Kommentar
Flunkerfürst
Landgericht Hamburg
U R T E I L
Im Namen des Volkes
Geschäfts-Nr.: 324 O 819/03
Verkündet am: 30.07.2004
xxxx, JAe als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Sache
xxxx Prinz zu xxxx
- Antragsteller -
Prozessbevollm?htigte
Rechtsanwälte xxxx pp-
Rothebaumchausee 43, 20148 Hamburg, Gz.
AVK-950-03/AVK
gegen
Ralf Möbius,
Wolfenbütteler Straße 1a, 30519 Hannover,
- Antragsgegner -
Prozesbevollmächtigter
Rechtsanwalt Ralf Möbius
Wolfenbütteler Straße 1a, 30519 Hannover,
erkennt das Landgericht Hamburg,
Zivilkammer 24
auf die mündliche Verhandlung vom 30.7.2004
durch
den vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Zink
den Richter Dr. Korte
für Recht:
I. Die einstweilige
Verfügung vom 1. Dezember 2003 wird bestätigt.
II. Der Antragsgegner hat auch die
weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Bestand der
einstweiligen Verfügung der Kammer vom 1.12.2003, mit der der
Antragsteller dem Antragsgegner Äußerungen hat untersagen lassen, die
dieser auf einer Internetseite verbreitet hatte.
Der Antragsteller führte vor dem Landgericht
Hamburg einen Prozeß um den von dem Mandanten Markus xxxx des
Antragsgegners angemeldeten Domainnamen "www.schaumburg-lippe.de" (Az. 315
O 377/03). In der dortigen Klagschrift vertrat der Prozeßevollmächtigte
des Antragstellers die Ansicht, daß eine "Second-Level-Domain" nur zwanzig
alphabetische Zeichen umfassen könnne; der Antragsgegner vertritt, dass
tatsächlich 63 Zeichen möglich seien. Der Antragsgegner verwendete danach
in Schriftsätzen in jenem Verfahren vom 12.9.2003 und vom 15.10.2003 im
Zusammenhang mit dem Antragsteller die Bezeichnungen "Flunkerfüst", "flunker-fuerst.de"
und "Schlitzohr"' (Anl ASt 2 und ASt 3). Diese Schreiben veröffentlichte
der Antragsgegner auch auf seiner Website "www.rechtsanwaltmoebius.de" (Anl
ASt 5).
Nach erfolgloser Abmahnung des Antragsgegners
erwirkte der Antragsteller die den Parteien bekannte einstweilige
Verfügung vom 1.12.2003, mit der dem Antragsgegner untersagt wurde, zwei
Passagen aus dem Schriftsatz vom 12.9.2003 gegenüber Dritten außerhalb des
Verfahrens 315 O 377/03, insbesondere auf der Website "www.rechtsanwalt-moebius.de"
zu verbreiten.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit
seinem am 8.6.2003 eingegangenen Widerspruch vom 29.3.2003. Zur Begründung
trägt er u.a. vor, dass ihm die einstweilige Verfügung nicht wirksam
zugestellt worden sei, da die Zustellung nur per Postzustellung in Form
einer vom Gerichtsvollzieher beglaubigten Kopie statt in Form einer
Ausfertigung erfolgt sei. Das Verbot gehe auch ins Leere, da er die
angegriffenen Äußerungen nicht auf die Domain "www.rechtsanwalt-moebius.de",
sondern auf die Domain "www.rechtsanwaltmoebius.de" gestellt habe. Es
fehle an der Eilbedürftigkeit, weil erst am 18.11.2003 ein "erfolgversprechender"
Verfügungsantrag bei Gericht eingegangen sei. Das Verbot sei viel zu
umfassend, indem ganze Passagen aus seinem Schriftsatz untersagt worden
seien, während ein Verbot der tatsächlich in Rede stehenden Redewendungen
ausgereicht hätte. Tatsächlich werde durch die angegriffenen Bezeichnungen
angebrachte Kritik am Verhalten des Antragstellers geübt. Titelschwindel
habe der Antragsteller gegenüber seinem - des Antragsgegners - Mandanten
Tuengler und gegenüber dem Gericht betrieben, indem er sich als "Erbprinz"
und später als "Fürst" bezeichnet habe (Anl AG 1-6), obwohl schon 1928 ein
schaumburg-lippisches Gesetz die Standesvorrechte aufgehoben habe (Anl. AG
7). Auch die Presse übernehme willfährig, dass sich der Antragsteller als
Fürst bezeichne; der Antragsgegner verweist hier auf verschiedene von ihm
vorgelegte Veröffentlichungen. Angesichts dessen sei die Bezeichnung
"Flunkerfürst" allenfalls milde tadelnd. Der Bezeichnung "Schlitzohr"
komme gar eine gewisse Portion Anerkennung ob des gewieften Vorgehens des
Antragstellers zu. Der Antragsteller habe im Verfahren 315 O 377/03 eine
aus 16 Zeichen bestehende Domain begehrt, während sein Nachname ("Prinz-zu-schaumburg-lippe)
25 Zeichen betrage, und dann dem Gericht gegenüber wahrheitswidrig
angegeben, Domains könnten lediglich aus zwanzig Zeichen bestehen. Er -
der Antragsgegner - habe nicht ahnen können, dass diese listige und
durchtriebene Verfolgung eigener Ziele sich schlicht als mangelnde
Sachkenntnis des eigenen Anwalts des Antragstellers entpuppe. Der
Antragsteller habe zudem im Verfahren 315 O 377/03 nachweislich falsch
behauptet, dass der dortige Beklagte DM 50.000,- für die Freigabe der
Domain verlangt habe; der Antragsgegner verweist hierzu auf eine
eidesstattliche Versicherung seines Mandanten Tuengler (Anl AG 32). Selbst
wenn man in den veröffentlichten Schriftsäzen ehrverletzende Äußrungen
erkennen wollte, seien diese aus Art.5 GG gerechtfertigt.
Der Antragsgegner beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 1.12.2003
aufzuheben und den zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Der Antragsteller verteidigt den Bestand der
einstweiligen Verfügung und trägt u.a. vor, dass die fehlerhafte
Darstellung über die Zeichenlänge von Internet-Domains es nicht
rechtfertige, ihn in der geschehenen Weise fortgesetzt zu beleidigen. Dass
er die Funktionsbezeichnung "Fürst" führe, entspreche einer
jahrhundertealten Tradition des Fürstenhauses xxxx. Gegenüber Behörden
etc. trete er grundsätzlich mit seinem zivilrechtlichen Nachnamen "Prinz
zu xxxx " auf. Dass zwischen ihm und Herrn xxxx schlicht streitig sei, ob
er diesem in einem Telefonat DM 50.000,- für die Freigabe der Domain
geboten habe, rechtfertige es nicht, ihn als "Lügner" zu bezeichnen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien
wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt
des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 30.7.2004 verwiesen.
Entscheidunqsqründe:
Nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung
ist die einstweilige Verfügung vom 1.12.2003 zu bestätigen. Der
Antragsteller kann vom Antragsgegner gemäß § 823 Abs. 1, 1004 BGB
(analog) in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verlangen,
dass dieser es unterläßt, sich außerhalb des zwischen dem Antragsteller und
dem Mandanten xxxx des Antragsgegners geführten Rechtsstreits in der
angegriffenen Weise zu äußern.
1. Die einstweilige Verfügung ist nicht wegen
Verstreichens der Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO aufzuheben, denn
diese ist gewahrt. Der Antragsgegner selbst hat vorgetragen, dass ihm eine
vom Gerichtsvollzieher beglaubigte Kopie der Verfügung vom 1.12.2003 per
Postzustellung zugegangen sei. Der Antragsteller hat hierzu konkretisiert,
dass das am 24.12.2003 der Fall gewesen sei, mithin vor Ablauf eines
Monats; dem ist der Antragsgegner nicht entgegengetreten. Entgegen der
Ansicht des Antragsgegners war hierbei die Zustellung einer vom
Gerichtsvollzieher beglaubigten Abschrift ausreichend: Nach § 192 II 2 ZPO
beglaubigt der Gerichtsvollzieher die Abschriften. Aus § 193 l 2 ZPO
ergibt sich, dass die Zustellung auch durch Aufgabe zur Post erfolgen kann:
Einzelheiten hierzu sind in § 194 ZPO geregelt. Es ist daher nicht
ersichtlich, weshalb das zuzustellende Schriftstück und die zu übergebende
Abschrift zweierlei sein sollten (vgl. z.B. Zöller / Stöber, ZPO,
23.Aufl., ? 194 Rz.2, wo diese ausdrüklich gleichgesetzt werden). Dem vom
Antragsgegner angeführten Urteil des OLG München, nach dem die Vorschrift
des § 724 l ZPO (vollstreckbare Ausfertigung des Urteils) anzuwenden sei,
weil es sich um eine Maßnahme des Vollstreckungsrechts handele, vermag
sich die Kammer nicht anzuschließen. Zwar verweist in der Tal ? 928 ZPO
für die Vollziehung des Arrestes auf die Vorschriften über die
Zwangsvollstreckung (also auch auf ? 724 ZPO), aber § 928 ZPO enthält
selbst bereits die Einschränkung, dass dies nur soweit gelte, als sich aus
den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergebe. Nun enthält jedoch
die Vorschrift des ? 929 l ZPO die ausdrückliche Regelung, dass
Arrestbefehle der Vollstreckungsklausel nur in ganz bestimmten (hier nicht
einschlägigen) Fällen bedürfen. Demnach ist mit weit verbreiteter, wenn
nicht ganz überwiegender Ansicht davon auszugehen, dass eine Ausfertigung
der einstweiligen Verfügung oder eine beglaubigte Abschrift zuzustellen
ist (Zöller/Vollkommen ZPO, 23.Aufl., § 929 Rz.13; HansOLG, NJW-RR 1993,
1449, 1450; OLG Hamm. NJW-RR 2001, 1086, 1088).
2. Durch das Einstellen der
angegriffenen Passagen auf seiner Website hat der Antragsgegner das
Persölichkeitsrecht des Antragstellers verletzt.
In den angegriffenen Passagen aus dem
Schriftsatz des Antragsgegners vom 12.9.2003 (Anl K 2) wird der
Antragsteller in Bezug zu den Bezeichnungen "Flunkerfüst", "flunkerfuerst.de"
und "Schlitzohr" gesetzt. So warnt der Antragsgegner den Antragsteller in
ersichtlicher vorgegebener Sorge davor, nicht noch als "Flunkerfürst" zu
xxxx Geschichte zu machen. Damit bringt der Antragsgegner indirekt zum
Ausdruck, dass es Anlaß gebe, den Antragsteller mit dieser Bezeichnung zu
belegen. Auch durch den ebenfalls unernsten Hinweis an den Antragsteller,
dass die Domain "flunkerfuerst.de" für diesen noch zu haben sei, vermittelt
der Antragsgegner, dass dies ein zu dem Antragsteller passender Domainname
sei. Die Bezeichnung "Schlitzohr" schreibt der Antragsgegner dem
Antragsteller direkt zu, indem er aus den Registrierungsrichtlinien der
DENIC schließe, dass diese den Antragsteller als ebensolches "auswiesen".
Dass es die persönliche Ehre des Antragstellers in
durchaus erheblichem Maße verletzt, wenn ihm nachgesagt wird, dass der
Spitzname "Flunkerfürst" zu ihm passe und dass er sich als "Schlitzohr"
erwiesen habe, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.
Allerdings stellen die angegriffenen
Bezeichnungen Meinungsäußerungen dar, da sie eine Bewertung des
Verhältnisses des Antragstellers zur Wahrheit und seines Charakters
enthalten. Als Werturteile genießen die angegriffenen Äußeungen damit
zwar grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit aus Art.5 Abs.1, Satz 1
GG. Die Meinungsfreiheit tritt aber im Rahmen der erforderlichen Abwägung
regelmäßig hinter den grundrechtlich geschützten Achtungsanspruch des
einzelnen zurück, wenn es sich bei der fraglichen Äußerung um Schmähkritik
handelt. Eine Schmähkritik liegt dann vor. wenn in einer herabsetzenden
Äußerung nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die
Diffamierung der Person im Vordergrund steht, wenn also die Kritik auch
aus Sicht des Kritikers keine vertretbare Grundlage mehr haben kann,
sondern auf eine vorsätzliche Ehrkränkung abzielt (vgl. Wenzel, Das Recht
der Wort- und Bildberichterstattung, 4.Aufl., Rz.5.83ff; Soehring,
Presserecht, S.Aufl., Rz.20.9; Prinz/Peters, Medienrecht, Rz.91; BGH NJW
1987,1398). Ausschlaggebend ist insofern insbesondere, ob die streitige
Äußerung Sachnähe zu einem ihr zu Grunde liegenden Tatbestand hat; fehlt
es an jeglichen tatsächlichen Anknüpfungspunkten, auf die die geäußerte
Meinung gestützt werden könnte, ist die Grenze von der zulässigen
Meinungsäußerung zur unzulässigen Schmähkritik Überschritten {HansOLG
NJW2000, 1292f.).
Das ist hier der Fall:
Durch die Bezeichnungen "Flunkerfürst" und "Schlitzohr" wird dem
Antragsteller vorgeworfen, regelmäßig bzw. wenigstens in gewichtigem
Umfang die Unwahrheit zu sagen. Das geht weit über eine inhaltliche
Auseinandersetzung über das Verhalten der Parteien im Rahmen der zwischen
ihnen ausgetragenen Streitigkeiten hinaus, vielmehr wird der Antragsteller
damit umfassend in seiner Persönlichkeit herabgewürdigt. Vor allem aber
hat der Antragsgegner diese Abqualifizierungen in den angegriffenen
Passagen aus einem Vorwurf abgeleitet, der derart umfassende Unwerturteile
nicht rechtfertigt. Denn dem Antragsteller werden im konkreten
Zusammenhang diese Bezeichnungen mit der Begründung zugeschrieben, dass er
im Verfahren gegen den Mandanten Tuengler des Antragsgegners unwahr
vorgetragen habe, als er - über seine Prozeßevollmächtigten - hatte
vortragen lassen, dass eine deutsche Second-Level-Domain nur zwanzig
alphabetische Zeichen umfassen könne. Unstreitig ist zwar, dass dies
unzutreffend ist, dies rechtfertigt jedoch nicht die Verwendung der
Unwerturteile "Flunkerfürst" und "Schlitzohr" in Bezug auf den
Antragsteller. Beide Bezeichnungen enthalten nämlich den Vorwurf einer
bewußt verzerrten oder unwahren Darstellung der tatsächlichen Lage mit dem
Ziel, sich eigene Vorteile - in der Regel auf Kosten anderer - zu
verschaffen. Dass dies der Fall gewesen sei, ist aber weder dargetan noch
ersichtlich. Vielmehr ist der Antragsgegner dem Vortrag des
Antragstellers, dass sich sein Prozeßevollmächtigter insoweit im
Rechtsirrtum befunden habe, nicht substantiiert entgegengetreten. Hinzu
kommt, dass es näher lag, dass diesem Vortrag aus dem Verfahren des
Antragstellers gegen den Mandanten des Antragsgegners ein schlichter
Irrtum und keine böse Absicht zugrunde lag. Denn eine Falschbehauptung,
die sich - wie der Antragsgegner selbst im in Rede stehenden Schriftsatz
aufgezeigt hat- durch einen einfachen Blick in die
Registrierungsrichtlinien der DENIC widerlegen läßt, würde auf derart
geringes Geschick bei einem - unterstellten - Täuschungsvorsatz hinweisen,
dass das Vorliegen eines solchen als wenig wahrscheinlich erscheint. Nicht
gestützt wird die Verwendung der inkriminierten Bezeichnungen nach dem
Kontext auf den ebenfalls in der angegriffenen Passage aus dem Schriftsatz
vom 12.9.2003 enthaltenen Vorwurf, dass der Antragsteller in jenem
Verfahren erklärt habe, im Verkehr sei die Kurzform seines Namens als ,,
xxxx " gebräuchlich. Vielmehr wird dieser Vorwurf ausdrücklich als
Nebenpunkt abgehandelt; es heißt nämlich in der angegriffenen Passage, dass
der Antragsteller "abseits" dieser als "grotesk anmutend" bezeichneten
Behauptung aufpassen müsse, nicht noch als "Flunkerfürst" Geschichte zu
machen.
Dahinstehen kann daher, ob diese Behauptung
aus dem vorangegangenen Verfahren unzutreffend gewesen ist. Nach dem
Kontext hat der Antragsgegner also die abwertenden Bezeichnungen des
Antragstellers alleine auf einen Vorwurf gestützt, der diese Unwerturteile
nicht trägt; diese erweisen sich damit als unzulässige Schmähkritik.
Der Antragsgegner hat damit im konkreten
Kontext die Grenze des erforderlichen Bezuges zu seinem sachlichen
Anliegen Überschritten. Ob die vom Antragsgegner behaupteten weiteren
Anknüpfungspunkte für die von ihm vorgenommenen negativen Bewertungen des
Antragstellers einen hinreichenden Sachbezug erkennen lassen, die eine
Verwendung der Bezeichnungen "Flunkerfürst" und "Schlitzohr" rechtfertigen könnten, hat demnach dahinzustehen. Es kann deshalb offen bleiben,
inwieweit der Antragsgegner hinreichend vorgetragen und glaubhaft gemacht
hat, dass seine Behauptungen etwa zu anderen Behauptungen des
Antragstellers aus dem Verfahren gegen seinen - des Antragsgegners -
Mandanten zutreffend seien und dass der Antragsteller die Bezeichnungen
"fürst" oder "Prinz" in unkorrekter Weise verwendet habe. Ebenso kann
demnach offenbleiben, ob der Antragsgegnerwegen der von ihm kritisierten
Namensführung des Antragstellers mit der Veröffentlichung seines
Schriftsatzes zu einem berechtigten Anliegen der politischen Diskussion
beigetragen hat oder wenigstens annehmen dufte, dies zu tun.
Dementsprechend ist auch der Tenor des Verbotes in der einstweiligen
Verfügung vom 1.12.2003 nicht auf die generelle Unterlassung der
herabsetzenden Bezeichnungen "Flunkerfürst" und "Schlitzohr" gerichtet,
sondern - wie beantragt - nur auf die Unterlassung im konkreten Kontext
der angegriffenen Veröffentlichung, also nur darauf gerichtet, diese
Beschimpfungen zu unterlassen, wenn sie auf den Vortrag des Antragstellers
zu der Höchstanzahl der alphabetischen Zeichen einer Second-Level-Domain
aus dem Verfahren 315 O 377/03 gestützt sind. Deshalb geht auch der
Einwand des Antragsgegners fehl, dass ihm mit dem Verbot
unberechtigterweise auch nicht zu beanstandende Passagen aus seinem
Schriftsatz untersagt worden seien; vielmehr dient die Fassung des
Verbotstenors gerade der Verdeutlichung dieser engen Reichweite des
Verbotes.
Der Antragsgegner kann sich nicht mit Erfolg
darauf berufen, dass er in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt
habe. Zwar handelt es sich bei den angegriffenen Passagen um Teile von
schriftsätzlichem Vortrag des Antragsgegners als Prozeßbevollmächtigten in
einem anderen Verfahren; in der Tat werden Äußerungen, die der
Rechtswahrnehmung dienen, in aller Regel nicht dazu führen, dass eine
Unterlassung geschuldet wird. Hier aber hat der
Antragsgegner seine Schriftsätze im Internet veröffentlicht, was nicht zur
Wahrung der Rechte seiner Mandantschaft erforderlich war; derartige
Veröffentlichungen unterliegen vielmehr den allgemeinen äußerungsrechtlichen Beschränkungen. Dementsprechend war das Verbot
indes - wie es der Antragsteller auch beantragt hatte - darauf beschränkt
worden, die angegriffenen herabsetzenden Bezeichnungen des Antragstellers
nicht außerhalb des Verfahrens 315 O 377/03 zu wiederholen.
Der Antragsgegner kann schließlich auch nicht
mit Erfolg einwenden, dass es sich bei der Verwendung der schmähenden
Bezeichnungen um einen zulässigen Gegenschlag gehandelt habe. Die vom
Antragsgegner angeführten kritischen und herabsetzenden Äußerungen, die
der Antragsteller im Internet und gegenüber der Presse über den
Antragsgegner verbreitet hat, können einen "Gegenschlag" schon deshalb
nicht darstellen, weil die vom Antragsgegner vorgelegten
Veröffentlichungen des Antragstellers alle aus der Zeit nach der
Veröffentlichung der angegriffenen Passagen im Internet stammen. Denn der
Antragsteller hat - unstreitig und von ihm an Eides statt versichert -
Anfang Oktober 2003 Kenntnis von der Veröffentlichung der angegriffenen Schriftsätze im Internet Kenntnis erlangt, die vom Antragsgegner
angeführten Äußerungen des Antragstellers gegenüber oder in Massenmedien
datieren indes vom 26.11.2003 (Anl AG 38) sowie aus dem Dezember 2003 (Anl
AG 35 bis 37).
3. Eine Wiederholungsgefahr besteht, da zu
vermuten ist, dass ein einmal erfolgter rechtswidriger Eingriff wiederholt
wird (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4.Aufl.,
Rz.12.8; Soehring, Presserecht, S.Aufl., Rz.30.7). Der Antragsgegner hat
nichts vorgetragen, was diese Vermutung widerlegen könnte.
4. Ein Verfügungsgrund im Sinne des § 935 ZPO
liegt wegen dieser zu besorgenden Wiederholung der Rechtsverletzung vor.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist die Eilbedürftigkeit der Sache
nicht deshalb entfallen, weil der Antrag auf Erlaß der einstweiligen
Verfügung erst etwa einen Monat nach Kenntniserlangung von der fraglichen
Veröffentlichung bei Gericht einging. Denn regelmäßig benötigt der
Betroffene eine gewisse Zeitspanne ab Kenntnis von der Rechtsverletzung,
um Rechtsrat einzuholen, sich die geeigneten rechtlichen Schritte zu
überlegen und die erforderlichen Mittel zur Glaubhaftmachung
herbeizuschaffen (vgl. Prinz / Peters, Medienrecht. Rz.325). Eine gewisse
Zeitspanne bis zur Antragstellung ist zudem schon deshalb erforderlich,
weil der zukünftige Antragsteller in aller Regel - um auch im Interesse
der Gegenseite ein gerichtliches Verfahren eventuell zu vermeidenden Äußernden zunächst außerprozessual zur Abgabe einer Unterlassungserklärung
auffordern wird. Dies hat der Antragsteller hier ca. drei Wochen nach
Kenntnis von der fraglichen Äußerung am 24.10.2003 getan (Anl ASt 6).
Nach der ablehnenden Antwort des Antragsgegners vom 28. 10- 2003 (Anl ASt
7) hat der Antragsteller sodann nur rund eine Woche später den
vorliegenden Antrag bei Gericht eingereicht, nämlich am 5. 1 1 .2003;
durch einen derart kurzen Zeitraum ist die Dringlichkeit keinesfalls
entfallen. Dass der Antragsteller seinen Antrag sodann mit Schriftsatz vom
14.11.2003 (am 18.11.2003 bei Gericht eingegangen) umformulierte, um den
am 12.11 .2003 telefonisch mitgeteilten Bedenken des Gerichts gegen die
ursprünglich Antragsfassung Rechnung zu tragen, ändert hieran nichts. Denn
hierbei handelte es sich lediglich um eine quasi "redaktionelle"
Modifizierung des ursprünglichen Antrags, den die Kammer als zu wenig an
der konkreten Verletzungsform orientiert angesehen hatte; der
Streitgegenstand wurde hierdurch nicht verändert.
5. Die Bezeichnung der Internetseite des
Antragsgegners, auf der sich die angegriffene Veröffentlichung fand, als "www.rechtsanwalt-moebius.de"
im Antrag und dementsprechend im Tenor des Verbotes erfolgte ersichtlich
irrtümlich; aus der Antragsschrift ergibt sich, dass der Antragsteller die
- unstreitig erfolgte - Veröffentlichung auf der Seite "www.rechtsanwaltmoebius.de"
angreifen wollte. Die Falschbezeichnung ist aber unschädlich, da diese
nicht Bestandteil des eigentlichen Verbotes ist, sondern lediglich dem
Adressaten des Verbotes verdeutlichen soll, wegen welcher Veröffentlichung
er auf Unterlassung in Anspruch genommen wird ("insbesondere"). Der
Antragsgegner hat dies aber - wie sein eigener Vortrag zeigt - trotz
dieser Falschbezeichnung ohne Schwierigkeiten erfaßt.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91
Abs. 1 ZPO.
Buske
Zink
Korte
Kommentar:
▲
Zu Schlitzohr finde ich im Wörterbuch
der deutschen Sprache
http://wortschatz.uni-leipzig.de nichts Beleidigendes
Links zu anderen Wörtern:
Dornseiff-Bedeutungsgruppen:
Flunkern wird zwar als Synonym von
Lügen bezeichnet, jedoch auch abgeschwächt durch
Synonyme:
angeben,
anlügen,
anschwindeln,
aufschneiden
Beispiele für den Gebrauch des Wortes
Flunkern:
1. Stimmt nicht, dass Frauen lügen. Sie
flunkern. Biegen sich das Leben zurecht
mit kleinen Unwahrheiten, keiner mag's übel nehmen, denn grau und grauslig
ist der Alltag...
"Die Lügen der Frauen", Hanser, 168 S., 16,90 Euro
2.
Deutsch-Englisch Übersetzungen für das Wort "flunkern
(ugs.)umgangssprachlich (prahlen)":
to brag
http://odge.de/deutsch-englisch/flunkern+(ugs.)+(prahlen).html
3. Lügen im
Berufsalltag und der täglichen Konversation
60
Prozent flunkern in einer
zehnminütigen Unterhaltung mindestens einmal
Die meisten Menschen lügen in der alltäglichen Konservation und wollen
dadurch kompetenter und sympathischer wirken. In einer Studie,
veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Journal of
Basic and Applied Social Psychology, schreibt der Psychologe Robert S.
Feldman von der
University of Massachusetts, Amherst, dass 60 Prozent der
Testpersonen während einer Unterhaltung von lediglich zehn Minuten
mindestens einmal gelogen haben. Im Durchschnitt kamen die Probanden auf
zwei bis drei Lügen.
4. Richter Andreas
Buske im vorliegenden Urteil:
Dass es die persönliche Ehre des Antragstellers in
durchaus erheblichem Maße verletzt, wenn ihm nachgesagt wird, dass der
Spitzname "Flunkerfürst" zu ihm passe und dass er sich als "Schlitzohr"
erwiesen habe, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.
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Rolf Schälike
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Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 08.07.05
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