Buskeismus


Home    Sitemap

 

Landgericht Hamburg

URTEIL

Im Namen des Volkes

Geschäfts-Nr.
324 O 972/06
 
Verkündet am:
23.03.2007
In der Sache

FIDURA Vermögensbildungs- und Absicherungsfonds GmbH & Co. KG u.a.

 
  - Antragsteller -
 
Prozessbevollmächtigte RA Buse pp.
RA Wüterich - Bruecker
 
gegen
 
Witt Nittel Rechtsanwälte GbR  
  - Antragsgegnerin -
 
Prozessbevollmächtigte RA Witt & Mittel pp.
   

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24, auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
...,
...

für Recht:
 

I. Die einstweilige Verfügung vom 26. Januar 2007 wird aufgehoben und der ihr zugrundeliegende Antrag zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Kostenvollstreckung durch die Antragsgegner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 26. Januar 2007, durch die den Antragsgegnern verboten worden ist,

1. auf der von ihnen betriebenen Internetseite die Antragstellerinnen auf der Liste der Anlageprodukte zu führen

2. - im Verhältnis zur Antragstellerin zu 1. - zu verbreiten:

„W.N. RAe konnten jetzt die erste außergerichtliche Rückabwicklung einer Beteiligung an der F.V. GmbH & Co. KG erreichen. Die Fondsgesellschaft entließ den Mandanten aus der Beteiligung und erstattete den eingezahlten Anlagebetrag."

Die Antragstellerinnen vertreiben Fondsbeteiligungen. Die Antragsgegnerin zu 1. betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei, die Antragsgegner zu 2. und 3. sind in dieser tätig. Die Antragsgegnerin zu 1. betreibt den Internetauftritt „ …“.

Auf diesem befindet sich eine mit „Anlageprodukte" überschriebene Liste mit Namen (Anlage Ast 3), in deren Vorspruch es heißt:

„Mit zahlreichen Anbietern von Kapitalanlagen und deren Produkten haben wir uns bereits für unsere Mandanten auseinandergesetzt und verfügen über entsprechende Informationen und Erfahrungen. Einige davon haben wir nachfolgend aufgeführt. Die Nennung besagt dabei nichts über die Qualität des jeweiligen Anbieters oder Produkts.

Durch Anklicken der einzelnen Begriffe gelangen Sie zu Seiten mit Informationen, insbesondere über rechtlich relevante Fragen rund um das jeweilige Anlageprodukt beziehungsweise den Anbieter."

In dieser Liste befanden sich die Namen der Antragstellerinnen, klickte man diese an, wurde man zu folgendem Eintrag geleitet (Anlage Ast 4):

F. R. Fonds
F. V. fonds
Erhebliche Prospektfehler - Erste Rückabwicklung einer Beteiligung erreicht …

Die Prospekte der F.P. Fonds weisen nach unserer Analyse erhebliche Prospektfehler auf. Werden derartig fehlerhafte Prospekte im Rahmen der Anlageberatung verwandt, haften die Anlageberater sowie die Initiatoren, die F.C. GmbH sowie deren geschäftsführender Gesellschafter R. den Anlegern auf Schadensersatz. W.N. RAe konnten jetzt die erste außergerichtliche Rückabwicklung einer Beteiligung an der F.V. GmbH & Co. KG erreichen. Die Fondsgesellschaft entließ den Mandanten aus der Beteiligung und erstattete den eingezahlten Anlagebetrag.

F. –Anleger sollten ihre rechtlichen Möglichkeiten von einem erfahrenen Anwalt prüfen lassen.

Die Fachpresse über F. Fonds

„Nach Ansicht von fondstelegramm ist es vollkommen eindeutig, dass über eine Provisionszahlung aus einer Versicherung und deren Höhe im Prospekt aufgeklärt werden muss. Wie ein Prospektgutachter und ein Rechtsanwalt hier eine andere Meinung vertreten kann, ist nur sehr schwer nachvollziehbar."

(S. in fondstelegramm am …)

„Mit der Kritik, dass ein Teil der Weichkosten im Prospekt des F.V. fonds nicht transparent aufgeschlüsselt sind, hatte, … die F. bereits in der Ausgabe … konfrontiert, worauf F. Besserung gelobte (vgl. „…“).“

Am 18. August diesen Jahrs berichtete … G. in seinem Anlegerschutzbrief „DIREKTER ANLEGERSCHUTZ" über F.: "Hohe, nicht prospektierte Kick-back-Zahlungen von S. und C. an die Konzeptionsgesellschaft des Initiators … R./Rechtliche Untersuchung eingeleitet. /Zwei Prospektnachträge fehlen auf der Website des Hauptvertriebes Fonds Finanz – per Nachtrag bereits verlängerte Zeichnungsfrist …06 ist abgelaufen. /Fonds trotzdem weiter im Vertrieb. / Die Weichkostenstruktur ist entgegen der Vorgabe der BGH-Rechtsprechung nicht "ohne weiteres" erkennbar. / Interessenkonflikt-Risiko zwischen R. und der R. Ehefrau W. nicht prospektiert."

„F: Die Grenze des gesunden Menschenverstandes lotet F. aus. Kritik entzündete sich an deren Direktfonds mit Kapitalsicherungskomponente. Fondswächter wie G. N. oder L. sehen schon im Prospekt Falschinformationen und Haftungspotentiale durch „hohe, im Prospekt nicht ausgewiesene Kick-back-Zahlungen“ (G.) der Versicherungen. „Der Immobilienbrief“ steht bereits der Fondskonstruktion intellektuell hilflos gegenüber. F. verspricht mit Private Equity Direktinvestments mit „hohen Renditepotenzialen“ – naturgemäß also auch Risikopotentialen – dem (Sparplan-)Anleger neben einer „attraktiven Rendite von bis zu 14% p.a.“(!) gleichzeitig eine Kapitalsicherungskomponente, die in Zusammenarbeit mit renommierten britischen Versicherungsgesellschaften realisiert wird. Wahrlich: „eine ideale Lösung für den Vermögensaufbau!“ (Zitate …)“ (Der Immobilienbrief Nr. ….)

DIREKTER ANLEGERSCHUTZ" veröffentlicht in seiner Ausgabe vom 6. Oktober eine strafrechtliche Bewertung der nicht ausgewiesenen Provisionszahlungen, die die F. C. GmbH von Lebensversicherungen erhält durch Rechtsanwalt J. : „Nach unserer Rechtsmeinung wird der Initiator dann dem Untreueverdacht nach § 266 StGB ausgesetzt sein, wenn er keine provisionsfreien Tarife wählt stattdessen aber teure provisionspflichtige Tarif abschließt, aus denen Provisionen in seinen wirtschaftlichen Interessenbereich fließen, ohne dass die Anleger darüber aufgeklärt werden.

Rechtsanwalt … T. bestätigt gegenüber DIREKTER ANLEGERSCHUTZ (Ausgabe …) die Anwendbarkeit des von ihm erstrittenen kick-back-Urteils des BGH auf die verdeckten Provisionszahlungen von Lebensversicherungen an die F. C. GmbH. Er schreibt: „Der Emittent F. V. GmbH & Co. KG investiere einen Teil der Fondsgelder in eine englische Lebensversicherung. Diese sei mit einem provisionspflichtigen Tarif ausgestaltet. Teile dieser Provisionen würden zwar nicht an den Emittent, wohl aber an den Anbieter (Initiator) fließen, die F. C. GmbH. Die Richtigkeit dieses Sachverhaltes unterstellt bin ich der festen rechtlichen Überzeugung, dass dieser Fall unter die vom OLG Stuttgart - und vom BGH bestätigte - Fallgruppe von kick-back fällt."

> Prospektfehler bei F.-Fonds

Ansprechpartner N. …“

Die Antragstellerinnen mochten die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen nicht hinnehmen und erwirkten nach ergebnisloser Abmahnung die einstweilige Verfügung der Kammer, gegen die sich der Widerspruch der Antragsgegner richtet.

Die Antragsgegner sind der Auffassung, dass der von der Kammer erlassene Beschluss den Verfügungsanträgen nicht kongruent sei. Sie sind der Auffassung, dass die Antragstellerinnen die Grenzen der Eilbedürftigkeit nicht gewahrt hätten. Sie meinen weiter, dass die Verbreitung der beanstandeten Äußerung rechtmäßig sei.

Die Antragsgegner beantragen,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den ihr zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragsgegnerinnen sind der Auffassung, dass die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen rechtswidrig sei. Die Grenzen der Eilbedürftigkeit sehen sie als gewahrt an.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll des Termins zur mündlichen Verhandlung am 2. März 2007 und die Ausführungen in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die einstweilige Verfügung war auf den von den Antragsgegnern eingelegten Widerspruch unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben. Es kann aufgrund des Ergebnisses der Verhandlung im Widerspruchsverfahren nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen, unter denen nach §§ 935, 940 ZPO eine einstweilige Verfügung erlassen werden darf, vorliegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört nach § 940 ZPO, dass die begehrte Anordnung als „nötig“ erscheint. Dieses Merkmal der gesetzlichen Regelung umfasst auch die Eilbedürftigkeit der begehrten Regelung. An dieser fehlt es insbesondere dann, wenn der Antragsteller – mag ursprünglich auch ein Regelungsbedürfnis bestanden haben - lange zugewartet hat, bevor er die einstweilige Verfügung beantragt (s. z.B. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.5.1993, GRUR 1993, S. 697; Vollkommer in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 940 Rdnr. 4 m.w.N.). Die Kammer geht - in Obereinstimmung mit dem 7. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts - davon aus, dass der Zeitraum, nach dessen Ablauf eine Angelegenheit typischerweise nicht mehr als eilbedürftig angesehen werden kann fünf Wochen ab Kenntniserlangung des Betroffenen von der gerügten Verletzungshandlung beträgt. Dieser Zeitraum ist in der Regel für den Betroffenen als ausreichend anzusehen, um sich über die Bedeutung der Verletzung klar zu werden, Rechtsrat einzuholen, den Verletzer zur Unterlassung seines Verhaltens aufzufordern und bei Fruchtlosigkeit dieser Aufforderung die Hilfe des Gerichts anzurufen. Unterbleibt dies innerhalb dieser Frist, kann für den Regelfall davon ausgegangen werden, dass der Betroffene selbst die Rechtsverletzung nicht als so schwer wiegend angesehen hat, dass ein Eilverfahren statt mit den allgemein vorgesehenen Rechtsbehelfen gegen die gerügte Rechtsverletzung vorgegangen werden müsste. Diese Frist haben die Antragstellerinnen nicht eingehalten.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist am 22. Dezember 2006 bei Gericht eingegangen. Die Antragstellerinnen haben zwar unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers Re. vom 12. Dezember 2006 (Anlage Ast 9) vorgetragen, dass dieser am 28. November 2006 erstmals Kenntnis davon erlangt habe, dass auf der Internetseite … die angegriffenen Inhalte verbreitet würden. Auf den Hinweis der Antragsgegner darauf, dass die „F.C. GmbH" auf eine Pressemitteilung der Antragsgegner vom 6. November 2006 (Anlage Ag 15), die bereits die mit dem Verfügungsantrag zu 2. angegriffene Äußerung enthielt, schon vor diesem Datum reagiert habe, nämlich mit einer Pressemitteilung vom 16. November 2006 (Anlage Ag 14). haben die Antragstellerinnen im Schriftsatz vom 27. Februar 2007 eingeräumt, dass diese Pressemitteilung von ihrem Geschäftsführer Re. am 15. November 2007 verfasst worden ist. Damit aber haben die Antragstellerinnen über ihren Geschäftsführer seit spätestens dem 15. November 2007 und damit mehr als fünf Wochen vor dem Eingang ihres Verfügungsantrages bei Gericht Kenntnis davon gehabt, dass die Antragsgegner die beanstandete Mitteilung verbreiten; denn entscheidend für die Frage, ob Dringlichkeit gegeben ist, ist der Moment, zu dem der Betroffene erfährt, dass der Verbreiter die beanstandete Äußerung aufgestellt oder verbreitet hat, nicht der Moment, zu dem er Kenntnis von sämtlichen Wegen hat, auf denen der Verbreiter seine Äußerung verbreitet.

Die Antragstellerinnen müssen sich im Übrigen die Kenntnis der „F.C. GmbH“ vom Inhalt des Internetauftritts der Antragsgegner zurechnen lassen müssen, die die „F.C. GmbH" schon seit mindestens September 22006 gehabt hat, wie sich aus der Abmahnung dieser Gesellschaft vom 15. September 2006 und dem anschließenden Verfügungsverfahren (Anlagen Ag 3 bis Ag 5) ergibt. Es handelt sich bei diesen Gesellschaften zwar um jeweils eigene Juristische Personen, die auch nicht durchgehend über das gleiche Leitungspersonal verfügen, indem Geschäftsführer der „F.C. GmbH" nicht Re., sondern …R. ist. Es sind aber besondere Umstände gegeben, die dazu führen, dass die Kenntnis der „F. C. GmbH" wie eine eigene Kenntnis der Antragstellerinnen dieses Verfahrens zu behandeln ist. Denn auf die öffentlichen Angriffe der Antragsgegner gegen de Antragstellerinnen, die u.a. mit der Pressemitteilung vom 6. November 2006 (Anlage Ag 15) erfolgt sind, haben nicht die Antragstellerinnen, sondern es hat die „F.C. GmbH" unter dem Namenszug aller „F."-Gesellschaften öffentlich geantwortet, so neben der bereits erwähnten Pressemitteilung vom 16. November 2006 (Anlage Ag 14) auch mit einer Pressemitteilung vom 9. November 2006 (Anlage Ag 16). Damit haben die Antragstellerinnen die „F.C. GmbH" in den sie betreffenden öffentlichen Auseinandersetzungen als Vertreterin aller Gesellschaften der „F."-Gruppe auftreten lassen. Aus dem Gesichtspunkt des § 166 Abs. 1 BGB müssen sie sich dann aber auch die Kenntnisse, die die „F.C. GmbH" über Äußerungen erlangt, die sich auf die Antragstellerinnen beziehen, als eigene Kenntnis zurechnen lassen.

II.

Darauf, ob die geltend gemachten Verfügungsansprüche der Sache nach bestehen, kommt es demnach nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 6, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Buske                                                  ...                                     ....

Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 10.05.08
Impressum