Buskeismus


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Landgericht Hamburg

U R T E I L

Im Namen des Volkes

Geschäfts-Nr.:
324 O 700/00

Verkündet am:
12.4.2002

Feuerhahn, JAe
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

In der Sache
minderjährigen Pierre Casiraghi,
vertreten durch seine Mutter Prinzessin Caroline von Hannover
...

gegen

Verleag von "Bunte"

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24 auf die mündliche Verhandlung vom 18.1.2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Zink
die Richterin am Amtsgericht Döring

für Recht:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 1.400,- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet;

und beschließt:

Der Streitwert wird auf € 15.338,76 (= DM 30.000,-) festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen mehrerer Presseveröffentlichungen auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch.

Der Kläger ist der jüngste Sohn von Caroline Prinzessin von Hannover, die ihrerseits die älteste Tochter des regierenden Fürsten von Monaco ist.

Im Verlag der Beklagten erscheint die Zeitschrift "Bunte". In der Ausgabe 52/97 dieser Zeitschrift veröffentlichte die Beklagte unter der Überschrift "Das große Weihnachts-Gewinn-Spiel" auf der Titelseite und auf Seite 16 eine Zeichnung des Illustrators Melki (Anlage K 1). Diese zeigte - dem Motiv einer alten Familienaufnahme aus dem Jahre 1970 nachempfunden - den Kläger mit seiner Mutter, seinen Geschwistern Charlotte und Andrea Casiraghi sowie den späteren Ehemann der Mutter des Klägers, Ernst August Prinz von Hannover, in einer fiktiven Weihnachtsszene. Auf der Titelseite konnten in dieser Abbildung nach Art eines Weihnachtskalenders Türen geöffnet werden, hinter denen sich die Preise des "Bunte-Gewinnspiels" befanden. Des weiteren war die Abbildung auf der Titelseite durch einen zusätzlichen - knapp die halbe Seitenbreite einnehmenden und mit verschiedenen Textblöcken versehenen - Umhefter dergestalt abgedeckt, daß die Abbildung im Ganzen erst nach Umklappen dieser "halben" Titelseite sichtbar wurde; das Bildnis des Klägers wird durch den Umhefter nicht verdeckt. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Veröffentlichung wird auf die als Anlage K 1 eingereichte Kopie Bezug genommen.

Mit einstweiliger Verfügung vom 22. Dezember 1997 (324 O 954/97) und Urteil im Hauptsacheverfahren vom 3. April 1998 (324 O 33/98) hatte die Kammer der Beklagten die erneute Veröffentlichung dieser Illustration verboten.

Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger eine Geldentschädigung geltend, wobei er einen Betrag in Höhe von mindestens DM 30.000,00 (= € 15.338,76) für angemessen hält. Zur Begründung führt er an, daß er es nicht hinnehmen müsse, im Wege einer Zeichnung in privaten Lebenssituationen dargestellt zu werden, die es so oder ähnlich nicht gebe. Die Vorstellung, daß er sich smokingtragend und mit weiteren derart "herausgeputzten" Familienmitgliedern unter dem Weihnachtsbaum einfinde, sei "geradezu absurd" und verfälsche sein Lebensbild erheblich. Die besondere Schwere der Verletzung ergebe sich weiterhin aus der Vereinnahmung für die kommerziellen Interessen der Beklagten ("Weihnachts-Gewinnspiel"). Eine solche Zwangskommerzialisierung stelle immer einen besonders schweren und damit entschädigungspflichtigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar, denn der Werbetreibende setze sich in diesen Fällen ganz besonders über die Selbstverständlichkeit hinweg, daß man niemanden ohne dessen Einwilligung vor den eigenen Werbekarren spannen dürfe. Darüber hinaus stehe ihm aber auch unter dem Gesichtspunkt der Hartnäckigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Geldentschädigung zu. Die bewußte und offenkundige Mißachtung des erklärten Willens des Abgebildeten gebiete eine Geldentschädigung, auch ohne daß es auf die Schwere der einzelnen Verletzungen ankomme. Die besondere Hartnäckigkeit in der Verletzungstätigkeit der Beklagten liege hier darin, daß die Beklagte sich - was unstreitig ist - bereits im Jahre 1996 im Verfahren 7 U 193/96 wegen diverser Bildnis-Veröffentlichungen vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht per Vergleich zur Zahlung von DM 30.000,- an ihn und seine Geschwister verpflichtet habe. Ebenfalls unstreitig hatten jenem Verfahren verschiedene Foto-Veröffentlichungen in folgenden Publikationen zugrunde gelegen: "Freizeit Revue" Nr.21/93, "Bunte" Nr.30/93, "Freizeit Revue" 28/94, "Freizeit Revue" 24/95 und "Bunte" Nr.3/97; im Hinblick auf drei dieser Veröffentlichungen gab die Beklagte Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab, in zwei Fällen erwirkte der Kläger einstweilige Verfügungen der Kammer.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn - den Kläger - eine Geldentschädigung nebst 8,42% Zinsen hieraus seit dem 11.11.2000 zu bezahlen, wobei die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, den Betrag von DM 30.000,- jedoch nicht unterschreiten solle.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, daß keine der Voraussetzungen für eine Geldentschädigung vorlägen. Zum einen handele es sich bei der "Weihnachtsillustration" um eine völlig harmlose Darstellung, die nicht in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreife. Der Kläger habe nicht mal vorgetragen, wann und wie er Kenntnis von der Veröffentlichung genommen habe und ob er beispielsweise darauf angesprochen worden sei. Es fehle hier auch an einem schweren Verschulden ihrerseits, da sie, die Beklagte, habe davon ausgehen dürfen, daß die Veröffentlichung zulässig sei. In den Jahren zuvor habe sie immer wieder vergleichbare Titelbilder im Rahmen der Weihnachtsausgabe veröffentlicht und auch ein Gewinnspiel angekündigt. Eine Beanstandung sei zuvor nicht erfolgt. Außerdem habe es bereits früher reale Weihnachtsbilder der monegassischen Fürstenfamilie gegeben, weshalb sie zumindest von einer Duldung habe ausgehen können. Zudem handele es sich um eine von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Satire des bekannten Zeichners Melki. Darüber hinaus handele es sich um eine fiktive Szene, was auch für den Leser erkennbar sei. Die Veröffentlichung werde auch nicht dadurch rechtswidrig, weil auf dem Titel ein Gewinnspiel angekündigt worden sei. Kein Leser werde auf die Idee kommen, daß dieses Gewinnspiel irgend etwas mit den dargestellten Persönlichkeiten zu tun habe. Außerdem habe der Kläger deutlich gemacht, daß es an einem Genugtuungsinteresse fehle, da er annähernd drei Jahre lang selbst nicht auf den Gedanken einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung gekommen sei. Die vom Kläger behauptete "Hartnäckigkeit" sei nicht gegeben. Gegenstand aller vom Kläger angeführten Verfahren seien Fotos und keine Zeichnungen offensichtlich fiktiven Charakters gewesen. Auch sei unklar, wie eine einzige Veröffentlichung, die noch dazu mehr als drei Jahre zurückliege, das Tatbestandsmerkmal der "Hartnäckigkeit" begründen solle. Schließlich sei der geltend gemachte Anspruch jedenfalls deutlich überhöht.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in diesem Rechtsstreit eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung steht dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die hier angegriffene Bildnisveröffentlichung stellt für sich betrachtet nicht eine derart schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, daß die Zahlung einer Geldentschädigung unabweislich wäre (1.). Auch bei einer Gesamtschau dieser Veröffentlichung mit den vom Kläger angeführten früheren Bildnisveröffentlichungen ist kein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung gegeben (2.).

1. Zwar verletzte die Verbreitung der den Kläger zeigenden Illustration diesen in seinem Recht am eigenen Bild, da die Veröffentlichung dieses ihn zeigenden Bildnisses ohne seine Einwilligung erfolgte, obwohl eine solche nicht entbehrlich war; zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen der Kammer in dem den Parteien bekannten Urteil vom 3. April 1998 im damaligen (Hauptsache-) Unterlassungsverfahren wegen eben dieser Illustration ( 324 0 33/98) Bezug genommen.
Aber nicht jede Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts am eigenen Bild löst einen Anspruch des Betroffenen auf Geldentschädigung gegen den Verletzer aus. Ein solcher Anspruch kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab; bei Gesamtabwägung aller Umstände muß ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung zu bejahen sein (vgl. BGH NJW 1996, 985 f; OLG Koblenz NJW 1997, 1375 f, Wanzen, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rz. 14.95; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rz. 32.20). Im vorliegenden Fall ist indes bei Abwägung aller Umstände ein derartiges unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung wegen dieser BildnisVeröffentlichung zu verneinen:

a. Allerdings handelt es sich vorliegend nicht um eine reine Bildnis-Veröffentlichung (die in der Regel einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung nicht zu begründen vermag), sondern das Bildnis des Klägers wird durch die Veröffentlichung in dem gegebenen Kontext auch zu kommerziellen, nämlich werblichen Zwecken der Beklagten vereinnahmt, denn die Abbildung des Klägers ist im vorliegenden Fall zur Illustrierung eines Preisausschreibens verwendet worden. Das von der Beklagten veranstaltete und auf der Titelseite angekündigte "Große WeihnachtsGewinn-Spiel" dient - jedenfalls in ganz gewichtigem Maße - den werblichen Interessen der Beklagten. Es soll die Aufmerksamkeit des Publikums auf das von ihr hergestellte und vertriebene Presseerzeugnis lenken und einen zusätzlichen Kaufanreiz bieten bzw. diejenigen Leser, die die Illustrierte "Bunte" schon bisher regelmäßig erworben haben, an das Blatt binden. Demgemäß haben auch etwaige Hinweise auf das Gewinnspiel werblichen Charakter; insbesondere gilt dies für die schlagzeilenmäßig aufgemachte Ankündigung auf der Titelseite "Das große WeihnachtsGewinn-Spiel Hinter jedem Sternentürchen eine tolle Überraschung", die ersichtlich dazu dient, potentielle Käufer zum Erwerb zu animieren. Um den Aufmerksamkeitswert dieser Ankündigung zu steigern, hat die Beklagte die Schlagzeile mit der in Rede stehenden, besonders ins Auge fallenden Abbildung der Familie des Klägers verbunden. Zwar macht die Beklage geltend, zwischen dem beanstandeten Bildnis bzw. den darauf abgebildeten Personen einerseits und der Ankündigung des Gewinnspiels andererseits bestehe keinerlei Zusammenhang; kein Leser werde auf den Gedanken kommen, daß die dargestellten Personen mit dem Gewinnspiel zu tun hätten. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit die Leser zu der Annahme gelangen, der Kläger und/oder eine der anderen abgebildeten Personen stünden in einer wie auch immer gearteten Beziehung zu dem Gewinnspiel, jedenfalls aber hat die Beklagte das in Rede stehende Bildnis zur Steigerung des Aufmerksamkeitswertes der Gewinnspiel-Ankündigung und damit auch für ihre eigenen kommerziellen Interessen eingesetzt. Dieser Zusammenhang zwischen dem Abdruck der Abbildung und den werblichen Zielsetzungen der Beklagten ergibt sich bereits aus den objektiven Umständen. Sowohl durch die geschaffene Einheit von Abbildung und Gewinnspiel-Ankündigung als auch durch den gemeinsamen Anlaß, an den das Bild wie auch der Titel des Gewinnspiels ("Das große Weihnachts-Gewinn-Spiel") knüpft, nämlich das - zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bevorstehende - Weihnachtsfest, wird der Zusammenhang zwischen der Abbildung und der schlagzeilenmäßigen Ankündigung des Preisaussschreibens hergestellt; diesen Zusammenhang hat die Beklagte noch verstärkt, indem sie das Bildnis auf der Titelseite in der Art eines Adventskalenders mit Türchen versehen hat, hinter denen die Preise des Gewinnspiels abgebildet sind. Bei einer derartigen Einbindung der bildlichen Darstellung in die Ankündigung des Gewinnspiels kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Abdruck des Bildnisses mitsamt den hineinmontierten Türchen - darauf zielt, der auf das Gewinnspiel hinweisenden Schlagzeile einen besonderen zusätzlichen Aufmerksamkeitswert zu verleihen, die Abbildung mithin also in gewichtiger Weise den werblichen Eigeninteressen der Beklagten dient; dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, daß die Beklagte ein - gemaltes - Bild mit einer speziell auf das Thema abgestimmten fiktiven Szene verwendet hat. Eine solche Vereinnahmung für werbliche Zwecke hat indes grundsätzlich ein deutlich höheres Gewicht als eine "schlichte" Verletzung des Rechts am eigenen Bild, weil hiermit der Betroffene ohne sein Einverständnis in eine "aufgedrängte" Beziehung zu einem Produkt gesetzt wird. Hinzu kommt, daß durch die Plazierung des Bildnisses des Klägers (auch) auf der Titelseite die "Reichweite" der Verletzung eine ungleich größere ist, als bei einer Abbildung etwa im Innenteil.
Auch dürfte der Beklagten der Vorwurf eines nicht ganz unerheblichen Verschuldens zu machen sein; die Verletzung der Rechte des Klägers erfolgte (wenigstens) grob fahrlässig. Daß die Veröffentlichung des fraglichen Bildnisses unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt sein konnte, hätte der Beklagten bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auffallen müssen.
b. Genau der oben genannte Umstand - Abdruck auf der Titelseite - indes relativiert das Gewicht dieser grundsätzlich erheblichen Verletzung des Rechts des Klägers am eigenen Bild wiederum in nicht geringem Maße. Denn um eine rein werbliche Vereinnahmung handelt es sich damit eben nicht (die im übrigen entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht per se und stets einen Anspruch auf eine Geldentschädigung begründen würde). Zwar soll eine jede Titelseite - insbesondere eine solche wie die vorliegend angegriffene - eine Kaufentscheidung zugunsten des jeweiligen Blattes befördern, sie stellt aber ihrerseits auch selbst einen besonders wichtigen Teil des Produkts "Presseorgan" dar. Das Titelblatt einerjeden Zeitung und einer jeden Illustrierten ist nämlich das "Aushängeschild" des Blattes (vgl. BGH AfP 1995, 411, 413 - Caroline von Monaco I), es prägt die Identität eines Publikationsorgans, dient dem Leser als Erkennungsmerkmal und enthält diejenigen Mitteilungen, die den jeweiligen Verantwortlichen aus publizistischen und werbestrategischen Gründen besonders wichtig erscheinen (BVerfG AfP 1998, 184, 186 Gegendarstellung auf der Titelseite). Es liegt also in der Natur der Sache, daß mit einer jeden Titelseite (auch) die Absicht verfolgt wird, beim Publikum für den Kauf des jeweiligen Blattes zu werben. Dies gilt gerade für "Boulevardzeitschriften", die in der Regel nicht im Abonnement verkauft werden und für die daher der Titelseite eine besondere Bedeutung als Kaufanreiz zukommt (vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rz. 29.55). Die Gestaltung eines Titelblattes nimmt daher insgesamt in besonderem Maße am Grundrecht der Pressefreiheit teil. Die mit einer jeden Gestaltung des Titelblattes einhergehende werbliche Wirkung läßt sich aber demnach nicht isoliert bestimmen und kann daher grundsätzlich nicht - in ihrem "Wirkbereich" - zu einer partiellen Aufhebung dieses Schutzes führen. Mit anderen Worten: Auch die Gestaltung einer Titelseite einzig mit den schlichten Worten "Kaufen Sie dieses Heft!", denen evident keinerlei Informationsgehalt zukommt (außer der Tatsache, daß der Verlag die entsprechende Publikation zu verkaufen sucht), genießt prinzipiell den besonderen Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG. Damit indes erweist sich auch die Ankündigung eines Gewinnspieles auf der Titelseite eines Presseerzeugnisses - der ebenfalls kein darüber hinausgehender Informationsgehalt zukommen dürfte - als Teil der vom Grundgesetz geschützten pressemäßigen Betätigung. Eine isolierte Betrachtung einer solchen Ankündigung als quasi neben der "eigentlichen" publizistischen Tätigkeit stehende "kommerzielle" Bemühung zur Absatzsteigerung läßt sich mit dem Regelungsgehalt und der Bedeutung des Art. 5 GG gerade für den Bereich der Titelseitengestaltung nicht vereinbaren; dies schon deshalb, weil jegliche publizistische Betätigung im Bereich der Massenmedien jedenfalls auch der Gewinnerzielung dient. Trotz der weitgehend werblichen Zwecken dienenden Gestaltung des hier in Frage stehende Titelblattes ist demnach im Rahmen der Gesamtabwägung, die bei der Prüfung eines Anspruchs auf Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, nicht zu vernachlässigen, daß hier für die Beklagte in gewissem, nicht gänzlich unbedeutendem Maße die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit streitet, auch wenn bei der erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Grundrechte verschiedenen Inhalten je nach deren Bedeutung für den öffentlichen Meinungsbildungsprozeß ein erheblich unterschiedliches Gewicht zukommt.

Hinzu kommt, daß weitere Gesichtspunkte im Rahmen der Gesamtabwägung gegen die Bejahung eines unabwendbaren Bedürfnisses nach Zuerkennung einer Geldentschädigung sprechen: Im Rahmen der Titelseitengestaltung nimmt das Bildnis des Klägers verhältnismäßig wenig Raum ein. Das Titelblatt ist zum großen Teil vom Bildnis seiner - auch farblich hervorgehobenen - Mutter bestimmt, der Kläger hingegen ist hinter Emst August Prinz von Hannover stehend abgebildet. Die streitgegenständliche Abbildung selbst zeigt den Kläger in einer ersichtlich fiktiven Situation, so daß ein Eingriff in seine besonders geschützte Privatsphäre hierin nicht zu sehen ist; der durchschnittliche Leser wird hierin keine realistische Darstellung des Weihnachtsfestes der Familie des Klägers sehen; dies wird dem Leser zudem in der Bildunterschrift zum (weiteren) Abdruck dieses Bildnisses im Innenteil des Heftes auch ausdrücklich mitgeteilt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Art der Darstellung als solche auch nicht evident ehrenrührig; er wird jedenfalls nicht in eklatanter Weise bloßgestellt oder der Lächerlichkeit preisgegeben; ob man die dargestellte Situation oder Aufmachung als "absurd" empfindet, ist eher eine Geschmacksfrage.

Bei der gebotenen Abwägung ist auch von Gewicht, daß der Kläger gerichtsbekanntermaßen - vor und nach der streitgegenständlichen Veröffentlichung von seiner Mutter zumindest gelegentlich, insbesondere anläßlich repräsentativer Auftritte der Familie, der Öffentlichkeit präsentiert und keineswegs vollständig vom Interesse der Öffentlichkeit abgeschirmt worden war. Auch damit kommt der rechtswidrigen Veröffentlichung seines Bildnisses gegen seinen Willen trotz des erheblichen Verschuldens der Beklagten jedenfalls kein derartiges Gewicht zu, daß alleine deshalb ein unabweisbares Bedürfnis nach der Zuerkennung einer Geldentschädigung besteht.

2. Aber auch aus einer Gesamtschau der vorliegenden Veröffentlichung mit den vom Kläger angeführten weiteren Bildnis-Veröffentlichungen ergibt sich keine derart schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers, daß dies die Zu erkennung einer Geldentschädigung geböte. Zwar kann in der wiederholten und hartnäckigen Verletzung des Rechts am eigenen Bild eine so schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, daß die Zubilligung einer Geldentschädigung geboten ist, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich genommen - nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Denn wenn sich die Rechtsverletzung in einem solchen Fall nicht darin erschöpft, daß mehrmals in rechtswidriger Weise Bildnisse veröffentlicht werden, sondern sie dadurch besonderes Gewicht erhält, daß der Verletzer das Persönlichkeitsrecht durch die wiederholte rechtswidrige Veröffentlichung mit besonderer Hartnäckigkeit verletzt und sich dabei über den ihm mehrfach ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen des Betroffenen hinweggesetzt hat, tritt zu dem wiederholten Rechtsbruch des Verletzers die bewußte und offenkundige Mißachtung des erklärten Willens des Betroffenen hinzu, was als besonders verwerflich erscheint, wenn der Verletzer um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen handelt (vgl. BGH AfP 1996, 138, 139 f [= NJW 1996, 985 ff]).
Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, läßt sich indes dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Auch in den Fällen, in denen ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf eine wiederholte, sich über den entgegenstehenden Willen des Betroffenen hartnäckig hinweg setzende Verletzung des Bildnisrechts gestützt wird, gilt der allgemeine Grundsatz, daß nicht jede Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - und damit auch nicht jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild - einen Anspruch auf eine Geldentschädigung gegen den Verletzer auslöst, sondern ein solcher Anspruch nur dann in Betracht kommt, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, was wiederum von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens abhängt (BGH aaO S. 139 rSp.). Hier ist nicht erkennbar, ob aufgrund der Situationen, in denen der Kläger in den genannten Veröffentlichungen abgebildet worden war, oder aufgrund sonstiger Umstände in der Veröffentlichung der einzelnen, vom Kläger angeführten Bildnisse selbst ein objektiv besonders schwerwiegender Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht gesehen werden kann; der Kläger hat jene Fälle nur ganz kurz skizziert. Hinzu kommt, daß sich alleine aus der - von der Beklagten nicht bestrittenen - Tatsache, daß sie auf Abmahnungen des Klägers in dreien der aufgeführten Fälle eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatte, nicht zwingend schließen läßt, daß die jeweilige Veröffentlichung überhaupt tatsächlich rechtswidrig gewesen war.

Ist demnach nicht dargelegt, daß Bedeutung und Tragweite des gesamten Eingriffs als mehr als nur gering zu bewerten sind, so kann dem Betroffenen eine Geldentschädigung nur zuerkannt werden, wenn den Verletzer der Vorwurf einer schweren Schuld trifft (vgl. BGHZ 35, 363, 369). Der Kläger hat aber ebenfalls nicht hinreichend vorgetragen, daß die Veröffentlichung der hier angeführten Bildnisse die objektiven Voraussetzungen eine nach der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als "hartnäckig" zu qualifizierenden Rechtsverletzung - und damit eine besonders verwerfliche bewußte und offenkundige Mißachtung des erklärten Willens des Klägers darstellte. Der Bundesgerichtshof hatte dies in der genannten Entscheidung bejaht für den Fall, daß einer (am 28. April des betreffenden Jahres erfolgten) Bildnisrechtsverletzung kurz zuvor drei (zwischen dem 6. und dem 27. Januar des Jahres erfolgte) gleichartige Rechtsverletzungen und deren Abmahnungen sowie daraufhin (zwischen dem 4. Februar und 12. März) abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärungen oder erwirkte einstweilige Verfügungen vorausgegangen waren. Hier dagegen haften zwischen den einzelnen angeführten - insgesamt fünf - früheren Veröffentlichungen doch längere Zeiträume gelegen, stammen doch zwei Veröffentlichungen aus dem Jahre 1993, jeweils eine aus 1994 und 1995 und die dann folgende datiert auf Anfang 1997. Bis zur hier streitgegenständlichen Veröffentlichung verging dann nochmals nahezu ein weiteres Jahr. Alleine aus einer solchen, entgegen der Ansicht des Klägers eben keineswegs "nahezu lückenlosen Verletzungskette" läßt sich aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine entsprechende offenkundige Mißachtung des Willens des Klägers durch die Beklagte schließen. So ist nicht ersichtlich, ob es in den "Intervallen" zwischen den aufgeführten Bildnis-Veröffentlichungen weitere Veröffentlichungen von Fotos des Klägers gegeben hatte, gegen die er - aus welchen Gründen auch immer - nicht vorgegangen war. Schon dieser Umstand könnte gegen eine für die Zuerkennung einer Geldentschädigung hinreichende "feindliche" Willensrichtung der Beklagten sprechen. Ebensowenig läßt sich erkennen, ob der Beklagten in jedem einzelnen der vom Kläger angeführten "früheren" Fälle überhaupt ein Verschulden vorzuwerfen war und wie gravierend dieses gegebenenfalls jeweils gewesen sein mag; durfte die Beklagte in den aufgeführten Fällen mit einem gewissen Recht annehmen, zur Veröffentlichung der jeweiligen Fotos berechtigt gewesen zu sein, oder konnte man zum jeweiligen Zeitpunkt der Veröffentlichung mit gutem Grund über die Rechtslage im Unklaren sein, so wäre ebenfalls der Vorwurf hinreichend schwerer Schuld nicht begründet. Schließlich kann bei der Prüfung einer "hartnäckigen" Verletzung des Bildnisrechts des Klägers die hier streitgegenständliche Veröffentlichung eines gezeichneten Bildnisses in einer fiktiven Situation auch nicht in eine Reihe mit den angeführten "früheren" BildnisVeröffentlichungen gestellt werden. Denn die Veröffentlichung von Fotos stellt demgegenüber eine deutlich unterschiedene Form der Verletzung des Rechts am eigenen Bild dar; der Kläger selbst hat vorgetragen, daß die "früheren" Bildnis-Veröffentlichungen sämtlich Fotos waren. Aus einer solchen, dem Charakter nach andersartigen Bildnis-Veröffentlichung ließe sich aber jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine durchgängig bewußte Mißachtung des Willens des Klägers schließen. Nach allem läßt sich nicht feststellen, daß die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Geldentschädigung aus dem Gesichtspunkt der "Hartnäckigkeit" vorliegen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Buske

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 08.07.05
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