Minu Barati vs. Bunte
Was durfte über Minu B., die
Ehefrau des ehemaligen Bundesaußenministers und Vizekanzlers, berichtet
werden? Eine Anleitung für vergleichbare Fälle.
Neuerdings musste wieder zu Minu B.
gestritten werden. Sie hat verloren; gegen BUNTE. Beantragt wurde für
Minu B., dass nicht mehr erklärt werde, sie sei Iranerin.
Das Landgericht Berlin urteilte:
Erstens wurde - anders als für Minu B. behauptet - in der BUNTE sowieso
nicht erklärt, Minu B. sei Iranerin. Zur Information für den Leser: Sie
hat nur einen iranischen Vater und möchte offenbar nicht als Iranerin
gelten.
Zweitens und drittens, so das Gericht:
„Soweit die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch darauf stützt, dass
überhaupt nicht über ihre privaten Verhältnisse hätte berichtet werden
dürfen, rechtfertigt das den gestellten Unterlassungsantrag, der sich
auf eine konkrete Falschbehauptung bezieht, nicht. Unabhängig davon
wäre der Hinweis darauf, dass die Klägerin einen iranischen Vater hat,
wenn über sie im Zusammenhang mit ihrem Ehemann berichtet werden würde,
auch nicht unzulässig. Denn dieser zutreffende Hinweis ist nicht
geeignet, in einer Weise in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin
einzugreifen, die einen Unterlassungsanspruch rechtfertigen würde.”
Als der BUNTE-Artikel veröffentlicht wurde, war Herr Fischer nicht mehr
im Amt, der Artikel befasste sich aber mit einem Vorgang, der in die
Ministerzeit zurückreichte. Das Urteil problematisiert diese Terminfrage
nicht.
Quelle:
Kanzlei Prof. Schweizer
Landgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
27 O 813/06
28.11.2006
Reckewitz, Justizsekretär
In dem Rechtsstreit
...
Klägerin, Minu Barati
- Prozessbevollmächtigte: ...
gegen
...
Beklagte,
- Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Prof Dr. jur. Robert Schweizer u. a,
Arabellastraße 21.81925 München, -
hat die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg,
Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom
28.11.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Mauck die
Richterin am Landgericht Becker und den Richter am Landgericht von
Bresinsky
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Kostenbetrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht einen äußerungsrechtlichen
Unterlassungs- sowie einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe
geltend.
Sie ... wurde in Deutschland geboren und besitzt die deutsche
Staatsbürgerschaft. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater ist Exil-Iraner.
Die Beklagte verlegt die Zeitschrift ..., die im ersten Quartal 2006
eine Auflage von gut Exemplaren erzielte. In der Ausgabe vom ...
veröffentlichte die Beklagte einen von ... verfassten Artikel, in dem
die Klägerin als "schöne Iranerin" bezeichnet wurde und hinsichtlich
dessen Einzelheiten auf die zu den Akten gereichte Kopie (Anlage K 1, Bl.
8 d. A.) verwiesen wird. Auf die Aufforderung der Klägerin zur Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung durch die Beklagte erklärte
diese mit Schreiben vom 28. Februar 2005, es bei Meidung einer für jeden
Fall der Zuwiderhandlung vom zuständigen Landgericht zu bestimmenden
Vertragsstrafe zu unterlassen, zu veröffentlichen oder zu verbreiten
bzw. veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, bei der Klägerin
handele es sich um eine "Iranerin". Diese Erklärung nahm die Klägerin
durch Anwaltsschreiben vom 1. März 2005 an.
In der Ausgabe der ... vom 30. März 2006 veröffentlichte die Beklagte
wiederum einen Artikel ihres Kolumnisten ... mit der Überschrift
"Politiker sind Anwalts Liebling" und der Unterüberschrift "Altkanzler
Schröder klagt gegen FDP-Chef Westerwelle wegen dessen BUNTE Interview
Muss das alles sein?" In dem Artikel selbst schilderte der Autor
zunächst die juristische Auseinandersetzung zwischen den Herren Schröder
und Westerwelle, ging dann darauf ein, dass Hr. Schröder auch in der
Vergangenheit seine Umwelt mit Prozessen überzogen habe, um dann
festzustellen, dass früher Politiker nicht so wehleidig gewesen seien.
Sodann hieß es:
"Heute erteilen die Politiker gleich Generalvollmacht an ihre Anwälte,
von denen nicht wenige über die entstehenden Kosten ein Geschäft machen.
Ich kriegte einen Anwaltsbrief, weil ich ... als 'schöne Iranerin'
beschrieben hatte - sie aber nur einen iranischen Vater, ansonsten mit
dem Iran nichts am Hut hat. Für den Fall der Wiederholung drohte der
Anwalt mit einem Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Knast
bis zu sechs Monaten! Früher wurden solche Ungenauigkeiten mit einem
Telefonanruf richtig gestellt."
Die Klägerin verlangte durch Anwaltsschreiben vom ... vergeblich die
Abgabe erneuter Unterlassungserklärungen.
Die Klägerin meint, sie habe Unterlassungsansprüche aus der von der
Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung vom 28. Februar 2005 und
wegen einer unerlaubten Handlung. Die Beklagte habe außerdem eine
Vertragsstrafe verwirkt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise
Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
über die Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiteten und/oder
veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, sie sei Iranerin, wie in
... geschehen;
an die Klägerin 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (23. August 2006) zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, es bestünden weder Unterlassungs- noch
Vertragsstrafenansprüche. Sie bezieht sich insoweit einerseits auf den
zu den Akten gereichten Beschluss der Kammer vom 28. Juni 2005 (Anlage B
1, Bl 44 ff d. A.) sowie auf das ebenfalls zu den Akten gereichte Urteil
des OLG München vom 1. März 2001 (AfP 2001, 322 f; Anlage B 2, Bl. 47 f.
d. A.). Auf beide Entscheidungen wird hinsichtlich ihres Inhalts
verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf
den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823
Abs. 1, 2, analog 1004 Abs1 Satz 28GB i V m Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 BGB
wegen der angegriffenen Äußerung in der Zeitschrift ... gegen die
Beklagte als deren Verlegerin nicht zu, weil darin gar nicht gesagt
wurde, dass die Klägerin Iranerin sei.
... berichtet in dem Ausgangsartikel lediglich darüber, dass er einen
Anwaltsbrief erhalten habe, weil er die Klägerin als "schöne Iranerin"
beschrieben hatte, während sie tatsächlich nur einen iranischen Vater,
ansonsten aber mit dem Iran nichts am Hut hatte. Damit hat er mitnichten
erneut über die Klägerin behauptet, sie sei "Iranerin", weil er diesen
Teil seines Artikels mit dem Hinweis, "Früher wurden solche
Ungenauigkeiten mit einem Telefonanruf richtig gestellt", abgeschlossen
hat. Damit wird für den Leser unmissverständlich klar, dass Graf
Nayhauss die Klägerin nicht mehr als Iranerin bezeichnen will, sondern
dass sich seine frühere Annahme, sie sei Iranerin, als falsch
herausgestellt habe, weil sie nur einen iranischen Vater, ansonsten aber
mit dem Iran nichts zu tun habe.
Die - gar nicht angegriffene - Äußerung, die Klägerin habe einen
iranischen Vater, trifft zu. Soweit die Klägerin ihren
Unterlassungsanspruch darauf stützt, dass überhaupt nicht über ihre
privaten Verhältnisse hätte berichtet werden dürfen, rechtfertigt das
den gestellten Unterlassungsantrag, der sich auf eine konkrete
Falschbehauptung bezieht, nicht. Unabhängig davon wäre der Hinweis
darauf, dass die Klägerin einen iranischen Vater hat, wenn über sie im
Zusammenhang mit ihrem Ehemann berichtet werden würde, auch nicht
unzulässig, Denn dieser zutreffende Hinweis ist in nicht geeignet, in
einer Weise in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin einzugreifen, die
einen Unterlassungsanspruch rechtfertigen würde.
2.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe
aus § 339 BGB.
Die Beklagte hat mit der Berichterstattung vom 30. März 2006 nicht gegen
ihre Unterlassungsverpflichtung vom 28 Februar 2005 verstoßen.
Dies ergibt sich allerdings keinesfalls aus den Gründen des Beschlusses
der Kammer vom 28. Juni 2005 Dort wurde nämlich in der
Folgeberichterstattung lediglich mitgeteilt, dass sich der dortige
Antragsteller gegen die in der (untersagten) Ausgangsberichterstattung
aufgestellte Behauptung verwahre.
Die Kammer teilt die im Urteil vom 1. März 2001 zum Ausdruck gekommene
Auffassung des OLG München. dass auch eine wörtliche Wiederholung einer
untersagten Äußerung nicht zwangsläufig zur Verwirkung einer
Vertragsstrafe oder eines Ordnungsgeldes führt. Ein
Vertragsstrafenanspruch ist Jedoch nicht verwirkt. Dabei kommt es nach
Auffassung der Kammer nicht darauf an, ob die neuerliche Verbreitung der
Wahrnehmung berechtigter Interessen dient bzw. ob ein rechtfertigender
Anlass für die Wiederholung der untersagten Äußerung besteht. Maßgeblich
ist vielmehr, "ob aus Sicht des durchschnittlichen Empfängers der
wiederholenden Äußerung (...) das Darstellen eines Sachverhalts, dass
Stellung nehmen zu einem Vorgang oder aber das erneute Aufstellen oder
Verbreitung der untersagten Behauptung im Vordergrund steht, sei es
durch Identische oder gleichwertige oder im Kern übereinstimmende
Äußerung. (...) Die bloße Wiedergabe des gerichtlichen Verbotssatzes
bedeutet schon deshalb keinen Verstoß, weil damit die Behauptung nicht
erneut aufgestellt wird. Sie wird auch nicht verbreitet. Es wird im
Gegenteil mitgeteilt, dass sie verboten worden ist" (OLG München a. a.
O.).
So liegt es hier. Die Beklagte hatte sich verpflichtet, nicht zu
veröffentlichen oder zu verbreiten, bei der Klägerin "handele es sich um
eine 'Iranerin' ". Diese Behauptung wird vorliegend aber weder
veröffentlicht noch verbreitet. Dem Leser wird vielmehr mitgeteilt, dass
ihre einzige Verbindung zum Iran die sei, dass ihr Vater von dort
stammt. Daran, dass die Klägerin keine Iranerin ist, bestellt für den
Durchschnittsleser unter diesen Umständen keinerlei Zweifel. Auch in dem
Aufforderungsschreiben der Klägerin zur Abgabe einer
Unterlassungserklärung vo 25. Februar 2005 ist ausschließlich davon die
Rede, dass die Behauptung, die Klägerin sei Iranerin falsch und deshalb
zu unterlassen sei. Da dies aber, wie ausgeführt, nicht behauptet,
wurde, besteht auch der Vertragsstrafenanspruch nicht.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Mauck
Becker
von Bresinsky
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Rolf Schäike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am12.02.07
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