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      Katzenforum 
		
		Hat eine Person von sich aus ihre Anonymität  in einem 
		Forum aufgegeben und zahlreiche Postings in einem Internet-Forum aus der 
		eigenen Privatsphäre vorgenommen, so tritt in einem solchen Fall  
		das Allgemeine Persönlichkeitsrecht hinter das Recht der öffentlichen 
		Diskussion zurück. 
      	 
       
      Landgericht Berlin 
      Im Namen des Volkes 
      Urteil   
      27 O 602/0725.10.2007
 
      
		                                                                      
		In dem Rechtsstreit
 
      xxxx- Kläger
 
      gegen   
      xxxx- Beklagte
 
      hat die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin 
		in 10589 Berlin (Charlottenburg), Tegeler Weg 17 - 21, auf die mündliche 
		Verhandlung vom 13. September  2007 durch den Vorsitzenden Richter am 
		Landgericht Mauck, die Richterin am Landgericht Becker und den Richter 
		am Landgericht von Bresinsky 
      für  R e c h t  erkannt: 
      1. Die einstweilige Verfügung vom 28. Juni 
		2007 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.  
       2. Der Antragsteller hat die Kosten des 
		Verfahrens zu tragen.  
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der 
		Antragsteller darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe 
		des zu vollstreckenden Kostenbetrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht 
		die Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 
		beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % leisten. r. 
      Sachverhalt:  
      Der Antragsteller ist Katzenhalter und 
		beschäftigt sich hobbymäßig mit Siamkatzen. Die Antragsgegnerin ist 
		Züchterin von Siamkatzen und betreibt die Internetseite "(…)" sowie 
		zusammen mit dem Antragsgegner die Internetseite "(…)".  
      Am 29. Oktober 2006 kaufte der Antragsteller 
		von der Antragsgegnerin die Siamkatze namens "(…)". Am 30. Oktober 2006 
		stellte der Antragsteller sich mit dem aus der Anlage Ag 2 ersichtlichen 
		Beitrag im Internetforum "(…)" unter Hinweis auf den Katzenkauf von der 
		mit Vornamen genannten Antragsgegnerin vor. 
      Andere Forumsteilnehmer beglückwünschten ihn 
		unter Vornamensnennung zum Kauf seines "Elfentiers". Der Antragsteller 
		informierte das Forum im Folgenden, zuletzt am 16. März 2007, über (…) 
		Leben und stellte hierzu Fotos von sich und seinen drei Katzen ins Netz. 
      Am 20. Mai 2007 nahm die Antragsgegnerin vom 
		Antragsteller die erkrankte Katze (…) zurück und berichtete hierüber am 
		21. Mai 2007 in ihrem Forum unter dem Thread "(…) ist wieder da", 
		hinsichtlich dessen Inhalts auf die Anlage K 2 verwiesen wird, unter 
		Benennung des Antragsstellers als "(…)" bzw. "(…)". 
      Am 22. Mai 2007 verstarb (…). 
      Am 23. Mai 2007 berichtete der Antragsteller 
		im Anschluss an die streitgegenständlichen Einträge der Antragsgegner im 
		Internetforum "(…)", nachdem er zuvor aus dem Forum "(…)" gesperrt 
		worden war, unter Nennung des Namens der Antragsgegnerin über den Kauf, 
		den Rückkauf und den Gesundheitsverlauf von (…) und verwies auf Fehler 
		der unwissenden Zuchtanfängerin. Hinsichtlich des Beitrags im Einzelnen 
		wird auf die Anlage Ag 1 (Bl. 83-86 d.A.) verwiesen. 
      Der Antragsteller sieht sich durch die ihn 
		identifizierenden Beiträge der Antragsgegner über die Katze (…) auf 
		deren Foren (K 2 u. K 3) in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht 
		verletzt. Unabhängig von dem ehrverletzenden Inhalt diverser Äußerungen 
		müsse er es nicht hinnehmen, dass Vorgänge aus seinem unmittelbaren 
		privaten Bereich um die Haltung seiner Katze (…) einer unbestimmten 
		Anzahl Dritter bekannt gemacht würden. 
      Er hat die einstweilige Verfügung vom 28. Juni 
		2007 erwirkt, durch die den Antragsgegnern unter Androhung der 
		gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist, namentlich 
		oder in identifizierbarer Weise wörtlich oder sinngemäß über den 
		Antragsteller Tatsachen und/oder Werturteile hinsichtlich der Umstände 
		des Verkaufs, den Rückkauf sowie den Krankheitsverlauf der Katze "(…)" 
		öffentlich zu tätigen und/oder zu verbreiten. 
      Gegen diese ihr zwecks Vollziehung zugestellte 
		einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch der Antragsgegner. 
		Ihres Erachtens hat sich der Antragsteller seiner Privatsphäre bezüglich 
		der Umstände des Verkaufs, des Rückkaufs und/oder des Krankheitsverlaufs 
		der Katze "(…)" begeben, indem er selbst umfangreich über sich und die 
		Katze im Forum "(…)" berichtet habe. 
      Soweit sie, die Antragsgegner, sich nicht 
		bereits strafbewehrt unterworfen hätten, seien die Äußerungen in den 
		beanstandeten Beiträgen zulässig, da sie entweder wahre Tatsachen oder 
		zulässige Meinungsäußerungen beinhalteten. 
      Die Antragsgegner beantragen, die einstweilige 
		Verfügung - und zwar auch in der in der mündlichen Verhandlung begehrten 
		Hilfsfassung - aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag 
		zurückzuweisen. 
      Der Antragsteller beantragt, die einstweilige 
		Verfügung zu bestätigen; hilfsweise nach Maßgabe des Antrags aus der 
		Antragschrift vom 20. Juni 2007 zu bestätigen, auf den hinsichtlich der 
		Einzelheiten verwiesen wird. 
      Wegen der weiteren Einzelheiten des 
		Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze 
		nebst Anlagen verwiesen. 
      Entscheidungsgründe: 
      Die einstweilige Verfügung vom 28. Juni 2007 
		ist, weil zu Unrecht ergangen (§§ 936, 925 ZPO), aufzuheben und der 
		Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen. 
      Dem Antragsteller steht gegen die - 
		Antragsgegner der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 
		analog 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zu. Die 
		beanstandeten Beiträge verletzen den Antragsteller entgegen seiner 
		Ansicht nicht in seiner Privatsphäre. 
      Der Antragsteller hat sich durch sein eigenes 
		Verhalten des Schutzes eines Teils seiner Privatsphäre, nämlich soweit 
		es um seine Katzenhaltung geht, begeben. 
      Der Schutz der Privatsphäre, der ebenso wie 
		das Recht am eigenen Bild im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelt, 
		umfasst zum einen Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts 
		typischerweise als "privat" eingestuft werden, weil ihre öffentliche 
		Erörterung oder Zurschaustellung als peinlich empfunden wird oder als 
		unschicklich gilt oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es 
		etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst, bei vertraulicher 
		Kommunikation unter Eheleuten, im Bereich der Sexualität, bei sozial 
		abweichendem Verhalten oder bei Krankheiten der Fall ist. 
      Zum anderen erstreckt sich der Schutz auf 
		einen räumlichen Bereich, in dem der Einzelne zu sich kommen, sich 
		entspannen oder auch gehen lassen kann. Ein Schutzbedürfnis besteht 
		dabei auch Personen, die aufgrund ihres Rangs oder Ansehen, Ihres Amtes 
		oder Einflusses, ihrer Fähigkeiten oder Taten besondere öffentliche 
		Beachtung finden. Wer, ob gewollt oder ungewollt, zur Person des 
		öffentlichen Lebens geworden ist, verliert damit nicht sein Anrecht auf 
		eine Privatsphäre, die den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleibt 
		(vgl. BVerfG NJW 2000, 1021, 1022). 
      Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher 
		Kenntnisnahme entfällt aber, wenn sich jemand selbst damit einverstanden 
		zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten 
		öffentlich gemacht werden, etwa indem er Exklusivverträge über die 
		Berichterstattung aus seiner Privatsphäre abschließt. 
      Der verfassungsrechtliche Privatsphärenschutz 
		aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist nicht im Interesse einer 
		Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet. Zwar ist niemand an 
		einer solchen Öffnung privater Bereiche gehindert. Er kann sich dann 
		aber nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten 
		Privatsphärenschutz berufen. Die Erwartung, dass die Umwelt die 
		Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit 
		Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss daher 
		situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG 
		a.a.O.). 
      Wie sich aus den als Anlagen Ag 1 bis 7 zur 
		Akte gereichten Internetbeiträgen entnehmen lässt, hat der Antragsteller 
		aus seiner Privatsphäre, seiner Katzenhaltung, der Anschaffung der Katze 
		(…), seiner privaten Lebensumstände, der Preisgabe des vollen Namens der 
		Antragsgegnerin als Züchterin und Verkäuferin von (…) schon vor der 
		Veröffentlichung der streitgegenständlichen Beiträge keinen Hehl gemacht 
		und sich schon vorher den anderen Forumsteilnehmern unter Nennung seines 
		Vornamens und Fotoveröffentlichungen von sich und seinen Katzen zu 
		erkennen gegeben, also sein Privatleben der Öffentlichkeit, jedenfalls 
		den Siamkatzenfans, zugänglich gemacht und damit durch sein eigenes 
		Verhalten manifestiert, dass er ein Informationsinteresse der 
		Öffentlichkeit für gegeben hielt. 
      Noch zwei Tage nach dem ersten beanstandeten 
		Beitrag vom 21. Mai 2007 und einen Tag nach dem Tod von (…) hat er sich 
		in dem Bewusstsein, für die Katzenhaltergemeinschaft erkennbar zu sein, 
		dazu hinreißen lassen, detailreich die Umstände über den Kauf, Rückkauf 
		und Gesundheitszustand von (…) zu schildern und damit zum Ausdruck 
		gebracht, gegen eine identifizierbare Berichterstattung über seine 
		Katzenhaltung generell nichts einzuwenden zu haben. 
      Er muss sich nunmehr in der öffentlichen 
		Auseinandersetzung in den Internetforen zu Orientkatzen von den 
		Antragsgegnern auch Kritik an seiner Person und seiner Katzenhaltung 
		gefallen lassen, solange diese die Grenzen zur Schmähkritik nicht 
		überschreitet und nicht auf unwahren Tatsachenbehauptungen, zu deren 
		Unterlassung sich die Antragsgegner noch nicht strafbewehrt verpflichtet 
		haben, gefallen lassen. 
      Die einstweilige Verfügung war auch nicht nach 
		Maßgabe des Hilfsantrags aus der Antragsschrift zu bestätigen. 
		Hinsichtlich des zunächst am 20. Juni 2007 gestellten, sodann konkludent 
		zurückgenommen Antrags, den der Antragsteller erstmals wieder in der 
		mündlichen Verhandlung vom 13. September 2007 hat stellen lassen, fehlt 
		es am Eilbedürfnis. 
      Bis zum Verhandlungstermin hatte er sich gegen 
		etwaig unwahre Einträge der Antragsgegner aus dem Monat Mai 2007 nicht 
		mehr zur Wehr gesetzt, sondern nur - noch - gegen eine identifizierbare 
		Berichterstattung. Hierdurch hat er erkennen lassen, dass bezüglich der 
		Unterlassung einer etwaig dazu noch unwahren Berichterstattung keine 
		Eile geboten ist. 
      Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 
		1, 708 Nr. 6, 711 ZPO. 
      Mauck                                         
		Becker                              
		von Bresinsky 
        
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      Rolf SchäikeDieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am30.10.07
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