"Wiederholung untersagter Äußerungen im Internet"
Landgericht Hamburg Beschluß vom 25. Februar 1997 Geschäfts-Nr.: 324 O 469/96 In Sachen (...) beschließt das Landgericht Hamburg: Gegen den Schuldner wird wegen Zuwiderhandlung gegen das in der einstweiligen Verfügung vom 9. September 1996 ausgesprochene Verbot, in Bezug auf den Antragsteller zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen: "einer der größten Schweine"; sowie in Bezug auf die Entführer des Antragstellers: "Viel Glück, - wer immer Ihr auch seid!" gemäß § 890 Abs. l ZPO ein Ordnungsgeld von DM 5.000,-, ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je DM 250,-- ein Tag Ordnungshaft verhängt. Die Kosten des Bestrafungsverfahrens trägt der Schuldner nach einem Streitwert von DM 10.000,--. Gründe:Das verhängte Ordnungsmittel ist gemäß § 890 Abs. l ZPO gerechtfertigt. Der Schuldner hat schuldhaft gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen, die ihm mit der einstweiligen Verfügung vom 9. September 1996 auferlegt worden ist. Soweit der Gläubiger seinen Antrag in der Antragsschrift vom 12. Februar 1997 als Antrag gemäß § 888 ZPO bezeichnet hat, ist er in einen Antrag gemäß § 890 ZPO umzudeuten, da der Gläubiger offensichtlich die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner erstrebt, weil er, der Schuldner, nach Ansicht des Gläubigers gegen seine Unterlassungsverpflichtung verstoßen hat. Die dem Schuldner zur Last fallende Zuwiderhandlung liegt darin, daß er unstreitig nach der an ihn am 10. eptember 1996 erfolgten Zustellung der einstweiligen Verfügung (vgl. Anlage ZV l) im Internet u.a. verbreitet hat: "Die letzte Ausgabe, Nr.l2/Mai 96, ist im Oktober im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen mich bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt wurden. Ich darf sie unter Androhung einer Strafe von 500.000 DM oder ersatzweise 2 Jahre Knast nicht mehr verbreiten. Ganz konkret geht es um das Vorwort und einige Äußerungen, die ich dort vertreten habe. Wie ihr Euch erinnern werdet, habe ich Jan Philipp Reemtsma als 'eines der größten Schweine' bezeichnet und seinen 'Entführern viel Glück' gewünscht." (Anlage ZV 2). Der Schutzumfang eines Unterlassungstitels erstreckt sich auf alle Verletzungshandlungen, die der Verkehr als gleichwertig ansieht und bei denen die Abweichungen den Kern der Verletzungshandlung unberührt lassen (vgl. Stöber in: Zöller, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Auflage, Rn 3). Um eine solche Verletzungshandlung handelt es sich hier. Mit der Mitteilung im Internet hat der Schuldner gegen die ihm auferlegte Unterlassungsverpflichtung verstoßen, da er die verbotenen Äußerungen wortgleich wiederholt hat. Zu Unrecht beruft er sich darauf, daß kein Verstoß vorliege, da es sich nur um eine Berichterstattung über das einstweilige Verfügungsverfahren handele. Der Schuldner übersieht nämlich hierbei, daß ihm verboten worden ist, die inkriminierten Äußerungen erneut zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen. Allein in der Wiedergabe des Tenors der einstweiligen Verfügung vom 9. September 1996 liegt aber bereits ein Verbreiten der verbotenen Äußerungen. Es ist nämlich für ein Verbreiten nicht erforderlich, daß die Aussage - wie der Schuldner meint - einen impulsiven oder übelwollenden Charakter hat. Unbehelflich sind auch die Einwände des Schuldners, daß der Gläubiger eine Berichterstattung über das einstweilige Verfügungsverfahren hinnehmen müsse, da er eine "hervorstechende Person des öffentlichen Lebens" sei, und er, der Schuldner, seinen Lesern mitteilen dürfe, welche Äußerungen ihm untersagt worden seien, da sonst die Gefahr bestünde, daß diese unter Berufung auf ihn, den Schuldner, ebenfalls diese Äußerungen aufstellten. Dem Schuldner ist durch die einstweilige Verfügung untersagt worden, die streitigen Äußerungen zu wiederholen. An dieses Verbot muß er sich halten und kann es nicht "auf kaltem Wege" dadurch umgehen, daß er nunmehr über das einstweilige Verfügungsverfahren berichtet, weil er meint, daran bestehe ein allgemeines Interesse. Auch der weitere Einwand des Schuldners, auch bei Inanspruchnahme auf Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs hätte er den Wortlaut in der Widerrufserklärung wiederholen müssen, liegt neben der Sache, weil der Schuldner verkennt, daß einem Widerruf nur unwahre Tatsachenbehauptungen zugänglich sind, nicht indes - wie hier - beleidigende Meinungsäußerungen. Der Schuldner hat den Verstoß schuldhaft begangen, da er sich nicht der auch für einen juristischen Laien naheliegenden Erkenntnis verschließen durfte, daß das gerichtliche Verbot nicht dadurch unterlaufen werden kann, daß er über den Verbotsgegenstand der einstweiligen Verfügung berichtet. Bei Abwägung aller Umstände hält die Kammer angesichts des nicht geringen Verschuldens des Schuldner und insbesondere des ümstandes, daß die beanstandete Äußerung aufgrund ihrer Verbreitung im Internet einen großen Verbreitungsgrad hat, die Verhängung eines Ordnungsgeldes von DM 5.000,- für den erstmaligen Verstoß für erforderlich, aber auch ausreichend, um den Schuldner fortan zur Beachtung des gerichtlichen Verbots anzuhalten. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 788 Abs. l, 91 Abs. l ZPO.
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Rolf Schälike |