Bericht Rolf Schälike - 03.09.08 Gysi kann es nicht lassen oder: Das Ende der Verdachtsberichterstattung?
Siehe auch Fall Gysi Auch für diesen Bericht gilt, wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis der Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meine während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern sie haben Besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht. Es handelt sich um Verschwörungstheorien. ▲Dem heutigen (26.09.08) Widerspruchsverfahren 324 O 421/08 gingen zwei Beschlüsse aus Hamburg voraus. Die Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch die Herren Buske, Dr. Korte und Frau Ritzt am 30.06.08 und die Stattgabe der sofortigen Beschwerde durch das OLG am 31.07.09 durch das OLG, Az. 7 W 73/08. Zuvor verlor Gysi am Landgericht Mainz, welches eine Gegendarstellung Gysis auf Ausstrahlung einer Gegendarstellung abgelehnt hatte. HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss Geschäftszeichen: 7 W 73/08 In dem Rechtsstreit beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat, am: 31.07.2008 durch den Senat Dr. Raben, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Meyer, Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyhe, Richter am Oberlandesgericht Tenor: I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 30.6.2008 - 324 O 421/08 - abgeändert. Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,-- Euro; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, die Behauptung der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Bezug auf Dokumente der Stasi- Unterlagenbehörde, bei denen es u.a. um ein Gespräch zwischen Robert Havemann und Dr. Gregor Gysi als seinem Anwalt geht, zu verbreiten und /oder verbreiten zu lassen: "in diesem Fall ist willentlich und wissentlich an die Stasi berichtet worden, und zwar von Gregor Gysi über Robert Havemann." II. Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragsgegnerin nach einem Wert von 50.000 Euro zur Last. Gründe: Die gem. § 567 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Dem Antragsteller steht ein
Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs.1 BGB i.V. mit Art. 1, 2
Abs.1 GG, §1004 analog BGB zu, da die Verbreitung des
beanstandeten Zitats von Frau Birthler ihn bei bestehender
Wiederholungsgefahr in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
verletzt. Beschluss 7 W 73/08 vom 31.07.08 Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Habe den Schriftsatz des Antragstellers vom 25.09.2008 jetzt erhalten. Muss den lesen. Steht da etwas drin, Herr Kollege? Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Es sind rechtliche Ausführungen zu dem Bericht, der vorgelegt wurde. Die Parteivertreter lesen die jeweils erhaltenen Schriftsätze. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Die Widerspruchsbegründung habe ich etwas früher gelesen. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Wie sollen wir damit umgehen? Da sind Tatsachen drin, die wir entschieden bestreiten müssen. Der Vorsitzende Richter Andreas Buske: Wir haben uns beraten. Die Birthler-Äußerung ist richtig zitiert. Wir meinen, die Berichterstattung ist ausgewogen. Wir wurden vom OLG abgemahnt. Es war keine sorgfältige Recherche. Das OLG meint, die Ausgewogenheit ist nicht gegeben. Nach unserer Meinung ist es grenzwertig. Wir wollen uns nicht gegen das OLG wenden, und meinen, die einstweilige Verfügung zu bestätigen. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Auch trotz unseres Vortrages? Der Vorsitzende: Es geht um den Tenor. Da müssen Sie und helfen, Herr van Eendenburg. Wenn wir aufheben, stellt sich die Frage des Tenors für uns nicht. Könnte es sein, dass der Antragsgegner sich die Äußerung zu eigen gemacht hat? Das können wir nicht behaupten. Da sind wir überfordert. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Im Gegenteil. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg lacht: Habe mir Entscheidungen angeschaut, welche die Kammer in den fast identischen Verfahren getroffen hat. Wenn die Distanzierung nicht da ist, dann darf ich auch die Äußerung nicht verbreiten. Wir hatten das auch mit Springer so. Insofern habe ich keine Schwierigkeiten mit dem Tenor. Der Vorsitzende: Hier ist der Vermerk von Frau Dr. Raben, ohne Datum und Personen. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Es gibt zwei Sachen bei der Staatssicherheit. Die Gespräche zwischen Dr. Havemann und Dr. Gysi. Darauf wird das Zitat von Frau Birthler bezogen.... eingebunden. Der Vorsitzende: Behauptung, Verbreitung, Verdachtsberichtserstattung, ... , all die schönen Dinge, die wir über die Jahre entwickelt haben, [können hier nicht angewendet werde]. RS [Komnentar]: Ob Buske mit "all den schönen Dingen" den Buskeismus meinte und sich heute in den eigenen Widersprüchen von Herrn van Eendenburg verwickeln lassen muss? Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: .... Richterin Frau Dr. Goetze: ... Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Schon der Tenor des OLG-Beschlusses ist nicht gedeckt. RS [Kommentar]: Gemeint war wohl "in diesem Fall ist willentlich und wissentlich an die Stasi berichtet worden, und zwar von G. G. über Robert Havemann." Beklagten-Anwalt: Sie Herr van Eendenburg, haben gesagt, es geht über die Form der Berichterstattung. ... Es ist keinesfalls so, dass zur Stellungnahme von Frau Birthler nicht hinterfragt worden ist, dass nichts dazu gesagt wurde. Wie wollen Sie das Sich-zu-eigen-machen begründen? Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Es ist der letzte Punkt. Es geht um die Verbreiterhaftung, um die fehlende Distanzierung. Wir haben dazu die Rechtsprechung des Landgerichts zitiert. So lange die Aussage, das Zitat, wahr ist, so fehlt es an der notwendigen Distanzierung. Das ist der klassische Fall der Verbreiterhaftung. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Wenn ich mich vollständig distanziere, dann geht die Verdachtsberichterstattung überhaupt nicht mehr. Wenn Sie [Herr Buske] dem OLG folgen, dann fallen alle anderen Verdachtsberichterstattungen in Zukunft weg. Es ist eine Menge an Distanzierung erforderlich. Dann ist es keine Verdachtsberichterstattung mehr. Wenn Sie hier so urteilen, dann werden keine Verdachtsberichterstattungen mehr möglich sein. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Habe alles ausgeschrieben ... Wenn sie sich der Verbreiterhaftung entziehen wollen, dann müssen sie sich distanzieren. Es ist keine Verdachtsberichterstattung, hat das OLG gesagt. Der Vorsitzende fügt ein Baustein zum Buskeismus ein: Dann ist es eine unzulässige Verdachtsberichterstattung. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Es ist keine Verdachtsberichterstattung. Richterin Frau Dr. Goetze hat ihre Probleme: Dann würde es überhaupt keine Verdachtsberichterstattung mehr geben. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Ich habe keine Verdachtsberichterstattung [gesehen]. Der Vorsitzende versucht, seinen Buskeimsus zu begreifen: A sagt, er war bei der Stasi. B sagt er war nicht bei der Stasi. ZDF sagt, wir wissen es auch nicht genau. Nach Ihrer [Herr van Eendenburgs] Theorie muss das A-Zitat verboten werden. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Ja, genau. Man kann nicht das Zitat nehmen, nicht ungefiltert nehmen. Man kann nicht über diese Kenntnis ungefiltert berichten. Beklagten-Anwalt: Gysi bestreitet. ... . Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Da nehmen Sie komplett ... Beklagten-Anwalt: Da heißt es, die Chefin der Behörde sagt, Gysi war IM. Dann wird hinterfragt, war Gysi wirklich IM? Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Der IM-Vorwurf war und ist falsch. Den Artikel kennen wir. Frau Birthler äußert was Falsches. Richterin Frau Dr. Goetze juristisch klar: Sie ist nicht Gegnerin diesem Verfahren. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: War das ... . Der Vorsitzende versucht es zu begreifen: Dann könne Sie das Zitat nicht bringen. Es besteht aber ein öffentliches Interesse. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Wenn Frau Birthler sagt, der Chef hat den umgebracht, aber es stimmt nicht, dann kann ich das nicht berichten. Richter Dr. Korte plaudert von den Zensurregeln: Deswegen verbieten wir die Verbreitung einer Äußerung, wenn es kein öffentliches Interesse gibt. Das ist doch der klassische Fall der Verdachtsberichterstattung. Beklagtenanwalt Gernot Lehr: Sie [Herr van Eendenburg] unterschlagen das Drum-Herum, und das, was gesagt wurde. Es stellt sich die Frage, was muss dann eine zulässige Verdachtsberichterstattung hergeben? Wir haben drei bis vier Distanzierungen im Bericht. Das Gysi Informant war, ist erlaubt zu behaupten. Beklagtenanwalt: Das OLG sagt, es ist die Form. Das OLG hat nicht gesagt, Frau Birthler hat unsere Unterstützung. Beklagtenanwalt Gernot Lehr: Interessant, dass von zwei Gerichten die Verdachtsberichterstattung sehr ernst genommen wird. Der Vorsitzende: Was nun? Beklagten-Anwalt: Anträge stellen. Richter Dr. Korte: Verbieten könne wir: Durch die Berichterstattung den Eindruck zu erwecken ... . Der leichtere Weg wäre, die Äußerung zu verbieten. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr die Zensurregeln kennend: Hätten wir zwei Wörter hinzugefügt ... . Der Vorsitzende: Drei. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Drei Wörter. Ist Gysi Informant, geklärt ist es nicht. Da sind wir raus. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Das ist Ihre Auffassung. Meine ist es nicht. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Ihre Auffassung ist völlig falsch. Diese Diskussion zeigt, wie die OLG-Entscheidung zusehens falsch war. Richterin Frau Dr. Goetze: Das OLG hat mehrere Punkte angesprochen. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Es ist ein einziger Skandal. Es gibt eine gewisse Saloppheit in den Medien. ... Alt-Kanzler ... ganz andere .... Beklagten-Anwalt: Es ist doch klar, dass der Antragsgegner verbieten möchte, dass das Zitat von Frau Birthler nicht verbreitet werden darf. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Es ist eine Verschwörungstheorie. Beklagten-Anwalt: Das Normale wäre, sich an die Äußernde zu wenden. Gysi-Anwalt Herr van Eendenburg: Nein. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Sie können nicht sagen, es ist eine der schrecklichsten Verdachtsberichterstattungen. Im Gegenteil. Der Vorsitzende: Wenn wir das OLG überzeugen können. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Wenn das OLG die Kraft hat, dann ... . Wenn es dabei bleibt, wird es das Hauptsacheverfahren geben. Der Rechtsstreit wird weiter geführt. ZDF-Justitiarin: Auch von uns aus gesehen, war die Berichterstattung voll ausgeglichen. Wir wissen es nicht, wie wir anders berichten könnten. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: ... Bevor das OLG die Berufung zurücknimmt ... Klar, es gibt eine gewisse Tendenz. Hat vielleicht das OLG beeinflusst. Der Vorsitzende: Die Sach- und Rechtslage wurde ausführlich und umfassend erörtert. Anträge werden gestellt. Und lacht: Es ist verlockend für das Landgericht, solch einen OLG-Beschluss abzuändern. Macht uns die Entscheidung schwierig. Beklagten-Anwalt Gernot Lehr: Ist uns klar. Der Vorsitzende: Beschlossen und verkündet: Der Termin für die Verkündung einer Entscheidung wird einvernehmlich mit den Parteivertretern anberaumt auf Dienstag, den 30.09.08, 12:00 Raum B 332. 30.09.08: Die Einstweilige Verfügung des OLG Hamburg wurde bestätigt. Das LG Hamburg folgte jedoch nicht vollständig dem sehr weit gehenden Unterlassungstenor des OLG Hamburg, der das Zitieren der Äußerung von Marianne Birthler mit Bezug auf bestimmte Dokumente der Stasi-Unterlagen-Behörde überhaupt nicht erlaubte. In diesem Teil ist der Antrag von Gregor Gysi zurückgewiesen worden. Ob sich das in dem Kostenbeschluss widerspiegelte ist der Pseudoöffentlichkeit allerdings nicht bekannt. Eine persönliche Frage an Herrn Gregor Gysi ▲Weshalb hat Gregor Gysi 1977, als ich zusammen mit einem Berliner Schauspieler den damaligen Rudolf Bahro-Anwalt Gregor Gysi als Anwalt für unseren Leipziger Freund gewinnen wollten, der Bezirksleitung der SED in Dresden von diesem Besuch Meldung erstattet? Ich war 1977 schon mehr als zehn Jahre nicht mehr Mitglied der SED. Das wusste Gysi. Die SED hatte keinen direkten Zugang mehr zu mir, erst recht keinen Zugriff mehr. Diesen steuerte die Stasi.
Berlin, den 09. 11.1977 Am heutigen
Tage wurde der erste Sprecher zwischen dem Beschuldigten ... Im Anschluß an den Sprecher betonte der Rechtsanwalt gegenüber dem Unterzeichner, daß er die Verteidigung BAHROS nur ungern übernommen habe, immerhin aber froh sei, daß ... als Auftraggeber in Erscheinung getreten sei, so daß er sich fürderhin allen Personen gegenüber, insbesondere auch dem westlichen Ausland, die in der Sache, auskunftsuchend an ihn herantreten, auf seine Schweigepflicht als Anwalt berufen kann. Überdies sei "bislang alles sehr ruhig verlaufen", lediglich eine Person namens Rolf Schälike aus Dresden hätte sich bei ihm nach BAHRO erkundigt. Darüber habe er der BL der SED Bericht erstattet. ... Groth
Lieber Gregor Gysi, Du wusstest doch, dass diese Meldung von der Bezirksleitung an die Stasi zur Behandlung meiner Person weitergeleitet wird. Die Stasi war für mich verantwortlich, nicht mehr die Bezirksleitung der SED. Oder hast Du gehofft, dass die Bezirksleitung Deine Meldung in den Papierkorb wirft? Diese Art der Zusammenarbeit mit der Partei ist in meinen Augen schlimmer als die eines IM's. Ein IM arbeitete auf Anweisung. Über die Partei hat man versucht, die Stasi für die eigenen Interessen zu nutzen. Beides heimlich gegenüber den Betroffenen.
Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schälike Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 04.10.08 Impressum |