Reduzierung des gesellschaftlichen
Lebens von Rolf Schälike Die beiden Pressekammern (Hamburg, Berlin) verstehen es vorzüglich, das politisch normierte Recht des Individuums mit den herrschenden Marktgepflogenheiten zu verbinden. An die Stelle der sozialen Zusammenhänge setzen diese Kammern nur scheinbar unterschiedliche Individuen ein. In Wirklichkeit werden die Individuen nach den Bedürfnissen und Zwängen des bestehenden Verwertungsprinzips ausgerichtet und damit entindividualisiert. Zahlungsunfähige Individuen, einschließlich korrupter Beamten und Geschäftsleute mit perversen Bedürfnissen, bestimmen mit Geld und Beziehungsstrukturen die Entscheidungen. Größtes Ärgernis ist die Autonomie und Selbstbestimmung Beklagter, manchmal auch der verlierenden Kläger. Die Gräuel der Gesellschaft spiegeln sich in den Entscheidungen wieder. Dem Gegensatz zwischen dem abstrakten Individuum und dem konkreten Individuum mit seinen sozialen Rechten - Voraussetzung für die Freiheitsrechte - wird von den beiden Pressekammern mit legalen bzw. vermeintlich legalen Mitteln des abstrakte Recht entgegen gestellt. Wenn in den totalitären Staaten die Menschen als gesellschaftliche Gruppen nicht zu ihren Recht kommen durften, so sind es heute die Individuen, reduziert auf abstrakte charakterliche Stereotypen, deren Wirken in den Zwängen und Zusammenhängen der Praxis in den Gerichtsverhandlungen nicht behandelt werden darf. Es wird letztlich ein lebensfremdes Rechtsverhältnis geschaffen, in dem niemand zu seinem Recht kommt. Wenn in den totalitären Systemen die gesellschaftlichen Gruppen ein Recht auf die Veränderung der bestehenden Einflussverhältnisse und Entscheidungskriterien besitzen, so besitzt das heute ebenfalls der Einzelne, das Individuum. In den Entscheidungen der beiden Pressekammern bleibt diese wirtschaftliche Ebene der widersprüchlichen Interessen außen vor.
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Rolf Schälike |