Landgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer: 27
O 111/06 |
verkündet am:
08.02.2006 |
In dem Rechtsstreit
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Reinhard Göddemeyer
- Prozessbevollmächtigte:
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Kläger |
gegen
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Knut Schlanert |
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Beklagter |
- Prozessbevollmächtigter:
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hat die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin in
Berlin-Charlottenburg, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die
mündliche Verhandlung vom 08.02.2006 durch den Vorsitzenden Richter am
Landgericht Mauck, den Richter Bömer und den Richter am Landgericht von
Bresinsky
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, bei Vermeidung eines vom
Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jegliche Verwendung des Namens des
Klägers oder von Bildnissen des Klägers im Rahmen von
Internetpublikationen zu unterlassen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der
Kläger 7/12 und der Beklagte 5/12.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der
Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten gegen
Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Kostenbetrages zuzüglich
10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit
in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht
Unterlassungsansprüche für sich und seine Tochter sowie einen Auskunfts-
und einen Geldentschädigungsanspruch geltend.
Der Beklagte betreibt mehrere
Internetseiten, auf denen er Bildnisse des Klägers und seiner Tochter
veröffentlicht, die der Kläger seinerseits zuvor auf einer eigenen
Homepage eingestellt hatte. Unter der Domain ".../ganovenregister"
erschien ein Bild des Klägers mit der Aufforderung, "Erkenntnisse" über
den Kläger zu übermitteln. Ähnliches stellte der Beklagte auch auf einer
Domain mit dem Namen des Klägers ein. Im Text auf diesen Internetseiten
hieß es, das Foto des Klägers sei veröffentlicht worden, um bei
"verunsicherten Geschädigten Verwechselungen durch Namens-Ähnlichkeiten
zu vermeiden". Es sei immer wieder ein Thema gewesen, "dass dieser
Herr ... sich unter unterschiedlichsten Identitäten vorstellte, um
'Ermittlungen' anzustellen. Es waren aber keine Ermittlungen zur
Aufdeckung von Straftaten, sondern dienten meist nur zu Vorbereitung
neuer Straftaten. Jetzt startet Herr ... eine neue Karriere mit dem
Verein 'Durchblick-Schuldnerhilfe'. Seine sprudelnde Geldquelle sind
unberechtigte Abmahnungen zu deren Durchführung er vorher erst die Lage
beim eingekreisten Opfer erkunden muss. Das nennt er selbst
Ermittlungen." Wer weiteren Aufklärungsbedarf habe, solle sich beim
Beklagten melden.
An anderer Stelle werden dem Kläger
eine Reihe weiterer Vorwürfe gemacht, die nicht näher erläutert werden.
Er habe z. B. über eine "raffinierte Masche Anwälte mit Mandaten
geködert und habe Vereine feindlch übernommen oder übernehmen wollen.
Der Beklagte stellte auch Videos, die sich mit dem Kläger befassen, bei
dem Portal "myvideo.de" ein, wo der Kläger als "Spitzbube" bezeichnet
wird, der gern "Pseudofirmen und "Decknamen" verwende.
Die Tochter des Klägers beauftragte
diesen, für sie in diesem Verfahren aufzutreten.
Der Kläger behauptet, die
Veröffentlichungen erfolgten im Rahmen eines "Rachefeldzuges" gegen ihn
bzw. um ihn zu provozieren.
Er meint, die Bildnisveröffentlichung
und Namensverwendung sei unzulässig. Es handele sich um eine
schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung. Er sei aktiv legitimiert, da
ihn seine Tochter beauftragt habe, in diesem Verfahren für sie
aufzutreten, und weil seine "Familienehre" berührt sei. Der Anspruch auf
Zahlung einer Geldentschädigung ergebe sich daraus, dass der Beklagte in
ausschließlicher Schädigungsabsicht gehandelt habe.
Der Kläger beantragt, nachdem er
ursprünglich den in der Klageschrift genannten Antrag angekündigt hatte,
den Beklagten zu verurteilen,
a) jegliche Verwendung des Namens des Klägers oder von
Bildnissen des Klägers im Rahmen von Internetpublikationen zu
unterlassen und geeignete administrative Maßnahmen zu treffen sowie dies
schriftlich oder durch geeignete Aufzeichnungen - etwa der betroffenen
Provider - nachzuweisen,
b) Auskunft zu erteilen über Art und Ausmaß der
Verwendung des Namens und von Bildern des Klägers und/oder seiner
Tochter ... im Rahmen des Internetangebots des Beklagten, insbesondere
auch über die entsprechenden Zeiträume, die Zugriffszahlen usf., und
zwar in Form einer tabellarischen Auflistung (URL, Bild, Zeitraum der
Präsentation ohne Genehmigung, Zugriffszahlen, heißt Page Impressions),
sowie die Richtigkeit an Eides statt zu versichern,
c) dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens
jedoch 5.000,00 EUR zu zahlen.
d) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist,
alle weiteren Schäden aufgrund der Publikation des in den Anträgen zu a)
und b) bezeichneten Bildmaterials zu ersetzen.
hilfsweise zu 1c)
festzustellen, dass der Beklagte dem Grunde nach
verpflichtet ist, wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichungen
eine angemessene Geldentschädigung an den Kläger zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
nichts.
Hinsichtlich des weiteres Vorbringens
wird auf die klägerischen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Hinsichtlich des Unterlassungsantrages
war Versäumnisurteil zu erlassen.
Im Übrigen ist die Klage dagegen nicht
begründet, weshalb sie abzuweisen war.
1.
Unbegründet ist die Klage insoweit, als der Kläger den Nachweis
verlangt, dass der Beklagte das Unterlassungsgebot befolgt. Eine
Anspruchsgrundlage ist hierfür nicht ersichtlich und wird auch vom
Kläger nicht genannt.
2.
Die Klage ist ferner unbegründet, soweit der Kläger einen
Auskunftsanspruch geltend macht. Ein Auskunftsanspruch dient der
Vorbereitung eines anderen Anspruchs, über dessen Bestehen oder Umfang
man ohne die Auskunft im Ungewissen ist. Die Geltendmachung welchen
Anspruchs aber mit dem vorliegenden Auskunftsanspruch vorbereitet werden
soll, bleibt im Dunkeln und ist auch nicht ersichtlich. Für den bisher
geltend gemachten Geldentschädigungsanspruch hält der Kläger dies
jedenfalls nicht für erforderlich, da er diesen bereits beziffert hat.
Auch sein Vorbringen in der mündlichen
Verhandlung, wonach der Auskunftsantrag einen weiteren
Geldentschädigungsanspruch aufgrund weiterer Veröffentlichungen
vorbereiten solle, führt nicht zur Schlüssigkeit des Antrags, da nämlich
schon aus den bisherigen Veröffentlichungen sich kein
Geldentschädigungsanspruch, und zwar auch nicht dem Grunde nach (s. u.
zu 3.) ergibt, da es dem Kläger offenbar um etwaige Spiegelungen auf
anderen Servern, die im Kern den gleichen Inhalt haben wie die
vorgelegten Ausdrucke, geht.
3.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus §
823 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.
Nach den von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätzen kommt eine Geldentschädigung zum Ausgleich für
erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen dann in Betracht, wenn es
sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und wenn sich die
erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend
ausgleichen lässt. Die Gewährung des Anspruchs auf eine
Geldentschädigung findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, dass der
Verletzte andernfalls wegen der erlittenen Beeinträchtigung seines
Persönlichkeitsrechts ohne Rechtsschutz und damit der vom Grundgesetz
vorgesehene Schutz der Persönlichkeit lückanhaft bliebe (BGH NJW 1995,
861, 864; BVerfG NJW 1973, 1221, 1224; Kammergericht AfP 1974, 720,
721). Aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung und des Fehlens
anderweitiger Ausgleichsmöglichkeiten muss dabei ein unabwendbares
Bedürfnis für einen finanziellen Ausgleich bestehen (BGH LM BGB § 847
Nr. 51). Ob eine schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts schwer
ist, bestimmt sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
nach Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung, dem Grad des
Verschuldens sowie Anlass und Beweggrund des Handelns des Verletzers
(BGH NJW 1996, 1131, 1134). Dabei kann schon ein einziger jener Umstände
zur Schwere des Eingriffs führen (Kammergericht a. a. O.).
Zu dieser Schwere des Eingriffs trägt
der Kläger lediglich vor, dass der Beklagte vorsätzlich gehandelt habe,
ohne allerdings Anhaltspunkte dafür anzuführen. Zu irgendwelchen
Beeinträchtigungen konnte der Kläger trotz entsprechender gerichtlicher
Aufforderung nichts darlegen. Auch ansonsten ist nicht ersichtlich,
weshalb die Bildnisveröffentlichung einen schwerwiegenden Eingriff in
die Persönlichkeitsrechte des Klägers darstellen soll. Auch die
Textbeiträge sind ohne weitere Anhaltspunkte nicht geeignet, eine
schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zu belegen, zumal der
Kläger noch nicht einmal konkret dargelegt hat, dass die darin genannten
Vorwürfe nicht zutreffen, so dass nicht nachvollziehbar ist, worin die
Schwere einer Persönlichkeitsrechtsverletzung liegen soll. Es dürfte
sich zudem bei den vom Beklagten betriebenen Internetseiten um äußerst
gering frequentierte handeln. Dass überhaupt in irgendeiner
nennenswerten Zahl auf diese Seiten zugegriffen worden wäre, ist weder
vorgetragen noch aufgrund anderer Umstände anzunehmen.
Aus denselben Gründen kam auch keine
Feststellung in Betracht, wonach der Beklagte dem Grunde nach
verpflichtet, eine Geldentschädigung an den Kläger zu zahlen.
4.
Die Klage war ebenfalls hinsichtlich des Feststellungsantrags
abzuweisen. Der Kläger hat nämlich gar nicht dargelegt, dass und, wenn,
welcher Schaden ihm aus den streitgegenständlichen Veröffentlichungen
entstanden sein könnte. Es ist anerkannt, dass der Kläger bei einem
Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Gegners
zumindest darlegen muss, dass die Entstehung eines Schadens möglich ist
(vgl. Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 256 Rn. 8a). Das ist vorliegend nicht im
Ansatz ersichtlich.
5.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 2, 11, 711 ZPO.
Mauck
Bömer von Bresinsky
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Rolf Schäike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 09.01.08
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