I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer
einstweiligen Verfügung, mit der es der Antragsgegnerin
untersagt werden soll, über den Antragsteller unter voller
Nennung seines Namens im Zusammenhang mit dem Mord an dem
Schauspieler „W. S.“ zu berichten. Der Antragsteller ist
1993 wegen Mordes an W.S. zu einer lebenslangen
Freiheitsstrafe verurteilt worden. Aufgrund dieser
Verurteilung befindet sich seither in Strafhaft. Der Kammer
ist aus dem Parallelverfahren 324 O 763/06 bekannt, dass der
Strafverteidiger des Antragstellers unter dem 15. April 2005
eine Pressemitteilung herausgab, wonach der Antragsteller
weiterhin ein Wiederaufnahmeverfahren betreibe; in dieser
Pressemitteilung heißt es u. a. : „Das S.-
Wiederaufnahmeverfahren wird in die nächste Runde gehen. …Es
handelt sich bereits um das dritte Wiederaufnahmeverfahren
der Brüder … und …“. Die Antragsgegnerin unterhält einen
Internetauftritt. Hier war ein auf den 15. Januar 2005
datierter ... enthalten, in dem über den Mord an W. S. berichtet
und mitgeteilt wurde, dass der – in dem Beitrag namentlich
genannte – Antragsteller wegen dieses Mordes verurteilt
worden war.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung ist nicht begründet. Dem
Antragsteller steht ein Anspruch auf Unterlassung einer
seinen Namen nennenden Berichterstattung über den Mord an W.
S. aus §§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in
Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht
zu.
Der Antragsteller geht zu Recht davon
aus, dass auch die Täter schwerer Straftaten bei Vorliegen
der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze (BVerfG,
Urt. v. 5.6.1973, BVerfGE 35, S. 202 ff, 233 ff. – Lebach)
aus ihrem über Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG
verfassungsrechtlich verankerten allgemeinen
Persönlichkeitsrecht einen Anspruch darauf haben können,
geraume Zeit nach der Tat von einer Berichterstattung
jedenfalls unter voller Nennung ihres Namens (vgl. dazu
BVerfG, Beschl. v. 25.11.1999, NJW 2000, S. 1859 ff, 1860 f.
– „Lebach II“) verschont zu bleiben. Ob ein solcher Anspruch
besteht, ist durch eine Abwägung der für und gegen eine
solche Berichterstattung streitenden Interessen des
betroffenen Täters einerseits und den ebenfalls, und zwar
über Art. 5 Abs. 1 GG, verfassungsrechtlich garantierten
Interessen des Publikationsorgans und der Öffentlichkeit an
umfassender Information andererseits zu ermitteln. Im Rahmen
dieser Abwägung ist bei einer Berichterstattung über Länger
zurück liegende Straftaten insbesondere zu berücksichtigen,
ob ein konkreter Anlass zu einer „Reaktualisierung“ der
Straftat des Betroffenen besteht (vgl. BVerfG, Beschl. v.
13.6.2006, NJW 2006, S. 2835 f., 2835).
Während hier zwar der lange Zeitablauf
seit der Verurteilung des Antragstellers sowie im Hinblick
auf eine etwaige künftige Resozialisierung die Möglichkeit,
dass er trotz seiner Verurteilung einmal wieder auf freien
Fuß gesetzt wird (dazu BVerfG, Beschl. v. 3.6.1992, NJW
1992, S. 2947 ff., 1948), dafür sprechen, ihm
Anonymitätsschutz zu gewähren, ist im vorliegenden Fall auch
ein starkes berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit und
der Antragsgegnerin gegeben, über den Mord an W.S. auch
unter Nennung des Namens des Antragstellers zu berichten.
Denn mit Verbreitung der Pressemitteilung des Verteidigers
des Antragstellers vom 15. April 2005 sind nicht nur die Tat
als solche, sondern auch der Name des Antragstellers als
einer der wegen der Tat verurteilten Personen der
Öffentlichkeit in Erinnerung gerufen worden. Dies begründet
auch dann ein berechtigtes Interesse daran, trotz der seit
der Verurteilung des Antragstellers vergangenen Zeitspanne
erneut (oder immer noch) unter Nennung seines Namens über
die ihm zugeschriebene Tat zu berichten, wenn er selbst die
Pressemitteilung nicht veranlasst und sie möglicherweise
noch nicht einmal gebilligt haben mag. Der Antragsteller
muss sich den Inhalt der Pressemitteilung seines
Verteidigers zurechnen lassen, da dieser sich in seiner
Eigenschaft als Verteidiger in dieser Sache an die
Öffentlichkeit gewendet hat; denn da es in dem im
Rechtsstaatgedanken wurzelnden Wesen der Tätigkeit des
Strafverteidigers liegt, dem beschuldigten Bürger als ein
rechtskundiger Berater und Helfer zur Verfügung zu stehen,
zu dem er Vertrauen haben darf und von dem er erwarten kann,
dass er seine Interessen frei und unabhängig von der
Einflussnahme dritter Stellen wahrnimmt (s. dazu BVerfG,
Beschl. v. 9.8.1995, NJW 1995, NJW 1996, S. 709 ff., 710),
erscheint der Strafverteidiger den Medien und der
Öffentlichkeit gegenüber in einem solchen Fall gleichsam als
Sprachrohr seines Mandanten. Unter Berücksichtigung dieses
sowie des weiteren Umstandes, dass das Interesse der
Öffentlichkeit an der Tat und auch und gerade an der Person
des Antragstellers nicht nur kurzfristig und punktuell in
einer dem Antragsteller zurechenbarer Weise wachgehalten
worden ist, sondern zudem dadurch, dass auch über
vorangegangene Bestrebungen des Antragstellers, eine
Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen, jeweils unter
Nennung des Namens des Antragstellers berichtet worden war,
muss die Abwägung der widerstreitenden Interessen im
vorliegenden Fall zugunsten der Antragsgegnerin ausgehen.
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der
Antragsteller oder sein Verteidiger die Öffentlichkeit mit
der Behauptung gesucht hat, er sei zu Unrecht verurteilt
worden; denn auch damit ist eben eine Tatsache publik
gemacht worden, die den Gegenstand der angegriffenen
Berichterstattung bildet, nämlich der Umstand, dass der
Antragsteller wegen eben dieser Tat verurteilt worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1
ZPO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO