember 2006 bei
Gericht eingegangen. Die Antragstellerinnen haben zwar unter
Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihres
Geschäftsführers Re. vom 12. Dezember 2006 (Anlage Ast 9)
vorgetragen, dass dieser am 28. November 2006 erstmals
Kenntnis davon erlangt habe, dass auf der Internetseite …
die angegriffenen Inhalte verbreitet würden. Auf den Hinweis
der Antragsgegner darauf, dass die „F.C. GmbH" auf eine
Pressemitteilung der Antragsgegner vom 6. November 2006
(Anlage Ag 15), die bereits die mit dem Verfügungsantrag zu
2. angegriffene Äußerung enthielt, schon vor diesem Datum
reagiert habe, nämlich mit einer Pressemitteilung vom 16.
November 2006 (Anlage Ag 14). haben die Antragstellerinnen
im Schriftsatz vom 27. Februar 2007 eingeräumt, dass diese
Pressemitteilung von ihrem Geschäftsführer Re. am 15.
November 2007 verfasst worden ist. Damit aber haben die
Antragstellerinnen über ihren Geschäftsführer seit
spätestens dem 15. November 2007 und damit mehr als fünf
Wochen vor dem Eingang ihres Verfügungsantrages bei Gericht
Kenntnis davon gehabt, dass die Antragsgegner die
beanstandete Mitteilung verbreiten; denn entscheidend für
die Frage, ob Dringlichkeit gegeben ist, ist der Moment, zu
dem der Betroffene erfährt, dass der Verbreiter die
beanstandete Äußerung aufgestellt oder verbreitet hat, nicht
der Moment, zu dem er Kenntnis von sämtlichen Wegen hat, auf
denen der Verbreiter seine Äußerung verbreitet.
Die Antragstellerinnen
müssen sich im Übrigen die Kenntnis der „F.C. GmbH“ vom
Inhalt des Internetauftritts der Antragsgegner zurechnen
lassen müssen, die die „F.C. GmbH" schon seit mindestens
September 22006 gehabt hat, wie sich aus der Abmahnung
dieser Gesellschaft vom 15. September 2006 und dem
anschließenden Verfügungsverfahren (Anlagen Ag 3 bis Ag 5)
ergibt. Es handelt sich bei diesen Gesellschaften zwar um
jeweils eigene Juristische Personen, die auch nicht
durchgehend über das gleiche Leitungspersonal verfügen,
indem Geschäftsführer der „F.C. GmbH" nicht Re., sondern …R.
ist. Es sind aber besondere Umstände gegeben, die dazu
führen, dass die Kenntnis der „F. C. GmbH" wie eine eigene
Kenntnis der Antragstellerinnen dieses Verfahrens zu
behandeln ist. Denn auf die öffentlichen Angriffe der
Antragsgegner gegen de Antragstellerinnen, die u.a. mit der
Pressemitteilung vom 6. November 2006 (Anlage Ag 15) erfolgt
sind, haben nicht die Antragstellerinnen, sondern es hat die
„F.C. GmbH" unter dem Namenszug aller „F."-Gesellschaften
öffentlich geantwortet, so neben der bereits erwähnten
Pressemitteilung vom 16. November 2006 (Anlage Ag 14) auch
mit einer Pressemitteilung vom 9. November 2006 (Anlage Ag
16). Damit haben die Antragstellerinnen die „F.C. GmbH" in
den sie betreffenden öffentlichen Auseinandersetzungen als
Vertreterin aller Gesellschaften der „F."-Gruppe auftreten
lassen. Aus dem Gesichtspunkt des § 166 Abs. 1 BGB müssen
sie sich dann aber auch die Kenntnisse, die die „F.C. GmbH"
über Äußerungen erlangt, die sich auf die Antragstellerinnen
beziehen, als eigene Kenntnis zurechnen lassen.
II.
Darauf, ob die geltend
gemachten Verfügungsansprüche der Sache nach bestehen, kommt
es demnach nicht an.
III.
Die Kostenentscheidung
folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 6, 711 Satz 1 und 2
ZPO.
Buske ...
....
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 10.05.08 Impressum