BUSKEISMUS

Sitemap        Home     Sitzungsberichte


 

Bericht
LG Berlin, Zivilkammer 27
Sitzung, 16. November 2006

Rolf Schälike - 16.11.- 05.12.2006

Auch für diesen Bericht gilt wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es sind bloß Verschwörungstheorien.

Wegen der mündlichen Verhandlung in Sachen Freiherr v. Gravenreuth vs. Marcel Bartels, Betreiber des Blogs mein-parteibuch.de war ich nach Berlin gefahren.

Von Berliner Richter Mauck habe ich am 24.10.06 eine Einstweilige Verfügung eingefangen, so dass auch mir als Betreiber der Web-Site www.buskeismus.de eine Verhandlung in Landgericht Berlin bevorsteht.

Eine gute Gelegenheit, die Pressekammer in Berlin kennen zu lernen. und mit der von Hamburg zu vergleichen.

Interessante Sitzungen durfte ich erleben.

 

Terminrolle

Wer die Terminrolle größer haben möchte, einfach drauf klicken.

Die Berliner Terminrolle unterschied sich von der Hamburger.

Keine Richternamen, keine Erläuterungen der Abkürzungen.

So kann ich nur sagen, den Vorsitz führte Richter Mauck.

Wie der andere Richter hieß sowie die Richterin, weiß ich nicht.

Zumindest weiß ich, dass VT - Verkündungstermin heißt.

T müsste demnach Termin heißen und HT - Hauptsachetermin.

 

 

Öffentlichkeit

Die Öffentlichkeit war heute an zwei Prozessen interessiert.

27 O 757/06
Pfeifer gegen Suhrkamp Verlags GmbH. Es ging um die verbotene Behauptung, dass Jenny Gröllmann, die Ehefrau des Schauspielers Ulrich Mühe, IM der DDR-Staatssicherheit gewesen war. Antragsteller war der Lebenspartner der Schauspielerin Claus-Jürgen Pfeiffer.

27 O 1044/06
Freiherr v. Gravenreuth vs. Marcel Bartels. Zu diesem Verfahren erschien sogar ein Fernsehteam der Berliner Welle und durfte sogar im Gerichtssaal filmen.

Das war für mich neu. In Hamburg habe ich es noch nicht erlebt, dass im Gerichtssaal fotografieren oder filmen erlaubt wurde. Aufnahmen des Vorsitzenden Hamburger Richters, Andreas Buske sind mir unbekannt.

Die des Vorsitzenden Richters Herrn Mauck werden wir möglicherweise bald im Fernsehen sehen.

Anders als in Hamburg braucht die Öffentlichkeit keine Verkündungen zu hören, wenn keiner von den Parteien im Saal ist.

So wurden die drei Verkündungstermine 27 O 332/02 Savidus vs. Jokisch u.a., 27 O 752/06 Dr. h.c. Ohoven gegen Bunte Entertainment Verlag und 27 O 586/06 Rucker u.a. vs. Jansch zwar wahrgenommen, doch im Saal konnte man zu den Entscheidungen nichts vernehmen.

Das war auch einer der Gründe dafür, weshalb ich nicht bis zum Schluss der Sitzung blieb. Ich konnte nicht sicher sein, Entscheidungen zu hören. Negativ auffallen beim Vorsitzenden Richter Mauck wollte ich ebenfalls nicht.

 

Überraschungen - Anwalt Dr. Schertz fiel wieder auf

Die Sache 27 O 729/06 Dr. Middelhoff gegen die Handelsblatt GmbH war die fünfte, in welcher ich den Anwalt Dr. Schertz als Vertreter von Herrn Dr. Middelhoff erlebte.

In Sachen 324 O 667/06 Jipp, Schertz, Buske - die Öffentlichkeit versteht Bahnhof wurde die Einstweilige Verfügung  für den Mandanten des Anwalts Dr. Schertz bestätigt.

In Sachen 324 O 494/06  "Scheiße","beschissen", "verarscht". Dank gebührt Anwalt Schertz nahm Herr Anwalt Dr. Schertz am 18.08.2006 den Antrag seines Mandanten zurück, und Dr. Middelhoff musste die Kosten des Verfahrens tragen.  So jedenfalls hatte ich das verstanden.

Früher, am 28.02.2006 wurde einmal eine Einstweilige Verfügung  (Az.: 324 O 881/05) gegen die manager magazin Verlagsgesellschaft zu Gunsten des Dr. Middelhoff bestätigt, gegen den Westdeutschen Rundfunk aber aufgehoben. Die zu Grunde liegenden Anträge werden zurückgewiesen. Der Antragssteller (Dr. Middelhoff) hatte die Kosten zu tragen.

Heute ging es gegen das Handelsblatt.

Der Vorsitzende Richter, Herr Mauck, meinte, an sich sei das nichts Neues. Der Kläger war Vorstandsmitglied bei Bertelsmann gewesen und verließ das Haus mit drei Milliarden Schulden.

Das stimmte wohl. Entscheidend war für Dr. Schertz, dass durch die Berichterstattung im Handelnsblatt der Eindruck entstehe, die Schulden habe sein Mandant verursacht.

Über diesen Eindruck, den das Handelsblatt nicht erzeugen wollte, und nach Vortrag des Beklagtenanwalts auch nicht erzeugt hatte, wurde gestritten.

Die Stolpe-Entscheidung wurde von Anwalt Dr. Schertz mehrmals herangezogen.

Anwalt Dr. Schertz:

Ihre Argumente überzeugen mich dogmatisch überhaupt nicht.

...

Wie versteht es der Leser, dann müssen wir die Stolpe-Entscheidung nehmen.

... .

Mein kleines Hirn ... .

Muss mich ständig korrigieren lassen von den Mitarbeitern, von den Richtern.

... .

Ein Unternehmer hat Schulden hinterlassen, ist zu verstehen, er hat Schulden produziert.

Es wurde heftig und laut.

Beisitzender Richter:

Dr. Schertz, lassen Sie ihn reden.

Es wird diskutiert.

Der Vorsitzende:

Wir haben viel diskutiert. Was machen wir nach der Stolpe-Entscheidung? Herr Rechtsanwalt Lehmert, wir müssen nachdenken.

Anwalt Dr. Schertz:

Darf ich was sagen ... ?

...

Bisher Ihre freundschaftlichen ... .

Darf ich was sagen?

Beisitzender Richter:

Bisher haben Sie [Dr. Schertz] es unmöglich gemacht, weil Sie immer dazwischen reden.

Anwalt Dr. Schertz:

Lassen Sie sich nicht in die Irre führen.

Ich muss konkret formulieren?

Dann müssen die es mir erklären.

Habe es auch nicht verstanden.

Beisitzender Richter:

In den Antrag [kommt] die konkrete Verletzungsgefahr [nicht zum Ausdruck].

Anwalt Dr. Schertz:

Schönes Erlebnis. Ist doch klar.

Ich kann gern eine halbe Stunde Auszeit nehmen, anders formulieren.

Es genügt doch einfach eine Unterlassungserklärung, um dieses Missverständnis auszuräumen.

Es ist kein Mord, keine Körperverletzung.

So wird das gesamte Gebäude, welches das Verfassungsgericht aufgebaut hat, in sich zusammenbrechen.

Wattebausch-Murmeln.

Drängt sich doch auf.

Jetzt [geht es] nur [noch] mit Hilfsvarianten. Um zu verstehen, was gemeint ist, müssen sie schon einen Satz bilden.

Das kann nicht stimmen.

Daraufhin wurden Sätze formuliert, Anträge gestellt.

Die Entscheidung sollte am Schluss der Sitzung verkündet werden.

Da war ich nicht mehr anwesend. War mir nicht sicher, ob mir gegenüber verkündet worden wäre.

Urteil: Einstiger Bertelsmann-Vorstandsvorsitzender (bis 2002) hat keinen Anspruch auf Richtigstellung eines Artikels, in dem das "Handelsblatt" über bestehende Schuldenberge des Konzerns im Zusammenhang mit einer 1991 mit Zomba Records vereinbarten, 2002 ausgeübten Put-Option berichtet hatte. Ein Anspruch auf Richtigstellung besteht nicht, weil der Leser nach dem Text der Richtigstellung davon ausgehen muss, der ehemalige Vorstandsvorsitzende habe mit der Put-Option tatsächlich überhaupt nichts zu tun gehabt, obwohl dieser deren Ausübung im Vorhinein und im Nachhinein ausdrücklich begrüßt hatte.

 

Freiherr v. Gravenreuth vs. Marcel Bartels - Betreiber des Blogs "Mein Parteibuch"

In der Sache 27 O 1044/06 erschien der Beklagte persönlich mit seinem Anwalt  Sebastian Wolff Marting.

Der Kläger dagegen war abwesend. Im Internet finde ich: Herr G. hat morgen früh um 9:00 einen Termin in eigener Sache (Untreue) am AG München. Für den Fall des Nichterscheinens beim AG München wurde ihm von der Richterin ein Haftbefehl in Aussicht gestellt. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Es könnte andere Gründe gegeben haben.

Auf jeden Fall war der Klägeranwalt Herr Laucken recht nett. Verabschiedete sich von den Beklagten. Verhielt sich anders, als ich den Kläger selbst in anderen Verfahren erlebt hatte.

Zur Sache:

Der Kläger, Herr Freiherr von Gravenreuth, wurde seinerzeit aus dem IG-Forum verbannt. Den Betreiber mahnte Gr. ab. Der Beklagte stellte auf seine Internet-Site das Abmahnschreiben und wurde deshalb seinerzeit abgemahnt.

Eine Unterlassungserklärung gab Marcel Bartels nicht ab, entfernte das Abmahn-Schreiben jedoch aus dem Blog.

Daraufhin erging eine Einstweilige Verfügung gegen ihn, Marcel Bartels.

Die Widerspruchsverhandlung erlebten wir an diesem Donnerstag.

Zusätzlich drohte der Kläger mit einer parallelen Hauptsacheklage in München.

Für juristische Laien recht undurchsichtig.

So ist es auch beabsichtigt. Durch Klagen, Drohungen, finanziellen Druck zu obsiegen und damit den Gegner schnell und effektiv mundtot zu machen.

Nicht unwichtig zu wissen für normalen deutschen Bürger: Einstweilige Verfügungen gelten einem als zugestellt auch ohne dem dazugehörigen Antrag. So, dass der Tenor des Verbots durchaus im Verborgenen bleiben kann, und der Betroffene nicht weiß, was ihm eigentlich verboten wird.

Dazu der Vorsitzende Richter Mauck:

Laut der Rechtsprechung muss die Antragsschrift nicht zugestellt werden. So ist die ständige Rechtssprechung, auch die des Kammergerichts. Darauf kommt es nicht an.

Gemeint hat Richter Mauck wahrscheinlich: Die Zustellung einer Einstweiligen Verfügung setzt zu ihrer Rechtswirksamkeit nicht voraus, dass die Antragsschrift beigefügt ist.

Hallo, hallo, worauf kommt es denn an?

Es wird etwas rechtswirksam verboten, und man weiß nicht immer genau, was: der Kern des Verbots ergibt sich nicht immer eindeutig aus dem Verbotstextes der Einstweiligen Verfügung. Auch nicht unbedingt aus einer Abmahnung.
Der Kerninhalt des Verbotsantrages setzt sich zusammen aus dem in der Einstweiligen Verfügung als Verbot formulierten Text und dem Antrag.

Das Landgericht Berlin erteilt Einstweilige Verfügungen ohne Abmahnung. Das wissen wir genau.

In Hamburg werden Einstweilige Verfügungen erhalten, ohne dass der dazugehörige Antrag mit zugesandt wird. Diesen kann man beim Gericht beantragen.

Den Anträgen legen Anwälte oft Anlagen bei, und schreiben nicht selten dem Gericht, diese seien dem Antragsgegner bekannt und brauchen nicht mit dem Antrag dem Antragsgegner zugesandt werden.

Dazu gibt es sogar einen ZPO-Paragrafen.

Ein von der Rechtssprechung sanktionierter Nachteil für den Antragsgegner, welcher diesen in seiner Handlungs- und Informationsfreiheit  einschränkt.

Mag im konkreten Fall nicht so gewesen sein, trotz der von den Beklagtenseite behaupteten Unvollständigkeit des zugestellten Antrags. Der Klägeranwalt, habe ich ihn richtig verstanden, bestreitet das. Wurde jedoch während der Verhandlung nicht weiter diskutiert.

Zum Kernproblem sagte der Vorsitzende:

Die Sache ist voll interessant inhaltlich.

Darf man Abmahnungen von Anwälten veröffentlichen?

Das allgemeine Verbot gilt dem Schutz des Mandanten des abmahnenden Anwalts.

Ist in diesem Fall nicht der Fall, nicht das Problem.

Dazu stellt sich die Frage, gibt es ein berechtigtes öffentliches Interesse?

Wir sehen, dass es ein öffentliches Interesse gibt.

Die Site des Beklagten beschäftigt sich mit Abmahnungen, welche immer mehr um sich greifen.

Der Antragsteller tummelt sich in diesem Bereich.

Da besteht das Interesse, dieses zu veröffentlichen.

Abzuwägen wäre, ob mit dem Briefkopf des Anwaltsschreibens.

Der Antragsteller hat die Sichtbarkeit der Bankkonten bemängelt.

Beklagtenanwalt:

Der Briefkopf ist unkenntlich gemacht worden, die Bankkonten ebenfalls.

Der Vorsitzende fährt fort:

Es geht um den presserechtlichen Streit.

Es ist abzuwägen, welche Interessen vorgehen.

Es gibt gute Argumente dafür, dass es hier zulässig war.

Dass es hätte auch anders formuliert werden können.

Der Beklagte, Marcel Bartels:

Habe Herrn Gr. geantwortet, dass ich das in Zukunft unterlasse.

Wenn ich nicht im Wortlaut berichte, erhalte ich eine Abmahnung wegen Ungenauigkeit.

Der Vorsitzende:

Sie wollten zitieren, um genau zu sein.

Beklagtenanwalt:

Der Kläger wurde aus einem Forum ausgeschlossen. Das war schon wichtig.

Der Vorsitzende:

Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht keine Abmahnschreiben des Klägers nicht mehr zu veröffentlichen, dann wäre die Luft raus.

Somit ginge es nur noch um die Kosten des Verfahrens.

Es geht aber auch noch über den BGH. Muss man aber nicht auf Ihren Schultern austragen.

Wären Sie [der Beklagte] bereit, zu Kostenaufhebung?

Müssen wir entscheiden, dann trägt einer alle Kosten, und die Gerichtskosten kämen noch dazu.

Das Internet wird immer mehr ... .

Man darf gar nichts mehr schreiben ... .

Bilder, Abmahnungen, Tausende von Euro.

Nach eine Pause wir nehmen an, der Klägeranwalt hat mit seinem Mandanten telefoniert, erklärt dieser:

Können wir so machen.

Danach wird der Vergleich getroffen, und im Hinblick auf diesen haben die Parteinen erklärt, das Hauptverfahren sei erledigt, und die Parteien mit der Aufhebung der Kosten einverstanden.

Berichtet wird auch im Fernsehen, weniger über die juristischen Aspekte dieses Falls als über "Mein Parteibuch" von Marcel Bartels.

Diskussionen zu diesem Fall im Internet: Die Memoiren des Josch K. Plisher.

Pfeifer gegen Suhrkamp Verlags GmbH - "Wahrheitsfindung" durch Gerichte - Fall Jenny Gröllmann

27 O 757/06

Es fällt mir schwer, über Tote zu schreiben.  Mit Kindern und Toten wird Politik gemacht.

Jenny Gröllmann wehrte sich zu Lebzeit gegen IM-Vorwürfe. Ihr Lebenspartner Pfeifer, vertreten vom Anwalt Hardy Langer aus dem Anwalts-Büro Panka, Venedey, Kolloge, Gysi, Langer klagte in diesem Verfahren.

Interessant waren für mich die Ausführungen des Richters Mauck über die Art und Weise der juristischen Aufarbeitung der DDR-Stasi-Geschichte.

Vorsitzende Richter Mauck:

Sie wissen, wir hatten eine Reihe von Verfahren.

Es ging darum, ob Frau Gröllmann IM gewesen war.

Wir hatten viele Fälle, wo abgeschöpft worden war. Ohne deren Kenntnis davon wurden die Leute als IM geführt.

Das ist das Problem.

Zu Frau Gröllmann:

Dass sie in Verdacht stand, darüber darf berichtet werden.

.... .

Sie [die Beklagten] haben uns Unterlagen gegeben. Da steht es, sagen Sie. Das reicht uns nicht.

Auf den Vorschlag des Beklagtenanwalts Herrn Brießmann, ob man die Aussage durch die Schiene eines Gutachters ziehen könne, um dann dieses Wissen in die Entscheidung einfließen zu lassen, antwortete der Vorsitzende eindeutig:

Kann mir das nicht vorstellen, wie ein Sachverständiger gegen den Vortrag des Klägers treten kann.

Herr Menge, der Führungsoffizier, sagte, stimme alles nicht. Alles wurde sorgfältig zusammengetragen.

Anwalt Brießmann versuchte zu begründen, was ein Gutachten bringen könnte:

In Richtung Schriftsachverständiger.

Der Vorsitzende:

... .

Kann mir nicht vorstellen, wie ein Sachverständiger vorgehen kann.

Wir haben viele Fälle, wo schlichtweg abgehört wurde, doch als IM geführt.

... .

Es geht um den Schutz der Persönlichkeit.

Dann kommt die Beweislastverteilung.

Danach der Termin der Entscheidung.

Etwas Schlimmes für uns.

Das war der juristische Geschichtsunterricht in Berlin.

19.12.06: Fortsetzung der Verhandlung. Verkündung am 18.01.07

18.01.07:  Anerkenntnisurteil auf Grundlage einer Anerkenntniserklärung der Rechtsvertreter des Suhrkamp Verlages

19.01.08: Ulrich Mühe: Die Stasi und kein Ende - Samstag, 19. 01.2008 von Roland Mischke

Ein vermutlicher früherer Stasi-Spitzel bezichtigt den verstorbenen Schauspieler Ulrich Mühe des Rufmords.

Leute, die früher für die Stasi aktiv waren, lassen nicht locker. Jetzt erschien im Berliner Christoph Links Verlag ein Buch mit dem Titel „Rufmord und Medienopfer. Die Verletzung der persönlichen Ehre“. Mitautor der Aufsatzsammlung ist Thomas B. Goguel, einst Diplomat in Diensten der DDR, nach der Wende Manager bei der Mannheimer AG Holding. Als Mitarbeiter der Protokollabteilung des DDR-Außenministeriums hat er für die Stasi gearbeitet. Es ist fraglich, ob die beiden Herausgeber des Buches, der Presseanwalt Christian Schertz und der Journalist Thomas Schuler, von diesem in den Akten der Birthler-Behörde dokumentierten Fall wussten.

Unerwähnt bleibt, dass Thomas B. Goguel der erste Ehemann der Schauspielerin Jenny Gröllmann war, die später ihren Schauspielkollegen Ulrich Mühe heiratete. Die Ehe währte von 1984 bis 1990. Mühe, im Juli 2007 verstorben, spielte eine der Hauptrollen in dem Oscar-gekrönten Film „Das Leben das Anderen“. 2006, als dieses Stasi-Drama gedreht wurde, zeigte sich der renommierte Schauspieler in Interviews verbittert darüber, dass seine Ex-Frau ihn über Jahre systematisch bespitzelt habe, erst 2001 – nach der Scheidung – habe er davon erfahren. Gröllmann war als Inoffizielle Mitarbeiterin mit dem Decknamen IM „Jeanne“ in Diensten des Ministeriums für Staatssicherheit.

Die Schauspielerin ließ seinerzeit die Behauptungen ihres Ex-Mannes gerichtlich untersagen und ging gegen mehrere Zeitungen vor, die darüber berichtet hatten. Während der Streitereien vor Gericht starb sie an Krebs im Alter von 59 Jahren. Im Buch aus dem Chr. Links Verlag wird sie als Opfer einer Diffamierungskampagne dargestellt, der Wahrheitsgehalt der bei der Birthler-Behörde hinterlegten Akten mit rund 500 Seiten wird in Frage gestellt. Marianne Birthler hatte zum Fall Jenny Gröllman geäußert, er sei „völlig unstrittig“ – die Schauspielerin war ein Stasi-Spitzel.

Goguel unterstellt nun Mühe, er habe seine Beschuldigungen „zeitgleich mit der Premiere des Films“ vorgetragen, also um PR für „Das Leben der Anderen“ zu machen. Aber der Schauspieler hatte sich bereits 2004 in einem Artikel für die Zeitschrift „die horen“ über Jenny Gröllmann empört: „Während der ganzen Zeit kooperierte meine Ehefrau mit der Stasi.“ Freunde Mühes sagen immer wieder, er habe die Rolle des Stasi-Hauptmanns im Film nur deshalb angenommen, um auch diese persönliche Tragödie aufzuarbeiten. Im Buch wird unterstellt, Mühe hätte Rufmord an seiner früheren Gattin verübt. Zwischen den Zeilen wird suggeriert, diese habe neben der Verzweiflung über ihre Krebskrankheit nun auch noch diese Schande ertragen müssen und sei deshalb geradezu in den Tod geflüchtet. Mühe wird vom Autor Thomas B. Goguel moralisch hingerichtet.

Goguel, Mitglied der SED, hat nachweislich für die Stasi gearbeitet, seine handschriftliche Schweigeverpflichtung aus dem Jahr 1986 liegt vor. Geführt wurde er unter dem Decknamen „Bernhard“, mehrere seiner handgeschriebenen Berichte enthält seine Akte. 1987 wurde die Zusammenarbeit allerdings eingestellt, die Stasi-Offiziere waren mit ihrem IM unzufrieden und der Informant rückte im Parteiapparat auf, als Mitarbeiter des SED-Zentralkomitees. Goguel hat gegen die Aufbewahrung seiner Akte geklagt und behauptet, der IM-Vorgang sei mit „vielfach gefälschten Informationen“ von der Behörde angelegt worden.

Beide Schauspieler, Jenny Gröllmann und Ulrich Mühe, sind Opfer ihrer Stasiverstrickung. Beide starben in der Mitte ihres Lebens an Krebs. Es bleibt unverständlich, warum im Chr. Links Verlag ein Buch erscheinen darf, dass einseitig zugunsten von Gröllmann, der Stasi-Mitarbeiterin, Stellung bezieht. Und es ist nicht nachvollziehbar, dass weder der Lektor noch die beiden Herausgeber geprüft haben, bei wem es sich um ihren Autor Thomas B. Goguel handelt, der nun abermals zum Täter geworden ist.

 

Quelle: http://www.ortszeit.org/?p=707

Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schälike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 27.07.08
Impressum