BUSKEISMUS

Sitemap        Home     Sitzungsberichte



Bericht

Pressekammer LG Hamburg
Sitzung, Freitag, den 07. April 2006 (Terminrolle)

Rolf Schälike - 07.-09.04.2006

Auch für diesen Bericht gilt, wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

 

Es hat sich gelohnt. Es war ein spannender langer Tag.

Verhandelt wurde bis 17:00.

Bisher längste von mir erlebte Verhandlungstag der Pressekammer Hamburg.

 

Werbekosten - Preisverhandlungen

Die Estetica Clinic hatte im Flyer trotz einstweiliger Verfügung Bilder genutzt.
Es ging um die Kosten der Nutzung und Strafe.

Interessant für uns war lediglich die Aufteilung der Kosten zwischen Fotograf, abgebildeter Person und Agentur: 27 Prozent die fotografierte Person, 54 Prozent der Fotograf, 19 Prozent die Agentur.
Neu für die Pressekammer. Der Kläger muss den Nachweis dafür erbringen.

Wir wissen schon, dass bei den fiktiven Lizenzen - Werbeeinahmen von Gottschalk u.a. - die Kammer selbst entscheidet. Sie benötigt keine Gutachten.

Auch bei der Erstellung von Werbebroschüren möchte die Pressekammer die Preise mitbestimmen.

Preisverhandlungen vor der Pressekammer.

 

Die Pharmaindustrie erhält eine weitere sichere Stütze

Wahrscheinlich ging es gegen ein Fernsehinterview von A. M., dem Leiter eines Instituts für Gesundheitsaufklärung.
In Sachen 324 O 877/05 klagte das Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline als Goliath gegen David.

Herr M. behauptet - so habe ich das verstanden -, das Grippemittel Relenza® sei als Prophylaxe gegen die Vogelgrippe nicht geeignet, dieses zwecks Vorbeuge zu kaufen, wäre rausgeschmissenes Geld.

Vom Kläger, dem forschungsorientierten Gesundheitsunternehmen, finden wir im Internet die Pressemitteilung GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG  >> Archiv - Veröffentlicht auf openPR am 03.04.2006 um 13:21 Uhr:

Auf der Suche nach einem Impfstoff gegen das gefürchtete Vogelgrippe-Virus unternimmt GlaxoSmithKline (GSK) nun weitere Schritte: In Deutschland und Belgien beginnen zwei Testreihen mit jeweils 400 gesunden Probanden. Die Studien sollen die Grundlagen für einen Pandemie-Impfstoff schaffen. Dabei forscht GSK parallel mit zwei unterschiedlichen Ansätzen, wobei ein breiter Schutz sowie eine möglichst hohe Impfstoff-Menge wichtige Ziele sind.

Beide Parteien wurden bekannten Anwälten vertreten. Der Äußernde von Dr. Dirk Dünnwald aus der Kanzlei Prof. Dr. Prinz, bekannt als Prozessvertreter gegen die Presse. Die klagende Partei wurde vertreten von  Dr. Lars Kröner von der Kanzlei Dr. Schultz-Süchting.

Wenn in einem solchen Falle vom Vergleich gesprochen wird, dann muss der Äußernde schon ganz schön im Recht sein. So meine Lebenserfahrung.

Herr M. hätte keine Probleme, eine Unterlassungserklärung abzugeben, erklärte sein Prozessbevollmächtigter, falls der Kläger - die Pharmafirma - alle Kosten trägt. Der Kläger weiß natürlich und sagt das auch, dass sich Herr M. trotzdem äußern wird am Verbotstenor vorbei. Das ist dem Kläger egal. Er zahlt auch gerne mehr und noch mehr. Es soll bloß nicht der Eindruck entstehen, die Pharmafirma hätte Herrn M. die Unterlassungserklärung abgekauft.

Für den Kläger sei aus diesem Grunde wesentlicher die Kostenteilung als die Unterlassungserklärung.
Der Kläger trägt alle seine Anwaltskosten auch aus der Einstweiligen Verfügung und die Gerichtskosten gesamt. Herr M. trägt lediglich seine Anwaltskosten.

Das heißt juristisch: Kostenaufhebung.

Dass dies eine gute Lösung ist, wird der Prinz-Anwalt Dr. Dirk Dünnwald Herrn M. schon beibringen. Das versprach der Beklagtenanwalt dem Kläger und dem Gericht anwaltlich relativ sicher. Dazu werde man schon Herrn M. bringen, auch wenn er sich noch sträubt.

Die Argumente werden überzeugend sein.

Das Gericht wollte den Streitwert auf 100.000,00 EUR festlegen. Der Kläger höher.

Wir könne locker auch von 20 Millionen ausgehen. Der Mann hätte einen enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht.

Darauf der Vorsitzenden Richter fröhlich: Sie haben mich so schnell überzeugt, schneller kann ich gar nicht  diktieren," und legte den Streitwert flugs auf 120.000,00 EUR fest.

Das war Unterricht im Teil "Rechtsprechung". Klar und verständlich.

Zu juristischen Seite:

Ist Prognose eine Meinungsäußerung?

Der Vorsitzende gleich zu Beginn:

Das Theater geht los. Geht es um Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung. Es handelt sich um eine Prognose als Meinungsäußerung.

Dazu ein Beispiel. Wenn jemand sagt, Du nimmst was hoch und lässt es los, dann fällt es runter.
Ist das eine Meinungsäußerung oder eine Tatsachenbehauptung?

Ich fragte mich beim Notieren dieses Unfugs, warum hat mich mein Physiklehrer nicht schon vor fünfzig Jahren auf die Gefahren  wissenschaftlicher Aussagen hingewiesen und vor der Pressekammer gewarnt? Damals hätte ich noch Duckmäuser werden können und hätte mich nicht mit den komplizierten Fragen der Physik herumgeschlagen. Wäre Anwalt oder Richter geworden. Hätte mich im Rätselraten geübt und bestimmt Weltspitze erreicht.

Das Günstigste, was der Beklagte sagt, ist, Relenza® sei zur Prophylaxe nicht geeignet. Ist zur Vorbeugung nicht geeignet, rausgeschmissenes Geld.

Das zur Prophylaxe.

Müssen aber auf den Eindruck zurückstellen.

Der Klägeranwalt schnell dazwischen:

Äußere ich mich zu A + B und ist A falsch, dann ist auch A + B falsch.

Diesmal fühlte ich mich wie in einer Mathematikstunde. Es ging um Mengen und Teilmengen. Gehört die Menge A vollständig zu Menge B, dann hat auch die Menge B die Eigenschaften der Menge A.

Ist leider nicht immer so. Nur bei vorab definierten Mengen und deren Eigenschaften. Der Anwalt war bestimmt kein guter Matheschüler, nun versucht er dies in der Pressekammer nachzuholen.

Vergebens, denn der Vorsitzende antwortete viel sagend: Der Eindruck wird abgeworfen.

Was heißt das nun wieder in der Mengenlehre?

Nicht umsonst hielt es der Anwalt des Beklagten aus der Kanzlei des Prof. Dr.h.c. Prinz für nötig präzisierend hinzuzufügen:

Der Eindruck würde erweckt, aber eine konkrete Prognose sei nur eine Bewertung.

Er sagte leider nicht, der Eindruck würde abgeworfen, war sich möglicherweise auch nicht sicher, ob er den Vorsitzenden richtig  verstanden hatte.

Das wurde nicht weiter vertieft, von der Mathematik wechselte der Vorsitzende zur medizinischen Seite des Streitgegenstandes.

Vogelgrippe - Pressekammer löst die medizinischen Fragen

Muss einen Inhalator der durch den Vogelvirus Gefährdete erst zusammenbauen? Dass die Vogelgrippe aber so schnell zuschlägt, dass man keine Zeit mehr hätte, einen Inhalator zusammenzubauen, könne nicht greifen, sei eine unzulässige Tatsachenbehauptung.

Dann noch medizinischer:

Der nächste Punkt sei die Wirkungsweise und die Bedeutung, das Zeug zu inhalieren.

Alle drei Richter diskutierten das medizinische Thema.

Ob das nun bei einer schweren Lungenentzündung mit der Relenza® Prophylaxe klappt, die doch nur auf die Schleimhäute einwirkt, die aber bei einer schweren Lungenentzündung nicht funktioniert. Nun haben ja Gott sein Dank nicht alle eine schwere Lungenentzündung. Können da die Lungenkranken dafür herhalten, dass es sich lediglich um eine Meinungsäußerung handle?

Im WDR wäre das alles doof rüber gekommen.

Dann ging es um den Artikel von Prof. Ruf in der Ärztezeitung. Der galt als pressesicher:

Ruf, Bernhard R.; Werner, Ortrud; Schmitt, Heinz-J.; Wutzler, Peter
Humane und aviäre Influenza – „Vogelgrippe“
Human and avian influenza – „bird flu“
Deutsches Ärzteblatt 102, Ausgabe 47 vom 25.11.2005, Seite A-3254 / B-2749 / C-2570
MEDIZIN

Zusammenfassung
Das seuchenhafte Auftreten der Geflügelpest durch das aviäre Influenzavirus A/H5N1 hat die Wahrscheinlichkeit für eine Influenzapandemie erhöht. Zeitpunkt und ursächlicher Virustyp sind spekulativ. Derzeit handelt es sich um eine Tierseuche mit ausnahmehafter Tier-zu-Mensch-Übertragung. Dennoch ist jetzt eine sorgfältige Pandemieplanung einschließlich der Bevorratung von Neuraminidasehemmern und der Entwicklung von Herstellungstechniken für eine Vakzine notwendig. Bei der saisonalen humanen Influenza ermöglichen Neuraminidasehemmer – bei einem Therapiebeginn innerhalb von 48 Stunden nach Krankheitsbeginn – eine Reduktion der Krankheitsdauer und -symptome sowie der Häufigkeit von Folgeerkrankungen. Da diese Substanzen auch gegen alle aviären Influenzaviren aktiv sind, gelten sie als ein wichtiges Instrument in der ersten Pandemiephase, in der keine Vakzine verfügbar sein wird. Derzeit liegt eine Bevorratung von Neuraminidasehemmern zur Behandlung Erkrankter bei einem Volumen, das für acht bis zehn Prozent der Bevölkerung reicht. Zur Eindämmung der Pandemie wie auch zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit öffentlicher Systeme ist jedoch auch eine antivirale Prophylaxe unabdingbar. Die humane Infektion mit A/H5N1 beginnt mit typischen Influenzasymptomen. In den meisten Fällen ist sie durch eine rasch progrediente schwere virale Pneumonie mit Multiorganversagen und eine Letalität von circa 50 Prozent gekennzeichnet. Ob die bisherigen Therapieempfehlungen übertragbar sind, ist fraglich und durch klinische Daten nicht belegt. Experimentelle Daten zeigen ein verbessertes Überleben von infizierten Mäusen bei einer Therapieverlängerung auf acht Tage; auch eine höhere Tagesdosis wird diskutiert.

Schlüsselwörter: Influenza, aviäre Influenza, Influenza-Pandemie, Neuraminidasehemmer, Influenzaschutzimpfung

Der Richter Zink erläuterte die Erkenntnisse des Professors folgendermaßen:

Das klingt so. Wenn man eine schwere Lungenentzündung hat, dann geht das nicht über die Lunge.

Dr. Dünnwald verteidigte seinen Mandanten:

Relenza® wirkt nur auf die Schleimhäute. Der Schleimhautteil der Lunge wird von Relenza® betroffen. Der andere  Bereich wird nicht erreicht. ...

Die Lunge besteht aus Schleimhaut und Blutgefäßen ...

die Viren erreichen dann nur ...

.....

Vielleicht sollten wir ihn noch mal fragen, uns schlauer machen?

Der Klägeranwalt:

Makrophagen, ich weiß  nicht was das ist ...

Individuelle Zelle, weiß auch nicht was das ist ...

Die Schleimhäute sind drauf drin ...

Im tief gelegenen Lungengewebe auch nicht ...

Der wissenschaftliche Disput nahm kein Ende. Richter Zink fasste schließlich zusammen:

Was Herr Prof. Ruf geschrieben hat, reicht nicht für die Behauptung aus.

Der erfahrene Beklagtenanwalt rettete sich ins Juristische:

Hat aber berechtigte Tatsachenanknüpfungspunkte [bei Prof. Ruf gefunden].

Der Vorsitzende verzweifelt [wie ein Schüler, welcher seinen Biolehrer nicht versteht]:

Müssen wir wirklich noch mal schauen?

Darauf der Beklagtenanwalt:

Top, die Wette gilt. M. sei nur ein Scharlatan.

Beschäftigt sich ernsthaft mit dem Thema.

Das juristische Tauziehen begann.

Der Vorsitzende, sich der Verbreitung der Vogelgrippe bewusst, und hilflos den fehlenden Maßnahmen ausgesetzt, meinte am Ende dieser "wissenschaftlichen" Auseinandersetzung vor der Pressekammer:

Wir machen es so, wie die Parteien es möchten.

Warten in Demut ab.

Sollen wir entscheiden, was danach passieren soll, wenn es zu keinem Vergleich kommt?

Anwalt des Beklagten:

Ich trage nichts vor.

Richter Zink:

Wir können die Plätze tauschen.

Anwalt des Beklagten:

Ich bin sportlich aber machtlos.

Dann wurde der Vergleichsvorschlag formuliert und der Beklagtenanwalt versprach, Herrn M. zu "überzeugen".

Wie?

Den Streitwert hochtreiben. Herr M. ist doch arm.

 

Gleich danach kam die Pharmaindustrie noch einmal zu Wort

In Sachen 324 O 800/05 fuhr die Pharmaindustrie schwere Geschütze auf.

Chugai Pharma Marketing Ltd. brachte ihren Geschäftsführer Dr. Markus Harwart, eine Biochemiker und den Marketingmanager Dr.-Ing. Bernd König sowie die erfahrene Anwältin Frau Dr. jur. Holde Kleist mit.

Dagegen stand ein Anwalt vom Springer Fachbuchverlag ganz allein da und vertrat - , wie ich es verstanden habe - den Arzneimittelreport.

Das Buch der Bücher.

Falsche Daten, und ein Pharmaunternehmen verliert Millionen, denn Ärzte und Apotheken müssen bei Gleichwertigkeit auf billigere Medikamente zurückgreifen. Das sieht die Gesundheitsreform und der knappe Bundeshaushalt vor.

5.000 Medikamente seien dort beschrieben, übertrieb der Springer-Anwalt, denn im Internet wird lediglich von 3.000 berichtet. Immerhin 95 % aller verordneten Präparate.

Es ging um Filgrastim (Neupogen),  Pegfilgrastim (Neulasta) (pegyliertes Filgrastim) und vermutlich um die Veröffenlichung:

Bezogen auf ein Körpergewicht von 75 kg errechnen sich bei Verwendung von Filgrastim (Neupogen®, 30 Mio. E.; 300 µg/1,0 ml; Taxe-VK 153,97 Euro pro Injektionsflasche) Behandlungskosten pro Zyklus bei 14 Anwendungstagen von etwa 2690 Euro. Eine Therapie mit 6 mg Pegfilgrastim (Neulasta®) kostet 1524,11 Euro (Taxe-VK) einmal pro Chemotherapiezyklus (10). Die Therapie mit der pegylierten Variante ist daher in vielen Fällen kostengünstiger (11).

Chugai Pharma Marketing Ltd stellt wohl Lenograstim her, welches Filgrastim gleicht, jedoch anders hergestellt ist.

Deswegen der Protest. Im Arzneimittelreport wurde falsch gerechnet. Zuerst sollte die Zivilkammer 15 - die Wettbewerbskammer - verhandeln.

Der Vorsitzende:

Hat uns das gegeben. es ist keine Wettbewerbssache.
Die Kläger meinen ebenfalls, es wäre keine Wettbewerbssache.
Deswegen wollen wir die Sache behandeln

Damit war die Zuständigkeit geklärt. War ja ein Buch, damit in ganz Deutschland erhältlich und die Pressekammer für den möglichen Rechenfehler zuständig.

Wichtig war noch die Passivlegitimation.

Die Beklagte meint, sie wäre passiv nicht legitimiert.
Wegen des Impressums lassen wir es dahingestellt.
Gibt es einen Tatbeitrag zur Veröffentlichung des Buches?
Die Beklagten hätten keine Einfluss auf den Springer-Verlag.
Das Argument überzeugt uns nicht.
Bei einer Zeitung haftet der Herausgeber nicht, betreut ja nur die Zeitung.

Dann ging es um die Haftung des Autors, um die Verschuldung und Eilbedürftigkeit.

Die Eilbedürftigkeit ist gegeben.
Die einstweiligen Verfügungen werden bei uns ohne Begründung zugestellt.
Das ist immer so.

Wir haben rauf- und runtergerechnet, uns die Packungsbeilage angesehen.
Vielleicht müssen wir das nicht.
6 mg kosten 1524,00 Euro, die Tagesdosis beträgt 0,3 mg, dann kann ich doch mit dem Dreisatz rechnen und komme auf 76,00 Euro pro Tag.

erklärte stolz der Vorsitzende seine Rechenkünste.

Es entfachte sich ein wissenschaftlicher Streit gekoppelt mit Formalitäten und der Gefahr krimineller Handlungen.

Der wissenschaftliche Beitrag von Richter Dr. Weyhe: "Wir müssen auf die Tagesdosis umrechnen," war überzeugend. Anders geht es nicht.

Was habe ich von den Details verstanden?

Sind in den 6 mg Pegfilgrastim 6 mg Filgrastim enthalten, wie das angeblich die Vorschriften bei Mengenangaben verlangen oder nur 3 mg, weil Pegfilgrastim ein Eiweiß aus zwei Bestandteilen ist: 3 mg Peggrastim und 3 mg Filgrastim.

Wären in dem 1 ml Pegfilgrastim 6 mg Filgrastim enthalten, wie oben gerechnet, dann wäre das ein Pharmaskandal ohnegleichen, denn alle Zulassungstests gingen davon aus, dass in 1 ml Pegfilgrastim nur 3 mg Filgrastim enthalten sind, erklärte der Biochemiker überzeugend.

Auf einen Pharmaskandal wollte sich die Pressekammer einlassen. Was geht die das auch an. Wichtig ist nur, ob das Gedruckte verboten werden soll.

Dass der Professor  Dr. U. Schwabe für 5000 Medikamente die Autorenschaft übernimmt, die amtlichen Tabellen zur Grundlage seines Buches nutzt und sich auf diese verlassen muss, egal, ob diese stimmen oder nicht, kann ihm und dem Verlag nicht vorgeworfen werden.

Ansonsten geht ein solches Projekt nicht, erklärte der Springer-Anwalt.

Das wurde kompliziert. Das Gericht zog sich zur Beratung zurück. Nach ca. 10 Minuten das folgende Ergebnis:

Es gibt ein berechtigtes Interesse.

Filgrastim [Neupogen] wird, soweit bekannt, gespritzt.

Neulasta [Pegfilgrastim] wird ebenfalls gespritzt.

Der Rhytmus hängt von der Chemotherapie ab.

Neupogen [Filgrastim] wird nach 2-3 Wochen abgebrochen, ambulant nach 7-6 Tagen. Stationär 20 bis 26 Tage, damit der [gleiche] Faktor G-CSF erreicht wird. Bis dahin wird gespritzt.

Die Fußnote sei  verwirrend.

Jetzt wird es auf ein Mal die doppelte Menge.

Prof. Schwabe hat geprüft und sagt, es sei richtig.

Die Packungsbeilage ist falsch, dort steht 6 mg. Das wurde aber nicht vorgetragen.
Auf der Hülle steht 6 mg.

Der Vorsitzende wurde unterbrochen, was er gern gewähren ließ.

Der geschäftsführende Biochemiker erklärte geduldig, doch aufgeregt: Protein sei alles, was als Molekül um die Aminosäure herum besteht. Das arzneilich Wirksame sind in 6 mg Pegfilgrastim die  3 mg Filgrastim.

Der Vorsitzende:

Ist komisch. Ob das reicht für den Antragsteller?

Der Beklagtenanwalt hilflos: Wir sind alles Laien, die falschen  Gegner.

Der Vorsitzende:

Bei Wahrnehmung berechtigter Interessen benötigen wir einen Gutachter.

Richter Dr. Weyhe:

Warum geht der Dreisatz nicht?
6 mg geteilt durch 0,3 sind 20 Tage.

Dann wurde noch von der Aminokette, die verbunden ein Protein bildet, gesprochen und von dem absoluten Unsinn der Fußnote sowie vom möglichen Pharmaskandal und möglichen falscher Angaben.

Die Pressekammer wird das ganze schon lösen mit einem Biochemiker und dem Prof. Schwabe sowie dem Dreisatz im Rücken.

Die Lösung werden wir am Dienstag, den 11. April 2006 um 12:00 erfahren.

11.04.2006: Die einstweilige Verfügung vom 09.11.2005 wird aufgehoben. Die Kosten trägt die Antragstellerin. Gegen Sicherstellung kann die Vollstreckbarkeit verhindert werden.

Bevor es zur Fortführung des Medizinunterrichts durch Prof. Dr.Dr. h.c. Hempelmann kam, gab es eine verdiente nette Erholungspause.

 

Micaele Schäfer - 22järiges Modell

Az.: 324 O 88/06

Modell  Schäfer saß mit dem Rücken zu mir, war aber persönlich erschienen.

Den Genuss hatten die drei Richter und waren ihr zugeneigt.

Der Vorsitzende einleitend:

Wir meinen die "Formalien" sind in Ordnung.
Veröffentlichung in 'Bild'
Bestätigung der Einstweiligen Verfügung sei nicht zu verhindern.
Eine Einwilligung liege nicht vor.
Eine uneingeschränkte Einwilligung, zu jeder Zeit usw. erschließt sich uns nicht.

Sie war in der TV-Show "Germanys Next Topmodel", Kritik von Heidi Klum.

Wir sind davon ausgegangen, Bilder soll es zukünftig nicht mehr geben.

Das widerlegt aber die Veröffentlichung im Playboy.

Bei der Gesamtabwägung ist das wichtig - es besteht öffentliches Interesse.

Machen jetzt aber eine Trennungslinie.

Dann nannte die Beklagtenseite das neuste Interview Super ILLU vom 17.02.06:

Was würden Sie für die Karriere alles tun? Wie weit würden Sie zum Beispiel auf Fotos gehen?
Pornographie würde ich nie machen. Aber oben ohne und Po zeigen - kein Problem. Wenn’s ein guter Fotograf ist, der ästhetische Bilder macht ...

Darauf der Vorsitzende erfreut:

Ja, möglicherweise heben wir SIE auf, die Einstweilige Verfügung.

Richter Dr. Weyhe erläuternd:

Bilder kann man auch ohne Einwilligung  veröffentlichen, wenn es ein Ereignis der Zeitgeschichte ist.

Der Beklagtenanwalt bestätigt lächelnd:

Habe die Sendung gesehen, gebe es zu.

Und Richter Andreas Buske eins darauf:

Die Teilnahme an einer Show ist ein geschichtliches Ereignis. Darüber darf berichtet werden.
Ein berechtigtes Interesse wäre, Frau Schäfer mache in Zukunft keine Nacktfotos mehr. Das heißt es gibt eine Vorstellungswechsel.

Danach wurden formaljuristische Fragen erörtert.

Hat Herr Götz die Einstweilige Verfügung eingehalten, oder hat die 'Bild' einfach ins Archiv gegriffen?

Wir erlebten ein junges Modell, welches versucht, sich auf dem Markt zu bestätigen.

Früher zu klagen, fehlte das Geld. Jetzt hat Frau Schäfer den Trend erkannt.

Die Pressekammer als Teil der Werbung und Arbeit auf dem Markt.

Warum ist sie aber selbst erschienen?

Fehlt es ihr an Erfahrung oder mangelt es an der richtigen Beratung?

11.04.2006: Die einstweilige Verfügung vom 07.02.2006 wird aufgehoben. Die Kosten trägt die Antragstellerin. Gegen Sicherstellung kann die Vollstreckbarkeit verhindert werden.

 

Die dritte Medizinstunde - Wurde an Patienten ohne deren Kenntnis und Erlaubnis experementiert?

Am liebsten würde ich nichts dazu berichten.

Im Zentralinstitut für Kernforschung zeigte mich aus Neid und Karrieresucht der Physiker Peter Manfraß bei der Stasi an. Drei Jahre später 1966 flogen drei Physiker aus dem Institut. Peter Manfraß wurde Doktor. Die DDR ging unter.

1974 musste ich als Physiker heimlich nach Feierabend arbeiten. Der technische Direktor fürchtete die Konkurrenz und versuchte, mich als Wissenschaftler zu disqualifizieren.

Dreck, Schmutz, Neid, Intrigen, Wissensdiebstahl, Heimlichkeit waren mir bekannt. Wir standen drüber und regelten das unter uns.

Wir arbeiteten an Geräten, nicht an Menschen.

In Gießen operiert ein Professor am Herzen. Für die Anästhesie (Narkose) ist ebenfalls ein Professor zuständig, mit welchem der Chirurg schon seit Jahren öffentlich im Konflikt steht. Mit Anschuldigungen wird nicht gespart.

In der Sache 324 O 605/04 Prof. Dr. Dr. h.c. Hempelmann gegen Anwalt Dr. Wissgott finden wir im Internet:

Anfang vergangenen Jahres hatte der aus Zürich kommende Herz- und Gefäßchirurg, Professor Paul Vogt, der seit Ende 2000 die Fachabteilung in Gießen führt, dem hessischen Wissenschaftsministerium eine Liste zukommen lassen, auf welcher er der Klinik-Leitung viele Verfehlungen und Organisationsverschulden unterstellt.

Vorwurf des Betrugs ist noch nicht aus der Welt.

Dazu kamen die bislang unbewiesenen öffentlichen Verunglimpfungen seines Kollegen, des Professors Gunter Hempelmann, Direktor des Zentrums für Chirurgie, Anästhesiologie und Urologie, wegen Abrechnungsbetrugs und illegaler Medikamentenversuche. Worum es bei den Vorwürfen im Einzelnen geht, war von Vogts Anwalt, Dr. Dieter Wissgott aus Stadthagen bei Hannover, nicht in Erfahrung zu bringen.

Das Hin und Her gipfelte im Frühjahr dieses Jahres in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Gießen gegen Hempelmann, den die Klinik-Leitung daraufhin vorläufig seines Amtes enthob, um der öffentlichen Debatte nicht noch mehr Nahrung zu geben. Das Amtsgericht Gießen hat die Suspendierung inzwischen wieder aufgehoben.

Der neue Ärztliche Direktor Wolfgang Weidner hofft nun, in Kürze endgültig einen Schlussstrich unter die negative Berichterstattung ziehen und die Universitätsklinik Gießen wieder ausschließlich als modernen und intakten Forschungsstandort präsentieren zu können.

Drei Stunden erhielten detaillierte Einblicke in die Arbeit einer Klinik, die Tätigkeit von Chirurgen, Anästhesisten, über die Rolle von Veröffentlichungen, Ruf und Können. Mir wäre es lieber, es wäre im Vorlesungssaal.

Warum berichte ich über diesen Dreck?

Weil die Befragung von Prof. Dr.Dr. h.c. Hempelmann drei Stunden dauerte.

Weil der Beklagte Anwalt Dr. Wissgott seinerzeit Egon_Krenz, den letzen DDR-Staatsratvorsitzenden und Generalsekretär der SED, verteidigte.

Warum Prof. Vogt diesen Anwalt nahm, kann ich nicht nachvollziehen.

Warum Prof. Dr.Dr. h.c. Hempelmann vor der Pressekammer in Hamburg klagt, verstehe ich ebenfalls nicht.

Auf eine Antwort werde ich lange warten müssen.

Der Verkündungstermin wurde festgelegt auf den 02.06.06, 9:55, Saal 833.

02.06.06: Der Vorsitzende:

Urteil wird verkündet.

Das war's. Wir können nur ahnen, dass die Einstweilige Verfügung bestätigt wurde.

 

Öffentlichkeit

Die Verkündung in zwei Sachen - Aussetzungsbeschluss - dürfte für die Öffentlichkeit kein Alibi sein.

Zur letzten Sache waren Kamerateam und Journalisten da. Es wurde gemunkelt, sie hätten vom Vorsitzenden die Genehmigung, im Saal aufzunehmen.

Nutzen tat das niemand. Ein Kameramann saß im Saal und erklärte dem Prof. Dr.Dr. h.c. Hempelmann, dass er die Genehmigung zum Filmen habe, diese aber nach all dem Gehörten nicht nutzen werde.

 

Was fehlte?

Anwalt Helmuth Jipp fehlte. Wir wollten mal einen Fall erleben, an welchem er obsiegt.

Es fehlten die Witze von Dr. Krüger und Anwalt Jörg Thomas.

Kraftausdrücke fielen heute keine, obwohl diese am Platz gewesen wären.

 

Der Vorsitzende Richter an diesem Freitag im Gerichtssaal [keine wörtlichen Zitate; lediglich Wiedergaben meiner Notizen]:

"Ein vielschichtiger Fall, den wir entscheiden sollen, falls wir müssen."

"Niemand druckt so viel bis zum Lebensende."

"Nach der Vorbereitung hatten wir die Tendenz, den kleinen Bruder als Nachdruck zu betrachten."

"Sieht gut aus für den Kläger."

"Wenn das falsch ist, müssen wir zu eidesstattlichen Versicherungen übergehen."

"Auch an den Anträgen muss noch gearbeitet werden."

"Deswegen neigen wir zum Ausgleich."

"Wir fischen im Trüben."

"Die Verdoppelung im Sinne der Bestrafung werden wir nicht mitmachen. Wir machen Lizenzen. Haben unsere Grundsätze."

"Gewinn ist schwer zu verbinden mit Werbung."

"Strafantrag ist nicht zwingend. Ist eine Auslegungsfrage."

"Das Theater geht los. Geht es um eine Meinungsäußerung oder eine Tatsachenbehauptung?"

"Prognose ist Meinungsäußerung."

"Müssen wir wirklich nochmal schauen?"

"Wir machen es so, wie die Parteien es möchten."

"Die einstweiligen Verfügungen werden bei uns ohne Begründung zugestellt.
Das ist immer so."

"Machen jetzt eine Trennungslinie."

"Bedanken uns. schönes Wochenende."

     Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schälike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 15.05.08
Impressum