Buskeismus

Fall Gysi

 

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Original

 

Hauptabteilung XX/OG Berlin, 21. Februar 1979

 

Bericht

über ein Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Gysi

Am 21. 2. 79 wurde auf seine Bitte hin ein Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Gysi durchgeführt, bei dem er folgende Informationen gab bzw. Anfragen hätte.

1. Der erfolgten Veröffentlichung eines angeblich von Bahro verfaßten Briefes im BRD-Organ "Der Spiegel" vom  19.2.79 erfolgte eine Anfrage im Büro des Dr. Gysi durch die englische Nachrichtenagentur Reuter, was mit Bahro nach dessen Erklärung in die BRD übersiedeln zu wollen geschehe.

Außerdem bemühte sich ARD mit Gysi in Kontakt zu treten. Auf die Frage wie er, sich verhalten soll, wurde Dr. Gysi empfohlen unter Bezugnahme auf seine anwaltliche Schweigepflicht keine Auskünfte zu erteilen.

2. Dr. Gysi beabsichtigt, Bahro am 3. 3. 79 in der Strafvollzugseinrichtung Bautzen aufzusuchen.

Er bat um Klärung,

- daß der Termin realisiert werden kann sowie

- Entscheidung, ob er das Gespräch mit Bahro ohne Aufsicht führen soll bzw. kann.

Bahro erwartet bei diesem Gespräch Antworten auf seine Forderungen, die er beim letzten Gespräch dem Gysi vorgetragen hatte. (Bereitstellung eines Radios, einer Schreibmaschine
usw.)

Gen. Gysi ist gegenwärtig noch bemüht, eine Antwort darauf bei der Staatsanwaltschaft einzuholen.

Staatsanwalt Gläßner hatte ihm erklärt, daß er einen anderen Staatsanwalt (Krüger o.ä.) veranlaßt habe, sich mit Dr. Gysi in Verbindung zu setzen.

3. Gen. Dr. Gysi teilte mit, daß bei ihm erneut -...- -...- vorstellig wurde. -...- erklärte, daß -...- auf die Anfrage bei der Generalstaatsanwaltschaft, ob -...- mit Bahro Korrespondieren kann, erklärt worden sei, daß dies nicht möglich wäre, da -...- nicht zu dem dafür zugelassenen Personenkreis gehort.

Entgegen dieser Auskunft hatte Dr. Gysi auf seine schriftliche Anfrage beim Leiter der Strafvollzugsanstalt Bautzen ... sinngemäß die Mitteilung erhalten, daß gegen eine Korrespondenz -...- mit Bahro keine Einwände bestünden. -...- Briefe jedoch aus inhaltlichen Gründen, die mit der Sicherheit der Strafvollzugsanstalt nicht vereinbar sind, zu den Akten genommen und Bahro nicht ausgehändigt wurden. Aufgrund dieser sich wiedersprechenden Aussagen empfiehlt Gen. Dr. Gysi eine einheitliche Sprachregelung zu finden. Er wird sich bei seinen Auskünften -...- gegenüber weiter an die Mitteilung des Leiters der Strafvollzugsanstalt halten.

4. Auf die Frage von Dr.Gysi, wie er im Falle einer Anfrage von Bahro hinsichtlich seiner neuesten Spiegelveröffentlichung reagieren soll, wurde ihm empfohlen Bahro gegenüber diese Veröffentlichung nicht zu bestätigen. Um sich von Bahro früher oder später nicht als Lügner bezeichnen zu lassen, wird er bei einer direkten Anfrage sinngemäß antworten, daß in westlichen Medien viel veröffentlicht wird, wobei man nicht immer klar unterscheiden könne was davon frei erfundene Meldungen sind. Bahro müsse sich diesbezüglich selbst erklären, da für den Rechtsanwalt ohnehin unverständlich ist, auf welchem Wege Bahro Informationen aus dem Strafvollzug an westliche Medien lanciert.

Es wird vorgeschlagen über die HA IX

- abzusichern, daß der vorgesehene Besuchstermin realisiert

-  werden kann und entschieden wird, ob das Gespräch des Rechtsanwaltes mit Bahro mit oder ohne Aufsicht geführt werden soll

-  bei der Generalstaatsanwaltschaft zu veranlassen, daß Rechtsanwalt Dr. Gysi vor dem 3. 3. 79 die Antworten auf seine Anfrage erhält, die er Bahro übermitteln kann sowie eine verbindliche Festlegung zu treffen, in welcher Form Auskünfte an -...- oder andere Personen erteilt werden sollen, die beabsichtigen Bahro zu Besuchen oder zu schreiben.

Reuter

Oberstleutnant

 

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 21.07.06
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