In dem Verfahren
...
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Prof. Dr. Robert Schweizer und Kollegen, Arabellastraße
21, 81925 München,
gegen
...
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein sowie die
Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke und Cassardt ohne mündliche
Verhandlung am 16. Oktober 2007
beschlossen:
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Landgerichts Passau vom 23. August 2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000,- €
festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist als Rechtsanwalt im Bereich des Presserechts
tätig. Der Antragsgegner betreibt ein Einzelunternehmen mit Sitz in
Passau,
über das er im Internet redaktionelle Beträge veröffentlicht. In diesem
Rahmen berichtete er unter anderem unter der Überschrift Staatsanwalt
prüft […] (vgl. ASt 2) über den Geschäftsführer einer kommunalen
Gesellschaft in Passau. Dieser (im Folgenden: der Betroffene) mandatierte
den Antragsteller.
Dessen Kanzlei wandte sich mit Schreiben vom 16. Juli 2007 (vgl. Anlage
ASt 3) an den Antragsgegner. Darin wurden mehrere Aspekte der
Berichterstattung durch den Antragsgegner gerügt und angekündigt, der
Betroffene werde sich in geeigneter Form gegen alle unwahren
Behauptungen und falschen Verdächtigungen zur Wehr setzen, die der
Antragsgegner über ihn aufstelle und verbreite; im vorliegenden Fall
könne ein erheblicher Schaden entstehen, weil der Betroffene auf Grund
der rechtswidrigen Presseäußerungen beruflich benachteiligt oder in
seinem beruflichen Fortkommen behindert werden könne.
Der Antragsgegner wurde in dem Schreiben aufgefordert, die
publizistischen Mindeststandards für eine Verdachtsberichterstattung
einzuhalten und den Betroffenen nicht in einem falschen Licht erscheinen
zu lassen. Das zwei unleserliche Unterschriften aufweisende Schreiben
enthielt folgenden letzten Absatz:
Zuletzt: Dieser Brief dient lediglich der Kommunikation mit Ihnen. Wir
sind nicht damit einverstanden, dass Sie ihn vollständig oder Teile
daraus veröffentlichen oder seinen Inhalt öffentlich wörtlich oder
sinngemäß verbreiten.
Der Antragsgegner antwortete dem Antragsteller mit Schreiben vom 19.
Juli 2007 (vgl. Anlage ASt 4), dass er dem Wunsch, den Inhalt des
Schreibens vertraulich zu behandeln, nicht nachkommen könne; in jenem
besonderen Fall sei alles von öffentlichem Interesse. Der Antragsteller
habe einem Journalisten und keinem Pfarrer mit Beichtgeheimnis
geschrieben.
Der Antragsteller hat durch diese Äußerung die Gefahr begründet gesehen,
der Antragsgegner werde den Inhalt des Schreibens vom 16. Juli 2007
bekannt machen. Dadurch würden sein Persönlichkeitsrecht und sein Recht
auf freie Berufsausübung verletzt werden.
Er hat beantragt,
dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln
zu untersagen,
das anwaltliche Schreiben des Antragstellers vom 16. Juli
2007 ganz oder teilweise zu veröffentlichen oder seinen Inhalt
öffentlich wörtlich oder sinngemäß zu verbreiten.
Mit Beschluss vom 23. August 2007, auf dessen tatsächliche
Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Antrag
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass
der Antragsteller den geltend gemachten Verfügungsanspruch weder auf
Urheberrecht noch auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts
stützen könne.
Voraussetzung für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit eines
Anwaltsschriftsatzes sei, dass die in ihm enthaltenen Leistungen über
das bloße routinemäßige Schaffen hinausgingen; dass sei bei dem
streitgegenständlichen Schreiben nicht der Fall.
Auch wenn unterstellt werde, dass der Antragsteller Verfasser des
Schreibens sei, obwohl er das nicht glaubhaft gemacht habe, sei ein
Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung dessen
Persönlichkeitsrechts nicht gegeben, da dieses Recht bei der gebotenen
Abwägung mit der Pressefreiheit nicht überwiege.
Das Schreiben stelle einen Versuch dar, die Presse einzuschüchtern, ohne
den Weg zu gehen, der üblicherweise gegangen werde (Einfordern einer
Gegendarstellung oder Unterlassungserklärung); ein anderer Sinn als der
der Einschüchterung sei nicht zu erkennen, denn wenn die Sachdarstellung
des Betroffenen nicht in der Öffentlichkeit publik gemacht werden solle,
stelle sich die Frage, warum diese andere Darstellung überhaupt dem von
Berufs wegen Öffentlichkeitsarbeit leistenden Antragsgegner bekannt
gemacht worden sei.
Gegen diesen ihm am 28. August 2007 zugestellten Beschluss wendet sich
der Antragsteller mit seiner am 12. September 2007 eingegangenen
sofortigen Beschwerde. Zu seiner Aktivlegitimation führt er aus, es sei
nicht notwendig, dass er dass Schreiben selbst verfasst habe. Betroffen
seien alle auf dem Kanzleipapier aufgeführten Rechtsanwälte; die
Betroffenheit ergebe sich allein daraus und aus der Tatsache, dass die
Kanzlei nach ihm benannt sei und er deren Inhaber sei.
Er habe das streitgegenständliche Schreiben auch links unterschrieben
und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er neben dem Rechtsunterzeichner
Verfasser des Schreibens sei. Urheberrechtlich streite auch § 10 UrhG
für seine Urheberschaft. Das Schreiben sei urheberrechtlich schutzfähig,
da es nicht mit einem einfachen Brief zu vergleichen sei, der auf
Routine beruhe und alltäglichen Rechtsfällen oder Sachverhaltsproblemen
entspreche.
Es handele sich dabei um ein presserechtliches Warnschreiben. Solche
Warnschreiben seien gerade nicht alltäglich; sie erforderten eine
Herausarbeitung der wesentlichen Elemente des presserechtlich relevanten
Sachverhalts, Hinweise auf Verstöße gegen publizistische Grundsätze oder
sonstige Rechtsvorschriften und einen Hinweis auf die Folgen neuer
Verstöße.
Deswegen habe das streitgegenständliche Schreiben eine besondere
Eigenart im Aufbau der Darstellung und gehe über den Charakter des
Alltäglichen und des Handwerksmäßigen hinaus. Es liege auch eine
Verletzung seines - des Antragstellers - allgemeinen
Persönlichkeitsrechts vor; zur Begründung beruft er sich auf die
Ausführungen in einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. April 2006 -
27 O 162/06, wonach ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung
eines anwaltlichen Abmahnschreibens, das dem Schutz des
Persönlichkeitsrechts dessen Verfassers vorginge, nicht gegeben sei.
Er beantragt,
unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses dem
Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, das
anwaltliche Schreiben des Antragstellers vom 16. Juli 2007 ganz oder
teilweise zu veröffentlichen oder seinen Inhalt öffentlich wörtlich oder
sinngemäß zu verbreiten.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 11.
September 2007 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, es
handele sich bei dem streitgegenständlichen Schreiben nicht um ein
"presserechtliches Informationsschreiben", das wie eine Schutzschrift im
Vorfeld denkbarer Veröffentlichungen versandt werde, sondern um eine
konkrete Stellungnahme zu einem konkreten Vorfall, den der Antragsgegner
zum Gegenstand seiner Berichterstattung gemacht habe.
Der Antragsteller habe sich damit nur zum Sprachrohr des Betroffenen
gemacht und eine von der Ablaufschilderung des Antragsgegners
abweichende Darstellung gegeben. Dadurch, dass er nunmehr ein Verbot der
Wiedergabe der anwaltlich vermittelten Darstellung begehre, setze er
sich in Widerspruch zum Zweck des Schreibens, den Antragsgegner von der
weiteren Verbreitung seiner Darstellung zum tatsächlichen Ablauf
abzuhalten, was zwingend eine Auseinandersetzung mit der Darstellung des
Betroffenen voraussetze. Mit der Intention des Schreibens lasse sich ein
Vorrang des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers vor einer
Veröffentlichung im Lichte der Pressefreiheit nicht rechtfertigen.
Wegen des weiteren Vorbringens des Antragstellers wird auf dessen
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet, da dem
Antragsteller der geltend gemachte Verfügungsanspruch nicht zusteht.
1.
Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG und einer
entsprechenden Anwendung des § 1004 Abs. 1 BGB.
a) Das Schreiben vom 16. Juli 2007 genießt keinen urheberrechtlichen
Schutz.
aa) Auch Anwaltsschriftsätze sind als Schriftwerke grundsätzlich nach §
2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG dem Urheberrechtsschutz zugänglich. Sie sind
grundsätzlich dem (rechts-) wissenschaftlichen und nicht dem
literarischen Bereich zuzuordnen. Bei wissenschaftlichen Werken findet
der erforderliche geistig-schöpferische Gehalt seinen Niederschlag und
Ausdruck in erster Linie in der Form und Art der Sammlung, Einteilung
und Anordnung des dargebotenen Stoffes und nicht ohne weiteres auch -
wie meist bei literarischen Werken - in der Gedankenformung und -führung
des dargebotenen Inhalts.
Die Frage, ob ein Schriftwerk einen hinreichenden schöpferischen
Eigentümlichkeitsgrad besitzt, bemisst sich dabei nach dem
geistig-schöpferischen Gesamteindruck der konkreten Gestaltung, und zwar
im Gesamtvergleich gegenüber vorbestehenden Gestaltungen. Lassen sich
nach Maßgabe des Gesamtvergleichs mit dem Vorbekannten schöpferische
Eigenheiten feststellen, so sind diese der durchschnittlichen
Gestaltertätigkeit gegenüberzustellen.
Die Urheberrechtsschutzfähigkeit erfordert ein deutliches Überragen des
Alltäglichen, des Handwerksmäßigen, der mechanisch-technischen
Aneinanderreihung des Materials (vgl. BGH GRUR 1986, 739 [740] -
Anwaltsschriftsatz m.w.N.).
bb) Das Schreiben vom 16. Juli 2007 ist als anwaltliche Stellungnahme
für einen Mandanten unabhängig davon als Anwaltsschriftsatz anzusehen,
dass es nicht an ein Gericht oder eine Behörde gerichtet ist. Zu Recht
ist das Landgericht allerdings im Ergebnis davon ausgegangen, dass
diesem Schreiben die für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit
erforderlichen deutlich überragenden Elemente im Sinne der
Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs nicht zukommen.
Der Antragsteller trägt selbst vor, welche Anforderungen an ein
Schreiben der streitgegenständlichen Art sich aus dessen Funktion
zwangsläufig ergeben. Enthielte ein presserechtliches Warnschreiben
nicht eine Herausarbeitung der wesentlichen Elemente des presserechtlich
relevanten Sachverhalts, Hinweise auf Verstöße gegen publizistische
Grundsätze oder sonstige Rechtsvorschriften und einen Hinweis auf die
Folgen neuer Verstöße, so könnte es seine Funktion nicht - vollständig -
erfüllen und wäre handwerklich misslungen.
Die Einhaltung dieser Anforderungen stellt daher für sich genommen
keinen Umstand dar, der ein deutliches Überragen des Handwerklichen
begründen könnte. Keinesfalls kommt es darauf an, dass die Kategorie des
presserechtlichen Warnschreibens nicht alltäglich sein mag.
Dieser Umstand kann nicht die Annahme einer schöpferischen Leistung
hinsichtlich jedes einzelnen in diese Kategorie fallenden Textes
begründen; vielmehr müsste das streitgegenständliche Schreiben im
Gesamtvergleich mit vorbestehenden Schreiben eben dieser Art
gestalterisch deutlich überragend anzusehen sein. Derartige Eigenheiten
des Schreibens, die eine schöpferische Leistung darstellen könnten (vgl.
dazu OLG Düsseldorf NJW 1989, 1162 f.), sind weder vom Antragsteller
vorgetragen noch sonst ersichtlich.
b) Im Übrigen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, in einer
Weise an der Abfassung des Schreibens mitgewirkt zu haben, die seine
Stellung als Schöpfer des Werks (§ 7 UrhG) begründen könnte. Seine
Ausführungen vermeiden vielmehr gerade jeden Vortrag zu einem von ihm
stammenden Beitrag bei der Abfassung des Schreibens. Auch der Verweis
auf § 10 UrhG ist insoweit unergiebig, da diese Vorschrift lediglich den
Nachweis der Urheberschaft erleichtert, die Behauptung der Urheberschaft
stützenden Sachvortrag aber nicht ersetzt.
2.
Der Antragsteller kann seinen Anspruch auch nicht daraus herleiten, dass
eine Wiedergabe des Schreibens seine freie Berufsausübung oder sein
allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen würde, selbst wenn
unterstellt wird, dass er zumindest Mitverfasser des Schreibens sei.
a) Für diese vom Antragsteller in Anspruch genommenen Rechtspositionen
gilt Folgendes:
aa) Art. 12 Abs. 1 GG schützt das Recht, den Beruf frei zu wählen und
frei auszuüben. "Beruf" ist dabei jede Tätigkeit, die auf Dauer
berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient.
In der bestehenden Wirtschaftsordnung umschließt das Freiheitsrecht des
Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG das berufsbezogene Verhalten der Unternehmen am
Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs.
Insoweit sichert die Vorschrift die zu Erwerbszwecken erfolgende
Teilhabe am Wettbewerb (vgl. BVerfG NJW-RR 2004, 1710 [1711] -
gerlach-report m.w.N.). Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt allerdings kein
Recht, von anderen nur so dargestellt zu werden, wie man gesehen werden
möchte oder wie man sich und seine Produkte selber sieht (vgl. BVerfG
NJW 2002, 2621 [2622] - Glykolwein).
Dagegen schützt Art. 12 Abs. 1 GG Berufstätige in dieser Betätigung vor
inhaltlich unzutreffenden Informationen oder vor Wertungen, die auf
sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, wenn
der Wettbewerb in seiner Funktionsweise durch sie gestört wird und sie
in der Folge den betroffenen Wettbewerber in der Freiheit seiner
beruflichen Tätigkeit beeinträchtigen (vgl. BVerfG, a.a.O., -
gerlach-report m.w.N.).
Diese Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG erfolgt jedoch nicht
uneingeschränkt, sondern kann durch berechtigte Interessen des sich
Äußernden gerechtfertigt sein; bei der deshalb gebotenen Abwägung ist
insbesondere dessen Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu
berücksichtigen (vgl. BVerfG, a.a.O., - gerlach-report m.w.N.).
bb) Das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerte und als
sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine
Persönlichkeitsrecht gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre
und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Sein Inhalt ist nicht
allgemein und abschließend umschrieben.
Eine wesentliche Gewährleistung ist der Schutz vor Äußerungen, die
geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere
ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken (vgl. BVerfG NJW 2006, 207 -
"IM-Sekretär" Tz. 25 m.w.N.). Derartige Äußerungen gefährden die von
Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete freie Entfaltung der Persönlichkeit,
weil sie das Ansehen des Einzelnen schmälern, seine sozialen Kontakte
schwächen und infolgedessen sein Selbstwertgefühl untergraben können.
Auch wahre Berichte können das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen
verletzen, wenn die Folgen der Darstellung für die
Persönlichkeitsentfaltung schwerwiegend sind und die Schutzbedürfnisse
das Interesse an der Äußerung überwiegen (vgl. BVerfG NJW 2004, 3619 f.
m.w.N.). Allerdings reicht auch der Schutz dieses Grundrechts nicht so
weit, dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verliehe, in der
Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht
oder von anderen gesehen werden möchte (vgl. BVerfG NJW 1999, 1322
[1323] - Helnwein).
Das Grundrecht entfaltet seinen Schutz vielmehr gegenüber solchen
Darstellungen, die das Persönlichkeitsbild des Einzelnen in der
Öffentlichkeit verfälschen oder entstellen oder seine
Persönlichkeitsentfaltung, etwa durch die von ihr ausgehenden
Stigmatisierungsverfahren, erheblich beeinträchtigen (vgl. BVerfG NJW
2000, 1859 [1860] m.w.N.).
Auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht schrankenlos
gewährleistet, sondern findet seine Schranken in den Rechten anderer, zu
denen die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gehört. Geht es -
wie im Streitfall - um die rechtliche Bewertung des Inhalts einer
bestimmten Äußerung, ist ungeachtet des Verbreitungsmediums diese
Vorschrift einschlägig, nicht etwa die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1
Satz 2 GG.
Für den Schutz der Persönlichkeit des Einzelnen können sich insbesondere
aus dem entgegenstehenden Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit
Einschränkungen ergeben. Insoweit bedarf es einer Güterabwägung im
Einzelfall (vgl. BVerfG NJW 2004, 590 [591] m.w.N.).
cc) Aus dem sowohl für die Berufsfreiheit als auch das allgemeine
Persönlichkeitsrecht geltenden Gebot der Einzelfallabwägung ergibt sich,
dass ein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu
zitieren, nicht in Betracht kommt (vgl. KG NJW-RR 2007, 842 im Verfahren
über die Berufung gegen das vom Antragsteller angeführte Urteil des
Landgerichts Berlin).
b) Im Streitfall kann kein Überwiegen der Belange des Antragstellers und
damit weder eine Verletzung der Freiheit der Berufsausübung des
Antragstellers noch eine Verletzung dessen allgemeinen
Persönlichkeitsrechts festgestellt werden.
aa) Es erscheint schon fraglich, ob durch die Handlungen, deren Verbot
der Antragsteller begehrt, die Freiheit der Berufsausübung oder das
allgemeine Persönlichkeitsrecht berührt würden.
Durch die öffentliche Wiedergabe des Schreibens vom 16. Juli 2007 würden
über den Antragsteller keinesfalls andere personenbezogene Daten
preisgegeben als die Tatsache, dass er als Rechtsanwalt des Betroffenen
Verfasser dieses Schreibens ist. Inwiefern durch die Veröffentlichung
allein dieser Information die Freiheit der beruflichen Tätigkeit oder
das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers verletzt sein
könnten, ist nicht erkennbar (vgl. BVerfG NJW 2000, 2416 [2417]).
Weder würde damit eine Stigmatisierung des Antragstellers einhergehen
noch eine Verfälschung oder Entstellung dessen Persönlichkeitsbilds in
der Öffentlichkeit. Im Übrigen geht der Antrag noch darüber hinaus, da
er nicht nur auf die Veröffentlichung in einer Weise gerichtet ist, die
den Antragsteller als dafür Verantwortlichen erkennen lässt, sondern
auch solche Veröffentlichungen - etwa in Auszügen - erfasst, die keinen
Hinweis darauf enthalten, aus welcher Kanzlei das Schreiben stammt.
bb) Der Antragsteller begehrt nicht nur das Verbot einer bestimmten
Äußerung in einem konkreten Zusammenhang, wie es etwa Gegenstand des
erwähnten Urteils des Kammergerichts (NJW-RR 2007, 842) war, sondern
schlechthin jede Veröffentlichung. Das dafür erforderliche generelle
Überwiegen der Belange des Antragstellers über die Belange des
Antragsgegners kann im Streitfall nicht festgestellt werden.
Bei der Abwägung zwischen dem Informationsinteresse an einer
Berichterstattung über Straftaten oder ähnliche Verfehlungen und den
Belangen des Persönlichkeitsschutzes verdient für die tagesaktuelle
Berichterstattung das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang
selbst hinsichtlich der Belange desjenigen, der von den Vorwürfen
betroffen ist.
Allerdings muss die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts im
angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner
sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen. Dabei kann davon
ausgegangen werden, dass ein an sich geringes Interesse der
Öffentlichkeit an Informationen über leichte Verfehlungen durch
Besonderheiten etwa in der Person des Täters oder des Tathergangs
aufgewogen werden kann (vgl. BVerfG NJW 2006, 2835 Tz. 11 m.w.N.).
In Fällen, in denen sogar der vom Vorwurf einer Verfehlung Betroffene es
hinnehmen muss, dass über ihn berichtet wird, kann nicht angenommen
werden, dass für Schriftsätze eines in dessen Auftrag handelnden
Rechtsanwalt, dessen Belange allenfalls in wesentlich geringerem Maße
berührt werden, anderes gelten könne.
Ungeachtet der Frage, inwieweit es nach presserechtlichen Grundsätzen
sogar geboten ist, eine Stellungnahme des Betroffenen zu den Vorwürfen
einzuholen, kann jedenfalls ein vorrangiges Informationsinteresse auch
daran bestehen, die Sichtweise des Betroffenen kundzutun, damit sie im
Meinungsbildungsprozess berücksichtigt werden kann. Weder die Freiheit
der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers noch dessen allgemeine
Persönlichkeitsrecht haben ein derartiges Gewicht, dass sie für alle vom
Verbotsantrag erfassten Fallkonstellationen das für eine
Veröffentlichung sprechende Informationsinteresse überwiegen könnten.
III.
1.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
2.
Die Entscheidung über den Streitwert des Beschwerdeverfahrens beruht auf
§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.3. Für die Zulassung der
Rechtsbeschwerde ist im Streitfall, dem ein auf den Erlass einer
einstweiligen Verfügung gerichtetes Verfahren zu Grunde liegt, kein Raum
(vgl. § 574 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 09.12.07
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