LANDGERICHT HAMBURG
Beschluss
vom 21.7.2005
In Sachen
E .... AG .......
gegen
xxx-Verlag GmbH & Co KG,
Hannover
vertreten durch ........
beschließt das Landgericht
Hamburg, Zivilkammer 24
durch den Richter .........
und
die Richterin ........
Gegen die Schuldnerin wird
wegen Zuwiderhandelns gegen das im Versäumnisurteil des Landgerichtes
Hamburg (Zivilkammer 24) vom 18.2.2005 enthaltene Verbot ein
Ordnungsgeld in Höhe von EUR 2.500,--, ersatzweise für den Fall, dass
dieses nicht beigetrieben werden kann, für je EUR 500,-- ein Tag Ordnungshaft, festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens
fallen der Schuldnerin nach einem Streitwert von 10.000 EUR zur Last.
Gründe:
Der Beschluss beruht auf §
890 Abs. 1 ZPO.
Der Schuldnerin ist mit
Versäumnisurteil der Kammer vom 18.2.2005, zugestellt am 28.2.2005,
untersagt worden, folgende zwei Absätze aus dem Artikel
.................des Autoren W.D.R. (Anlage K 1) zu verbreiten:
- Wer einst (.....) einen
Link zum Stadtplan- Dienst gesetzt hatte, fand plötzlich eine Abmahnung mit
dicker Rechnung in seinem Briefkasten. Dr. h.c. Biermann, Chef des
Stadtplan.-Dienstes, jammerte währenddessen in Interviews, die durch die
Links verursachten Traffickosten wüchsen ihm über den Kopf. Dabei wäre
es ein Leichtes gewesen, die Verlinkung durch Änderungen am Stadtplan-Dienst
still zu legen. Doch die Fans der Seite mal eben um etliche 100 Euro
abzuzocken war natürlich finanziell weit attraktiver.
Erst als der
Bundesgerichthof (.....) entschied (.....), dass direkte Links auf
Unterseiten einer Webpräsenz nicht verboten und damit auch nicht in
Rechnung gestellt werden können, weil sie nun einmal funktionaler
Bestandteil des WWW sind und auch das höchste Österreichische Gericht zu
diesem Ergebnis kam, wurden die Links technisch verhindert.
Diesem Verbot hat die
Schuldnerin zuwidergehandelt. Jedenfalls am 12.5.2005 verbreitete sie
über ihre Internetseite www........ weiterhin den o.g. Artikel (vgl.
Anlage ZV 2).
Zwar hat sie darin die
beiden vom Verbot erfassten Absätze durch Zeichen "(....)" ersetzt und
am Ende des Artikels den hierauf bezogenen Hinweis abgedruckt:
"Aufgrund einer von
Dr...... am LG Hamburg erwirkten Entscheidung mussten am 28.02.2005 zwei Absätze aus dem Beitrag entfernt werden. Red."
Unmittelbar unter diesem
Hinweis fand sich jedoch ein Textkasten mit der Überschrift: "Forum
Kommentare:", von wo aus der Link "Zensur oder Pressefreiheit"
(.......) zu der Seite ...... führte.
Dort wurden im Anschluss an
den einleitenden Text "..................... . Folgende Absätze wurden aus
dem Artikel entfernt (hier anonym wiedergegeben):
Die beiden vom Verbot
erfassten Absätze im Wortlaut wiedergegeben, wobei lediglich der Name
"Dr........" durch "Dr. B." und die Worte "Stadtplan-Dienst" bzw.
"Stadtplan-Dienstes" durch xxx ersetzt worden waren (vgl. Anlage ZV 1).
Trotz dieser
"Anonymisierungsmaßnahmen" blieb die Gläubigerin erkennbar.
In dem Artikel, aus dem die
streitgegenständlichen Absätze gelöscht wurden (Anlage ZV 2), werden in
den Absätzen unmittelbar vor und nach dem Auslassungszeichen "(.....)"
die Namen "Stadtplan-Dienst" und "E.......AG" ausdrücklich genannt.
Ferner ist davon auszugehen,
dass einer nicht unerheblichen Anzahl von Lesern bekannt ist, dass der
in der Anmerkung der Schuldnerin namentlich genannte Dr. ......
Alleinvorstand der E....AG ist.
Den Nutzern, die von dem
um die verbotenen Absätze gekürzten Artikel "..........." über den
Link "Zensur oder Pressefreiheit" gelangen, musste es sich daher aufdrängen, dass sich dort hinter den Buchstaben
"Dr. B." nur der Name
"Dr. hc. Biermann" und hinter den Buchstaben "xxx" nur der Name
Stadtplan-Dienst verbergen konnte.
Die Schuldnerin kann sich
auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie müsse sich den Artikel "Zensur
oder Pressefreiheit" nicht zurechnen lassen, da dieser ohne ihre
Kenntnis von einem Dritten in das "......-Forum" unter www.........
eingestellt worden sei. Sie haftet jedenfalls als Verbreiterin.
Das
Haftungsprivileg der §§ 9 MDStV, 11 TDG findet auf den
Unterlassungsanspruch bzw. dessen Durchsetzung im Wege des
Bestrafungsverfahrens gem. §§ 890 ZPO keine Anwendung.
Wie sich aus dem Wortlaut
der Gesetzessystematik und der Gesetzesbegründung der §§ 9 MDStV, 11 TDG
sowie aus Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen
Geschäftsverkehr ergibt, gilt dieses Haftungsprivileg ausschließlich für
die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung
(für § 11 TDG: BGH, GRUR 2004, 860, 862).
für die Schuldnerin kommt es
vorliegend auch nicht zu einem Haftungsausschluss nach den allgemeinen
Äußerungsrechtlichen Grundsätzen der eingeschränkten Verbreiterhaftung.
Sie kann sich insbesondere
nicht mit Erfolg darauf berufen, mit ihrem Forum lediglich einen "Markt
der Meinungen" (vgl. BGH, NJW 1976, 1198, 1999) eröffnet zu haben.
Zwar kann durchaus auch im
Internet ein berechtigtes Interesse daran bestehen, etwa in Gestalt von
"Foren" Kommunikationsangebote zu schaffen, die Dritten die Möglichkeit
der unmittelbaren Darstellung ihres eigenen Standpunktes eröffnen.
Wo dies geschieht, kann es
dem Wesen dieser Angebotsform widersprechen, wenn neben oder anstelle
des eigentlichen Urhebers der Äußerung der Anbieter des Forums als
Störer in Anspruch genommen werden kann vgl. hierzu im Hinblick auf
(Live-) Sendungen im Fernsehen: BGH, NJW, 1976,1198, 1199).
Voraussetzung hierfür ist
aber, dass der Anbieter gemäß den Anforderungen an die journalistische
Sorgfalt für sein Forum Rahmenbedingungen geschaffen hat, durch die das
Risiko der Verletzung von Persönlichkeitsrechten Dritter im Rahmen des
Zumutbaren auf ein Mindestmaß beschränkt wird.
Dieser Anforderung ist die
Schuldnerin vorliegend nicht gerecht geworden, ihr ausdrücklicher
Hinweis, aufgrund einer von Dr....... erwirkten gerichtlichen
Entscheidung zwei Absätze aus dem streitgegenständlichen Beitrag
entfernt zu haben, provozierte regelrecht dazu, hierzu mittels der
unmittelbar darunter angeordneten Forumsfunktion Kommentare abzugeben.
Die Einräumung der
Möglichkeit, dies auch noch unter einem Pseudonym tun zu können, erhöhte
noch das Risiko der Verbreitung rechtswidriger Inhalte.
Jedenfalls vor diesem
Hintergrund wäre die Schuldnerin verpflichtet gewesen, die im Forum "geposteten" Beiträge von sich aus zumindest im Hinblick auf
öffentlich rechtswidrige
Inhalte - wie beispielsweise den streitgegenständlichen - zu überprüfen
(vgl. zu einer entsprechenden Überprüfungspflicht bei Leserbriefen in
einer Zeitung: BGH, NJW, 1986, 2503, 2505).
Dies hat sie vorliegend
nicht getan, sondern ist nach ihrem eigenen Vortrag erst nach Zustellung
des Ordnungsmittelantrags aktiv geworden.
Der Verstoß erfolgte aus den
soeben genannten Gründen auch Schuldhaft, nämlich mindestens fahrlässig.
Bei der Bemessung der Höhe
des Ordnungsgeldes hatte die Kammer zugunsten der Schuldnerin zu
berücksichtigten, dass es sich vorliegend um einen erstmaligen Verstoß
handelt.
Unter Beachtung dieses und
aller weiteren für und gegen die Schuldnerin streitenden Umstände ist
ein Ordnungsgeld in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe erforderlich
aber auch ausreichend.
Die Kostenentscheidung folgt
aus §§ 891, 91 ZPO.
Kommetar:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16851/1.html - für die
Richtigkeit keine Gewähr. Interessant vom juristischen Standpunkt,
welcher nur bei Namensnennung vollständig und richtig zu verstehen ist -
RS
Ihr Weg zu uns...erer
Abmahnung
Wolf-Dieter Roth
29.02.2004
Anfahrtsskizzen auf
der Homepage, die nicht wirklich selbst gezeichnet wurden, sind ein
gutes Geschäft - für Rechtsanwälte
Aufgrund einer von Dr. Biermann am LG Hamburg erwirkten Entscheidung
mussten am 28.2.2005 zwei Absätze aus dem Beitrag entfernt werden, Red.
Bitte senden Sie Ihre Kommentare an
Rolf Schäike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 30.01.06
Impressum |