Landgericht Hamburg
Aus dem Internet zum
Hintergrund der einstweilige Verfügung v. 20.09.2005 - Az.: 324 O 721/05
Dialer-Anbieter verteilt Trojaner
Gerd Schierenbeck war entsetzt, als er auf den Monitor blickte: Wo vor
kurzem noch das Angebot seiner
Online-Akademie Überlingen zu finden war, lockten jetzt dubiose
Versprechungen zum Download eines Dialers. Offenbar hatte jemand die
Kontrolle über seine Domain lernen-im-netz.de übernommen.
Nach
bisherigen Recherchen kam es durch einen Fehler bei seinen Providern
dazu, dass die Domain am 28. Juli 2005 mit einem "Close"-Eintrag zur
Neuregistrierung freigegeben wurde. Keine vier Minuten später war sie
laut DeNIC-Historie von Mario Dolzer, Geschäftsführer des
Dialer-Anbieters Universal Boards, registriert worden.
Wie konnte Dolzer so schnell an Informationen zur freigegebenen
Domain kommen? Purer Zufall? Schierenbeck schilderte den Fall heise
online. Seit dem gestrigen Donnerstag sind die Dialer von der Website
verschwunden, stattdessen forderte eine fingierte Browser-Errorpage zum
Herunterladen eines "Plugin" namens k.exe auf. Bei der Installation
dieses Programms müssen die "Nutzungsbedinungen" akzeptiert werden,
danach verabschiedet sich der Prozess in den Hintergrund und wird
künftig bei jedem Systemstart von Windows mitgestartet.
Zusammen mit Spezialisten des deutschen Honeynet-Projekts prüfte
heise online, ob das Programm tatsächlich tut, was in den
Nutzungsbedinungen angegeben ist, nämlich Werbung einzublenden und die
Startseite des Browsers zu ändern. Das tat es tatsächlich. Allerdings
ist das längst nicht alles. Das Programm enthält außerdem einen
ausgewachsenen Trojaner. Einige der Funktionen sind sogar bereits in
einer
Analyse des Antivirentool-Herstellers AntiVir erwähnt.
Wir belauschten den Netzwerk-Traffic des Programms. Der Trojaner
öffnet an Port 6666 eine Backdoor und meldet sich über Port 80 bei einem
Webserver an, der sich in der IP-Range von Dolzers Universal Boards
befindet. Dann erhält er verschlüsselt Listen mit Domain-Namen. Nach
einem Tag waren es über 12000 verschiedene, vorwiegend beschreibende
Namen und attraktive Domains, die einen hohen Google-Pagerank innehaben.
Die Liste geht von A wie autohof.de bis Z wie zirkuswelten.de. Solche
beliebten Domains sind für Dolzer dafür geeignet, Dialer zu platzieren
oder sie in Linkfarmen zu integrieren.
Diese Namen fragt das Programm in regelmäßigem Abstand bei
verschiedenen Whois-Diensten ab. Wenn eine Domain frei wird, kann Dolzer
zuschlagen und sie sich unter den Nagel reißen. Offensichtlich will man
durch die verteilten Anfragen von vielen Trojanern Whois-Sperren
umgehen, die dann greifen, wenn zuviele Abfragen pro Zeitintervall von
einer Adresse aus erfolgen. Eine vorläufige Analyse der Funktionsweise
hat das deutsche Honeynet-Projekt heute bei Sourceforge
veröffentlicht. Auf wievielen PCs der Trojaner derzeit installiert
ist, bleibt vorerst unklar. heise online hat Ermittlungsbehörden von der
Sachlage in Kenntnis gesetzt.
Mario Dolzer war zu einer Stellungnahme nicht bereit und verwies uns
stattdessen an seinen Rechtsanwalt
Bernhard Syndikus.
Syndikus erwiderte mittlerweile auch die Aufforderung zur Rückgabe von
lernen-im-netz.de durch die Akademie Überlingen und drohte mit einer
Feststellungsklage. In anderen, heise online bekannten Fällen von
plötzlichen Domain-Verlusten ohne Zustimmung des Inhabers findet sich
Syndikus überdies auch als neuer Admin-C der Domains in der
Whois-Datenbank wieder.
Auf lernen-im-netz.de wird mittlerweile in Rotation mit der
k.exe-Download-Aufforderung auch zum Download eines Erotik-Dialers
eingeladen. Als Jugendschutzbeauftragter für die Site wird Rechtsanwalt
Syndikus angegeben. (hob/c't).
2.
http://www.gulli.com/aktuell/050926-dolzer-ev-gegen-heise.html
EV verbietet Forenpostings mit
Sabotageaufrufen
Einige Gegner hat sich die Universal Boards GmbH & Co. KG gemacht - unter
anderem mit den Zugangstools, mit denen sie den Zutritt zu einigen
Webseiten freischaltet. Diese beinhalten einige weitere Funktionen, was
dazu führte, dass sie unter anderem vom Heise-Verlag als Trojaner
bezeichnet wurden. Geschäftsführer Mario Dolzer wollte diese Bezeichnung
so indessen nicht akzeptieren. Entsprechend leitete er bereits gegen die
Antiviren - Softwareschmiede H+BEDV rechtliche Schritte ein - die
Antivir-Software kategorisiert k.exe als Trojaner - wie auch gegen heise,
die die Zugangssoftware explizit als Trojaner titulierten. Im letzteren
Verfahren hat Dolzer nun einen Etappensieg errungen - wenngleich in einer
etwas anders gearteten Angelegenheit, und mit möglicherweise bedenklichen
Folgen für den Betrieb von Internetforen in Deutschland.
Im Gefolge der umstrittenen Tickermeldung von heise kam es zu Aufrufen der
User, die Universal Boards mit dem massenhaften, automatisierten Download
der umstrittenen Zugangssoftware k.exe lahmzulegen. Unter anderem wurden
Skripte veröffentlicht, die in einer Endlos-Schleife das Programm "k.exe"
herunterladen und sofort löschen:
typeset -i i; while true; do let x=$x+1;
wget -O /dev/null
http://213.203.209.116/k.exe>/dev/null/; echo $x; done
Einzelne dieser Beiträge seien von den Foren-Moderatoren erst gelöscht
worden, nachdem ihnen die konkrete URL mitgeteilt wurde, so die
Presseerklärung. Der Heise-Verlag weigerte sich jedoch, Vorkehrungen gegen
weitere Beiträge zu treffen, in denen zu Server-Attacken gegen die
Universal Boards aufgerufen wurde. Dagegen wurde von heise seitens Dolzer
gefordert, grundsätzlich solle wirksam unterbunden werden, dass weitere
Aufrufe zum dDoS im heise - Forensystem erstellt werden.
Heise berief sich indessen auf die gängige Rechtsauffassung, dass eine
Vorabkontrolle von Forenbeiträgen nicht möglich sei und man erst nach
Information über entsprechende Inhalte tätig werden könne. Heise-Justiziar
Joerg Heidrich erklärte schriftlich, dem Verlag sei es nicht möglich, die
vielen Tausende von Postings von inzwischen über 200.000 Teilnehmern zu
kontrollieren. Hierzu sei der Verlag auch nach den allgemeinen Regeln
nicht verpflichtet.
Nun konnte Dolzer vom Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung
erlangen, die heise dazu zwingt, Vorkehrungen zu treffen, damit sich
solche Aufforderungen zu gezielten Attacken gegen die Server der Universal
Boards GmbH & Co. KG nicht wiederholen können.
Das Landgericht Hamburg hat dem Heise Zeitschriftenverlag auf Antrag der
Münchener Universal Boards GmbH & Co. KG im Wege der einstweiligen
Verfügung mit Beschluß vom 20.09.2005 (AZ: 324 O 721/05) untersagt,
Forumsbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgefordert wird, durch
massenhafte Downloads von Dateien den Server-Betrieb der Universal Boards
GmbH & Co. KG zu stören. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses
gerichtliche Verbot wurden dem Heise-Verlag Ordnungsgeld bis zu 250.000
Euro oder Ordnungshaft angedroht.
Der Heise-Verlag müsse gemäß der Presserklärung nun ab sofort
sicherstellen, dass keine Forumsbeiträge mehr veröffentlicht werden
können, in denen wörtlich oder sinngemäß dazu aufgerufen wird, die Datei "k.exe"
von den Servern der Universal Boards GmbH & Co. KG zu laden, um den
Serverbetrieb zu stören oder den Traffic zu erhöhen. Bereits ein einziges
Posting, das eine solche Aufforderung oder gar Download-Skripte enthält,
könne dazu führen, dass gegen den Heise-Verlag ein Ordnungsgeld oder, wenn
es zu einer Vielzahl von Verstößen gegen das gerichtliche Verbot käme,
gegen die Geschäftsführer des Verlages auch Ordnungshaft verhängt werden
könne.
Diese Rechtsauffassung stützt sich auf die Grundsatzentscheidung des
Bundesgerichtshofs (BGH) zum Haftungsprivileg von Diensteanbietern (Urteil
vom 11.03.2004, I ZR 304/01, "Internet-Versteigerung"). Der BGH hatte
entschieden, dass das Haftungsprivileg des § 11 TDG nicht für den
Unterlassungsanspruch gilt. Diensteanbieter wurden verpflichtet, nach
bereits erfolgten Verletzungshandlungen alle zumutbaren Anstrengungen zu
unternehmen, um die Wiederholung solcher Rechtsverletzungen zu verhindern.
Während die Haftung im Vorfeld, die von der EV gefordert wird, nun einigen
Boardbetreibern durchaus Bauchschmerzen machen dürfte, ist Dolzer
zuversichtlich, dass die EV über den jetzigen Rechtsstreit mit heise
folgenlos für die deutsche Boardlandschaft bleibe. Es gehe konkret um den
dDoS - Aufruf bei heise, für andere Foren sehe er keine Gefahr. Ohnehin
sei davon auszugehen, dass sich heise wohl gezwungenermaßen der EV beugt,
in der Sache jedoch ohnehin ein Hauptverfahren anstrebt, in dem auch über
die nun vorläufig geregelte Angelegenheit nochmals separat befunden wird.
Die Geschichte dürfte sich indessen noch länger hinziehen: ein Termin für
eine Hauptverhandlung mit heise kann nun zwar anberaumt werden, nachdem
jetzt zumindest die Einstweilige Verfügung herausgegangen ist -
festgesetzt ist ein solcher jedoch noch nicht. Im Fall H+BEDV verzögerte
die Erstellung von Gutachten den Prozessbeginn erheblich. Und solange
steht auf diversen Seiten Dolzers die k.exe nach wie vor zum Download -
mit den unveränderten AGB, die dem Programm nach Zustimmung des Users mehr
oder weniger alles erlauben, was es auf dem Rechner des Users anzustellen
gewillt ist. Geklagt dagegen habe noch niemand, so Dolzer - in seinen
Augen ein Indiz für die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens -
Berichterstattung hin oder her.
26.9.2005
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Rolf Schälike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 16.10.05
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